Die composition drückt also ein innigeres band aus, als der praepositionsfall, das bleibende, natürliche, gewöhn- liche, nicht das vorübergehende, einmalige. Daher auch die viel bestimmteren präpositionellen begriffe nicht je- derzeit in compositionen übertragbar sind, z. b. in den redensarten: der sperling auf dem dach, der hahn im korb wäre es übel angebracht zu sagen: der dachsper- ling, der korbhahn.
b) ein und dasselbe compositum kann darum einen mehrseitigen, ja außer dem zusammenhang unsichern sinn haben. Haushund bezeichnet den in oder vor dem hause liegenden, oder auch nur den dazu gehörigen, da- für angeschafften hund; neßelraupe nicht allein die auf dieser pflanze wohnende, sondern auch die sich davon nährende raupe. Dem zusammenhang bleibt es vorbe- halten zu bestimmen, ob unter handschlag ein schlag an die hand oder mit der hand, unter bettsprung ein sprung in das bett oder aus dem bett gemeint sei, ob segelwint (oben s. 432.) das lebendige: wind in die segel, oder das abstracte: wind für die segel bedeute (letzteres bestärkt die beifügung des adj. guot troj. 131b 142a und das pa- rallele segel-weter Parc. 182c).
c) in vielen fällen mag die zus. setzung ganz mit dem praepositionsausdruck übereintreffen, z. b. es ist gleichviel gesagt sunnaun sedalganc (solis occasus) oder diu sunna gat in sedal (sol occidit). Insgemein scheint die bedeutung bestimmter, wenn das zweite wort sinn- lich verbal ist, z. b. bei handarbeit, schwerthieb besinnt man sich der redensarten mit der hand arbeiten, mit dem schw. hauen, wogegen es bei thalweg an sich un- gewis bleibt, ob der weg durch das thal laufe oder an dem thal her führe. Bergwege pflegt man zu nennen, die über die gebirge ziehen, bergstraße in der pfalz heißt, die an den bergen hin geht.
d) einigemahl steht auch die erläuternde praeposition als bloße partikel vor dem zweiten (verbalen) wort, z. b. in kreuz-abnahme, haus-einbruch, kegel-durchschnitt, wovon mehr §. 4.
II. appositionelle verhältnisse. Viele composita fügen sich theils gar nicht, theils nur gezwungen in die er- klärung durch praepositionen; die begriffe ihrer beiden
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
Die compoſition drückt alſo ein innigeres band aus, als der praepoſitionsfall, das bleibende, natürliche, gewöhn- liche, nicht das vorübergehende, einmalige. Daher auch die viel beſtimmteren präpoſitionellen begriffe nicht je- derzeit in compoſitionen übertragbar ſind, z. b. in den redensarten: der ſperling auf dem dach, der hahn im korb wäre es übel angebracht zu ſagen: der dachſper- ling, der korbhahn.
b) ein und daſſelbe compoſitum kann darum einen mehrſeitigen, ja außer dem zuſammenhang unſichern ſinn haben. Haushund bezeichnet den in oder vor dem hauſe liegenden, oder auch nur den dazu gehörigen, da- für angeſchafften hund; neßelraupe nicht allein die auf dieſer pflanze wohnende, ſondern auch die ſich davon nährende raupe. Dem zuſammenhang bleibt es vorbe- halten zu beſtimmen, ob unter handſchlag ein ſchlag an die hand oder mit der hand, unter bettſprung ein ſprung in das bett oder aus dem bett gemeint ſei, ob ſëgelwint (oben ſ. 432.) das lebendige: wind in die ſegel, oder das abſtracte: wind für die ſegel bedeute (letzteres beſtärkt die beifügung des adj. guot troj. 131b 142a und das pa- rallele ſëgel-wëter Parc. 182c).
c) in vielen fällen mag die zuſ. ſetzung ganz mit dem praepoſitionsausdruck übereintreffen, z. b. es iſt gleichviel geſagt ſunnûn ſëdalganc (ſolis occaſus) oder diu ſunnâ gât in ſëdal (ſol occidit). Insgemein ſcheint die bedeutung beſtimmter, wenn das zweite wort ſinn- lich verbal iſt, z. b. bei handarbeit, ſchwerthieb beſinnt man ſich der redensarten mit der hand arbeiten, mit dem ſchw. hauen, wogegen es bei thalweg an ſich un- gewis bleibt, ob der weg durch das thal laufe oder an dem thal her führe. Bergwege pflegt man zu nennen, die über die gebirge ziehen, bergſtraße in der pfalz heißt, die an den bergen hin geht.
d) einigemahl ſteht auch die erläuternde praepoſition als bloße partikel vor dem zweiten (verbalen) wort, z. b. in kreuz-abnahme, haus-einbruch, kegel-durchſchnitt, wovon mehr §. 4.
II. appoſitionelle verhältniſſe. Viele compoſita fügen ſich theils gar nicht, theils nur gezwungen in die er- klärung durch praepoſitionen; die begriffe ihrer beiden
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III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
Die compoſition drückt alſo ein innigeres band aus, als
der praepoſitionsfall, das bleibende, natürliche, gewöhn-
liche, nicht das vorübergehende, einmalige. Daher auch
die viel beſtimmteren präpoſitionellen begriffe nicht je-
derzeit in compoſitionen übertragbar ſind, z. b. in den
redensarten: der ſperling auf dem dach, der hahn im
korb wäre es übel angebracht zu ſagen: der dachſper-
ling, der korbhahn.
b) ein und daſſelbe compoſitum kann darum einen
mehrſeitigen, ja außer dem zuſammenhang unſichern
ſinn haben. Haushund bezeichnet den in oder vor dem
hauſe liegenden, oder auch nur den dazu gehörigen, da-
für angeſchafften hund; neßelraupe nicht allein die auf
dieſer pflanze wohnende, ſondern auch die ſich davon
nährende raupe. Dem zuſammenhang bleibt es vorbe-
halten zu beſtimmen, ob unter handſchlag ein ſchlag an
die hand oder mit der hand, unter bettſprung ein ſprung
in das bett oder aus dem bett gemeint ſei, ob ſëgelwint
(oben ſ. 432.) das lebendige: wind in die ſegel, oder das
abſtracte: wind für die ſegel bedeute (letzteres beſtärkt
die beifügung des adj. guot troj. 131b 142a und das pa-
rallele ſëgel-wëter Parc. 182c).
c) in vielen fällen mag die zuſ. ſetzung ganz mit
dem praepoſitionsausdruck übereintreffen, z. b. es iſt
gleichviel geſagt ſunnûn ſëdalganc (ſolis occaſus) oder
diu ſunnâ gât in ſëdal (ſol occidit). Insgemein ſcheint
die bedeutung beſtimmter, wenn das zweite wort ſinn-
lich verbal iſt, z. b. bei handarbeit, ſchwerthieb beſinnt
man ſich der redensarten mit der hand arbeiten, mit
dem ſchw. hauen, wogegen es bei thalweg an ſich un-
gewis bleibt, ob der weg durch das thal laufe oder an
dem thal her führe. Bergwege pflegt man zu nennen,
die über die gebirge ziehen, bergſtraße in der pfalz heißt,
die an den bergen hin geht.
d) einigemahl ſteht auch die erläuternde praepoſition
als bloße partikel vor dem zweiten (verbalen) wort, z. b.
in kreuz-abnahme, haus-einbruch, kegel-durchſchnitt,
wovon mehr §. 4.
II. appoſitionelle verhältniſſe. Viele compoſita fügen
ſich theils gar nicht, theils nur gezwungen in die er-
klärung durch praepoſitionen; die begriffe ihrer beiden
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/457>, abgerufen am 22.11.2024.
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