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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. schwedische vocale.
(dare). -- Ob sich vor ng, nk (nach s. 289.) kurzes i
verlängert, bezweifle ich, finde wenigstens nirgends an-
gemerkt, daß i in ting, ring anders laute, als in vind.

(OO) 1) organisch in bok (liber) fot (pes) blod (san-
gnis) skog (silva) tom (vacuus) etc. 2) unorganisch in
god (Deus) boge (arcus) son (filius) bora (terebrare) etc.

(UU) 1) org. in maur (murus) skaur (imber) maus
(mus) etc. 2) unorg. seltner (wie bei ei, wegen der über-
gänge in o) z. b. staulen (furto sublatus) slauten (clausus)
slaut (finis). -- Auch hier nehme ich kein au vor ng, nk
an, sondern tung (gravis) tunga (lingua).

(YY) umlaut des au, als: ryma (fugere) aber auch in
andern fällen dem alth. iu parallel, als: syn (visus).

(AE) in der schrift ä, grammatisch sind aber ä und
ae genau zu scheiden. 1) das häufige ä ist beständig kurz
und wie vorhin bei e ausgeführt worden, theils umlaut
des a, als: bränna (comburere) tänder (dentes) tänka
(cogitare) sätta (ponere) etc. theils ursprüngliches e, als:
vänner (amici) rätt (jus) dvärg (pumilio) smärta (dolor) etc.
2) eben so häufig ae und beständig lang; seinem ursprung
nach mehrfach a) org. lang. d. h. dem altn. ae entspre-
chend, meistens umlaut des a: maela (narrare) aber auch
das zweite altn. ae, laera (doctrina) klaeda (vestire) etc.
b) unorg. lang und wiederum zweifach, theils ursprüng-
licher umlaut des a, z. b. faeder (patres) saeger (dicit);
theils ursprüngliches e, als: baera (ferre) skaera (scindere)
laesa (legere) baefva (tremere). Dieses unorg. ae verhält
sich schwankend zu e, wie das kurze ä zu e, es heißt
z. b. aefva (aeque) baefva (tremere) vaefva (texere) aber lefva
(vivere) geifva (dare) mittelh. eben, beben, weben, leben,
geben; ferner haer (exercitus) haerja (depopulari) neben verja
(defendere) und ich finde bald faerja (trajectus) bald ferja.

(AO) a geschrieben, zwischen a und o gesprochen,
ein laut, den man in deutschen volksmundarten hört,
weder mit a, noch o zu mengen. Entspricht dem altn.
a und wird auch vor ng, ld (oder ll statt ld) sogar
vor rd (welches im altn. kurzes a behält) für das kurze
a gesetzt: lang (longus) gang (iter) stang (pertica) mange
(plures) (anger (anxietas) alder (aetas) bald (fortis) valda
(imperare) halla (tenere) falla (plicare) hard (durus) gard
(praedium) etc. angetroffen; fehlerhaft schreiben ei-
nige: long, gong, bold, (umgekehrt unrichtig andere
a statt o, o z. b. galf f. golf pavimentum, fagel f. fo-
gel, avis dan f. don, fragor). Dagegen gilt vor den
übrigen verbindungen, die im altn. a fordern (s. 286.)

I. ſchwediſche vocale.
(dare). — Ob ſich vor ng, nk (nach ſ. 289.) kurzes i
verlängert, bezweifle ich, finde wenigſtens nirgends an-
gemerkt, daß i in ting, ring anders laute, als in vind.

(OO) 1) organiſch in bôk (liber) fôt (pes) blôd (ſan-
gnis) ſkôg (ſilva) tôm (vacuus) etc. 2) unorganiſch in
gôd (Deus) bôge (arcus) ſôn (filius) bôra (terebrare) etc.

(UU) 1) org. in mûr (murus) ſkûr (imber) mûs
(mus) etc. 2) unorg. ſeltner (wie bei î, wegen der über-
gänge in o) z. b. ſtûlen (furto ſublatus) ſlûten (clauſus)
ſlût (finis). — Auch hier nehme ich kein û vor ng, nk
an, ſondern tung (gravis) tunga (lingua).

(YY) umlaut des û, als: rŷma (fugere) aber auch in
andern fällen dem alth. iu parallel, als: ſŷn (viſus).

(AE) in der ſchrift ä, grammatiſch ſind aber ä und
æ genau zu ſcheiden. 1) das häufige ä iſt beſtändig kurz
und wie vorhin bei e ausgeführt worden, theils umlaut
des a, als: bränna (comburere) tänder (dentes) tänka
(cogitare) ſätta (ponere) etc. theils urſprüngliches ë, als:
vänner (amici) rätt (jus) dvärg (pumilio) ſmärta (dolor) etc.
2) eben ſo häufig æ und beſtändig lang; ſeinem urſprung
nach mehrfach α) org. lang. d. h. dem altn. æ entſpre-
chend, meiſtens umlaut des à: mæla (narrare) aber auch
das zweite altn. æ, læra (doctrina) klæda (veſtire) etc.
β) unorg. lang und wiederum zweifach, theils urſprüng-
licher umlaut des a, z. b. fæder (patres) ſæger (dicit);
theils urſprüngliches ë, als: bæra (ferre) ſkæra (ſcindere)
læſa (legere) bæfva (tremere). Dieſes unorg. æ verhält
ſich ſchwankend zu ê, wie das kurze ä zu e, es heißt
z. b. æfva (aeque) bæfva (tremere) væfva (texere) aber lêfva
(vivere) gîfva (dare) mittelh. ëben, bëben, wëben, lëben,
gëben; ferner hær (exercitus) hærja (depopulari) neben vêrja
(defendere) und ich finde bald færja (trajectus) bald fêrja.

(AO) å geſchrieben, zwiſchen a und o geſprochen,
ein laut, den man in deutſchen volksmundarten hört,
weder mit â, noch ô zu mengen. Entſpricht dem altn.
â und wird auch vor ng, ld (oder ll ſtatt ld) ſogar
vor rd (welches im altn. kurzes a behält) für das kurze
a geſetzt: lång (longus) gång (iter) ſtång (pertica) månge
(plures) (ånger (anxietas) ålder (aetas) båld (fortis) vålda
(imperare) hålla (tenere) fålla (plicare) hård (durus) gård
(praedium) etc. angetroffen; fehlerhaft ſchreiben ei-
nige: long, gong, bold, (umgekehrt unrichtig andere
å ſtatt o, ô z. b. gålf f. golf pavimentum, fågel f. fô-
gel, avis dån f. dôn, fragor). Dagegen gilt vor den
übrigen verbindungen, die im altn. â fordern (ſ. 286.)

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[548/0574] I. ſchwediſche vocale. (dare). — Ob ſich vor ng, nk (nach ſ. 289.) kurzes i verlängert, bezweifle ich, finde wenigſtens nirgends an- gemerkt, daß i in ting, ring anders laute, als in vind. (OO) 1) organiſch in bôk (liber) fôt (pes) blôd (ſan- gnis) ſkôg (ſilva) tôm (vacuus) etc. 2) unorganiſch in gôd (Deus) bôge (arcus) ſôn (filius) bôra (terebrare) etc. (UU) 1) org. in mûr (murus) ſkûr (imber) mûs (mus) etc. 2) unorg. ſeltner (wie bei î, wegen der über- gänge in o) z. b. ſtûlen (furto ſublatus) ſlûten (clauſus) ſlût (finis). — Auch hier nehme ich kein û vor ng, nk an, ſondern tung (gravis) tunga (lingua). (YY) umlaut des û, als: rŷma (fugere) aber auch in andern fällen dem alth. iu parallel, als: ſŷn (viſus). (AE) in der ſchrift ä, grammatiſch ſind aber ä und æ genau zu ſcheiden. 1) das häufige ä iſt beſtändig kurz und wie vorhin bei e ausgeführt worden, theils umlaut des a, als: bränna (comburere) tänder (dentes) tänka (cogitare) ſätta (ponere) etc. theils urſprüngliches ë, als: vänner (amici) rätt (jus) dvärg (pumilio) ſmärta (dolor) etc. 2) eben ſo häufig æ und beſtändig lang; ſeinem urſprung nach mehrfach α) org. lang. d. h. dem altn. æ entſpre- chend, meiſtens umlaut des à: mæla (narrare) aber auch das zweite altn. æ, læra (doctrina) klæda (veſtire) etc. β) unorg. lang und wiederum zweifach, theils urſprüng- licher umlaut des a, z. b. fæder (patres) ſæger (dicit); theils urſprüngliches ë, als: bæra (ferre) ſkæra (ſcindere) læſa (legere) bæfva (tremere). Dieſes unorg. æ verhält ſich ſchwankend zu ê, wie das kurze ä zu e, es heißt z. b. æfva (aeque) bæfva (tremere) væfva (texere) aber lêfva (vivere) gîfva (dare) mittelh. ëben, bëben, wëben, lëben, gëben; ferner hær (exercitus) hærja (depopulari) neben vêrja (defendere) und ich finde bald færja (trajectus) bald fêrja. (AO) å geſchrieben, zwiſchen a und o geſprochen, ein laut, den man in deutſchen volksmundarten hört, weder mit â, noch ô zu mengen. Entſpricht dem altn. â und wird auch vor ng, ld (oder ll ſtatt ld) ſogar vor rd (welches im altn. kurzes a behält) für das kurze a geſetzt: lång (longus) gång (iter) ſtång (pertica) månge (plures) (ånger (anxietas) ålder (aetas) båld (fortis) vålda (imperare) hålla (tenere) fålla (plicare) hård (durus) gård (praedium) etc. angetroffen; fehlerhaft ſchreiben ei- nige: long, gong, bold, (umgekehrt unrichtig andere å ſtatt o, ô z. b. gålf f. golf pavimentum, fågel f. fô- gel, avis dån f. dôn, fragor). Dagegen gilt vor den übrigen verbindungen, die im altn. â fordern (ſ. 286.)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/574>, abgerufen am 22.11.2024.