noch vig-idon (aemulari, zelare); wenn man es auch f. vij-idon nehmen will (1, 188.), muß immer ein bedenk- liches subst. vij-ida (zelus) nachgewiesen werden. Uebri- gens sind noch viele aus subst. dieser form fließende ähn- liche verba denkbar. Mhd. gelten houb-eten (Rud. welt- chr.) ent-houb-eten (decollare); nhd. ent-haup-ten, be- haup-ten.
[Uth] gar nichts gothisches wäre hier anzuführen, wenn nicht die sonderbare bildung ajukduth erwägung forderte, deren sich Ulf. in der redensart in ajukduth (eis tous ai- onas, eis ton aiona, abwechselnd mit: und aiv, du aiva, du aivam, in aivins) bedient, der nom. scheint ajukduths oder ajukduth (aeternitas). Mehrere ableitungen stoßen darin zusammen, von ajuk wird unten beim K die rede sein, -duth halte ich für das lat. -tud in longitudo, pul- critudo etc. wiewohl die lautverschiebung nicht zutrifft. Vielleicht ist in beiden sprachen ein fehler, nämlich das lat. -tud stehet für -tut, das goth. -duth für -thuth? letz- teres sehr statthaft, da th inlautend gerne zu d wird, ja der gen. von ajukduths, wenn es fem. wäre, wahrschein- lich ajukdudais lauten, d. h. zwei unorganische d zeigen würde. Unser wort enthält eine geminierte ableitung, der ableitende consonant ist zweimahl, obgleich in ver- bindung mit verschiednen vocalen, gesetzt. Bestätigung für das lat. -tut hole ich aus dem analogen -tut in ju- ventutis so wie aus -tat in aetatis, novitatis etc. (juventus, aetas, novitas für juventuts, aetats, novitats); wie die romanischen sprachen joventut, etat, novitat in joventud etad, novitad (und gar -dad) verschoben, hatte sich schon im latein. früher -tuto in -tudo abgeschliffen. Läßt sich meine conjectur billigen, so lautet die volle organische form von ajukduth, ajuk-ath-uth. Diesem merkwürdigen wort steht nur das gleich anzuführende gamaindaith zur seite. Der adverbialische gebrauch scheint ajukduth län- ger gesichert zu haben. Die späteren deutschen sprachen haben gar nichts mehr übrig von dem goth. -th-uth, -th-aith, (wohl aber kennen sie das goth. -th-ith, lat. -t-it, vgl. die schlußbem. zu diesem cap.); im latein waren -t-ut, -t-at, ganz häufig.
Einfache -uth finden fich in dem ags. heaf-od f. heaf- -od und altn. höf-ud (caput). Die ags. o sind zweideutig, sie können = u sein, oder = o; ich weiß nicht wohin al- od (cerevisia) gehört; fal-ud (ovile) f. fal-ud schwankt in
III. conſonantiſche ableitungen. þ.
noch vig-idôn (aemulari, zelare); wenn man es auch f. vij-idôn nehmen will (1, 188.), muß immer ein bedenk- liches ſubſt. vij-ida (zelus) nachgewieſen werden. Uebri- gens ſind noch viele aus ſubſt. dieſer form fließende ähn- liche verba denkbar. Mhd. gelten houb-eten (Rud. welt- chr.) ent-houb-eten (decollare); nhd. ent-haup-ten, be- haup-ten.
[Uþ] gar nichts gothiſches wäre hier anzuführen, wenn nicht die ſonderbare bildung ajukduþ erwägung forderte, deren ſich Ulf. in der redensart ïn ajukduþ (εἰς τοὺς αἰ- ῶνας, εἰς τὸν αἰῶνα, abwechſelnd mit: und áiv, du áiva, du áivam, ïn áivins) bedient, der nom. ſcheint ajukduþs oder ajukduþ (aeternitas). Mehrere ableitungen ſtoßen darin zuſammen, von ajuk wird unten beim K die rede ſein, -duþ halte ich für das lat. -tud in longitudo, pul- critudo etc. wiewohl die lautverſchiebung nicht zutrifft. Vielleicht iſt in beiden ſprachen ein fehler, nämlich das lat. -tud ſtehet für -tut, das goth. -duþ für -þuþ? letz- teres ſehr ſtatthaft, da þ inlautend gerne zu d wird, ja der gen. von ajukduþs, wenn es fem. wäre, wahrſchein- lich ajukdudáis lauten, d. h. zwei unorganiſche d zeigen würde. Unſer wort enthält eine geminierte ableitung, der ableitende conſonant iſt zweimahl, obgleich in ver- bindung mit verſchiednen vocalen, geſetzt. Beſtätigung für das lat. -tut hole ich aus dem analogen -tut in ju- ventutis ſo wie aus -tat in aetatis, novitatis etc. (juventus, aetas, novitas für juventuts, aetats, novitats); wie die romaniſchen ſprachen joventut, etat, novitat in joventud etad, novitad (und gar -dad) verſchoben, hatte ſich ſchon im latein. früher -tuto in -tudo abgeſchliffen. Läßt ſich meine conjectur billigen, ſo lautet die volle organiſche form von ajukduþ, ajuk-aþ-uþ. Dieſem merkwürdigen wort ſteht nur das gleich anzuführende gamáindáiþ zur ſeite. Der adverbialiſche gebrauch ſcheint ajukduþ län- ger geſichert zu haben. Die ſpäteren deutſchen ſprachen haben gar nichts mehr übrig von dem goth. -þ-uþ, -þ-áiþ, (wohl aber kennen ſie das goth. -þ-iþ, lat. -t-it, vgl. die ſchlußbem. zu dieſem cap.); im latein waren -t-ut, -t-at, ganz häufig.
Einfache -uþ finden fich in dem agſ. heáf-od f. heáf- -oð und altn. höf-uð (caput). Die agſ. o ſind zweideutig, ſie können = u ſein, oder = ô; ich weiß nicht wohin al- oð (cereviſia) gehört; fal-ud (ovile) f. fal-uð ſchwankt in
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III. conſonantiſche ableitungen. þ.
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vij-idôn nehmen will (1, 188.), muß immer ein bedenk-
liches ſubſt. vij-ida (zelus) nachgewieſen werden. Uebri-
gens ſind noch viele aus ſubſt. dieſer form fließende ähn-
liche verba denkbar. Mhd. gelten houb-eten (Rud. welt-
chr.) ent-houb-eten (decollare); nhd. ent-haup-ten, be-
haup-ten.
[Uþ] gar nichts gothiſches wäre hier anzuführen, wenn
nicht die ſonderbare bildung ajukduþ erwägung forderte,
deren ſich Ulf. in der redensart ïn ajukduþ (εἰς τοὺς αἰ-
ῶνας, εἰς τὸν αἰῶνα, abwechſelnd mit: und áiv, du áiva,
du áivam, ïn áivins) bedient, der nom. ſcheint ajukduþs
oder ajukduþ (aeternitas). Mehrere ableitungen ſtoßen
darin zuſammen, von ajuk wird unten beim K die rede
ſein, -duþ halte ich für das lat. -tud in longitudo, pul-
critudo etc. wiewohl die lautverſchiebung nicht zutrifft.
Vielleicht iſt in beiden ſprachen ein fehler, nämlich das
lat. -tud ſtehet für -tut, das goth. -duþ für -þuþ? letz-
teres ſehr ſtatthaft, da þ inlautend gerne zu d wird, ja
der gen. von ajukduþs, wenn es fem. wäre, wahrſchein-
lich ajukdudáis lauten, d. h. zwei unorganiſche d zeigen
würde. Unſer wort enthält eine geminierte ableitung,
der ableitende conſonant iſt zweimahl, obgleich in ver-
bindung mit verſchiednen vocalen, geſetzt. Beſtätigung
für das lat. -tut hole ich aus dem analogen -tut in ju-
ventutis ſo wie aus -tat in aetatis, novitatis etc. (juventus,
aetas, novitas für juventuts, aetats, novitats); wie die
romaniſchen ſprachen joventut, etat, novitat in joventud
etad, novitad (und gar -dad) verſchoben, hatte ſich ſchon
im latein. früher -tuto in -tudo abgeſchliffen. Läßt ſich
meine conjectur billigen, ſo lautet die volle organiſche
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wort ſteht nur das gleich anzuführende gamáindáiþ zur
ſeite. Der adverbialiſche gebrauch ſcheint ajukduþ län-
ger geſichert zu haben. Die ſpäteren deutſchen ſprachen
haben gar nichts mehr übrig von dem goth. -þ-uþ,
-þ-áiþ, (wohl aber kennen ſie das goth. -þ-iþ, lat. -t-it,
vgl. die ſchlußbem. zu dieſem cap.); im latein waren
-t-ut, -t-at, ganz häufig.
Einfache -uþ finden fich in dem agſ. heáf-od f. heáf-
-oð und altn. höf-uð (caput). Die agſ. o ſind zweideutig,
ſie können = u ſein, oder = ô; ich weiß nicht wohin al-
oð (cereviſia) gehört; fal-ud (ovile) f. fal-uð ſchwankt in
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/268>, abgerufen am 22.11.2024.
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