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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomposition. -- part. mit nom.
entstellte. g) fällt hierdurch licht auf den bisher uner-
klärlichen ausdruck cumi-stadul, cumi-studalo, chumi-stu-
dalo, chumi-stuodlo (paftorum potentissimus, princeps
equorum) zwetl. 115b doc. 206a mons. 326? Die bedeu-
tung ist offenbar stallmeister, hofbedienter, wenn man u
für a verschrieben oder verlesen hält, so nähert sich in
der bildung cam-stadalo, cam-studalo dem lombard. ca-
staldus, goth. ga-stalds (s. 527.), das es in der gl. zwetl.
grade übersetzt. Und hier vergönne ich mir einmahl,
die malb. gl. zu tit. 59. leg. sal. chamestalia anzuführen,
welche contubernium oder contubernalis auszudrücken
scheint. Das altfränk. cham-stalia oder -stalio wäre das ahd.
ka-stallo? *). d) in eigennamen bewahren sich ältere for-
men; könnte das bekannte hami-deo, hama-thio, hame-
deus (Schannat nr. 576. cod. lauresham. nr. 2529. Goldast
2, 8. Neug. nr. 354. und sonst, ich führe es oben s. 532.
auf, ohne das erste wort zu verstehen) mit der partikel
und deo, diu (famulus, servus) zus. gesetzt sein? es ent-
spränge wieder der gesellschaftsbegriff confamulus, con-
tubernalis, amicus. Das altn. ham-thyr scheint aus der
ahd. sage aufgenommen. Ein ahd. eigenname ka-deo, ki-
deo, den ich nicht aufzuweisen habe, würde die conjec-
tur bestärken. Hamedeo für hamedeo (wie a) zu nehmen
geht nicht an, da ahd. urkunden sicher hameideo schrei-
ben würden. Neben diesem fränkischen ham- mehr
hochdeutsches kan-, gan- zeigt sich e) in kan-arpo ([ - 1 Zeichen fehlt]o-
heres, consors) doc. 204a, wofür canh-erbo oder chan-
erbo N. 36, 22, mhd. gan-erbe Parc. 80c, und im deut-
schen recht hat sich gan-erbe bis auf heute erhalten
(Frisch 1, 315. 316.). Es ist nichts weiter als gi-erpo,
miterbe, miteigenthümer, mitberechtigter (sugkleros, sug-
kleronomos
). Dieser auslegung stehen zwei andere ent-
gegen. Nach der einen wäre gan-erbo decompositum und
aufzulösen in gi-ana-erbo, wirklich gibt das capitulare
Ludov. (Schilter II. 1, 239.) mehrmahls deutlich ge-an-
ervo (coheres). Meines wißens tritt aber gi- sonlt nie
vor eine andere, schon mit einem nomen componierte
partikel, häufig treten andre partikeln noch vor das gi-,
(z. b. ana-ki-siht, and-ge-loma) weshalb zwar ana-gi-
erbo, nicht gi-ana-erbo zuläßig schiene; eine urkunde

*) die malb. gl. zu tit. 3. chamitheuto, al. chamutevo, hama-
chito, könnte wiederum die partikel enthalten; da von einem tau-
rus communis de tribus villis gehandelt wird; ich verstehe aber das
subst. nicht.
B b b

III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
entſtellte. γ) fällt hierdurch licht auf den bisher uner-
klärlichen ausdruck cumi-ſtadul, cumi-ſtudalo, chumi-ſtu-
dalo, chumi-ſtuodlo (paftorum potentiſſimus, princeps
equorum) zwetl. 115b doc. 206a monſ. 326? Die bedeu-
tung iſt offenbar ſtallmeiſter, hofbedienter, wenn man u
für a verſchrieben oder verleſen hält, ſo nähert ſich in
der bildung cam-ſtadalo, cam-ſtudalo dem lombard. ca-
ſtaldus, goth. ga-ſtalds (ſ. 527.), das es in der gl. zwetl.
grade überſetzt. Und hier vergönne ich mir einmahl,
die malb. gl. zu tit. 59. leg. ſal. chameſtalia anzuführen,
welche contubernium oder contubernalis auszudrücken
ſcheint. Das altfränk. cham-ſtalia oder -ſtalio wäre das ahd.
ka-ſtallo? *). δ) in eigennamen bewahren ſich ältere for-
men; könnte das bekannte hami-dëo, hama-thio, hame-
deus (Schannat nr. 576. cod. lauresham. nr. 2529. Goldaſt
2, 8. Neug. nr. 354. und ſonſt, ich führe es oben ſ. 532.
auf, ohne das erſte wort zu verſtehen) mit der partikel
und dëo, diu (famulus, ſervus) zuſ. geſetzt ſein? es ent-
ſpränge wieder der geſellſchaftsbegriff confamulus, con-
tubernalis, amicus. Das altn. ham-þŷr ſcheint aus der
ahd. ſage aufgenommen. Ein ahd. eigenname ka-dëo, ki-
dëo, den ich nicht aufzuweiſen habe, würde die conjec-
tur beſtärken. Hamedëo für hamêdëo (wie α) zu nehmen
geht nicht an, da ahd. urkunden ſicher hameidëo ſchrei-
ben würden. Neben dieſem fränkiſchen ham- mehr
hochdeutſches kan-, gan- zeigt ſich ε) in kan-arpo ([ – 1 Zeichen fehlt]o-
heres, conſors) doc. 204a, wofür canh-erbo oder chan-
erbo N. 36, 22, mhd. gan-erbe Parc. 80c, und im deut-
ſchen recht hat ſich gan-erbe bis auf heute erhalten
(Friſch 1, 315. 316.). Es iſt nichts weiter als gi-erpo,
miterbe, miteigenthümer, mitberechtigter (σύγκληρος, συγ-
κληρονόμος
). Dieſer auslegung ſtehen zwei andere ent-
gegen. Nach der einen wäre gan-erbo decompoſitum und
aufzulöſen in gi-ana-erbo, wirklich gibt das capitulare
Ludov. (Schilter II. 1, 239.) mehrmahls deutlich ge-an-
ervo (coheres). Meines wißens tritt aber gi- ſonlt nie
vor eine andere, ſchon mit einem nomen componierte
partikel, häufig treten andre partikeln noch vor das gi-,
(z. b. ana-ki-ſiht, and-ge-lôma) weshalb zwar ana-gi-
erbo, nicht gi-ana-erbo zuläßig ſchiene; eine urkunde

*) die malb. gl. zu tit. 3. chamitheuto, al. chamutevo, hama-
chito, könnte wiederum die partikel enthalten; da von einem tau-
rus communis de tribus villis gehandelt wird; ich verſtehe aber das
ſubſt. nicht.
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[753/0771] III. partikelcompoſition. — part. mit nom. entſtellte. γ) fällt hierdurch licht auf den bisher uner- klärlichen ausdruck cumi-ſtadul, cumi-ſtudalo, chumi-ſtu- dalo, chumi-ſtuodlo (paftorum potentiſſimus, princeps equorum) zwetl. 115b doc. 206a monſ. 326? Die bedeu- tung iſt offenbar ſtallmeiſter, hofbedienter, wenn man u für a verſchrieben oder verleſen hält, ſo nähert ſich in der bildung cam-ſtadalo, cam-ſtudalo dem lombard. ca- ſtaldus, goth. ga-ſtalds (ſ. 527.), das es in der gl. zwetl. grade überſetzt. Und hier vergönne ich mir einmahl, die malb. gl. zu tit. 59. leg. ſal. chameſtalia anzuführen, welche contubernium oder contubernalis auszudrücken ſcheint. Das altfränk. cham-ſtalia oder -ſtalio wäre das ahd. ka-ſtallo? *). δ) in eigennamen bewahren ſich ältere for- men; könnte das bekannte hami-dëo, hama-thio, hame- deus (Schannat nr. 576. cod. lauresham. nr. 2529. Goldaſt 2, 8. Neug. nr. 354. und ſonſt, ich führe es oben ſ. 532. auf, ohne das erſte wort zu verſtehen) mit der partikel und dëo, diu (famulus, ſervus) zuſ. geſetzt ſein? es ent- ſpränge wieder der geſellſchaftsbegriff confamulus, con- tubernalis, amicus. Das altn. ham-þŷr ſcheint aus der ahd. ſage aufgenommen. Ein ahd. eigenname ka-dëo, ki- dëo, den ich nicht aufzuweiſen habe, würde die conjec- tur beſtärken. Hamedëo für hamêdëo (wie α) zu nehmen geht nicht an, da ahd. urkunden ſicher hameidëo ſchrei- ben würden. Neben dieſem fränkiſchen ham- mehr hochdeutſches kan-, gan- zeigt ſich ε) in kan-arpo (_o- heres, conſors) doc. 204a, wofür canh-erbo oder chan- erbo N. 36, 22, mhd. gan-erbe Parc. 80c, und im deut- ſchen recht hat ſich gan-erbe bis auf heute erhalten (Friſch 1, 315. 316.). Es iſt nichts weiter als gi-erpo, miterbe, miteigenthümer, mitberechtigter (σύγκληρος, συγ- κληρονόμος). Dieſer auslegung ſtehen zwei andere ent- gegen. Nach der einen wäre gan-erbo decompoſitum und aufzulöſen in gi-ana-erbo, wirklich gibt das capitulare Ludov. (Schilter II. 1, 239.) mehrmahls deutlich ge-an- ervo (coheres). Meines wißens tritt aber gi- ſonlt nie vor eine andere, ſchon mit einem nomen componierte partikel, häufig treten andre partikeln noch vor das gi-, (z. b. ana-ki-ſiht, and-ge-lôma) weshalb zwar ana-gi- erbo, nicht gi-ana-erbo zuläßig ſchiene; eine urkunde *) die malb. gl. zu tit. 3. chamitheuto, al. chamutevo, hama- chito, könnte wiederum die partikel enthalten; da von einem tau- rus communis de tribus villis gehandelt wird; ich verſtehe aber das ſubſt. nicht. B b b

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/771>, abgerufen am 22.11.2024.