8) [bewegendes auf] ahd. mhd. vuoß-val, nhd. sauß- fall, altn. kne-fall; ebenso würde zu nehmen sein hrucki- val, das ich ahd. nicht belegen kann, aber N. hat rucke- sturzo (diabolus, sonst nider-riso, der auf den rücken stür- zende), rucki-chero (tergiversator) mons. 408. scheint bloß accusativisch, altn. bak-fall (lumbare, auf den rücken fal- lendes gewand), im nhd. rück-fall ist rück schon partikel- haft; die lex alam. 65, 31. bestimmt eine verwundung des knies danach, ob der gelähmte mit dem fuß noch an das bethaute gras streifen könne, das hieß tou-tregil, bis an den thau ruhrend, schleppend? -- vgl. mhd. acker- ganc troj. 71c weide-ganc Parc. 29a. --
9) [zu] diese praeposition kann im reinen raumverhäl- nisse bei verschiednen zusammensetzungen an die stelle des bewegenden in, an, auf gedacht werden, z. b. kirch- gang auch ein gang zur kirche sein. Ebenso vertritt sie ruhiges in, bei, z. b. haus-andacht, haus-gottesdienst. Im ags. heißt hand-preost, hand-thegen ein priester, diener, der zur hand ist (ahd. aß henti, bei der hand, praesto, Graff p. 94.). Ungleich häufiger erläutert aber ihr causa- ler gebrauch (Graff p. 259.) das verhältnis der bestimmung und des nutzens, worin das erste wort zu dem zweiten steht. Das zweite pflegt dann ein geräth, einen behäl- ter, ein kleidungsstück, nahrungsmittel u. a. m. auszu- drücken. Man kann auch causales für dabei annehmen (Graff p. 146.).
a) beispiele von geräthschaft: goth. hunsla-staths (al- tare) fotu-baurd (fuß-schemel) lukarna-statha (candelabrum) mati-balgs (pera) staua-stols (tribunal); ahd. lid-faß jun. 218. salp-faß hrab. 954a T. 138. lioht-faß hymn. 948. peor-faß hrab. 957b wein-faß hrab. 958a poah-faß (biblio- theca) ker. 44. leoht-kar hymn. 949. rouh-kar jun. 229. leih-kar jun. 211. teiga-troug hrab. 961b scaz-sung jun. 213. chandal-stap jun. 194. satal-giziugi mons. 399. maß-sahs (eß-messer) sgall. 199. mist-gabala sgall. 199. wunschili- garta (caduceus) jun. 383. und so durch alle dialecte eine menge von wörtern. Hier noch einige aus dem nhd.: bier-faß, rauch-faß, wein-faß, leich-korb (provinziell f. sarg) licht-korb, teig-trog, feuer-eimer, feuer-leiter, geld- beutel, öhl-flasche, tauf-napf, eßig-krug, mist-gabel, mehl- sack, wünschel-ruthe, hand-feile etc.
b) von behältern: ahd. cast-haus (diversorium) ker. 268. jun. 201. 202. hrab. 959b fogal-haus zwetl. 114a chorn- haus (horreum) ker. 27. chorn-stadal mons. 393. buoh-cha-
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III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
8) [bewegendes auf] ahd. mhd. vuoƷ-val, nhd. ſûß- fall, altn. knê-fall; ebenſo würde zu nehmen ſein hrucki- val, das ich ahd. nicht belegen kann, aber N. hat rucke- ſturzo (diabolus, ſonſt nider-riſo, der auf den rücken ſtür- zende), rucki-chêro (tergiverſator) monſ. 408. ſcheint bloß accuſativiſch, altn. bak-fall (lumbare, auf den rücken fal- lendes gewand), im nhd. rück-fall iſt rück ſchon partikel- haft; die lex alam. 65, 31. beſtimmt eine verwundung des knies danach, ob der gelähmte mit dem fuß noch an das bethaute gras ſtreifen könne, das hieß tou-tregil, bis an den thau ruhrend, ſchleppend? — vgl. mhd. acker- ganc troj. 71c weide-ganc Parc. 29a. —
9) [zu] dieſe praepoſition kann im reinen raumverhäl- niſſe bei verſchiednen zuſammenſetzungen an die ſtelle des bewegenden in, an, auf gedacht werden, z. b. kirch- gang auch ein gang zur kirche ſein. Ebenſo vertritt ſie ruhiges in, bei, z. b. haus-andacht, haus-gottesdienſt. Im agſ. heißt hand-prëoſt, hand-þëgen ein prieſter, diener, der zur hand iſt (ahd. aƷ henti, bei der hand, praeſto, Graff p. 94.). Ungleich häufiger erläutert aber ihr cauſa- ler gebrauch (Graff p. 259.) das verhältnis der beſtimmung und des nutzens, worin das erſte wort zu dem zweiten ſteht. Das zweite pflegt dann ein geräth, einen behäl- ter, ein kleidungsſtück, nahrungsmittel u. a. m. auszu- drücken. Man kann auch cauſales für dabei annehmen (Graff p. 146.).
α) beiſpiele von geräthſchaft: goth. hunſla-ſtaþs (al- tare) fotu-baúrd (fuß-ſchemel) lukarna-ſtaþa (candelabrum) mati-balgs (pera) ſtáua-ſtôls (tribunal); ahd. lid-faƷ jun. 218. ſalp-faƷ hrab. 954a T. 138. lioht-faƷ hymn. 948. pëor-faƷ hrab. 957b wîn-faƷ hrab. 958a poah-faƷ (biblio- theca) ker. 44. lëoht-kar hymn. 949. rouh-kar jun. 229. lîh-kar jun. 211. teiga-troug hrab. 961b ſcaz-ſung jun. 213. chandal-ſtap jun. 194. ſatal-giziugi monſ. 399. maƷ-ſahs (eß-meſſer) ſgall. 199. miſt-gabala ſgall. 199. wunſchili- garta (caduceus) jun. 383. und ſo durch alle dialecte eine menge von wörtern. Hier noch einige aus dem nhd.: bier-faß, rauch-faß, wein-faß, leich-korb (provinziell f. ſarg) licht-korb, teig-trôg, feuer-eimer, feuer-leiter, geld- beutel, öhl-flaſche, tauf-napf, eßig-krug, miſt-gabel, mehl- ſack, wünſchel-ruthe, hand-feile etc.
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III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.
8) [bewegendes auf] ahd. mhd. vuoƷ-val, nhd. ſûß-
fall, altn. knê-fall; ebenſo würde zu nehmen ſein hrucki-
val, das ich ahd. nicht belegen kann, aber N. hat rucke-
ſturzo (diabolus, ſonſt nider-riſo, der auf den rücken ſtür-
zende), rucki-chêro (tergiverſator) monſ. 408. ſcheint bloß
accuſativiſch, altn. bak-fall (lumbare, auf den rücken fal-
lendes gewand), im nhd. rück-fall iſt rück ſchon partikel-
haft; die lex alam. 65, 31. beſtimmt eine verwundung des
knies danach, ob der gelähmte mit dem fuß noch an
das bethaute gras ſtreifen könne, das hieß tou-tregil, bis
an den thau ruhrend, ſchleppend? — vgl. mhd. acker-
ganc troj. 71c weide-ganc Parc. 29a. —
9) [zu] dieſe praepoſition kann im reinen raumverhäl-
niſſe bei verſchiednen zuſammenſetzungen an die ſtelle
des bewegenden in, an, auf gedacht werden, z. b. kirch-
gang auch ein gang zur kirche ſein. Ebenſo vertritt ſie
ruhiges in, bei, z. b. haus-andacht, haus-gottesdienſt. Im
agſ. heißt hand-prëoſt, hand-þëgen ein prieſter, diener,
der zur hand iſt (ahd. aƷ henti, bei der hand, praeſto,
Graff p. 94.). Ungleich häufiger erläutert aber ihr cauſa-
ler gebrauch (Graff p. 259.) das verhältnis der beſtimmung
und des nutzens, worin das erſte wort zu dem zweiten
ſteht. Das zweite pflegt dann ein geräth, einen behäl-
ter, ein kleidungsſtück, nahrungsmittel u. a. m. auszu-
drücken. Man kann auch cauſales für dabei annehmen
(Graff p. 146.).
α) beiſpiele von geräthſchaft: goth. hunſla-ſtaþs (al-
tare) fotu-baúrd (fuß-ſchemel) lukarna-ſtaþa (candelabrum)
mati-balgs (pera) ſtáua-ſtôls (tribunal); ahd. lid-faƷ jun.
218. ſalp-faƷ hrab. 954a T. 138. lioht-faƷ hymn. 948.
pëor-faƷ hrab. 957b wîn-faƷ hrab. 958a poah-faƷ (biblio-
theca) ker. 44. lëoht-kar hymn. 949. rouh-kar jun. 229.
lîh-kar jun. 211. teiga-troug hrab. 961b ſcaz-ſung jun. 213.
chandal-ſtap jun. 194. ſatal-giziugi monſ. 399. maƷ-ſahs
(eß-meſſer) ſgall. 199. miſt-gabala ſgall. 199. wunſchili-
garta (caduceus) jun. 383. und ſo durch alle dialecte eine
menge von wörtern. Hier noch einige aus dem nhd.:
bier-faß, rauch-faß, wein-faß, leich-korb (provinziell f.
ſarg) licht-korb, teig-trôg, feuer-eimer, feuer-leiter, geld-
beutel, öhl-flaſche, tauf-napf, eßig-krug, miſt-gabel, mehl-
ſack, wünſchel-ruthe, hand-feile etc.
β) von behältern: ahd. caſt-hûs (diverſorium) ker.
268. jun. 201. 202. hrab. 959b fogal-hûs zwetl. 114a chorn-
hûs (horreum) ker. 27. chorn-ſtadal monſ. 393. buoh-cha-
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/453>, abgerufen am 25.11.2024.
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