III. subst. uneig. comp. -- subst. mit subst. gen.
der schreibung, eher der aussprache nach, obgleich man unbedenklich schreiben könnte: kings-flower (eine blume) kings-fisher (der eisvogel) kings-apple statt king's flo- wer etc.; mehr von diesem -s hernach im 6ten §. --
Bemerkungen zu der genitivischen composition überhaupt:
1) jede, starke oder schwache, genitivform, sg. oder pl. kann dabei vorkommen: a) ahd. wolves-zeisala, ha- nin-fuoß, sunnaun-tac, svapo-lant, franchono-lant, am wenigsten taugen, außer dem starken gen. pl. aller ge- schlechter, die starken gen. fem. sg. auf -o, -a, -ei, weil sie, unbegleitet von consonanten, verwechselungen mit der eigentlichen composition veranlaßen. Der composi- tionsvocal, seine assimilation und der bildungsvocal fal- len hier oft scheinbar mit den flexionsvocalen zusammen (s. 425. 426.). Die vermuthete kürze jenes, die länge dieser würde den zweifel in frühester zeit heben; im ein- zelnen fall hat vergleichung der dialecte und analogie der bedeutungen zu entscheiden. Vielleicht sind ihrer zwei- deutigkeit wegen uneigentliche composita mit dem gen. sg. starker fem. selten? aber eben dadurch erlangen die gen. sg. auf -es nachtheiliges übergewicht. b) die altn. mundart gewährt hier schöne manigsaltigkeit, neben dem gen. sg. auf -s einen auf -ar und in der schw. form -a neben -u; im plur. -a, -na; vgl. dags-braun, heims-kreingla, hiartar-horn, sonar-dottir, solar-geisli, hana-kambr, mana- miölk, taungu-band, veitslu-madr, hesta-madr, taungla- hlaup, augna-har, eyrna-verkr. Ueberdem kann, bei durchgängig fehlendem compos. vocal, formell keine un- sicherheit zwischen eigentl. und uneigentl. zus. setzung eintreten; nur hat, wie es mir scheint, die leichtigkeit und gefälligkeit der letztern viele organisch eigentliche composita in uneigentliche verwandelt, von welchem fehler die ahd. mundart beinahe frei ist. c) im gegen- satz zu den altn. vortheilen uneigentlicher comp. wer- den ihr im mhd. und nhd. das zusammenfallen der schw. gen. -in, -aun, -ono schädlich. Aus der unbestimmt- heit der endung -en erklärt sich wahrscheinlich, warum sie gerade in manchen wörtern an die stelle eigentlicher comp. getreten ist (beispiele anm. 3.). Uneigentliche com- posita mit dem starken gen. sg. fem. lehrt der umlaut nur dann erkennen, wenn zugleich die bedeutung keine eigentliche verstattet, z. b. nhd. gänse-fuß, gänse-haut, mäuse-fraß, mäuse-zahn, wogegen bräuti-gam, nachti- gall eigentl. zus. gesetzt sind. Composita mit pluralischem
III. ſubſt. uneig. comp. — ſubſt. mit ſubſt. gen.
der ſchreibung, eher der ausſprache nach, obgleich man unbedenklich ſchreiben könnte: kings-flower (eine blume) kings-fiſher (der eisvogel) kings-apple ſtatt king’s flo- wer etc.; mehr von dieſem -s hernach im 6ten §. —
Bemerkungen zu der genitiviſchen compoſition überhaupt:
1) jede, ſtarke oder ſchwache, genitivform, ſg. oder pl. kann dabei vorkommen: a) ahd. wolves-zeiſala, ha- nin-fuoƷ, ſunnûn-tac, ſvâpô-lant, franchônô-lant, am wenigſten taugen, außer dem ſtarken gen. pl. aller ge- ſchlechter, die ſtarken gen. fem. ſg. auf -ô, -â, -î, weil ſie, unbegleitet von conſonanten, verwechſelungen mit der eigentlichen compoſition veranlaßen. Der compoſi- tionsvocal, ſeine aſſimilation und der bildungsvocal fal- len hier oft ſcheinbar mit den flexionsvocalen zuſammen (ſ. 425. 426.). Die vermuthete kürze jenes, die länge dieſer würde den zweifel in früheſter zeit heben; im ein- zelnen fall hat vergleichung der dialecte und analogie der bedeutungen zu entſcheiden. Vielleicht ſind ihrer zwei- deutigkeit wegen uneigentliche compoſita mit dem gen. ſg. ſtarker fem. ſelten? aber eben dadurch erlangen die gen. ſg. auf -es nachtheiliges übergewicht. b) die altn. mundart gewährt hier ſchöne manigſaltigkeit, neben dem gen. ſg. auf -s einen auf -ar und in der ſchw. form -a neben -u; im plur. -a, -na; vgl. dags-brûn, heims-krînglâ, hiartar-horn, ſonar-dôttir, ſôlar-geiſli, hana-kambr, mâna- miölk, tûngu-band, veitſlu-madr, heſta-madr, tûngla- hlaup, augna-hâr, eyrna-vërkr. Ueberdem kann, bei durchgängig fehlendem compoſ. vocal, formell keine un- ſicherheit zwiſchen eigentl. und uneigentl. zuſ. ſetzung eintreten; nur hat, wie es mir ſcheint, die leichtigkeit und gefälligkeit der letztern viele organiſch eigentliche compoſita in uneigentliche verwandelt, von welchem fehler die ahd. mundart beinahe frei iſt. c) im gegen- ſatz zu den altn. vortheilen uneigentlicher comp. wer- den ihr im mhd. und nhd. das zuſammenfallen der ſchw. gen. -in, -ûn, -ônô ſchädlich. Aus der unbeſtimmt- heit der endung -en erklärt ſich wahrſcheinlich, warum ſie gerade in manchen wörtern an die ſtelle eigentlicher comp. getreten iſt (beiſpiele anm. 3.). Uneigentliche com- poſita mit dem ſtarken gen. ſg. fem. lehrt der umlaut nur dann erkennen, wenn zugleich die bedeutung keine eigentliche verſtattet, z. b. nhd. gänſe-fuß, gänſe-haut, mäuſe-fraß, mäuſe-zahn, wogegen bräuti-gam, nachti- gall eigentl. zuſ. geſetzt ſind. Compoſita mit pluraliſchem
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III. ſubſt. uneig. comp. — ſubſt. mit ſubſt. gen.
der ſchreibung, eher der ausſprache nach, obgleich man
unbedenklich ſchreiben könnte: kings-flower (eine blume)
kings-fiſher (der eisvogel) kings-apple ſtatt king’s flo-
wer etc.; mehr von dieſem -s hernach im 6ten §. —
Bemerkungen zu der genitiviſchen compoſition überhaupt:
1) jede, ſtarke oder ſchwache, genitivform, ſg. oder
pl. kann dabei vorkommen: a) ahd. wolves-zeiſala, ha-
nin-fuoƷ, ſunnûn-tac, ſvâpô-lant, franchônô-lant, am
wenigſten taugen, außer dem ſtarken gen. pl. aller ge-
ſchlechter, die ſtarken gen. fem. ſg. auf -ô, -â, -î, weil
ſie, unbegleitet von conſonanten, verwechſelungen mit
der eigentlichen compoſition veranlaßen. Der compoſi-
tionsvocal, ſeine aſſimilation und der bildungsvocal fal-
len hier oft ſcheinbar mit den flexionsvocalen zuſammen
(ſ. 425. 426.). Die vermuthete kürze jenes, die länge
dieſer würde den zweifel in früheſter zeit heben; im ein-
zelnen fall hat vergleichung der dialecte und analogie der
bedeutungen zu entſcheiden. Vielleicht ſind ihrer zwei-
deutigkeit wegen uneigentliche compoſita mit dem gen.
ſg. ſtarker fem. ſelten? aber eben dadurch erlangen die
gen. ſg. auf -es nachtheiliges übergewicht. b) die altn.
mundart gewährt hier ſchöne manigſaltigkeit, neben dem
gen. ſg. auf -s einen auf -ar und in der ſchw. form -a
neben -u; im plur. -a, -na; vgl. dags-brûn, heims-krînglâ,
hiartar-horn, ſonar-dôttir, ſôlar-geiſli, hana-kambr, mâna-
miölk, tûngu-band, veitſlu-madr, heſta-madr, tûngla-
hlaup, augna-hâr, eyrna-vërkr. Ueberdem kann, bei
durchgängig fehlendem compoſ. vocal, formell keine un-
ſicherheit zwiſchen eigentl. und uneigentl. zuſ. ſetzung
eintreten; nur hat, wie es mir ſcheint, die leichtigkeit
und gefälligkeit der letztern viele organiſch eigentliche
compoſita in uneigentliche verwandelt, von welchem
fehler die ahd. mundart beinahe frei iſt. c) im gegen-
ſatz zu den altn. vortheilen uneigentlicher comp. wer-
den ihr im mhd. und nhd. das zuſammenfallen der
ſchw. gen. -in, -ûn, -ônô ſchädlich. Aus der unbeſtimmt-
heit der endung -en erklärt ſich wahrſcheinlich, warum
ſie gerade in manchen wörtern an die ſtelle eigentlicher
comp. getreten iſt (beiſpiele anm. 3.). Uneigentliche com-
poſita mit dem ſtarken gen. ſg. fem. lehrt der umlaut
nur dann erkennen, wenn zugleich die bedeutung keine
eigentliche verſtattet, z. b. nhd. gänſe-fuß, gänſe-haut,
mäuſe-fraß, mäuſe-zahn, wogegen bräuti-gam, nachti-
gall eigentl. zuſ. geſetzt ſind. Compoſita mit pluraliſchem
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/628>, abgerufen am 22.11.2024.
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