Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. mittelhochdeutsche consonanten. gutturales. (a. w. 3, 184.). Dieses anlautende ck vergleicht sichdem zuweilen auch vorhandenen anlaute tz f. z und dem ganz üblich gewordenen pf. für f; consequent müste es eigentlich cch (nicht ck) heißen, vgl. oben s. 191. Den anlaut k scheint endlich das selbst in hss. die dem ch. ergeben sind, gültige q anzuzeigen; denn q steht = ku, kw und wird in strengalth. denkmäh- lern, die ch für k setzen, ebenfalls aspiriert, qh oder chu (s. 196.). Dergl. findet sich nun nicht im mit- telh., eher q bisweilen für andere fälle des k (Parc. 92a qnappen f. knappen). 7) hss. des 12. jahrh. oder aus dem anfang des 13. z. b. Maria, der heidelb. Iw. etc. beobachten noch oft die alth. gewohnheit auslautend h für ch zu schreiben und zwar für beide fälle des ch sowohl sah, nah als ih, mih, brah, vgl. oben s. 189. Schicklicher, da hier die aussprache der asp. unbezweifelt ist, entsagt man dieser schreibung. 8) inlautend entspringt ch. zuweilen aus dem zus. stoß zweier silben und zwar a) aus c-h, als juncherre, wichart, schalcheit, irrecheit, frümicheit, saelicheit etc. b) aus ch-h, als siecheit, smacheit, reicheit, reichart, lichame etc. In dem ersten (nicht in dem zweiten) fall erklärt sich die verwandlung des ch in k (sueße- keit, irrekeit, traurekeit, frümekeit) und das neuh. keit in frömmigkeit, seligkeit, so wie das k in jun- ker. Die neuh. sprache dehnt ihr keit noch auf ei- nige fälle aus, wo es keinen sinn hat, z. b. sauber- keit (neben sicherheit) mittelh sauberheit; oder freund- lichkeit, wo ein bloßes freundlicheit (wie reichardt) hätte entspringen sollen. Ist das mittelh. edelkeit (Barl. 39. 40. 42. Frig. 10a 16b) richtig? bis sich ein adj. edelic nachweisen läßt. scheint mir edelheit vor- züglicher und ebenso wohllautend, als tunkelheit (neuh. dunkelheit). Bei armekeit, barmekeit ist das adj. armec, barmec zu erweisen. Übrigens halte ich für die wahre mittelh. aussprache die schreibung sue- ßecheit, armecheit etc. passender als sueßekeit, weil selbst das organ. k. inlautend vor voc. aspiriert wird (brechen, suochen) wie vielmehr das zusammenfließende c-h hörbar bleiben muß; dieses c-h strengte die kehle offenbar stärker an als ch, wie etwa stap-fest (baculo nixus) den lippen schwerer werden würde als stapfest (gradiris); auch jeder vocal diphth. ist weicher als der hiatus. I. mittelhochdeutſche conſonanten. gutturales. (a. w. 3, 184.). Dieſes anlautende ck vergleicht ſichdem zuweilen auch vorhandenen anlaute tz f. z und dem ganz üblich gewordenen pf. für f; conſequent müſte es eigentlich cch (nicht ck) heißen, vgl. oben ſ. 191. Den anlaut k ſcheint endlich das ſelbſt in hſſ. die dem ch. ergeben ſind, gültige q anzuzeigen; denn q ſteht = ku, kw und wird in ſtrengalth. denkmäh- lern, die ch für k ſetzen, ebenfalls aſpiriert, qh oder chu (ſ. 196.). Dergl. findet ſich nun nicht im mit- telh., eher q bisweilen für andere fälle des k (Parc. 92a qnappen f. knappen). 7) hſſ. des 12. jahrh. oder aus dem anfang des 13. z. b. Maria, der heidelb. Iw. etc. beobachten noch oft die alth. gewohnheit auslautend h für ch zu ſchreiben und zwar für beide fälle des ch ſowohl ſah, nah als ih, mih, brah, vgl. oben ſ. 189. Schicklicher, da hier die ausſprache der aſp. unbezweifelt iſt, entſagt man dieſer ſchreibung. 8) inlautend entſpringt ch. zuweilen aus dem zuſ. ſtoß zweier ſilben und zwar α) aus c-h, als junchërre, wìchart, ſchalcheit, irrecheit, frümicheit, ſælicheit etc. β) aus ch-h, als ſiecheit, ſmâcheit, rîcheit, rîchart, lìchame etc. In dem erſten (nicht in dem zweiten) fall erklärt ſich die verwandlung des ch in k (ſueƷe- keit, irrekeit, trûrekeit, frümekeit) und das neuh. keit in frömmigkeit, ſeligkeit, ſo wie das k in jun- ker. Die neuh. ſprache dehnt ihr keit noch auf ei- nige fälle aus, wo es keinen ſinn hat, z. b. ſauber- keit (neben ſicherheit) mittelh ſûberheit; oder freund- lichkeit, wo ein bloßes freundlicheit (wie reichardt) hätte entſpringen ſollen. Iſt das mittelh. edelkeit (Barl. 39. 40. 42. Frig. 10a 16b) richtig? bis ſich ein adj. edelic nachweiſen läßt. ſcheint mir edelheit vor- züglicher und ebenſo wohllautend, als tunkelheit (neuh. dunkelheit). Bei armekeit, barmekeit iſt das adj. armec, barmec zu erweiſen. Übrigens halte ich für die wahre mittelh. ausſprache die ſchreibung ſue- Ʒecheit, armecheit etc. paſſender als ſueƷekeit, weil ſelbſt das organ. k. inlautend vor voc. aſpiriert wird (brëchen, ſuochen) wie vielmehr das zuſammenfließende c-h hörbar bleiben muß; dieſes c-h ſtrengte die kehle offenbar ſtärker an als ch, wie etwa ſtap-feſt (baculo nixus) den lippen ſchwerer werden würde als ſtapfeſt (gradiris); auch jeder vocal diphth. iſt weicher als der hiatus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0457" n="431"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelhochdeutſche conſonanten. gutturales.</hi></fw><lb/> (a. w. 3, 184.). Dieſes anlautende ck vergleicht ſich<lb/> dem zuweilen auch vorhandenen anlaute tz f. z und<lb/> dem ganz üblich gewordenen pf. für f; conſequent<lb/> müſte es eigentlich cch (nicht ck) heißen, vgl. oben<lb/> ſ. 191. 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I. mittelhochdeutſche conſonanten. gutturales.
(a. w. 3, 184.). Dieſes anlautende ck vergleicht ſich
dem zuweilen auch vorhandenen anlaute tz f. z und
dem ganz üblich gewordenen pf. für f; conſequent
müſte es eigentlich cch (nicht ck) heißen, vgl. oben
ſ. 191. Den anlaut k ſcheint endlich das ſelbſt in hſſ.
die dem ch. ergeben ſind, gültige q anzuzeigen; denn
q ſteht = ku, kw und wird in ſtrengalth. denkmäh-
lern, die ch für k ſetzen, ebenfalls aſpiriert, qh oder
chu (ſ. 196.). Dergl. findet ſich nun nicht im mit-
telh., eher q bisweilen für andere fälle des k (Parc. 92a
qnappen f. knappen).
7) hſſ. des 12. jahrh. oder aus dem anfang des 13. z. b.
Maria, der heidelb. Iw. etc. beobachten noch oft die
alth. gewohnheit auslautend h für ch zu ſchreiben
und zwar für beide fälle des ch ſowohl ſah, nah als
ih, mih, brah, vgl. oben ſ. 189. Schicklicher, da
hier die ausſprache der aſp. unbezweifelt iſt, entſagt
man dieſer ſchreibung.
8) inlautend entſpringt ch. zuweilen aus dem zuſ. ſtoß
zweier ſilben und zwar α) aus c-h, als junchërre,
wìchart, ſchalcheit, irrecheit, frümicheit, ſælicheit etc.
β) aus ch-h, als ſiecheit, ſmâcheit, rîcheit, rîchart,
lìchame etc. In dem erſten (nicht in dem zweiten)
fall erklärt ſich die verwandlung des ch in k (ſueƷe-
keit, irrekeit, trûrekeit, frümekeit) und das neuh.
keit in frömmigkeit, ſeligkeit, ſo wie das k in jun-
ker. Die neuh. ſprache dehnt ihr keit noch auf ei-
nige fälle aus, wo es keinen ſinn hat, z. b. ſauber-
keit (neben ſicherheit) mittelh ſûberheit; oder freund-
lichkeit, wo ein bloßes freundlicheit (wie reichardt)
hätte entſpringen ſollen. Iſt das mittelh. edelkeit
(Barl. 39. 40. 42. Frig. 10a 16b) richtig? bis ſich ein
adj. edelic nachweiſen läßt. ſcheint mir edelheit vor-
züglicher und ebenſo wohllautend, als tunkelheit
(neuh. dunkelheit). Bei armekeit, barmekeit iſt das
adj. armec, barmec zu erweiſen. Übrigens halte ich
für die wahre mittelh. ausſprache die ſchreibung ſue-
Ʒecheit, armecheit etc. paſſender als ſueƷekeit, weil
ſelbſt das organ. k. inlautend vor voc. aſpiriert wird
(brëchen, ſuochen) wie vielmehr das zuſammenfließende
c-h hörbar bleiben muß; dieſes c-h ſtrengte die
kehle offenbar ſtärker an als ch, wie etwa ſtap-feſt
(baculo nixus) den lippen ſchwerer werden würde als
ſtapfeſt (gradiris); auch jeder vocal diphth. iſt weicher
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