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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allg. vergleichung der declination.
blindar, giafar (verm. blindar, giafar); in den übri-
gen spr. ist der cons. abgefallen: alth. dio, sio, zuo,
plinto, kepo; angels. tha, tva, blinde, gifa.
14) (nom. acc. pl. neutr.) sind dem nom. sg. fem. gleich,
also nach anm. 4. zu beurtheilen; zuweilen wird beim
subst. dieser organismus verletzt, namentlich im alt-
und mittelh. pl. wort statt wortu, da doch im nom.
sg. f. vocal blieb. Im neuh. worte = blinde ist die
regel hergestellt.
15) (gen. pl.) bloß die goth. mundart versteht sich auf
nähere scheidung der geschlechter, indem sie dem
masc. und neutr. den ausgang -e, dem fem. -o zu-
theilt; alle übrigen sprachen brauchen einförmigen
vocal. Hier kommt es auf den diesem vocal vor- oder
nicht vorstehenden cons. an; a) pron. und adj. haben
ein s oder r. wie im gen. dat. sg. fem.; goth. ize,
izo, thize, thizo, blindaize, blindaizo; alth. iro, dero,
plintero; angels. bira, thara, blindra; altn. theirra (st.
theira) blindra etc. -- b) ohne den cons. sind alle subst.
vgl. goth. fiske, vaurde, gibo; alth. visko, worto;
angels. fisca; altn. fiska, giafa [daß die alth. und an-
gels. fem. erster, zweiter decl. den gen. pl. schwach
bilden, kepono, gifena anm. 40. vgl. schw. form
anm. 12.]. Bemerkenswerthe spur des wegbleibenden
cons. bietet auch der goth. gen. tvaddje und alth.
zueio neben zueiero (s.76[r].)
16) (dat. pl.) kennzeichen: einfaches, auslautendes -m
(später zu -n geschwächt) einstimmig bei pron. adj.
subst. vgl. goth. im. thaim, blindaim, fiskam, balgim,
gibom; alth. im, dem, plintem, viscum, pelkim, ke-
pom; angels. him, tham, blindum, fiscum, gifum;
altn. theim, blindum, fiskum, giöfum. Dennoch mag
diese flexion nicht vollständig die ursprüngliche, son-
dern hinter dem m ein s oder r abgefallen seyn: goth.
ims, blindaims? alth. imer, plintemer? altn. blindumr?
wie es uns die altn. überbleibsel tveimr, thrimr (s. 761.)
verrathen.
17) (acc. pl. masc.) die org. flexion -ns erweist sich im
goth. für pron. adj. subst. vg. uns, ins, thans, blin-
dans, fiskans, sununs, balgins; alle übrigen sprachen
weichen ab und stellen ihren acc. dem nom. pl. völ-
lig gleich. Sollte in dem alth. uns, sächs. us, altn.
oss die alte flexion übrig seyn? --
18) die von 3-17 unternommene durchsicht der einzel-
nen casus lehrt, daß a) rein vocalische flexion nur im
II. allg. vergleichung der declination.
blindar, giafar (verm. blindâr, giafâr); in den übri-
gen ſpr. iſt der conſ. abgefallen: alth. diô, ſiô, zuô,
plintô, këpô; angelſ. þâ, tvâ, blinde, gifa.
14) (nom. acc. pl. neutr.) ſind dem nom. ſg. fem. gleich,
alſo nach anm. 4. zu beurtheilen; zuweilen wird beim
ſubſt. dieſer organiſmus verletzt, namentlich im alt-
und mittelh. pl. wort ſtatt wortu, da doch im nom.
ſg. f. vocal blieb. Im neuh. worte = blinde iſt die
regel hergeſtellt.
15) (gen. pl.) bloß die goth. mundart verſteht ſich auf
nähere ſcheidung der geſchlechter, indem ſie dem
maſc. und neutr. den ausgang -ê, dem fem. -ô zu-
theilt; alle übrigen ſprachen brauchen einförmigen
vocal. Hier kommt es auf den dieſem vocal vor- oder
nicht vorſtehenden conſ. an; α) pron. und adj. haben
ein ſ oder r. wie im gen. dat. ſg. fem.; goth. ïzê,
ïzô, þizê, þizô, blindáizê, blindáizô; alth. irô, dërô,
plintêrô; angelſ. bira, þâra, blindra; altn. þeirra (ſt.
þeira) blindra etc. — β) ohne den conſ. ſind alle ſubſt.
vgl. goth. fiſkê, vaúrdê, gibô; alth. viſkô, wortô;
angelſ. fiſca; altn. fiſka, giafa [daß die alth. und an-
gelſ. fem. erſter, zweiter decl. den gen. pl. ſchwach
bilden, këpônô, gifena anm. 40. vgl. ſchw. form
anm. 12.]. Bemerkenswerthe ſpur des wegbleibenden
conſ. bietet auch der goth. gen. tvaddjê und alth.
zueiô neben zueiêrô (ſ.76[r].)
16) (dat. pl.) kennzeichen: einfaches, auslautendes -m
(ſpäter zu -n geſchwächt) einſtimmig bei pron. adj.
ſubſt. vgl. goth. ïm. þáim, blindáim, fiſkam, balgim,
gibôm; alth. im, dêm, plintêm, viſcum, pelkim, kë-
pôm; angelſ. him, þâm, blindum, fiſcum, gifum;
altn. þeim, blindum, fiſkum, giöfum. Dennoch mag
dieſe flexion nicht vollſtändig die urſprüngliche, ſon-
dern hinter dem m ein ſ oder r abgefallen ſeyn: goth.
ims, blindáims? alth. imêr, plintêmêr? altn. blindumr?
wie es uns die altn. überbleibſel tveimr, þrimr (ſ. 761.)
verrathen.
17) (acc. pl. maſc.) die org. flexion -ns erweiſt ſich im
goth. für pron. adj. ſubſt. vg. uns, ïns, þans, blin-
dans, fiſkans, ſununs, balgins; alle übrigen ſprachen
weichen ab und ſtellen ihren acc. dem nom. pl. völ-
lig gleich. Sollte in dem alth. uns, ſächſ. us, altn.
oſſ die alte flexion übrig ſeyn? —
18) die von 3-17 unternommene durchſicht der einzel-
nen caſus lehrt, daß a) rein vocaliſche flexion nur im
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[806/0832] II. allg. vergleichung der declination. blindar, giafar (verm. blindâr, giafâr); in den übri- gen ſpr. iſt der conſ. abgefallen: alth. diô, ſiô, zuô, plintô, këpô; angelſ. þâ, tvâ, blinde, gifa. 14) (nom. acc. pl. neutr.) ſind dem nom. ſg. fem. gleich, alſo nach anm. 4. zu beurtheilen; zuweilen wird beim ſubſt. dieſer organiſmus verletzt, namentlich im alt- und mittelh. pl. wort ſtatt wortu, da doch im nom. ſg. f. vocal blieb. Im neuh. worte = blinde iſt die regel hergeſtellt. 15) (gen. pl.) bloß die goth. mundart verſteht ſich auf nähere ſcheidung der geſchlechter, indem ſie dem maſc. und neutr. den ausgang -ê, dem fem. -ô zu- theilt; alle übrigen ſprachen brauchen einförmigen vocal. Hier kommt es auf den dieſem vocal vor- oder nicht vorſtehenden conſ. an; α) pron. und adj. haben ein ſ oder r. wie im gen. dat. ſg. fem.; goth. ïzê, ïzô, þizê, þizô, blindáizê, blindáizô; alth. irô, dërô, plintêrô; angelſ. bira, þâra, blindra; altn. þeirra (ſt. þeira) blindra etc. — β) ohne den conſ. ſind alle ſubſt. vgl. goth. fiſkê, vaúrdê, gibô; alth. viſkô, wortô; angelſ. fiſca; altn. fiſka, giafa [daß die alth. und an- gelſ. fem. erſter, zweiter decl. den gen. pl. ſchwach bilden, këpônô, gifena anm. 40. vgl. ſchw. form anm. 12.]. Bemerkenswerthe ſpur des wegbleibenden conſ. bietet auch der goth. gen. tvaddjê und alth. zueiô neben zueiêrô (ſ.76r.) 16) (dat. pl.) kennzeichen: einfaches, auslautendes -m (ſpäter zu -n geſchwächt) einſtimmig bei pron. adj. ſubſt. vgl. goth. ïm. þáim, blindáim, fiſkam, balgim, gibôm; alth. im, dêm, plintêm, viſcum, pelkim, kë- pôm; angelſ. him, þâm, blindum, fiſcum, gifum; altn. þeim, blindum, fiſkum, giöfum. Dennoch mag dieſe flexion nicht vollſtändig die urſprüngliche, ſon- dern hinter dem m ein ſ oder r abgefallen ſeyn: goth. ims, blindáims? alth. imêr, plintêmêr? altn. blindumr? wie es uns die altn. überbleibſel tveimr, þrimr (ſ. 761.) verrathen. 17) (acc. pl. maſc.) die org. flexion -ns erweiſt ſich im goth. für pron. adj. ſubſt. vg. uns, ïns, þans, blin- dans, fiſkans, ſununs, balgins; alle übrigen ſprachen weichen ab und ſtellen ihren acc. dem nom. pl. völ- lig gleich. Sollte in dem alth. uns, ſächſ. us, altn. oſſ die alte flexion übrig ſeyn? — 18) die von 3-17 unternommene durchſicht der einzel- nen caſus lehrt, daß a) rein vocaliſche flexion nur im

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/832>, abgerufen am 28.07.2024.