10) vragen geht regelmäßig schwach nach zweiter, praet. vragete, vragte; spur anderer formen ist im subst. vrege (nicht vrage): wege Flore 27a [vgl. 17a 22c vrage] in Herb. freget (rogatis) gefreget (rogatum) 52d 114d aber außer reim, endlich in dem bei Ottoc. häufigen freit (rogat. rogatis) im reim z. b. 479b 485a 501b 511b 548b etc. was nach der analogie treit an das neuh. fragen, fraug gemahnt; aber nirgend ein mittelh. vruoc.
Mittelniederländisches verbum.
praes. ind. -e -es -et
pl. -en -et -en
conj. -e -es -e
-en -et -en
1) praes. starker und schwacher conj. fließen in diesem paradigma zusammen und nur das praet. scheidet beide. 2) ind. und conj. gleichen sich. bis auf die abweichung der III. sg., völlig. 3) die mittelh. regeln vom tonlo- sen und stummen e sind hier unanwendbar; apocope gilt (anlehnungen abgerechnet) niemahls, der wurzelvoc. sey lang oder kurz, es heißt neme (sumo) tere (consu- mo) wie vriese (gelo); eben so wenig syncope vor dem -n, es heißt teren, nicht tern, selten vor dem -s. Nur vor dem -t darf das e wegfallen, aber auch blei- ben, man findet tert neben teret, spaert neben sparet, gheft neben ghevet. 4) durch inclination wird das -t zuweilen in d gewandelt, als hefdi statt hevet hie, dreifdi st. dreivet ghi.
Mittelniederländische starke conjugation.
praet. ind. I. III. sg. gibt die bloße abgelautete wurzel, ohne flexion; pl. praet. ind. und das ganze praet. conj. flectieren wie das praes. -en, -et, -en; -e, -es, -e; -en, -et, -en; merkwürdig aber geht II. sg. ind. nicht auf -e, sondern zus. fallend mit dem conj., auf -es aus, belege: saghes (vidisti) screves (scripsisti) Maerl. 2, 130. groeves (fodisti) Rein. 351. -- Einzelne conjugationen:
I. valle (cado) vel (:wel Maerl. 3, 229.) vellen (:ghesellen 1, 52. 2, 78.) vallen [viel 3, 223. 225, vielen 1, 285. viele:siele Rein. 338.]; houde (teneo) helt (:telt, ghewelt 1, 141, 149, znweilen hilt: ghewilt 3, 43.) hilden, houden; andere wie soute (sale condio) selt oder silt, silten, souten kann ich nicht belegen; part. ghevouden Huyd. op St. 2, 576.; banne (in-
II. mittelniederl. ſlarke conjugation.
10) vrâgen geht regelmäßig ſchwach nach zweiter, praet. vrâgete, vrâgte; ſpur anderer formen iſt im ſubſt. vrëge (nicht vrâge): wëge Flore 27a [vgl. 17a 22c vrâge] in Herb. frëget (rogatis) gefrëget (rogatum) 52d 114d aber außer reim, endlich in dem bei Ottoc. häufigen freit (rogat. rogatis) im reim z. b. 479b 485a 501b 511b 548b etc. was nach der analogie treit an das neuh. fragen, frûg gemahnt; aber nirgend ein mittelh. vruoc.
Mittelniederländiſches verbum.
praeſ. ind. -e -es -et
pl. -en -et -en
conj. -e -es -e
-en -et -en
1) praeſ. ſtarker und ſchwacher conj. fließen in dieſem paradigma zuſammen und nur das praet. ſcheidet beide. 2) ind. und conj. gleichen ſich. bis auf die abweichung der III. ſg., völlig. 3) die mittelh. regeln vom tonlo- ſen und ſtummen e ſind hier unanwendbar; apocope gilt (anlehnungen abgerechnet) niemahls, der wurzelvoc. ſey lang oder kurz, es heißt nëme (ſumo) tëre (conſu- mo) wie vrieſe (gelo); eben ſo wenig ſyncope vor dem -n, es heißt tëren, nicht tërn, ſelten vor dem -s. Nur vor dem -t darf das e wegfallen, aber auch blei- ben, man findet têrt neben tëret, ſpaert neben ſparet, ghêft neben ghëvet. 4) durch inclination wird das -t zuweilen in d gewandelt, als hêfdi ſtatt hevet hie, drîfdi ſt. drîvet ghi.
Mittelniederländiſche ſtarke conjugation.
praet. ind. I. III. ſg. gibt die bloße abgelautete wurzel, ohne flexion; pl. praet. ind. und das ganze praet. conj. flectieren wie das praeſ. -en, -et, -en; -e, -es, -e; -en, -et, -en; merkwürdig aber geht II. ſg. ind. nicht auf -e, ſondern zuſ. fallend mit dem conj., auf -es aus, belege: ſaghes (vidiſti) ſcrëves (ſcripſiſti) Maerl. 2, 130. groeves (fodiſti) Rein. 351. — Einzelne conjugationen:
I. valle (cado) vël (:wël Maerl. 3, 229.) vëllen (:gheſëllen 1, 52. 2, 78.) vallen [viel 3, 223. 225, vielen 1, 285. viele:ſiele Rein. 338.]; houde (teneo) hëlt (:tëlt, ghewëlt 1, 141, 149, znweilen hilt: ghewilt 3, 43.) hilden, houden; andere wie ſoute (ſale condio) ſëlt oder ſilt, ſilten, ſouten kann ich nicht belegen; part. ghevouden Huyd. op St. 2, 576.; banne (in-
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II. mittelniederl. ſlarke conjugation.
10) vrâgen geht regelmäßig ſchwach nach zweiter, praet.
vrâgete, vrâgte; ſpur anderer formen iſt im ſubſt.
vrëge (nicht vrâge): wëge Flore 27a [vgl. 17a 22c vrâge]
in Herb. frëget (rogatis) gefrëget (rogatum) 52d 114d
aber außer reim, endlich in dem bei Ottoc. häufigen
freit (rogat. rogatis) im reim z. b. 479b 485a 501b 511b
548b etc. was nach der analogie treit an das neuh.
fragen, frûg gemahnt; aber nirgend ein mittelh. vruoc.
Mittelniederländiſches verbum.
praeſ. ind. -e -es -et pl. -en -et -en
conj. -e -es -e -en -et -en
1) praeſ. ſtarker und ſchwacher conj. fließen in dieſem
paradigma zuſammen und nur das praet. ſcheidet beide.
2) ind. und conj. gleichen ſich. bis auf die abweichung
der III. ſg., völlig. 3) die mittelh. regeln vom tonlo-
ſen und ſtummen e ſind hier unanwendbar; apocope
gilt (anlehnungen abgerechnet) niemahls, der wurzelvoc.
ſey lang oder kurz, es heißt nëme (ſumo) tëre (conſu-
mo) wie vrieſe (gelo); eben ſo wenig ſyncope vor dem
-n, es heißt tëren, nicht tërn, ſelten vor dem -s.
Nur vor dem -t darf das e wegfallen, aber auch blei-
ben, man findet têrt neben tëret, ſpaert neben ſparet,
ghêft neben ghëvet. 4) durch inclination wird das -t
zuweilen in d gewandelt, als hêfdi ſtatt hevet hie, drîfdi
ſt. drîvet ghi.
Mittelniederländiſche ſtarke conjugation.
praet. ind. I. III. ſg. gibt die bloße abgelautete wurzel,
ohne flexion; pl. praet. ind. und das ganze praet. conj.
flectieren wie das praeſ. -en, -et, -en; -e, -es, -e;
-en, -et, -en; merkwürdig aber geht II. ſg. ind.
nicht auf -e, ſondern zuſ. fallend mit dem conj., auf
-es aus, belege: ſaghes (vidiſti) ſcrëves (ſcripſiſti)
Maerl. 2, 130. groeves (fodiſti) Rein. 351. — Einzelne
conjugationen:
I. valle (cado) vël (:wël Maerl. 3, 229.) vëllen (:gheſëllen
1, 52. 2, 78.) vallen [viel 3, 223. 225, vielen 1, 285.
viele:ſiele Rein. 338.]; houde (teneo) hëlt (:tëlt,
ghewëlt 1, 141, 149, znweilen hilt: ghewilt 3, 43.)
hilden, houden; andere wie ſoute (ſale condio) ſëlt
oder ſilt, ſilten, ſouten kann ich nicht belegen;
part. ghevouden Huyd. op St. 2, 576.; banne (in-
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 970. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/996>, abgerufen am 22.12.2024.
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