Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit subst.

2) [bewegendes in]
nur wenige beispiele, darunter aber schon alte; bei allen
ist im zweiten wort der verbalbegriff deutlich rege, auch
beziehen sich alle auf das reine raumverhältnis: ahd.
or-kirauno (der ins ohr flüstert) jun. 196. mons. 328.;
petti-riso (der ins bett gefallen, aufs krankenlager ge-
worfen worden ist) O. III. 14, 132. V. 16, 80. -- altn.
hel-för (fahrt in den tod); sol-skreickja (alauda, die in
die sonne schmetternde). -- mhd. bette-rise Parc.
122a; hant-gist (was in die hand gegeben wird) troj. 82b;
helle-val (fall in die h.) Gotfr. minnel. 2, 47. helle-vart
Parc. 112b; segel-wint (der in die segel bläst) MS. 2,
220a Wilh. 2, 203a (wonach wohl Parc. 179b segels luft
zu ändern in segel-luft?) vgl. unten anm. b.; walt-reise
Nib. Barl.; -- nhd. feld-zaug; grab-legung; hand-geld;
himmel-fahrt (höllen-f. statt hölle-f. ist fehlerhaft); kirch-
gang; thier-verwandlung. --

3) [bewegendes aus].

a) raumverhältnis: hier sind viele composita denk-
bar, deren zweites wort den begriff von fallen, springen,
fließen, gießen, strömen, schöpfen u. a. enthält, oder wo
ein solches verbum hinzugedacht werden muß. Anzu-
führen weiß ich nur das ahd. himil-rinna (cataracta) jun.
192. 198. und himil-brot (manna) N. 77, 24. (panis coeli).
Mhd. donre-strale (strahl der aus dem donner fährt) Barl.;
himel-brot, himel-tou (brot, thau, die aus dem him-
mel fallen) schaur-stein (donnerkeil) Bit. 105a. Nhd. bauch-
stimme, berg-sprung, donner-keil, fels-sprung, fenster-sprung,
himmel-regen, mond-stein, stern-schnupfe und wohl noch
andere *). Einerlei ist es, ihnen die praep. aus oder von
unterzuschieben; die alte sprache gebrauchte noch gern
ar (ex) gegenüber dem positiven in, wo aber positives
an steht, kann auch negatives von gelten. Bei einigen
vorhin unter das ruhige in gerechneten läßt sich auch
die bewegung aus denken, namentlich könnte meri-
grieß etc. die aus dem meer gefischte perle bedeuten?

b) verhältnis des stoffs, aus dem etwas gemacht,
gewirkt ist, wobei wiederum die praepositionen aus und
von abwechseln (Graff p. 65. 230). Goth. eisarna-bandi
(vinculum ferreum); ahd. er-faß (aeramentum) jun. 248.

*) ist das ags. sun-beam ebenso zu nehmen: von der sonne aus-
gehender strahl? aber die hochd. sprache componiert hier unei-
gentlich sonnen-strahl, wie altn. solar-geisli.
III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt.

2) [bewegendes in]
nur wenige beiſpiele, darunter aber ſchon alte; bei allen
iſt im zweiten wort der verbalbegriff deutlich rege, auch
beziehen ſich alle auf das reine raumverhältnis: ahd.
ôr-kirûno (der ins ohr flüſtert) jun. 196. monſ. 328.;
petti-riſo (der ins bett gefallen, aufs krankenlager ge-
worfen worden iſt) O. III. 14, 132. V. 16, 80. — altn.
hel-för (fahrt in den tod); ſôl-ſkrîckja (alauda, die in
die ſonne ſchmetternde). — mhd. bette-riſe Parc.
122a; hant-giſt (was in die hand gegeben wird) troj. 82b;
helle-val (fall in die h.) Gotfr. minnel. 2, 47. helle-vart
Parc. 112b; ſëgel-wint (der in die ſegel bläſt) MS. 2,
220a Wilh. 2, 203a (wonach wohl Parc. 179b ſëgels luft
zu ändern in ſëgel-luft?) vgl. unten anm. b.; walt-reiſe
Nib. Barl.; — nhd. feld-zûg; grâb-lêgung; hand-geld;
himmel-fahrt (höllen-f. ſtatt hölle-f. iſt fehlerhaft); kirch-
gang; thier-verwandlung. —

3) [bewegendes aus].

α) raumverhältnis: hier ſind viele compoſita denk-
bar, deren zweites wort den begriff von fallen, ſpringen,
fließen, gießen, ſtrömen, ſchöpfen u. a. enthält, oder wo
ein ſolches verbum hinzugedacht werden muß. Anzu-
führen weiß ich nur das ahd. himil-rinna (cataracta) jun.
192. 198. und himil-brôt (manna) N. 77, 24. (panis coeli).
Mhd. donre-ſtrâle (ſtrahl der aus dem donner fährt) Barl.;
himel-brôt, himel-tou (brot, thau, die aus dem him-
mel fallen) ſchûr-ſtein (donnerkeil) Bit. 105a. Nhd. bauch-
ſtimme, berg-ſprung, donner-keil, fels-ſprung, fenſter-ſprung,
himmel-rêgen, mond-ſtein, ſtern-ſchnupfe und wohl noch
andere *). Einerlei iſt es, ihnen die praep. aus oder von
unterzuſchieben; die alte ſprache gebrauchte noch gern
ar (ex) gegenüber dem poſitiven in, wo aber poſitives
an ſteht, kann auch negatives von gelten. Bei einigen
vorhin unter das ruhige in gerechneten läßt ſich auch
die bewegung aus denken, namentlich könnte meri-
grieƷ etc. die aus dem meer gefiſchte perle bedeuten?

β) verhältnis des ſtoffs, aus dem etwas gemacht,
gewirkt iſt, wobei wiederum die praepoſitionen aus und
von abwechſeln (Graff p. 65. 230). Goth. eiſarna-bandi
(vinculum ferreum); ahd. êr-faƷ (aeramentum) jun. 248.

*) iſt das agſ. ſun-beám ebenſo zu nehmen: von der ſonne aus-
gehender ſtrahl? aber die hochd. ſprache componiert hier unei-
gentlich ſonnen-ſtrahl, wie altn. ſôlar-geiſli.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0449" n="431"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">&#x017F;ub&#x017F;t. eigentl. comp. &#x2014; &#x017F;ub&#x017F;t. mit &#x017F;ub&#x017F;t.</hi></hi> </fw><lb/>
                <p>2) [bewegendes <hi rendition="#i">in</hi>]<lb/>
nur wenige bei&#x017F;piele, darunter aber &#x017F;chon alte; bei allen<lb/>
i&#x017F;t im zweiten wort der verbalbegriff deutlich rege, auch<lb/>
beziehen &#x017F;ich alle auf das reine raumverhältnis: ahd.<lb/>
ôr-kirûno (der ins ohr flü&#x017F;tert) jun. 196. mon&#x017F;. 328.;<lb/>
petti-ri&#x017F;o (der ins bett gefallen, aufs krankenlager ge-<lb/>
worfen worden i&#x017F;t) O. III. 14, 132. V. 16, 80. &#x2014; altn.<lb/>
hel-för (fahrt in den tod); &#x017F;ôl-&#x017F;krîckja (alauda, die in<lb/>
die &#x017F;onne &#x017F;chmetternde). &#x2014; mhd. bette-ri&#x017F;e Parc.<lb/>
122<hi rendition="#sup">a</hi>; hant-gi&#x017F;t (was in die hand gegeben wird) troj. 82<hi rendition="#sup">b</hi>;<lb/>
helle-val (fall in die h.) Gotfr. minnel. 2, 47. helle-vart<lb/>
Parc. 112<hi rendition="#sup">b</hi>; &#x017F;ëgel-wint (der in die &#x017F;egel blä&#x017F;t) MS. 2,<lb/>
220<hi rendition="#sup">a</hi> Wilh. 2, 203<hi rendition="#sup">a</hi> (wonach wohl Parc. 179<hi rendition="#sup">b</hi> &#x017F;ëgels luft<lb/>
zu ändern in &#x017F;ëgel-luft?) vgl. unten anm. b.; walt-rei&#x017F;e<lb/>
Nib. Barl.; &#x2014; nhd. feld-zûg; grâb-lêgung; hand-geld;<lb/>
himmel-fahrt (höllen-f. &#x017F;tatt hölle-f. i&#x017F;t fehlerhaft); kirch-<lb/>
gang; thier-verwandlung. &#x2014;</p><lb/>
                <p>3) [bewegendes <hi rendition="#i">aus</hi>].</p><lb/>
                <p><hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) <hi rendition="#i">raumverhältnis:</hi> hier &#x017F;ind viele compo&#x017F;ita denk-<lb/>
bar, deren zweites wort den begriff von fallen, &#x017F;pringen,<lb/>
fließen, gießen, &#x017F;trömen, &#x017F;chöpfen u. a. enthält, oder wo<lb/>
ein &#x017F;olches verbum hinzugedacht werden muß. Anzu-<lb/>
führen weiß ich nur das ahd. himil-rinna (cataracta) jun.<lb/>
192. 198. und himil-brôt (manna) N. 77, 24. (panis coeli).<lb/>
Mhd. donre-&#x017F;trâle (&#x017F;trahl der aus dem donner fährt) Barl.;<lb/>
himel-brôt, himel-tou (brot, thau, die aus dem him-<lb/>
mel fallen) &#x017F;chûr-&#x017F;tein (donnerkeil) Bit. 105<hi rendition="#sup">a</hi>. Nhd. bauch-<lb/>
&#x017F;timme, berg-&#x017F;prung, donner-keil, fels-&#x017F;prung, fen&#x017F;ter-&#x017F;prung,<lb/>
himmel-rêgen, mond-&#x017F;tein, &#x017F;tern-&#x017F;chnupfe und wohl noch<lb/>
andere <note place="foot" n="*)">i&#x017F;t das ag&#x017F;. &#x017F;un-beám eben&#x017F;o zu nehmen: von der &#x017F;onne aus-<lb/>
gehender &#x017F;trahl? aber die hochd. &#x017F;prache componiert hier unei-<lb/>
gentlich &#x017F;onnen-&#x017F;trahl, wie altn. &#x017F;ôlar-gei&#x017F;li.</note>. Einerlei i&#x017F;t es, ihnen die praep. <hi rendition="#i">aus</hi> oder <hi rendition="#i">von</hi><lb/>
unterzu&#x017F;chieben; die alte &#x017F;prache gebrauchte noch gern<lb/><hi rendition="#i">ar</hi> (ex) gegenüber dem po&#x017F;itiven <hi rendition="#i">in</hi>, wo aber po&#x017F;itives<lb/><hi rendition="#i">an</hi> &#x017F;teht, kann auch negatives <hi rendition="#i">von</hi> gelten. Bei einigen<lb/>
vorhin unter das ruhige in gerechneten läßt &#x017F;ich auch<lb/>
die bewegung aus denken, namentlich könnte meri-<lb/>
grie&#x01B7; etc. die aus dem meer gefi&#x017F;chte perle bedeuten?</p><lb/>
                <p><hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) verhältnis des <hi rendition="#i">&#x017F;toffs</hi>, aus dem etwas gemacht,<lb/>
gewirkt i&#x017F;t, wobei wiederum die praepo&#x017F;itionen <hi rendition="#i">aus</hi> und<lb/><hi rendition="#i">von</hi> abwech&#x017F;eln (Graff p. 65. 230). Goth. ei&#x017F;arna-bandi<lb/>
(vinculum ferreum); ahd. êr-fa&#x01B7; (aeramentum) jun. 248.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[431/0449] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit ſubſt. 2) [bewegendes in] nur wenige beiſpiele, darunter aber ſchon alte; bei allen iſt im zweiten wort der verbalbegriff deutlich rege, auch beziehen ſich alle auf das reine raumverhältnis: ahd. ôr-kirûno (der ins ohr flüſtert) jun. 196. monſ. 328.; petti-riſo (der ins bett gefallen, aufs krankenlager ge- worfen worden iſt) O. III. 14, 132. V. 16, 80. — altn. hel-för (fahrt in den tod); ſôl-ſkrîckja (alauda, die in die ſonne ſchmetternde). — mhd. bette-riſe Parc. 122a; hant-giſt (was in die hand gegeben wird) troj. 82b; helle-val (fall in die h.) Gotfr. minnel. 2, 47. helle-vart Parc. 112b; ſëgel-wint (der in die ſegel bläſt) MS. 2, 220a Wilh. 2, 203a (wonach wohl Parc. 179b ſëgels luft zu ändern in ſëgel-luft?) vgl. unten anm. b.; walt-reiſe Nib. Barl.; — nhd. feld-zûg; grâb-lêgung; hand-geld; himmel-fahrt (höllen-f. ſtatt hölle-f. iſt fehlerhaft); kirch- gang; thier-verwandlung. — 3) [bewegendes aus]. α) raumverhältnis: hier ſind viele compoſita denk- bar, deren zweites wort den begriff von fallen, ſpringen, fließen, gießen, ſtrömen, ſchöpfen u. a. enthält, oder wo ein ſolches verbum hinzugedacht werden muß. Anzu- führen weiß ich nur das ahd. himil-rinna (cataracta) jun. 192. 198. und himil-brôt (manna) N. 77, 24. (panis coeli). Mhd. donre-ſtrâle (ſtrahl der aus dem donner fährt) Barl.; himel-brôt, himel-tou (brot, thau, die aus dem him- mel fallen) ſchûr-ſtein (donnerkeil) Bit. 105a. Nhd. bauch- ſtimme, berg-ſprung, donner-keil, fels-ſprung, fenſter-ſprung, himmel-rêgen, mond-ſtein, ſtern-ſchnupfe und wohl noch andere *). Einerlei iſt es, ihnen die praep. aus oder von unterzuſchieben; die alte ſprache gebrauchte noch gern ar (ex) gegenüber dem poſitiven in, wo aber poſitives an ſteht, kann auch negatives von gelten. Bei einigen vorhin unter das ruhige in gerechneten läßt ſich auch die bewegung aus denken, namentlich könnte meri- grieƷ etc. die aus dem meer gefiſchte perle bedeuten? β) verhältnis des ſtoffs, aus dem etwas gemacht, gewirkt iſt, wobei wiederum die praepoſitionen aus und von abwechſeln (Graff p. 65. 230). Goth. eiſarna-bandi (vinculum ferreum); ahd. êr-faƷ (aeramentum) jun. 248. *) iſt das agſ. ſun-beám ebenſo zu nehmen: von der ſonne aus- gehender ſtrahl? aber die hochd. ſprache componiert hier unei- gentlich ſonnen-ſtrahl, wie altn. ſôlar-geiſli.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/449
Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/449>, abgerufen am 25.11.2024.