Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. mittelhochdeutsche consonanten. labiales. tend muß diese zweite asp. durchaus v und nie f ge-schrieben werden, da graven nicht auf slafen reimt. Alte hss. gewähren auch haven, frevel, grave, hoves, huoves, unseivel (? infestus Wilh. 3, 399b cass.) zweivel, chever, schever, wolves, colve (Wilh. 2, 177b) fünve, zwelve und wohl noch einige; es sind ihrer nur we- nig dentsche *). Spätere hss. setzen f in welches auch allmählig die aussprache neigte. heven (levare) ist nur ausnahmsweise vorhanden (M. S. 2, 72b Lohengr. 62. 174.) die regel hat heben und enseben; eben so steht in aber (iterum) nur die media. Bei folgendem t, z, s wird aber v zu f, als neve, niftel; zwelve, zwelfte; fünve, fünfte, funfzic; hofs st. hoves, hosschen st. hoveschen; huofslac etc. übergang in die med. zeigt auch Wolframs frebel f. frevel (oben s. 333.). Allmäh- lig scheint sich gänzlich die erste asp. einzudrängen. -- c) auslautend gilt kein v, sondern verwandelt sich in die erste asp. f, völlig vergleichbar dem wechsel zwi- schen med. und ten. der in- und auslaute (s. 378.) Das ausl. f ist folglich doppelt, entw, die wahre erste asp. (wie in schif, schaf) oder die zweite vertretend (hof, huof, wolf). Jene bleibt inlautend f oder wird ff und pf; diese wird stets v. -- d) fremde wörter mit f haben anlautend niemahls v, überall f, gleichviel welche voc. und cons. folgen, vgl. fier (einsilbig, franz. fier) franzois, failieren (faillir) etc.; daß sie inlautend f bewahren, versteht sich, vgl. jafite, jerafin; auch das fremde ph. wird beibehalten, nicht in pf. verändert, pharao, josaphat etc. eher in f. zumahl auslautend, josef. Das vom v. hingegen wird auslautend zu f, brief (breve); anlautend bald zu f, bald zu v, für ventaille stehet Parc. 11a 61c 62c 139a fintale (sintale ist versehen) Wilh. 2, 183a vintale; für venie (venia, nicht veneie; im 12. jahrh. venige:menige Maria 51. etc.) doch kein fenie (vgl. Parc. 116c 177b). Inlautend wird es stets zu v, vgl. aventiure, glaveie, avoi, pa- vilaun, raveine, sangeive, arneive etc. Mitunter schwan- *) Unverständlich ist mir slaven:schraven M. S. 2, 236b aber
der stumpfe reim beachtenswerth, wie 2, 72b neven: he- ven gleichfalls stumpf reimt; v konnte also kurzen voc. vor sich haben und galt inlautend nicht für asp. sondern zwischen med. und spirans schwebend. Daher der über- gang des v in b und seine dem b fast gleiche, schwer zu faßende aussprache. I. mittelhochdeutſche conſonanten. labiales. tend muß dieſe zweite aſp. durchaus v und nie f ge-ſchrieben werden, da grâven nicht auf ſlàfen reimt. Alte hſſ. gewähren auch haven, frevel, grâve, hoves, huoves, unſîvel (? infeſtus Wilh. 3, 399b caſſ.) zwîvel, chëver, ſchëver, wolves, colve (Wilh. 2, 177b) fünve, zwelve und wohl noch einige; es ſind ihrer nur we- nig dentſche *). Spätere hſſ. ſetzen f in welches auch allmählig die ausſprache neigte. heven (levare) iſt nur ausnahmsweiſe vorhanden (M. S. 2, 72b Lohengr. 62. 174.) die regel hat heben und enſeben; eben ſo ſteht in aber (iterum) nur die media. Bei folgendem t, z, ſ wird aber v zu f, als nëve, niftel; zwelve, zwelfte; fünve, fünfte, funfzic; hofs ſt. hoves, hoſſchen ſt. hoveſchen; huofſlac etc. übergang in die med. zeigt auch Wolframs frëbel f. frevel (oben ſ. 333.). Allmäh- lig ſcheint ſich gänzlich die erſte aſp. einzudrängen. — c) auslautend gilt kein v, ſondern verwandelt ſich in die erſte aſp. f, völlig vergleichbar dem wechſel zwi- ſchen med. und ten. der in- und auslaute (ſ. 378.) Das ausl. f iſt folglich doppelt, entw, die wahre erſte aſp. (wie in ſchif, ſchâf) oder die zweite vertretend (hof, huof, wolf). Jene bleibt inlautend f oder wird ff und pf; dieſe wird ſtets v. — d) fremde wörter mit f haben anlautend niemahls v, überall f, gleichviel welche voc. und conſ. folgen, vgl. fier (einſilbig, franz. fièr) franzois, failieren (faillir) etc.; daß ſie inlautend f bewahren, verſteht ſich, vgl. jàfìte, jêrafìn; auch das fremde ph. wird beibehalten, nicht in pf. verändert, phârâô, jôſaphàt etc. eher in f. zumahl auslautend, jôſêf. Das vom v. hingegen wird auslautend zu f, brief (breve); anlautend bald zu f, bald zu v, für ventaille ſtehet Parc. 11a 61c 62c 139a fintâle (ſintâle iſt verſehen) Wilh. 2, 183a vintâle; für venie (venia, nicht vênîe; im 12. jahrh. venige:menige Maria 51. etc.) doch kein fenie (vgl. Parc. 116c 177b). Inlautend wird es ſtets zu v, vgl. âventiure, glâvîe, âvoi, pâ- vilûn, râvîne, ſangîve, arnîve etc. Mitunter ſchwan- *) Unverſtändlich iſt mir ſlaven:ſchraven M. S. 2, 236b aber
der ſtumpfe reim beachtenswerth, wie 2, 72b neven: he- ven gleichfalls ſtumpf reimt; v konnte alſo kurzen voc. vor ſich haben und galt inlautend nicht für aſp. ſondern zwiſchen med. und ſpirans ſchwebend. Daher der über- gang des v in b und ſeine dem b faſt gleiche, ſchwer zu faßende ausſprache. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0426" n="400"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelhochdeutſche conſonanten. labiales.</hi></fw><lb/> tend muß dieſe zweite aſp. durchaus v und nie f ge-<lb/> ſchrieben werden, da grâven nicht auf ſlàfen reimt.<lb/> Alte hſſ. gewähren auch haven, frevel, grâve, hoves,<lb/> huoves, unſîvel (? infeſtus Wilh. 3, 399<hi rendition="#sup">b</hi> caſſ.) zwîvel,<lb/> chëver, ſchëver, wolves, colve (Wilh. 2, 177<hi rendition="#sup">b</hi>) fünve,<lb/> zwelve und wohl noch einige; es ſind ihrer nur we-<lb/> nig dentſche <note place="foot" n="*)">Unverſtändlich iſt mir ſlaven:ſchraven M. S. 2, 236<hi rendition="#sup">b</hi> aber<lb/> der ſtumpfe reim beachtenswerth, wie 2, 72<hi rendition="#sup">b</hi> neven: he-<lb/> ven gleichfalls ſtumpf reimt; v konnte alſo kurzen voc.<lb/> vor ſich haben und galt inlautend nicht für aſp. ſondern<lb/> zwiſchen med. und ſpirans ſchwebend. Daher der über-<lb/> gang des v in b und ſeine dem b faſt gleiche, ſchwer zu<lb/> faßende ausſprache.</note>. Spätere hſſ. ſetzen f in welches auch<lb/> allmählig die ausſprache neigte. heven (levare) iſt nur<lb/> ausnahmsweiſe vorhanden (M. S. 2, 72<hi rendition="#sup">b</hi> Lohengr. 62.<lb/> 174.) die regel hat heben und enſeben; eben ſo ſteht<lb/> in aber (iterum) nur die media. Bei folgendem t, z, ſ<lb/> wird aber v zu f, als nëve, niftel; zwelve, zwelfte;<lb/> fünve, fünfte, funfzic; hofs ſt. hoves, hoſſchen ſt.<lb/> hoveſchen; huofſlac etc. übergang in die med. zeigt<lb/> auch Wolframs frëbel f. frevel (oben ſ. 333.). Allmäh-<lb/> lig ſcheint ſich gänzlich die erſte aſp. einzudrängen. —<lb/> c) auslautend gilt kein v, ſondern verwandelt ſich in<lb/> die erſte aſp. f, völlig vergleichbar dem wechſel zwi-<lb/> ſchen med. und ten. der in- und auslaute (ſ. 378.)<lb/> Das ausl. f iſt folglich doppelt, entw, die wahre erſte<lb/> aſp. (wie in ſchif, ſchâf) oder die zweite vertretend<lb/> (hof, huof, wolf). Jene bleibt inlautend f oder wird<lb/> ff und pf; dieſe wird ſtets v. — d) fremde wörter mit<lb/> f haben anlautend niemahls v, überall f, gleichviel<lb/> welche voc. und conſ. folgen, vgl. fier (einſilbig, franz.<lb/> fièr) franzois, failieren (faillir) etc.; daß ſie inlautend<lb/> f bewahren, verſteht ſich, vgl. jàfìte, jêrafìn; auch das<lb/> fremde ph. wird beibehalten, nicht in pf. verändert,<lb/> phârâô, jôſaphàt etc. eher in f. zumahl auslautend,<lb/> jôſêf. Das vom v. hingegen wird auslautend zu f,<lb/> brief (breve); anlautend bald zu f, bald zu v, für<lb/> ventaille ſtehet Parc. 11<hi rendition="#sup">a</hi> 61<hi rendition="#sup">c</hi> 62<hi rendition="#sup">c</hi> 139<hi rendition="#sup">a</hi> fintâle (ſintâle<lb/> iſt verſehen) Wilh. 2, 183<hi rendition="#sup">a</hi> vintâle; für venie (venia,<lb/> nicht vênîe; im 12. jahrh. venige:menige Maria 51. etc.)<lb/> doch kein fenie (vgl. Parc. 116<hi rendition="#sup">c</hi> 177<hi rendition="#sup">b</hi>). Inlautend<lb/> wird es ſtets zu v, vgl. âventiure, glâvîe, âvoi, pâ-<lb/> vilûn, râvîne, ſangîve, arnîve etc. Mitunter ſchwan-<lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [400/0426]
I. mittelhochdeutſche conſonanten. labiales.
tend muß dieſe zweite aſp. durchaus v und nie f ge-
ſchrieben werden, da grâven nicht auf ſlàfen reimt.
Alte hſſ. gewähren auch haven, frevel, grâve, hoves,
huoves, unſîvel (? infeſtus Wilh. 3, 399b caſſ.) zwîvel,
chëver, ſchëver, wolves, colve (Wilh. 2, 177b) fünve,
zwelve und wohl noch einige; es ſind ihrer nur we-
nig dentſche *). Spätere hſſ. ſetzen f in welches auch
allmählig die ausſprache neigte. heven (levare) iſt nur
ausnahmsweiſe vorhanden (M. S. 2, 72b Lohengr. 62.
174.) die regel hat heben und enſeben; eben ſo ſteht
in aber (iterum) nur die media. Bei folgendem t, z, ſ
wird aber v zu f, als nëve, niftel; zwelve, zwelfte;
fünve, fünfte, funfzic; hofs ſt. hoves, hoſſchen ſt.
hoveſchen; huofſlac etc. übergang in die med. zeigt
auch Wolframs frëbel f. frevel (oben ſ. 333.). Allmäh-
lig ſcheint ſich gänzlich die erſte aſp. einzudrängen. —
c) auslautend gilt kein v, ſondern verwandelt ſich in
die erſte aſp. f, völlig vergleichbar dem wechſel zwi-
ſchen med. und ten. der in- und auslaute (ſ. 378.)
Das ausl. f iſt folglich doppelt, entw, die wahre erſte
aſp. (wie in ſchif, ſchâf) oder die zweite vertretend
(hof, huof, wolf). Jene bleibt inlautend f oder wird
ff und pf; dieſe wird ſtets v. — d) fremde wörter mit
f haben anlautend niemahls v, überall f, gleichviel
welche voc. und conſ. folgen, vgl. fier (einſilbig, franz.
fièr) franzois, failieren (faillir) etc.; daß ſie inlautend
f bewahren, verſteht ſich, vgl. jàfìte, jêrafìn; auch das
fremde ph. wird beibehalten, nicht in pf. verändert,
phârâô, jôſaphàt etc. eher in f. zumahl auslautend,
jôſêf. Das vom v. hingegen wird auslautend zu f,
brief (breve); anlautend bald zu f, bald zu v, für
ventaille ſtehet Parc. 11a 61c 62c 139a fintâle (ſintâle
iſt verſehen) Wilh. 2, 183a vintâle; für venie (venia,
nicht vênîe; im 12. jahrh. venige:menige Maria 51. etc.)
doch kein fenie (vgl. Parc. 116c 177b). Inlautend
wird es ſtets zu v, vgl. âventiure, glâvîe, âvoi, pâ-
vilûn, râvîne, ſangîve, arnîve etc. Mitunter ſchwan-
*) Unverſtändlich iſt mir ſlaven:ſchraven M. S. 2, 236b aber
der ſtumpfe reim beachtenswerth, wie 2, 72b neven: he-
ven gleichfalls ſtumpf reimt; v konnte alſo kurzen voc.
vor ſich haben und galt inlautend nicht für aſp. ſondern
zwiſchen med. und ſpirans ſchwebend. Daher der über-
gang des v in b und ſeine dem b faſt gleiche, ſchwer zu
faßende ausſprache.
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