diums. Weiter, jedes nomen, verbum beschließt seine wurzel mit einem consonanten (s. 2.), den ausfallenden hebt die flexion hervor oder birgt eine zugefügte ablei- tung. Unter den partikeln, die sich zumeist componie- ren, gibt es viele einsilbige, vocalisch auslautende, an welchen gar kein vocal der zus. setzung haften könnte.
2) ist nun jedwede composition mit partikeln uneigent- lich, so muß sie auch unursprünglich sein (s. 408. 409.). Die partikeln sind entw. trenubare, die auch ungebun- den, oder untrennbare, die bloß gebunden vorkommen. Alle untrennbaren weisen auf einen früheren sprachstand hin, in welchem sie gleichfalls als lose und freie wörter erschienen sind. Partikelcomposita müßen aber unter allen uneigentlichen für die ältesten genommen werden, weil sie sich schon in den ersten denkmählern jeder sprache finden.
3) hierbei scheint mir nöthig, adverbium in weiterm, praeposition in engerm begriffe zu faßen, als man pflegt. Insofern jede uneigentliche zus. setzung aus der gewohn- heit des nebeneinanderstellens zweier wörter hervorgeht (wodurch freilich nach und nach leere formeln des ersten worts entspringen), haben die partikeln anfänglich nicht allein vor dem verbum, sondern auch vor dem nomen ungebunden gestanden. Zur praeposition gehört ein von ihr abhängiger (gesetzter, bisweilen ausgelaßner) casus. Sie ist nichts, als die befähigung einer partikel zur casus- rection, d. h. dieser praepositionseigenschaft ist eine adver- biale vorausgegangen (Graff s. 8.). Es gibt allerdings praepositionen, deren adverbialer gebrauch ausgestorben, adverbia, deren praepositionsanwendung wieder verloschen ist; häufig bestehen beide zusammen, theils so, daß sie in der form übereinstimmen (ahd. ana, apa, fora), theils ab- weichen (ahd. mit praep., miti adv.; N. an praep., ana adv.). In der composition gilt aber die adverbialsorm (ahd. miti-slaf, nicht mit-slaf; N. ana-siht, nicht an-siht). Folglich sind auch in fällen, wo die gestalt des adv. und der praep. nicht unterschieden werden kann, die compo- nierten partikeln für adv., nicht für praep. zu erachten, überhaupt mit andern wörtern zusammengesetzte *) und untrennbare praepositionen zu leugnen.
*) mhd. schreiber, im ahd. N., pflegen die praep. an ihren casus zu hängen, was doch niemand für wirkliche composition auslegen wird, zudem häufig, und je später desto häuslger, die
III. partikelcompoſition. — einleitung.
diums. Weiter, jedes nomen, verbum beſchließt ſeine wurzel mit einem conſonanten (ſ. 2.), den ausfallenden hebt die flexion hervor oder birgt eine zugefügte ablei- tung. Unter den partikeln, die ſich zumeiſt componie- ren, gibt es viele einſilbige, vocaliſch auslautende, an welchen gar kein vocal der zuſ. ſetzung haften könnte.
2) iſt nun jedwede compoſition mit partikeln uneigent- lich, ſo muß ſie auch unurſprünglich ſein (ſ. 408. 409.). Die partikeln ſind entw. trenubare, die auch ungebun- den, oder untrennbare, die bloß gebunden vorkommen. Alle untrennbaren weiſen auf einen früheren ſprachſtand hin, in welchem ſie gleichfalls als loſe und freie wörter erſchienen ſind. Partikelcompoſita müßen aber unter allen uneigentlichen für die älteſten genommen werden, weil ſie ſich ſchon in den erſten denkmählern jeder ſprache finden.
3) hierbei ſcheint mir nöthig, adverbium in weiterm, praepoſition in engerm begriffe zu faßen, als man pflegt. Inſofern jede uneigentliche zuſ. ſetzung aus der gewohn- heit des nebeneinanderſtellens zweier wörter hervorgeht (wodurch freilich nach und nach leere formeln des erſten worts entſpringen), haben die partikeln anfänglich nicht allein vor dem verbum, ſondern auch vor dem nomen ungebunden geſtanden. Zur praepoſition gehört ein von ihr abhängiger (geſetzter, bisweilen ausgelaßner) caſus. Sie iſt nichts, als die befähigung einer partikel zur caſus- rection, d. h. dieſer praepoſitionseigenſchaft iſt eine adver- biale vorausgegangen (Graff ſ. 8.). Es gibt allerdings praepoſitionen, deren adverbialer gebrauch ausgeſtorben, adverbia, deren praepoſitionsanwendung wieder verloſchen iſt; häufig beſtehen beide zuſammen, theils ſo, daß ſie in der form übereinſtimmen (ahd. ana, apa, fora), theils ab- weichen (ahd. mit praep., miti adv.; N. an praep., ana adv.). In der compoſition gilt aber die adverbialſorm (ahd. miti-ſlâf, nicht mit-ſlâf; N. ana-ſiht, nicht an-ſiht). Folglich ſind auch in fällen, wo die geſtalt des adv. und der praep. nicht unterſchieden werden kann, die compo- nierten partikeln für adv., nicht für praep. zu erachten, überhaupt mit andern wörtern zuſammengeſetzte *) und untrennbare praepoſitionen zu leugnen.
*) mhd. ſchreiber, im ahd. N., pflegen die praep. an ihren caſus zu hängen, was doch niemand für wirkliche compoſition auslegen wird, zudem häufig, und je ſpäter deſto häuſlger, die
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III. partikelcompoſition. — einleitung.
diums. Weiter, jedes nomen, verbum beſchließt ſeine
wurzel mit einem conſonanten (ſ. 2.), den ausfallenden
hebt die flexion hervor oder birgt eine zugefügte ablei-
tung. Unter den partikeln, die ſich zumeiſt componie-
ren, gibt es viele einſilbige, vocaliſch auslautende, an
welchen gar kein vocal der zuſ. ſetzung haften könnte.
2) iſt nun jedwede compoſition mit partikeln uneigent-
lich, ſo muß ſie auch unurſprünglich ſein (ſ. 408. 409.).
Die partikeln ſind entw. trenubare, die auch ungebun-
den, oder untrennbare, die bloß gebunden vorkommen.
Alle untrennbaren weiſen auf einen früheren ſprachſtand
hin, in welchem ſie gleichfalls als loſe und freie wörter
erſchienen ſind. Partikelcompoſita müßen aber unter allen
uneigentlichen für die älteſten genommen werden, weil
ſie ſich ſchon in den erſten denkmählern jeder ſprache
finden.
3) hierbei ſcheint mir nöthig, adverbium in weiterm,
praepoſition in engerm begriffe zu faßen, als man pflegt.
Inſofern jede uneigentliche zuſ. ſetzung aus der gewohn-
heit des nebeneinanderſtellens zweier wörter hervorgeht
(wodurch freilich nach und nach leere formeln des erſten
worts entſpringen), haben die partikeln anfänglich nicht
allein vor dem verbum, ſondern auch vor dem nomen
ungebunden geſtanden. Zur praepoſition gehört ein von
ihr abhängiger (geſetzter, bisweilen ausgelaßner) caſus.
Sie iſt nichts, als die befähigung einer partikel zur caſus-
rection, d. h. dieſer praepoſitionseigenſchaft iſt eine adver-
biale vorausgegangen (Graff ſ. 8.). Es gibt allerdings
praepoſitionen, deren adverbialer gebrauch ausgeſtorben,
adverbia, deren praepoſitionsanwendung wieder verloſchen
iſt; häufig beſtehen beide zuſammen, theils ſo, daß ſie in
der form übereinſtimmen (ahd. ana, apa, fora), theils ab-
weichen (ahd. mit praep., miti adv.; N. an praep., ana
adv.). In der compoſition gilt aber die adverbialſorm
(ahd. miti-ſlâf, nicht mit-ſlâf; N. ana-ſiht, nicht an-ſiht).
Folglich ſind auch in fällen, wo die geſtalt des adv. und
der praep. nicht unterſchieden werden kann, die compo-
nierten partikeln für adv., nicht für praep. zu erachten,
überhaupt mit andern wörtern zuſammengeſetzte *) und
untrennbare praepoſitionen zu leugnen.
*) mhd. ſchreiber, im ahd. N., pflegen die praep. an ihren
caſus zu hängen, was doch niemand für wirkliche compoſition
auslegen wird, zudem häufig, und je ſpäter deſto häuſlger, die
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/716>, abgerufen am 22.11.2024.
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