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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit subst.
lat. alektro-phonia und galli-cinium. Im altn. finde ich
nur uneigentlich hana-gal (= ahd. haniu-chrat) so wie
fugla-qvak (concentus avium) hrafna-galdr (corvorum
crocitus st. corvi-cinium); man schriebe richtiger hana
gal, fugla qvak, wie mhd. Vreig. 20c tiuvels stimme.

b) allgemeinere zeitbestimmungen lieben eigentliche zu-
sammensetzung, obgleich sie sich auch durch den be-
stimmteren gen. ausdrücken laßen. Wir sagen: regen-
zeit, winter-zeit, ernte-zeit beinahe gleichbedeutig mit:
die zeit des regens, der ernte, der zus. hang kann das
eine oder andere vorziehen. So ahd. wintar-zeit k. 30a
regan-manot, herbist-manot, snita-zeit jun. 187. ags. vin-
ter-däg, -teid, -stund etc. Einige können auch durch
die praep. an, in erläutert werden, wie s. 429. versucht
worden ist, doch scheint wintarzeit weniger die zeit im
winter, als tempus hiemis oder hiemale.

c) es gibt noch andere ähnliche fälle, z. b. unser
brunnquell (ahd. prun-chulle gl. ker. 55. brun-adara N.),
die sich beßer anführen laßen werden, wann erst die
uneigentlichen composita abgehandelt worden sind. Wenn
das erste wort ein starkes fem. und die zusammensetzung
nur in der sorm späterer sprache vorhanden ist, bleibt
es schwer auszumitteln, ob eine eigentliche oder unei-
gentliche darin enthalten sei, z. b. in nadel-öhr, ernte-
zeit. --

3) accusativischen begriff hat das erste wort einer
menge von zusammensetzungen, in deren zweitem wort
ein den accus. regierendes verbum lebt. Es sind meistens
handelnde personen, bisweilen die handlung selbst. Z. b.
land-bauer, minne-sänger, wein-trinker, gott-gebährerin,
geschicht-schreiber, geschicht-schreibung und unzählige
mehr; in der alten sprache gewöhnlich schwache masc.
und fem., die man im sechsten cap. dieses buchs auf-
schlage. Hier kommt es auch noch nicht darauf an,
zu erörtern, ob in solchen wörtern eigentliche oder un-
eigentliche composition enthalten sei, d. h. ob sie einen
wahren compositionsvocal aufzuweisen haben und voraus-
setzen, oder mit dem leibhaften acc. zusammengefügt
seien. Und wenn sich auch letzteres nicht durchaus ab-
sprechen ließe, so scheint es doch ausgemacht, daß in
vielen, wo nicht den meisten fällen eigentliche compo-
sition statt finde, folglich nicht die form, nur die be-
deutung für accusativisch angesehn werden dürfe.
Hauptsächlich beweisen dies zwei puncte a) der vor-

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
lat. ἀλεκτρο-φωνία und galli-cinium. Im altn. finde ich
nur uneigentlich hana-gal (= ahd. haniu-chrât) ſo wie
fugla-qvak (concentus avium) hrafna-galdr (corvorum
crocitus ſt. corvi-cinium); man ſchriebe richtiger hana
gal, fugla qvak, wie mhd. Vrîg. 20c tiuvels ſtimme.

b) allgemeinere zeitbeſtimmungen lieben eigentliche zu-
ſammenſetzung, obgleich ſie ſich auch durch den be-
ſtimmteren gen. ausdrücken laßen. Wir ſagen: rêgen-
zeit, winter-zeit, ernte-zeit beinahe gleichbedeutig mit:
die zeit des regens, der ernte, der zuſ. hang kann das
eine oder andere vorziehen. So ahd. wintar-zît k. 30a
rëgan-mânôt, herbiſt-mânôt, ſnita-zît jun. 187. agſ. vin-
ter-däg, -tîd, -ſtund etc. Einige können auch durch
die praep. an, in erläutert werden, wie ſ. 429. verſucht
worden iſt, doch ſcheint wintarzît weniger die zeit im
winter, als tempus hiemis oder hiemale.

c) es gibt noch andere ähnliche fälle, z. b. unſer
brunnquell (ahd. prun-chulle gl. ker. 55. brun-âdara N.),
die ſich beßer anführen laßen werden, wann erſt die
uneigentlichen compoſita abgehandelt worden ſind. Wenn
das erſte wort ein ſtarkes fem. und die zuſammenſetzung
nur in der ſorm ſpäterer ſprache vorhanden iſt, bleibt
es ſchwer auszumitteln, ob eine eigentliche oder unei-
gentliche darin enthalten ſei, z. b. in nâdel-öhr, ernte-
zeit. —

3) accuſativiſchen begriff hat das erſte wort einer
menge von zuſammenſetzungen, in deren zweitem wort
ein den accuſ. regierendes verbum lebt. Es ſind meiſtens
handelnde perſonen, bisweilen die handlung ſelbſt. Z. b.
land-bauer, minne-ſänger, wein-trinker, gott-gebährerin,
geſchicht-ſchreiber, geſchicht-ſchreibung und unzählige
mehr; in der alten ſprache gewöhnlich ſchwache maſc.
und fem., die man im ſechſten cap. dieſes buchs auf-
ſchlage. Hier kommt es auch noch nicht darauf an,
zu erörtern, ob in ſolchen wörtern eigentliche oder un-
eigentliche compoſition enthalten ſei, d. h. ob ſie einen
wahren compoſitionsvocal aufzuweiſen haben und voraus-
ſetzen, oder mit dem leibhaften acc. zuſammengefügt
ſeien. Und wenn ſich auch letzteres nicht durchaus ab-
ſprechen ließe, ſo ſcheint es doch ausgemacht, daß in
vielen, wo nicht den meiſten fällen eigentliche compo-
ſition ſtatt finde, folglich nicht die form, nur die be-
deutung für accuſativiſch angeſehn werden dürfe.
Hauptſächlich beweiſen dies zwei puncte a) der vor-

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[445/0463] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt. lat. ἀλεκτρο-φωνία und galli-cinium. Im altn. finde ich nur uneigentlich hana-gal (= ahd. haniu-chrât) ſo wie fugla-qvak (concentus avium) hrafna-galdr (corvorum crocitus ſt. corvi-cinium); man ſchriebe richtiger hana gal, fugla qvak, wie mhd. Vrîg. 20c tiuvels ſtimme. b) allgemeinere zeitbeſtimmungen lieben eigentliche zu- ſammenſetzung, obgleich ſie ſich auch durch den be- ſtimmteren gen. ausdrücken laßen. Wir ſagen: rêgen- zeit, winter-zeit, ernte-zeit beinahe gleichbedeutig mit: die zeit des regens, der ernte, der zuſ. hang kann das eine oder andere vorziehen. So ahd. wintar-zît k. 30a rëgan-mânôt, herbiſt-mânôt, ſnita-zît jun. 187. agſ. vin- ter-däg, -tîd, -ſtund etc. Einige können auch durch die praep. an, in erläutert werden, wie ſ. 429. verſucht worden iſt, doch ſcheint wintarzît weniger die zeit im winter, als tempus hiemis oder hiemale. c) es gibt noch andere ähnliche fälle, z. b. unſer brunnquell (ahd. prun-chulle gl. ker. 55. brun-âdara N.), die ſich beßer anführen laßen werden, wann erſt die uneigentlichen compoſita abgehandelt worden ſind. Wenn das erſte wort ein ſtarkes fem. und die zuſammenſetzung nur in der ſorm ſpäterer ſprache vorhanden iſt, bleibt es ſchwer auszumitteln, ob eine eigentliche oder unei- gentliche darin enthalten ſei, z. b. in nâdel-öhr, ernte- zeit. — 3) accuſativiſchen begriff hat das erſte wort einer menge von zuſammenſetzungen, in deren zweitem wort ein den accuſ. regierendes verbum lebt. Es ſind meiſtens handelnde perſonen, bisweilen die handlung ſelbſt. Z. b. land-bauer, minne-ſänger, wein-trinker, gott-gebährerin, geſchicht-ſchreiber, geſchicht-ſchreibung und unzählige mehr; in der alten ſprache gewöhnlich ſchwache maſc. und fem., die man im ſechſten cap. dieſes buchs auf- ſchlage. Hier kommt es auch noch nicht darauf an, zu erörtern, ob in ſolchen wörtern eigentliche oder un- eigentliche compoſition enthalten ſei, d. h. ob ſie einen wahren compoſitionsvocal aufzuweiſen haben und voraus- ſetzen, oder mit dem leibhaften acc. zuſammengefügt ſeien. Und wenn ſich auch letzteres nicht durchaus ab- ſprechen ließe, ſo ſcheint es doch ausgemacht, daß in vielen, wo nicht den meiſten fällen eigentliche compo- ſition ſtatt finde, folglich nicht die form, nur die be- deutung für accuſativiſch angeſehn werden dürfe. Hauptſächlich beweiſen dies zwei puncte a) der vor-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/463>, abgerufen am 25.11.2024.