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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. declination der eigennamen.
bildungen -her (für -here, alth. -hari) und -win (für
-wine, alth. -wini) mit vocallängerung -her und -wein
geworden, deutet dahin. Namen wie eberwein, ortwein,
wolfwein reimen beständig auf schein, sein etc., dagegen
neben walther, sigeher, reinher, wernher etc. (bei
Stricker im karl) gunther, volcher (Nib.) dat. walthere,
gunthere; acc. waltheren etc. noch die organischen for-
men wernher, walther (M. S. 2, 74b 173a 227b kol. 387.)
giselher (Nib.) dat. walther, acc. walthern, geiselhern
gelten [vgl. oben s. 344.] obgleich auffallend die dat.
und acc. nirgend im reim vorkommen (Lachm. rec. d.
Nib. 197.). Spuren dritter decl. gebrechen ganz; namen
wie sigemunt reimen auf bunt, kunt etc. und wollte
man in dem reim seivrit auf mit, bit, sit ein altes seivrite
(statt seivride, wie mite, snite f. mide, snide s. 408.) er-
kennen und dem mit, sit für mite, site gleichstellen, so
steht entgegen, daß die obliquen casus sivrides, sivride
und nicht sivrites, sivriten lauten (vgl. s. 417. note).
In der Nib. caesur steht der nom. sivrit häufig stumpf-
klingend (Lachm. a. a. o. 196.) woraus allmählige tonlo-
sigkeit der zweiten silbe und das neuh. seifert f. seifried
erwachsen seyn mag. -- 2) schwache masc. sind unbe-
denklich; beispiele: otte, braune, gere, nere, boppe,
wate etc. gen. otten etc.; hagene, gen. hagenen (wo-
für ungut die kürzung hagen) hegele, hegelen, witege,
witegen; hetele, hetelen; sibche, sibchen; wegfällt das
stumme e in etzel, wetzel, werbel, swemmel, gen.
etzeln, werbeln. -- 3) starke fem. erster decl. verrathen
sich wohl nur durch den nom. und acc. -e, weil das
-e gen. und dat. auch in der vierten decl. gilt oder
durch den im gen. dat. abgehenden umlaut. Der acc.
chriemhilde, brünhilde steht im klingenden einschnitt
Nib. 1347. 1368. 5548 etc. sigelinde im reim auf kinde
kl. 161.; nie finde ich einen solchen nom. vielmehr
-hilt auf schilt, milt reimend; desgl. vrideraun, sigeraun.
Bildungen mit -rat, wie herrat, machen den gen. dat. nicht
herraete, sondern herrat. Ein älteres brünhilde, herrate
scheint auch das hin und wieder vorbrechende schwan-
ken in die schw. form zu bestärken, welches zuläßiger
aus der ersten starken ist, als aus der vierten; den dat.
brünhilden, acc. herraten, vrideraunen belegen die reime
kl. 2726. 3543. M. S. 2, 80b. Gleichwohl muß man bei
dem mangel, wenigstens der seltenheit starker nom. auf
-e annehmen, daß die meisten weibl. eigennamen star-
ker form der vierten decl. folgen, also den acc. dem

C c c 2

II. declination der eigennamen.
bildungen -her (für -here, alth. -hari) und -win (für
-wine, alth. -wini) mit vocallängerung -hêr und -wîn
geworden, deutet dahin. Namen wie ëberwîn, ortwîn,
wolfwîn reimen beſtändig auf ſchîn, ſîn etc., dagegen
neben walthêr, ſigehêr, reinhêr, wernhêr etc. (bei
Stricker im karl) gunthêr, volchêr (Nib.) dat. walthêre,
gunthêre; acc. walthêren etc. noch die organiſchen for-
men wernher, walther (M. S. 2, 74b 173a 227b kol. 387.)
giſelher (Nib.) dat. walther, acc. walthern, gîſelhern
gelten [vgl. oben ſ. 344.] obgleich auffallend die dat.
und acc. nirgend im reim vorkommen (Lachm. rec. d.
Nib. 197.). Spuren dritter decl. gebrechen ganz; namen
wie ſigemunt reimen auf bunt, kunt etc. und wollte
man in dem reim ſîvrit auf mit, bit, ſit ein altes ſîvrite
(ſtatt ſîvride, wie mite, ſnite f. mide, ſnide ſ. 408.) er-
kennen und dem mit, ſit für mite, ſite gleichſtellen, ſo
ſteht entgegen, daß die obliquen caſus ſìvrides, ſìvride
und nicht ſìvrites, ſìvriten lauten (vgl. ſ. 417. note).
In der Nib. caeſur ſteht der nom. ſìvrit häufig ſtumpf-
klingend (Lachm. a. a. o. 196.) woraus allmählige tonlo-
ſigkeit der zweiten ſilbe und das neuh. ſeifert f. ſeifried
erwachſen ſeyn mag. — 2) ſchwache maſc. ſind unbe-
denklich; beiſpiele: otte, brûne, gêre, nêre, boppe,
wâte etc. gen. otten etc.; hagene, gen. hagenen (wo-
für ungut die kürzung hagen) hegele, hegelen, witege,
witegen; hetele, hetelen; ſibche, ſibchen; wegfällt das
ſtumme e in etzel, wetzel, wërbel, ſwëmmel, gen.
etzeln, wërbeln. — 3) ſtarke fem. erſter decl. verrathen
ſich wohl nur durch den nom. und acc. -e, weil das
-e gen. und dat. auch in der vierten decl. gilt oder
durch den im gen. dat. abgehenden umlaut. Der acc.
chriemhilde, brünhilde ſteht im klingenden einſchnitt
Nib. 1347. 1368. 5548 etc. ſigelinde im reim auf kinde
kl. 161.; nie finde ich einen ſolchen nom. vielmehr
-hilt auf ſchilt, milt reimend; desgl. vriderûn, ſigerûn.
Bildungen mit -rât, wie herrât, machen den gen. dat. nicht
herræte, ſondern herrât. Ein älteres brünhilde, herrâte
ſcheint auch das hin und wieder vorbrechende ſchwan-
ken in die ſchw. form zu beſtärken, welches zuläßiger
aus der erſten ſtarken iſt, als aus der vierten; den dat.
brünhilden, acc. herràten, vriderûnen belegen die reime
kl. 2726. 3543. M. S. 2, 80b. Gleichwohl muß man bei
dem mangel, wenigſtens der ſeltenheit ſtarker nom. auf
-e annehmen, daß die meiſten weibl. eigennamen ſtar-
ker form der vierten decl. folgen, alſo den acc. dem

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[771/0797] II. declination der eigennamen. bildungen -her (für -here, alth. -hari) und -win (für -wine, alth. -wini) mit vocallängerung -hêr und -wîn geworden, deutet dahin. Namen wie ëberwîn, ortwîn, wolfwîn reimen beſtändig auf ſchîn, ſîn etc., dagegen neben walthêr, ſigehêr, reinhêr, wernhêr etc. (bei Stricker im karl) gunthêr, volchêr (Nib.) dat. walthêre, gunthêre; acc. walthêren etc. noch die organiſchen for- men wernher, walther (M. S. 2, 74b 173a 227b kol. 387.) giſelher (Nib.) dat. walther, acc. walthern, gîſelhern gelten [vgl. oben ſ. 344.] obgleich auffallend die dat. und acc. nirgend im reim vorkommen (Lachm. rec. d. Nib. 197.). Spuren dritter decl. gebrechen ganz; namen wie ſigemunt reimen auf bunt, kunt etc. und wollte man in dem reim ſîvrit auf mit, bit, ſit ein altes ſîvrite (ſtatt ſîvride, wie mite, ſnite f. mide, ſnide ſ. 408.) er- kennen und dem mit, ſit für mite, ſite gleichſtellen, ſo ſteht entgegen, daß die obliquen caſus ſìvrides, ſìvride und nicht ſìvrites, ſìvriten lauten (vgl. ſ. 417. note). In der Nib. caeſur ſteht der nom. ſìvrit häufig ſtumpf- klingend (Lachm. a. a. o. 196.) woraus allmählige tonlo- ſigkeit der zweiten ſilbe und das neuh. ſeifert f. ſeifried erwachſen ſeyn mag. — 2) ſchwache maſc. ſind unbe- denklich; beiſpiele: otte, brûne, gêre, nêre, boppe, wâte etc. gen. otten etc.; hagene, gen. hagenen (wo- für ungut die kürzung hagen) hegele, hegelen, witege, witegen; hetele, hetelen; ſibche, ſibchen; wegfällt das ſtumme e in etzel, wetzel, wërbel, ſwëmmel, gen. etzeln, wërbeln. — 3) ſtarke fem. erſter decl. verrathen ſich wohl nur durch den nom. und acc. -e, weil das -e gen. und dat. auch in der vierten decl. gilt oder durch den im gen. dat. abgehenden umlaut. Der acc. chriemhilde, brünhilde ſteht im klingenden einſchnitt Nib. 1347. 1368. 5548 etc. ſigelinde im reim auf kinde kl. 161.; nie finde ich einen ſolchen nom. vielmehr -hilt auf ſchilt, milt reimend; desgl. vriderûn, ſigerûn. Bildungen mit -rât, wie herrât, machen den gen. dat. nicht herræte, ſondern herrât. Ein älteres brünhilde, herrâte ſcheint auch das hin und wieder vorbrechende ſchwan- ken in die ſchw. form zu beſtärken, welches zuläßiger aus der erſten ſtarken iſt, als aus der vierten; den dat. brünhilden, acc. herràten, vriderûnen belegen die reime kl. 2726. 3543. M. S. 2, 80b. Gleichwohl muß man bei dem mangel, wenigſtens der ſeltenheit ſtarker nom. auf -e annehmen, daß die meiſten weibl. eigennamen ſtar- ker form der vierten decl. folgen, alſo den acc. dem C c c 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/797>, abgerufen am 22.11.2024.