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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. NG.
adj. sein, der -ingem fordert; und wenn sich das alts.
darnungo zu einem vorausgesetzten adj. darnung verhielte,
wie diupo (profunde) zu diup (profundus) so fügt sich
das ags. -unga nicht, weil die einfachen ags. adverbia auf
-e (nicht -a) ausgehen; und warum hätte das ahd. nicht
nicht ebenfalls -ingo (wie tiofo)? Da die meisten der ab-
gehandelten adv. die art ausdrücken, wie man etwas thut
oder sich bewegt, so gleichen sie auffallend den lat. adv.
auf -im: gradatim (schrittlings), generatim (eallinga),
singulatim (einzelingen), seorsim (suntaringun), furtim
(stulingun), cursim (gählings), viritim, vicissim (onderling-
he), raptim (färinga).

Bemerkenswerth, daß weder das altn., noch das schwed.
dän. eine spur solcher adv. hat. --

8) verba der ing-form müsten, da die fem. selbst aus
verbis stammen von masc. gebildet werden, denkbar wäre
z. b. ein chun-ingon, etwa wie mhd. honigen bei Gotfr.
vorkommt, das bei N. honangon lauten könnte. Ich
wüste jedoch kein wirkliches beispiel, böte nicht Oberlin
ein ziemlich spätes zwill-ingen (duplicare) dar.


[UNG] masculina, hauptsächlich feminina; im goth.
überhaupt keine spur.

1) starke masculina; wichtig ist hierbei wahrzuneh-
men, daß sich neben den -ung keine -lung (wie -ling
neben den -ing) entwickelten. Zunächst kommen wieder
gentilitia und propria in betracht: trut-ungi Pollio in
Claudio cap 6; juth-ungi Amm. Marcell. 17, 6; greuth-
ungi id. 31, 45. Ahd. urkunden gewähren mir den ei-
gennamen snell-unc. Der februar heißt horn-unc bei
Eginhart und herrad. 179. N. 28, 11. übersetzt Virgils
Achates mit stein-ung (der gedruckte text hat wohl feh-
lerhaft (steinunch). Ob J. 370. bauhn-unc (nutus) männ-
lich oder neutral gebraucht werde, steht dahin, die ei-
gentliche form wäre weiblich. -- Ags. masc. kenne ich
kaum (Lye hat feord-ung f. feordling), wohl aber altn.:
att-aungr (cognatus): broedr-aungr (consobrinus); fiors-
aungr (piscis); fiord-aungr (quadrans); frum-aungr (aetate
florens); ginn-aungr (ala, maxilla); höfr-aungr (delphinus);
horn-aungr (filius servilis); iod-aungr (infantulus); kot-
aungr (villicus); kaus-aungr (colaphus); losd-aungr (prin-
ceps); na-aungr (propinquus); nifl-aungr (n. pr.); sifj-

III. conſonantiſche ableitungen. NG.
adj. ſein, der -ingêm fordert; und wenn ſich das altſ.
darnungo zu einem vorausgeſetzten adj. darnung verhielte,
wie diupo (profunde) zu diup (profundus) ſo fügt ſich
das agſ. -unga nicht, weil die einfachen agſ. adverbia auf
-e (nicht -a) ausgehen; und warum hätte das ahd. nicht
nicht ebenfalls -ingo (wie tiofo)? Da die meiſten der ab-
gehandelten adv. die art ausdrücken, wie man etwas thut
oder ſich bewegt, ſo gleichen ſie auffallend den lat. adv.
auf -im: gradatim (ſchrittlings), generatim (ëallinga),
ſingulatim (einzelingen), ſeorſim (ſuntaringun), furtim
(ſtulingun), curſim (gählings), viritim, viciſſim (onderling-
he), raptim (färinga).

Bemerkenswerth, daß weder das altn., noch das ſchwed.
dän. eine ſpur ſolcher adv. hat. —

8) verba der ing-form müſten, da die fem. ſelbſt aus
verbis ſtammen von maſc. gebildet werden, denkbar wäre
z. b. ein chun-ingôn, etwa wie mhd. honigen bei Gotfr.
vorkommt, das bei N. honangòn lauten könnte. Ich
wüſte jedoch kein wirkliches beiſpiel, böte nicht Oberlin
ein ziemlich ſpätes zwill-ingen (duplicare) dar.


[UNG] maſculina, hauptſächlich feminina; im goth.
überhaupt keine ſpur.

1) ſtarke maſculina; wichtig iſt hierbei wahrzuneh-
men, daß ſich neben den -ung keine -lung (wie -ling
neben den -ing) entwickelten. Zunächſt kommen wieder
gentilitia und propria in betracht: trut-ungi Pollio in
Claudio cap 6; juth-ungi Amm. Marcell. 17, 6; greuth-
ungi id. 31, 45. Ahd. urkunden gewähren mir den ei-
gennamen ſnell-unc. Der februar heißt horn-unc bei
Eginhart und herrad. 179. N. 28, 11. überſetzt Virgils
Achates mit ſtein-ung (der gedruckte text hat wohl feh-
lerhaft (ſteinunch). Ob J. 370. bauhn-unc (nutus) männ-
lich oder neutral gebraucht werde, ſteht dahin, die ei-
gentliche form wäre weiblich. — Agſ. maſc. kenne ich
kaum (Lye hat fëorð-ung f. fëorðling), wohl aber altn.:
âtt-ûngr (cognatus): brœðr-ûngr (conſobrinus); fiorſ-
ûngr (piſcis); fiorð-ûngr (quadrans); frum-ûngr (aetate
florens); ginn-ûngr (ala, maxilla); höfr-ûngr (delphinus);
horn-ûngr (filius ſervilis); ioð-ûngr (infantulus); kot-
ûngr (villicus); kûſ-ûngr (colaphus); loſd-ûngr (prin-
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[359/0377] III. conſonantiſche ableitungen. NG. adj. ſein, der -ingêm fordert; und wenn ſich das altſ. darnungo zu einem vorausgeſetzten adj. darnung verhielte, wie diupo (profunde) zu diup (profundus) ſo fügt ſich das agſ. -unga nicht, weil die einfachen agſ. adverbia auf -e (nicht -a) ausgehen; und warum hätte das ahd. nicht nicht ebenfalls -ingo (wie tiofo)? Da die meiſten der ab- gehandelten adv. die art ausdrücken, wie man etwas thut oder ſich bewegt, ſo gleichen ſie auffallend den lat. adv. auf -im: gradatim (ſchrittlings), generatim (ëallinga), ſingulatim (einzelingen), ſeorſim (ſuntaringun), furtim (ſtulingun), curſim (gählings), viritim, viciſſim (onderling- he), raptim (färinga). Bemerkenswerth, daß weder das altn., noch das ſchwed. dän. eine ſpur ſolcher adv. hat. — 8) verba der ing-form müſten, da die fem. ſelbſt aus verbis ſtammen von maſc. gebildet werden, denkbar wäre z. b. ein chun-ingôn, etwa wie mhd. honigen bei Gotfr. vorkommt, das bei N. honangòn lauten könnte. Ich wüſte jedoch kein wirkliches beiſpiel, böte nicht Oberlin ein ziemlich ſpätes zwill-ingen (duplicare) dar. [UNG] maſculina, hauptſächlich feminina; im goth. überhaupt keine ſpur. 1) ſtarke maſculina; wichtig iſt hierbei wahrzuneh- men, daß ſich neben den -ung keine -lung (wie -ling neben den -ing) entwickelten. Zunächſt kommen wieder gentilitia und propria in betracht: trut-ungi Pollio in Claudio cap 6; juth-ungi Amm. Marcell. 17, 6; greuth- ungi id. 31, 45. Ahd. urkunden gewähren mir den ei- gennamen ſnell-unc. Der februar heißt horn-unc bei Eginhart und herrad. 179. N. 28, 11. überſetzt Virgils Achates mit ſtein-ung (der gedruckte text hat wohl feh- lerhaft (ſteinunch). Ob J. 370. bauhn-unc (nutus) männ- lich oder neutral gebraucht werde, ſteht dahin, die ei- gentliche form wäre weiblich. — Agſ. maſc. kenne ich kaum (Lye hat fëorð-ung f. fëorðling), wohl aber altn.: âtt-ûngr (cognatus): brœðr-ûngr (conſobrinus); fiorſ- ûngr (piſcis); fiorð-ûngr (quadrans); frum-ûngr (aetate florens); ginn-ûngr (ala, maxilla); höfr-ûngr (delphinus); horn-ûngr (filius ſervilis); ioð-ûngr (infantulus); kot- ûngr (villicus); kûſ-ûngr (colaphus); loſd-ûngr (prin- ceps); nâ-ûngr (propinquus); nifl-ûngr (n. pr.); ſifj-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/377>, abgerufen am 24.11.2024.