Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb. not hrab. 953a; rihtet Othlo 419; fristot (interpretatus)N. 33, 1. Alts. neglid (clavatus) außer den andern. Ags. boren (latus) versch. ge-boren (natus); comen; dropen; funden; hafen (elatus); haten (vocatus) ge-haten (pro- missus); healden (pastus); liden (profectus); sceacen; sce- pen; scofen; togen (ductus); cenned; veaht; theaht und wohl noch andere. Mhd. geben; heißen (jussus) Gudr. 4287; laßen Parc. 164a; komen; troffen; vreßen; vunden; worden; braht; decket Eracl. 2206; kleidet Gudr. 16b; kro- net Parc. 4a (ge-kronet Parc. 12b); koufet Bert. 4. 45. 91. 285; steinet troj. 55b; tan; veit (politus) f. ge-veget livl. 51; vrei- schet. Mnl. außer andern namentlichl eden (praeteritus). Nhd. in der heutigen schriftsprache gar keine mehr, sondern ge-heißen, ge-kommen; ge-funden; ge-worden; ge- bracht etc. funden und komen (die letzten reste der ech- ten form) setzte noch Luther; doch haften einige spuren fest, nämlich werden, wenn es auxiliare ist, bekommt worden, nicht ge-worden und in den redensarten: ich habe das heißen machen, ich habe das laßen machen und ähnlichen stehet heißen, laßen für ge-heißen, ge-laßen. (Ob hieraus die gangbare unorg. sormel: ich habe sagen hören f. gehört entsprungen ist, wird die syntax bei ge- legenheit der analogen construction von mögen, können, wollen, sollen, müßen, dürfen, untersuchen). Schm. §. 214. 485. hat wahrgenommen, daß die oberdeutsche volkssprache das participiale ge, sobald der vocal tonlos wird, vor ten. und med. (auch wohl vor z) ganz unter- drücke, dagegen den anlautenden consonant verdicke. Hiermit stimmt Stald. dial. p. 55. 56, welcher es durch die verdoppelung bb. dd. ausdrückt. Solche abhängigkeit der part. von dem anlaut verräth die gebildete sprache niemahls. Es ist die höchste unempfindlichkeit für ihre lebendige bedeutung, übrigens unterbleibt sie vor kom- men und finden (Stald. p. 157.). -- d) das griech. aug- ment und die slav. perfectiva vergleiche ich in einer schlußaum. -- e) eine andere hierher gehörige eigen- thümlichkeit der volksdialecte, wovon unsere heutige schriftsprache nichts weiß, ist aber in der älteren nicht ganz zu verkennen. Stald. dial. p. 51-55. hat zuerst die aufmerksamkeit dahin gelenkt und Schm. §. 982-984. bestätigung gegeben. Nämlich: dem von mögen und können abhängigen (einfachen) infinitiv wird die partikel ge- vorgesetzt (oder, nach der eben mitgetheilten beobachtung, die anlautende ten. und med. verdickt). Dieser gebrauch findet sich auch in gedruckten oberd. III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. nôt hrab. 953a; rihtet Othlo 419; friſtôt (interpretatus)N. 33, 1. Altſ. neglid (clavatus) außer den andern. Agſ. boren (latus) verſch. ge-boren (natus); comen; dropen; funden; hafen (elatus); hâten (vocatus) ge-hâten (pro- miſſus); hëalden (paſtus); liden (profectus); ſcëacen; ſce- pen; ſcofen; togen (ductus); cenned; vëaht; þëaht und wohl noch andere. Mhd. gëben; heiƷen (juſſus) Gudr. 4287; lâƷen Parc. 164a; komen; troffen; vrëƷƷen; vunden; worden; brâht; decket Eracl. 2206; kleidet Gudr. 16b; krô- net Parc. 4a (ge-krônet Parc. 12b); koufet Bert. 4. 45. 91. 285; ſteinet troj. 55b; tân; veit (politus) f. ge-veget livl. 51; vrei- ſchet. Mnl. außer andern namentlichl ëden (praeteritus). Nhd. in der heutigen ſchriftſprache gar keine mehr, ſondern ge-heißen, ge-kommen; ge-funden; ge-worden; ge- bracht etc. funden und komen (die letzten reſte der ech- ten form) ſetzte noch Luther; doch haften einige ſpuren feſt, nämlich werden, wenn es auxiliare iſt, bekommt worden, nicht ge-worden und in den redensarten: ich habe das heißen machen, ich habe das laßen machen und ähnlichen ſtehet heißen, laßen für ge-heißen, ge-laßen. (Ob hieraus die gangbare unorg. ſormel: ich habe ſagen hören f. gehört entſprungen iſt, wird die ſyntax bei ge- legenheit der analogen conſtruction von mögen, können, wollen, ſollen, müßen, dürfen, unterſuchen). Schm. §. 214. 485. hat wahrgenommen, daß die oberdeutſche volksſprache das participiale ge, ſobald der vocal tonlos wird, vor ten. und med. (auch wohl vor z) ganz unter- drücke, dagegen den anlautenden conſonant verdicke. Hiermit ſtimmt Stald. dial. p. 55. 56, welcher es durch die verdoppelung bb. dd. ausdrückt. Solche abhängigkeit der part. von dem anlaut verräth die gebildete ſprache niemahls. Es iſt die höchſte unempfindlichkeit für ihre lebendige bedeutung, übrigens unterbleibt ſie vor kom- men und finden (Stald. p. 157.). — δ) das griech. aug- ment und die ſlav. perfectiva vergleiche ich in einer ſchlußaum. — e) eine andere hierher gehörige eigen- thümlichkeit der volksdialecte, wovon unſere heutige ſchriftſprache nichts weiß, iſt aber in der älteren nicht ganz zu verkennen. Stald. dial. p. 51-55. hat zuerſt die aufmerkſamkeit dahin gelenkt und Schm. §. 982-984. beſtätigung gegeben. Nämlich: dem von mögen und können abhängigen (einfachen) infinitiv wird die partikel ge- vorgeſetzt (oder, nach der eben mitgetheilten beobachtung, die anlautende ten. und med. verdickt). 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III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
nôt hrab. 953a; rihtet Othlo 419; friſtôt (interpretatus)
N. 33, 1. Altſ. neglid (clavatus) außer den andern. Agſ.
boren (latus) verſch. ge-boren (natus); comen; dropen;
funden; hafen (elatus); hâten (vocatus) ge-hâten (pro-
miſſus); hëalden (paſtus); liden (profectus); ſcëacen; ſce-
pen; ſcofen; togen (ductus); cenned; vëaht; þëaht und
wohl noch andere. Mhd. gëben; heiƷen (juſſus) Gudr.
4287; lâƷen Parc. 164a; komen; troffen; vrëƷƷen; vunden;
worden; brâht; decket Eracl. 2206; kleidet Gudr. 16b; krô-
net Parc. 4a (ge-krônet Parc. 12b); koufet Bert. 4. 45. 91. 285;
ſteinet troj. 55b; tân; veit (politus) f. ge-veget livl. 51; vrei-
ſchet. Mnl. außer andern namentlichl ëden (praeteritus).
Nhd. in der heutigen ſchriftſprache gar keine mehr, ſondern
ge-heißen, ge-kommen; ge-funden; ge-worden; ge-
bracht etc. funden und komen (die letzten reſte der ech-
ten form) ſetzte noch Luther; doch haften einige ſpuren
feſt, nämlich werden, wenn es auxiliare iſt, bekommt
worden, nicht ge-worden und in den redensarten: ich
habe das heißen machen, ich habe das laßen machen und
ähnlichen ſtehet heißen, laßen für ge-heißen, ge-laßen.
(Ob hieraus die gangbare unorg. ſormel: ich habe ſagen
hören f. gehört entſprungen iſt, wird die ſyntax bei ge-
legenheit der analogen conſtruction von mögen, können,
wollen, ſollen, müßen, dürfen, unterſuchen). Schm.
§. 214. 485. hat wahrgenommen, daß die oberdeutſche
volksſprache das participiale ge, ſobald der vocal tonlos
wird, vor ten. und med. (auch wohl vor z) ganz unter-
drücke, dagegen den anlautenden conſonant verdicke.
Hiermit ſtimmt Stald. dial. p. 55. 56, welcher es durch
die verdoppelung bb. dd. ausdrückt. Solche abhängigkeit
der part. von dem anlaut verräth die gebildete ſprache
niemahls. Es iſt die höchſte unempfindlichkeit für ihre
lebendige bedeutung, übrigens unterbleibt ſie vor kom-
men und finden (Stald. p. 157.). — δ) das griech. aug-
ment und die ſlav. perfectiva vergleiche ich in einer
ſchlußaum. — e) eine andere hierher gehörige eigen-
thümlichkeit der volksdialecte, wovon unſere heutige
ſchriftſprache nichts weiß, iſt aber in der älteren nicht
ganz zu verkennen. Stald. dial. p. 51-55. hat zuerſt die
aufmerkſamkeit dahin gelenkt und Schm. §. 982-984.
beſtätigung gegeben. Nämlich: dem von mögen und
können abhängigen (einfachen) infinitiv wird die partikel
ge- vorgeſetzt (oder, nach der eben mitgetheilten
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