menden werkes vorzubehalten, gegen den edleren, es offen und frei den leuten hinter den alpen, die mehr daraus machen und mehr damit anzufangen wißen, zur unverzögerten sorgfältigen benutzung zu überlaßen. Die evangelienharmonie in München sieht der erlösung aus ihren banden seit der regierung könig Ludwigs getroster entgegen, eines fürsten, der sich, wir hoffen es, auch einmahl vaterländischer sprache und alterthümer anneh- men wird.
Statt dieser nachtheiligen entbehrungen sind mir uner- wartete begünstigungen zugefloßen. Unter ihnen steht oben an Lachmanns beispiellose gefälligkeit, der mir die reiche ausbeute seiner reise nach Sangallen, bevor er selbst irgend einen gebrauch davon machte, mittheilte. Gegen den schluß des zweiten capitels, wie die anführungen lehren, fange ich an, mich dieser neuen hilfsmittel, doch aber nicht aller auf einmahl, zu bedienen. Nächstdem erwähne ich dankbar, daß mir herr doctor Maßmann alle glossen, die er auf seiner reise angetroffen, mit der größten sorgfalt und bereitwilligkeit abgeschrieben hat. Von den ansehnlichen, in den letzten monaten durch Graff zu Paris und Carlsruhe glücklich aufgefundnen bis- her völlig unbekannten althochdeutschen glossensammlun- gen, die sich wahrscheinlich über zwölftausend wörter belaufen, habe ich leider erst ganz kleine proben durch seine briefe kennen gelernt. Beneckes verwendungen zu Ox- ford sind von dem erfolg gewesen, daß sich des Junius alte handschrift der hymnen, deren verlust ich in der vorrede zum ersten theil beklagte und seitdem aus den anführungen zu Willeram näher ermaß, nebst dem co- dex der glossen wiedergefunden hat. Abschrift davon wird schon besorgt und dann dieses bedeutende denk- mahl durch eine baldige ausgabe gesichert werden.
Meinem vorigen theil ist neulich nicht ohne grund mangel an belegen vorgeworfen worden; der gegenwär- tige wird in dieser absicht mehr leisten, aber doch nicht genügen, sondern viele beispiele sind dem raum zu ge- fallen unbelegt geblieben. Die beispiele selbst streben nach einer gewissen vollständigkeit, nur versteht es sich, daß diese jetzt noch nicht erreicht werden kann. Ich hatte für das alt- und mittelhochdeutsche kein alphabetisches wörterbuch zur hand und muste mit mühe zusammentra- gen; die untersuchungen sind zu mannigfaltig, als daß ich für jede im voraus sammlungen angelegt und ausgefüllt haben könnte. Graff und Benecke werden fast nur auf-
Vorrede.
menden werkes vorzubehalten, gegen den edleren, es offen und frei den leuten hinter den alpen, die mehr daraus machen und mehr damit anzufangen wißen, zur unverzögerten ſorgfältigen benutzung zu überlaßen. Die evangelienharmonie in München ſieht der erlöſung aus ihren banden ſeit der regierung könig Ludwigs getroſter entgegen, eines fürſten, der ſich, wir hoffen es, auch einmahl vaterländiſcher ſprache und alterthümer anneh- men wird.
Statt dieſer nachtheiligen entbehrungen ſind mir uner- wartete begünſtigungen zugefloßen. Unter ihnen ſteht oben an Lachmanns beiſpielloſe gefälligkeit, der mir die reiche ausbeute ſeiner reiſe nach Sangallen, bevor er ſelbſt irgend einen gebrauch davon machte, mittheilte. Gegen den ſchluß des zweiten capitels, wie die anführungen lehren, fange ich an, mich dieſer neuen hilfsmittel, doch aber nicht aller auf einmahl, zu bedienen. Nächſtdem erwähne ich dankbar, daß mir herr doctor Maßmann alle gloſſen, die er auf ſeiner reiſe angetroffen, mit der größten ſorgfalt und bereitwilligkeit abgeſchrieben hat. Von den anſehnlichen, in den letzten monaten durch Graff zu Paris und Carlsruhe glücklich aufgefundnen bis- her völlig unbekannten althochdeutſchen gloſſenſammlun- gen, die ſich wahrſcheinlich über zwölftauſend wörter belaufen, habe ich leider erſt ganz kleine proben durch ſeine briefe kennen gelernt. Beneckes verwendungen zu Ox- ford ſind von dem erfolg geweſen, daß ſich des Junius alte handſchrift der hymnen, deren verluſt ich in der vorrede zum erſten theil beklagte und ſeitdem aus den anführungen zu Willeram näher ermaß, nebſt dem co- dex der gloſſen wiedergefunden hat. Abſchrift davon wird ſchon beſorgt und dann dieſes bedeutende denk- mahl durch eine baldige ausgabe geſichert werden.
Meinem vorigen theil iſt neulich nicht ohne grund mangel an belegen vorgeworfen worden; der gegenwär- tige wird in dieſer abſicht mehr leiſten, aber doch nicht genügen, ſondern viele beiſpiele ſind dem raum zu ge- fallen unbelegt geblieben. Die beiſpiele ſelbſt ſtreben nach einer gewiſſen vollſtändigkeit, nur verſteht es ſich, daß dieſe jetzt noch nicht erreicht werden kann. Ich hatte für das alt- und mittelhochdeutſche kein alphabetiſches wörterbuch zur hand und muſte mit mühe zuſammentra- gen; die unterſuchungen ſind zu mannigfaltig, als daß ich für jede im voraus ſammlungen angelegt und ausgefüllt haben könnte. Graff und Benecke werden faſt nur auf-
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[X/0016]
Vorrede.
menden werkes vorzubehalten, gegen den edleren, es
offen und frei den leuten hinter den alpen, die mehr
daraus machen und mehr damit anzufangen wißen, zur
unverzögerten ſorgfältigen benutzung zu überlaßen. Die
evangelienharmonie in München ſieht der erlöſung aus
ihren banden ſeit der regierung könig Ludwigs getroſter
entgegen, eines fürſten, der ſich, wir hoffen es, auch
einmahl vaterländiſcher ſprache und alterthümer anneh-
men wird.
Statt dieſer nachtheiligen entbehrungen ſind mir uner-
wartete begünſtigungen zugefloßen. Unter ihnen ſteht
oben an Lachmanns beiſpielloſe gefälligkeit, der mir die
reiche ausbeute ſeiner reiſe nach Sangallen, bevor er ſelbſt
irgend einen gebrauch davon machte, mittheilte. Gegen
den ſchluß des zweiten capitels, wie die anführungen
lehren, fange ich an, mich dieſer neuen hilfsmittel, doch
aber nicht aller auf einmahl, zu bedienen. Nächſtdem
erwähne ich dankbar, daß mir herr doctor Maßmann
alle gloſſen, die er auf ſeiner reiſe angetroffen, mit der
größten ſorgfalt und bereitwilligkeit abgeſchrieben hat.
Von den anſehnlichen, in den letzten monaten durch
Graff zu Paris und Carlsruhe glücklich aufgefundnen bis-
her völlig unbekannten althochdeutſchen gloſſenſammlun-
gen, die ſich wahrſcheinlich über zwölftauſend wörter
belaufen, habe ich leider erſt ganz kleine proben durch ſeine
briefe kennen gelernt. Beneckes verwendungen zu Ox-
ford ſind von dem erfolg geweſen, daß ſich des Junius
alte handſchrift der hymnen, deren verluſt ich in der
vorrede zum erſten theil beklagte und ſeitdem aus den
anführungen zu Willeram näher ermaß, nebſt dem co-
dex der gloſſen wiedergefunden hat. Abſchrift davon
wird ſchon beſorgt und dann dieſes bedeutende denk-
mahl durch eine baldige ausgabe geſichert werden.
Meinem vorigen theil iſt neulich nicht ohne grund
mangel an belegen vorgeworfen worden; der gegenwär-
tige wird in dieſer abſicht mehr leiſten, aber doch nicht
genügen, ſondern viele beiſpiele ſind dem raum zu ge-
fallen unbelegt geblieben. Die beiſpiele ſelbſt ſtreben nach
einer gewiſſen vollſtändigkeit, nur verſteht es ſich, daß
dieſe jetzt noch nicht erreicht werden kann. Ich hatte
für das alt- und mittelhochdeutſche kein alphabetiſches
wörterbuch zur hand und muſte mit mühe zuſammentra-
gen; die unterſuchungen ſind zu mannigfaltig, als daß ich
für jede im voraus ſammlungen angelegt und ausgefüllt
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/16>, abgerufen am 24.11.2024.
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