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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. mittelhochd. zweite schwache conjugation.
ng, nk, rg durfte das e nicht fehlen, sonst würden ir-
gendwo bancte, lancte, dincte (st. bangete, langete, din-
gete) auf hancte (von hengen) wincte reimen; nach
nd bin ich zweifelhaft, kein wunte im reim auf kunte
und Nib. 8299. beßer zu lesen wundet. Nach -t, -lt,
-rt
ist die syncope des e (und mit ihm des einen t)
nothwendig, z. b. roten, rote (Wolfr. rotte?) arten, arte,
warten, warte (:enkarte Wigal. 164.) alten, alte, statt
rotete, artete, wartete, altete, woneben nach zweitem
fall rotet', wartet' möglich wäre. Nach b, g, f, h, s
mögen einzelne dichter mehr das bleibende oder aus-
fallende e begünstigen, nach ll, mm, nn, rr ältere über-
haupt die beibehaltung des e und der gem. vorziehen,
lieber gesellete, minnete als geselte, minte setzen. --
z) (consonantausfall bei langsilbigen) hier kommt ledig-
lich vor kleit f. kleidet (fragm. 28b M. S. 2, 48a), öfter
gekleit f. gekleidet (schon Maria 77, im 13. jahrh. bei
den meisten, doch bei Wolfr. und Hartm. nicht.) --
e) (behandlung der bildungen -l, -n, -r etc.) kurzsil-
bige gehen wie langsilbige einfache, hingegen langsilbige
wie kurzsilbige einfache. Erstere behalten im praes.
das e nach der bildcnden liq. z. b. rigele, rigelet; se-
gene, segenet; kobere, koberet; dem praet. scheint ri-
gelet' oder rigelte angemeßen; part. gerigelet, gekobe-
ret. Langsilbige werfen das e in praes. und praet. fort,
z. b. klingel, klingelt; wunder, wundert; praet. klin-
gelte, wunderte (nicht klingelt', wundert'), part. geklin-
gelt, geitert (ulceratus Parc. 116c), geisert (ferro circum-
datus Parc. 108b); nach denen mit n fällt auch das n
der flexion weg z. b. wapen (armare Parc. 52c) hier lau-
tet I. sg. und pl. praes. dem inf. gleich: wapen (armo)
wapen (armamus) III. praes. wapent, praet. wapente, oder
wapende (Parc. 139c 149b 168b) part. praet. gewapent
[ebenso: geoffent, gevestent; unzuläßig sind gewapnet,
geofnet, gevestnet etc.]. Aus gleichem grunde opfern
die (seltnen) bildungen mit -t das t der flexion, wodurch
I. praes. und praet. zus. fallen, z. b. enthoubeten (de-
collare) enthoubete (decollo) enthoubet (decollat, decol-
latis st. enthoubetet) enthoubete (decollavi st. enthoube-
tete) enthoubetet (decollavistis st. enthoubetetet) enthou-
beten (decollaverunt) ebenso impfete (inseruit Trist. 4618.
f. impsetete) entnackete (nudavit f. entnacketete). Aus-
laßung des e vor dem bildungs-t scheint nicht gerade
zu tadeln, vgl. Karl 46b enthoubten (decollarent): ge-

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II. mittelhochd. zweite ſchwache conjugation.
ng, nk, rg durfte das e nicht fehlen, ſonſt würden ir-
gendwo bancte, lancte, dincte (ſt. bangete, langete, din-
gete) auf hancte (von hengen) wincte reimen; nach
nd bin ich zweifelhaft, kein wunte im reim auf kunte
und Nib. 8299. beßer zu leſen wundet. Nach -t, -lt,
-rt
iſt die ſyncope des e (und mit ihm des einen t)
nothwendig, z. b. rôten, rôte (Wolfr. rôtte?) arten, arte,
warten, warte (:enkarte Wigal. 164.) alten, alte, ſtatt
rôtete, artete, wartete, altete, woneben nach zweitem
fall rôtet’, wartet’ möglich wäre. Nach b, g, f, h, ſ
mögen einzelne dichter mehr das bleibende oder aus-
fallende e begünſtigen, nach ll, mm, nn, rr ältere über-
haupt die beibehaltung des e und der gem. vorziehen,
lieber geſellete, minnete als geſelte, minte ſetzen. —
ζ) (conſonantausfall bei langſilbigen) hier kommt ledig-
lich vor kleit f. kleidet (fragm. 28b M. S. 2, 48a), öfter
gekleit f. gekleidet (ſchon Maria 77, im 13. jahrh. bei
den meiſten, doch bei Wolfr. und Hartm. nicht.) —
η) (behandlung der bildungen -l, -n, -r etc.) kurzſil-
bige gehen wie langſilbige einfache, hingegen langſilbige
wie kurzſilbige einfache. Erſtere behalten im praeſ.
das e nach der bildcnden liq. z. b. rigele, rigelet; ſë-
gene, ſëgenet; kobere, koberet; dem praet. ſcheint ri-
gelet’ oder rigelte angemeßen; part. gerigelet, gekobe-
ret. Langſilbige werfen das e in praeſ. und praet. fort,
z. b. klingel, klingelt; wunder, wundert; praet. klin-
gelte, wunderte (nicht klingelt’, wundert’), part. geklin-
gelt, geitert (ulceratus Parc. 116c), gîſert (ferro circum-
datus Parc. 108b); nach denen mit n fällt auch das n
der flexion weg z. b. wâpen (armare Parc. 52c) hier lau-
tet I. ſg. und pl. praeſ. dem inf. gleich: wâpen (armo)
wâpen (armamus) III. praeſ. wâpent, praet. wâpente, oder
wâpende (Parc. 139c 149b 168b) part. praet. gewâpent
[ebenſo: geoffent, geveſtent; unzuläßig ſind gewâpnet,
geofnet, geveſtnet etc.]. Aus gleichem grunde opfern
die (ſeltnen) bildungen mit -t das t der flexion, wodurch
I. praeſ. und praet. zuſ. fallen, z. b. enthoubeten (de-
collare) enthoubete (decollo) enthoubet (decollat, decol-
latis ſt. enthoubetet) enthoubete (decollavi ſt. enthoube-
tete) enthoubetet (decollaviſtis ſt. enthoubetetet) enthou-
beten (decollaverunt) ebenſo impfete (inſeruit Triſt. 4618.
f. impſetete) entnackete (nudavit f. entnacketete). Aus-
laßung des e vor dem bildungs-t ſcheint nicht gerade
zu tadeln, vgl. Karl 46b enthoubten (decollarent): ge-

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[961/0987] II. mittelhochd. zweite ſchwache conjugation. ng, nk, rg durfte das e nicht fehlen, ſonſt würden ir- gendwo bancte, lancte, dincte (ſt. bangete, langete, din- gete) auf hancte (von hengen) wincte reimen; nach nd bin ich zweifelhaft, kein wunte im reim auf kunte und Nib. 8299. beßer zu leſen wundet. Nach -t, -lt, -rt iſt die ſyncope des e (und mit ihm des einen t) nothwendig, z. b. rôten, rôte (Wolfr. rôtte?) arten, arte, warten, warte (:enkarte Wigal. 164.) alten, alte, ſtatt rôtete, artete, wartete, altete, woneben nach zweitem fall rôtet’, wartet’ möglich wäre. Nach b, g, f, h, ſ mögen einzelne dichter mehr das bleibende oder aus- fallende e begünſtigen, nach ll, mm, nn, rr ältere über- haupt die beibehaltung des e und der gem. vorziehen, lieber geſellete, minnete als geſelte, minte ſetzen. — ζ) (conſonantausfall bei langſilbigen) hier kommt ledig- lich vor kleit f. kleidet (fragm. 28b M. S. 2, 48a), öfter gekleit f. gekleidet (ſchon Maria 77, im 13. jahrh. bei den meiſten, doch bei Wolfr. und Hartm. nicht.) — η) (behandlung der bildungen -l, -n, -r etc.) kurzſil- bige gehen wie langſilbige einfache, hingegen langſilbige wie kurzſilbige einfache. Erſtere behalten im praeſ. das e nach der bildcnden liq. z. b. rigele, rigelet; ſë- gene, ſëgenet; kobere, koberet; dem praet. ſcheint ri- gelet’ oder rigelte angemeßen; part. gerigelet, gekobe- ret. Langſilbige werfen das e in praeſ. und praet. fort, z. b. klingel, klingelt; wunder, wundert; praet. klin- gelte, wunderte (nicht klingelt’, wundert’), part. geklin- gelt, geitert (ulceratus Parc. 116c), gîſert (ferro circum- datus Parc. 108b); nach denen mit n fällt auch das n der flexion weg z. b. wâpen (armare Parc. 52c) hier lau- tet I. ſg. und pl. praeſ. dem inf. gleich: wâpen (armo) wâpen (armamus) III. praeſ. wâpent, praet. wâpente, oder wâpende (Parc. 139c 149b 168b) part. praet. gewâpent [ebenſo: geoffent, geveſtent; unzuläßig ſind gewâpnet, geofnet, geveſtnet etc.]. Aus gleichem grunde opfern die (ſeltnen) bildungen mit -t das t der flexion, wodurch I. praeſ. und praet. zuſ. fallen, z. b. enthoubeten (de- collare) enthoubete (decollo) enthoubet (decollat, decol- latis ſt. enthoubetet) enthoubete (decollavi ſt. enthoube- tete) enthoubetet (decollaviſtis ſt. enthoubetetet) enthou- beten (decollaverunt) ebenſo impfete (inſeruit Triſt. 4618. f. impſetete) entnackete (nudavit f. entnacketete). Aus- laßung des e vor dem bildungs-t ſcheint nicht gerade zu tadeln, vgl. Karl 46b enthoubten (decollarent): ge- P p p

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 961. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/987>, abgerufen am 22.11.2024.