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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
welcher anlaut folge, dieses on- entspricht dem ahd. in-,
zumahlder gl. ker. und scheint mit dem allmähligen verdrän-
gen der praep. in durch on (ana) zus. hängend. Mhd.
herscht noch der ahd. grundsatz und gilt ent- vor vcc.
spir. liq., en- vor med. ten. asp., doch für en-f. enpf.,
für en-g. zuweilen en-k., was aus ent-f. ent-g. (1, 382.
424.) erwachsen scheint. Einzelne nicht reinmhd. quel-
len gewähren (nach niederdeutschem einfluß?) ent- auch
vor ten. und med., z. b. 361, 40c 41b int-bute, 62d int-
planden etc. Endlich können, da sich im mhd. die ne-
gation ne vor verbis oft in en umsetzt, zweifel zwischen
diesem en- und unsrer part. erwachsen *). Nhd. hat sich
ent- allenthalben hergestellt, nur dauern einige empf. für
ent-f. fort. Nnl. überall ont-. Das verderbte ahd. in- (für
int-, ant-) und ags. on- (für ond-, and-) hat vermischungen
mit dem ahd. in- (goth. in-, inn-) und ags. on- (ahd.
in-, ana-) zur folge gehabt; einzelne composita mit in-,
on- laßen sich salt nur aus der analogie und bedeu-
tung beurtheilen. Einigermaßen hilft jene ahd. unter-
scheidung zwischen int- und in-, wo nämlich in- vor
voc. spir. und liq. erscheint (und kein schreibfehler zu
vermuthen ist), liegt ihm (wenigstens in der mund-
art einzelner denkmähler) kein and- zu grunde. Bei
der nunmehrigen aufzählung der ent- zusammensetzun-
gen nach der bedeutung braucht aber auf die form keine
weitere rücksicht genommen zu werden. Urbedeutung
des ent- ist contra-, re-, nach verschiednen gesichtspuncten.
-- 1) ent- mit dem begriff des wider stehenden, widri-
gen, bösen:
goth. and-beitan (increpare, eigentl. gegen
jemand beißen); and-rinnan (occurrere) Marc. 9, 34; and-
sakan (contradicere); and-standan (resistere); and-staurran
(torve intueri, embrimasthai). Ahd. in-chunnen (arguere,
increpare) N. 37, 2. 41, 5. 49, 22. 50, 2. Cap. 101; in-cri-
bon (increpare) T. 205, 5. scheint aus dem lat. gebildet
und nicht hierher gehörend; in-keltan (retribuere) in-
gelten N. 34, 15. Boeth. 203. 204. int-geltan O. II. 11, 48.
in-keltan (ferire) mons. 389. 391; in-grauen (horrere, ab-
horrere) hrab. 953a 954b 966a; in-breltan (rumpi) O. III.
20. 257; int-werdon (spernere, abhorrere) mons. 357. 376.
377; auch die ausdrücke für vovere, in dem härtern sinn
von devovere, immolare; in-heißan (immolare) ker. 36.

*) es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß diese zweideutigkeit
des en- zu dem nachtheiligen aufgeben der dem verbo vorstehen
den verneinung im 14, 15. jh, mitwirkte.

III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
welcher anlaut folge, dieſes on- entſpricht dem ahd. in-,
zumahlder gl. ker. und ſcheint mit dem allmähligen verdrän-
gen der praep. in durch on (ana) zuſ. hängend. Mhd.
herſcht noch der ahd. grundſatz und gilt ent- vor vcc.
ſpir. liq., en- vor med. ten. aſp., doch für en-f. enpf.,
für en-g. zuweilen en-k., was aus ent-f. ent-g. (1, 382.
424.) erwachſen ſcheint. Einzelne nicht reinmhd. quel-
len gewähren (nach niederdeutſchem einfluß?) ent- auch
vor ten. und med., z. b. 361, 40c 41b int-bute, 62d int-
planden etc. Endlich können, da ſich im mhd. die ne-
gation ne vor verbis oft in en umſetzt, zweifel zwiſchen
dieſem en- und unſrer part. erwachſen *). Nhd. hat ſich
ent- allenthalben hergeſtellt, nur dauern einige empf. für
ent-f. fort. Nnl. überall ont-. Das verderbte ahd. in- (für
int-, ant-) und agſ. on- (für ond-, and-) hat vermiſchungen
mit dem ahd. in- (goth. ïn-, ïnn-) und agſ. on- (ahd.
in-, ana-) zur folge gehabt; einzelne compoſita mit in-,
on- laßen ſich ſalt nur aus der analogie und bedeu-
tung beurtheilen. Einigermaßen hilft jene ahd. unter-
ſcheidung zwiſchen int- und in-, wo nämlich in- vor
voc. ſpir. und liq. erſcheint (und kein ſchreibfehler zu
vermuthen iſt), liegt ihm (wenigſtens in der mund-
art einzelner denkmähler) kein and- zu grunde. Bei
der nunmehrigen aufzählung der ent- zuſammenſetzun-
gen nach der bedeutung braucht aber auf die form keine
weitere rückſicht genommen zu werden. Urbedeutung
des ent- iſt contra-, re-, nach verſchiednen geſichtspuncten.
— 1) ent- mit dem begriff des wider ſtehenden, widri-
gen, böſen:
goth. and-beitan (increpare, eigentl. gegen
jemand beißen); and-rinnan (occurrere) Marc. 9, 34; and-
ſakan (contradicere); and-ſtandan (reſiſtere); and-ſtaúrran
(torve intueri, ἐμβριμᾶσθαι). Ahd. in-chunnen (arguere,
increpare) N. 37, 2. 41, 5. 49, 22. 50, 2. Cap. 101; in-cri-
bôn (increpare) T. 205, 5. ſcheint aus dem lat. gebildet
und nicht hierher gehörend; in-këltan (retribuere) in-
gelten N. 34, 15. Boeth. 203. 204. int-gëltan O. II. 11, 48.
in-këltan (ferire) monſ. 389. 391; in-grûên (horrere, ab-
horrere) hrab. 953a 954b 966a; in-brëltan (rumpi) O. III.
20. 257; int-wërdôn (ſpernere, abhorrere) monſ. 357. 376.
377; auch die ausdrücke für vovere, in dem härtern ſinn
von devovere, immolare; in-heiƷan (immolare) ker. 36.

*) es iſt mir nicht unwahrſcheinlich, daß dieſe zweideutigkeit
des en- zu dem nachtheiligen aufgeben der dem verbo vorſtehen
den verneinung im 14, 15. jh, mitwirkte.
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[809/0827] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. welcher anlaut folge, dieſes on- entſpricht dem ahd. in-, zumahlder gl. ker. und ſcheint mit dem allmähligen verdrän- gen der praep. in durch on (ana) zuſ. hängend. Mhd. herſcht noch der ahd. grundſatz und gilt ent- vor vcc. ſpir. liq., en- vor med. ten. aſp., doch für en-f. enpf., für en-g. zuweilen en-k., was aus ent-f. ent-g. (1, 382. 424.) erwachſen ſcheint. Einzelne nicht reinmhd. quel- len gewähren (nach niederdeutſchem einfluß?) ent- auch vor ten. und med., z. b. 361, 40c 41b int-bute, 62d int- planden etc. Endlich können, da ſich im mhd. die ne- gation ne vor verbis oft in en umſetzt, zweifel zwiſchen dieſem en- und unſrer part. erwachſen *). Nhd. hat ſich ent- allenthalben hergeſtellt, nur dauern einige empf. für ent-f. fort. Nnl. überall ont-. Das verderbte ahd. in- (für int-, ant-) und agſ. on- (für ond-, and-) hat vermiſchungen mit dem ahd. in- (goth. ïn-, ïnn-) und agſ. on- (ahd. in-, ana-) zur folge gehabt; einzelne compoſita mit in-, on- laßen ſich ſalt nur aus der analogie und bedeu- tung beurtheilen. Einigermaßen hilft jene ahd. unter- ſcheidung zwiſchen int- und in-, wo nämlich in- vor voc. ſpir. und liq. erſcheint (und kein ſchreibfehler zu vermuthen iſt), liegt ihm (wenigſtens in der mund- art einzelner denkmähler) kein and- zu grunde. Bei der nunmehrigen aufzählung der ent- zuſammenſetzun- gen nach der bedeutung braucht aber auf die form keine weitere rückſicht genommen zu werden. Urbedeutung des ent- iſt contra-, re-, nach verſchiednen geſichtspuncten. — 1) ent- mit dem begriff des wider ſtehenden, widri- gen, böſen: goth. and-beitan (increpare, eigentl. gegen jemand beißen); and-rinnan (occurrere) Marc. 9, 34; and- ſakan (contradicere); and-ſtandan (reſiſtere); and-ſtaúrran (torve intueri, ἐμβριμᾶσθαι). Ahd. in-chunnen (arguere, increpare) N. 37, 2. 41, 5. 49, 22. 50, 2. Cap. 101; in-cri- bôn (increpare) T. 205, 5. ſcheint aus dem lat. gebildet und nicht hierher gehörend; in-këltan (retribuere) in- gelten N. 34, 15. Boeth. 203. 204. int-gëltan O. II. 11, 48. in-këltan (ferire) monſ. 389. 391; in-grûên (horrere, ab- horrere) hrab. 953a 954b 966a; in-brëltan (rumpi) O. III. 20. 257; int-wërdôn (ſpernere, abhorrere) monſ. 357. 376. 377; auch die ausdrücke für vovere, in dem härtern ſinn von devovere, immolare; in-heiƷan (immolare) ker. 36. *) es iſt mir nicht unwahrſcheinlich, daß dieſe zweideutigkeit des en- zu dem nachtheiligen aufgeben der dem verbo vorſtehen den verneinung im 14, 15. jh, mitwirkte.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 809. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/827>, abgerufen am 25.11.2024.