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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit adj.
arm-strenki (manufortis) kanc-heil (pede firmus) etc.
Umgekehrt werden ablösung und trennung durch die ne-
gativen praep. aus oder von deutlich, z. b. das goth. hi-
mina-kunds (e coelo oriundus) ahd. vart-muodi (fessus ex
itinere, müde von der reise) friunt-los (entblößt von
freunden) etc. Andere durch andere praep., je nachdem
sie schon bei den einfachen adj. zu stehen pflegen, z. b.
nhd. kugel-fest (wider) mhd. viuwer-var (nacr; wie es
heißt: gevar nach dem viure) nhd. geld-gierig (nach)
dienst-willig (zu).

II) durch ein appositionelles; vorzügleich das der ver-
gleichung und beschreibung. Diese erklärung ist hier weit
anwendbarer, als bei den substantiven und wird sich her-
nach in genug beispielen ausweisen, namentlich in un-
zähligen adjectiven für die farbe: gras-grün, himmel-
blau (wie das gras, der himmel).

III) durch ein casuelles; verschiedne einfache adj.
haben den gen. bei sich (ob ein subst. ausgelaßen ist, ge-
hört nicht hierher zu erörtern), werden sie mit einem
subst. eigentlich zus. gesetzt, so kann dieses auch geniti-
visch gedeutet werden, z. b. ahd. firn-fol (voll des lasters);
andere regieren den dativ z. b. gleich, ahd. gileih, so
daß das comp. gota-leih bedeuten könnte deo similis. Den
acc. vermag kein adj. an sich zu regieren; ein zusam-
mengesetztes aber, in dem noch die verbale abkunst fort-
lebt, läßt accusativische deutung des vorstehenden subst.
zu. Dahin sind namentlich die mit -nami und -pari zu
rechnen: danh-nami (gratus) fruht-pari (fructifer). --

Ich wiederhole die bei dem subst. gemachte bemer-
kung, daß diese deutungen der composition durchaus
nicht den wirklichen ursprung derselben aus solchen ver-
hältnissen bezeichnen, sondern grade die vielseitigkeit und
gewalt des überall zu grund liegenden compositionsvocols
zu erkennen geben sollen. Das princip seiner (meist schon
verwischten) form ist es, welches die lebendige zusam-
mensetzung hervorbringt, die wir zergliedernd durch
praeposition, apposition und casus übersetzen. Und gleich-
wie -pari weder einen wahren acc. bei sich haben, noch
in hova-pari, mhd. hove-baere das erste wort formell ein acc.
sein kann; so entspringen aus wirklichen genitiven, dativen,
die vor adjective treten, uneigentliche composita, welche
sich mit den eigentlichen höchstens berühren oder sie un-
organischerweise vertreten. Ruom-gern (gloriabundus)
ist genau betrachtet von ruomes gern (gloriae cupidus)

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj.
arm-ſtrenki (manufortis) kanc-heil (pede firmus) etc.
Umgekehrt werden ablöſung und trennung durch die ne-
gativen praep. aus oder von deutlich, z. b. das goth. hi-
mina-kunds (e coelo oriundus) ahd. vart-muodi (feſſus ex
itinere, müde von der reiſe) friunt-lôs (entblößt von
freunden) etc. Andere durch andere praep., je nachdem
ſie ſchon bei den einfachen adj. zu ſtehen pflegen, z. b.
nhd. kugel-feſt (wider) mhd. viuwer-var (nâcr; wie es
heißt: gevar nâch dem viure) nhd. geld-gierig (nâch)
dienſt-willig (zu).

II) durch ein appoſitionelles; vorzüglîch das der ver-
gleichung und beſchreibung. Dieſe erklärung iſt hier weit
anwendbarer, als bei den ſubſtantiven und wird ſich her-
nach in genug beiſpielen ausweiſen, namentlich in un-
zähligen adjectiven für die farbe: gras-grün, himmel-
blau (wie das gras, der himmel).

III) durch ein caſuelles; verſchiedne einfache adj.
haben den gen. bei ſich (ob ein ſubſt. ausgelaßen iſt, ge-
hört nicht hierher zu erörtern), werden ſie mit einem
ſubſt. eigentlich zuſ. geſetzt, ſo kann dieſes auch geniti-
viſch gedeutet werden, z. b. ahd. firn-fol (voll des laſters);
andere regieren den dativ z. b. gleich, ahd. gilîh, ſo
daß das comp. gota-lîh bedeuten könnte deo ſimilis. Den
acc. vermag kein adj. an ſich zu regieren; ein zuſam-
mengeſetztes aber, in dem noch die verbale abkunſt fort-
lebt, läßt accuſativiſche deutung des vorſtehenden ſubſt.
zu. Dahin ſind namentlich die mit -nâmi und -pâri zu
rechnen: danh-nâmi (gratus) fruht-pâri (fructifer). —

Ich wiederhole die bei dem ſubſt. gemachte bemer-
kung, daß dieſe deutungen der compoſition durchaus
nicht den wirklichen urſprung derſelben aus ſolchen ver-
hältniſſen bezeichnen, ſondern grade die vielſeitigkeit und
gewalt des überall zu grund liegenden compoſitionsvocols
zu erkennen geben ſollen. Das princip ſeiner (meiſt ſchon
verwiſchten) form iſt es, welches die lebendige zuſam-
menſetzung hervorbringt, die wir zergliedernd durch
praepoſition, appoſition und caſus überſetzen. Und gleich-
wie -pâri weder einen wahren acc. bei ſich haben, noch
in hova-pâri, mhd. hove-bære das erſte wort formell ein acc.
ſein kann; ſo entſpringen aus wirklichen genitiven, dativen,
die vor adjective treten, uneigentliche compoſita, welche
ſich mit den eigentlichen höchſtens berühren oder ſie un-
organiſcherweiſe vertreten. Ruom-gërn (gloriabundus)
iſt genau betrachtet von ruomes gërn (gloriae cupidus)

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[549/0567] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj. arm-ſtrenki (manufortis) kanc-heil (pede firmus) etc. Umgekehrt werden ablöſung und trennung durch die ne- gativen praep. aus oder von deutlich, z. b. das goth. hi- mina-kunds (e coelo oriundus) ahd. vart-muodi (feſſus ex itinere, müde von der reiſe) friunt-lôs (entblößt von freunden) etc. Andere durch andere praep., je nachdem ſie ſchon bei den einfachen adj. zu ſtehen pflegen, z. b. nhd. kugel-feſt (wider) mhd. viuwer-var (nâcr; wie es heißt: gevar nâch dem viure) nhd. geld-gierig (nâch) dienſt-willig (zu). II) durch ein appoſitionelles; vorzüglîch das der ver- gleichung und beſchreibung. Dieſe erklärung iſt hier weit anwendbarer, als bei den ſubſtantiven und wird ſich her- nach in genug beiſpielen ausweiſen, namentlich in un- zähligen adjectiven für die farbe: gras-grün, himmel- blau (wie das gras, der himmel). III) durch ein caſuelles; verſchiedne einfache adj. haben den gen. bei ſich (ob ein ſubſt. ausgelaßen iſt, ge- hört nicht hierher zu erörtern), werden ſie mit einem ſubſt. eigentlich zuſ. geſetzt, ſo kann dieſes auch geniti- viſch gedeutet werden, z. b. ahd. firn-fol (voll des laſters); andere regieren den dativ z. b. gleich, ahd. gilîh, ſo daß das comp. gota-lîh bedeuten könnte deo ſimilis. Den acc. vermag kein adj. an ſich zu regieren; ein zuſam- mengeſetztes aber, in dem noch die verbale abkunſt fort- lebt, läßt accuſativiſche deutung des vorſtehenden ſubſt. zu. Dahin ſind namentlich die mit -nâmi und -pâri zu rechnen: danh-nâmi (gratus) fruht-pâri (fructifer). — Ich wiederhole die bei dem ſubſt. gemachte bemer- kung, daß dieſe deutungen der compoſition durchaus nicht den wirklichen urſprung derſelben aus ſolchen ver- hältniſſen bezeichnen, ſondern grade die vielſeitigkeit und gewalt des überall zu grund liegenden compoſitionsvocols zu erkennen geben ſollen. Das princip ſeiner (meiſt ſchon verwiſchten) form iſt es, welches die lebendige zuſam- menſetzung hervorbringt, die wir zergliedernd durch praepoſition, appoſition und caſus überſetzen. Und gleich- wie -pâri weder einen wahren acc. bei ſich haben, noch in hova-pâri, mhd. hove-bære das erſte wort formell ein acc. ſein kann; ſo entſpringen aus wirklichen genitiven, dativen, die vor adjective treten, uneigentliche compoſita, welche ſich mit den eigentlichen höchſtens berühren oder ſie un- organiſcherweiſe vertreten. Ruom-gërn (gloriabundus) iſt genau betrachtet von ruomes gërn (gloriae cupidus)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/567>, abgerufen am 25.11.2024.