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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. gutturales.
das befragte ch in beziehung zum h stehe. Freilich
bietet die fränk. mundart ch für h dar, allein die Rö-
mer vermischen es nie mit dem h in hermunduri,
herminones, hercynius etc. man müste denn Ammians
hariobaudes mit obigem khario- und cario- verbinden
wollen *), und die der identität des namens chatti
und hassi sonst entgegenstehenden schwierigkeiten
übersehen.
3) alth. urkunden wechseln mit c (oder k) und ch in
denselben namen, vgl. Neug. v. cadaloh und chada-
loh (chaddo in conc. cabilonense, chadbedo im conv.
clipiac); n° 21. (vom jahr 757) zeigt, daß chambiß
aus campiduna wurde. Bei Greg. tur. finde ich die
organische ten. ausgedrückt in cariulfus (7, 37.) wo-
neben charegisilus 4, 51, charibertus 4, 3, charimer 9, 23;
in andern hat er das fränk. ch fur h (wovon unten).
4) bei dem lippen- und zungenlaut erhielt sich die alte
ten. in den verbindungen sp. st, ht, st, tr; auf gleiche
weise sk, doch mit frühen übergängen in sch, wovon
vorhin (s. 173.) bei dem s gehandelt worden ist. -- Aber in
der gemination cch (= kk) darf das erste c für einen
gleichsam nothwendigen überrest der alten ten. gelten,
da chch so unmöglich wäre, wie phph und tsts; pph
(pf) und tts (tz) hingegen eintreten.
5) überhaupt hat sich die asp. ch keinen so durchgrei-
fenden eingang zu verschaffen gewust, als z und ph.
Zwar im in- und auslaut ist das organ. k fast überall
verdrängt worden, aber aus dem anlaut nur in den
strengalth. quellen (namentlich K. und N.) welche k
statt der med. g gebrauchen. Die meisten übrigen be-
halten g in der media und das alte k im anlaut, ja dies
hat sich im mittelh. und als regel festgesetzt, welches
der consequenz der lautvertheilung beträchtlich scha-
det. Denn neben den anlauten f und z steht nun
ganz unrichtig k (statt ch), während im in- und aus-
laut (gewöhnlich) ch gelaßen wird. So lernt man
begreifen, wie das nämliche k im goth. kann, kniu,
*) Dies veranlaßte mich oben s. 87. cherusci mit har zu ver-
gleichen; ich hohle hier nach, daß Dio nicht wie Strabo
kherouskoi, sondern kheromskoi (Reim. 770. kherouskia, al. kheirouskia)
schreibt (auch in Morellis fragment) welches meine cou-
jectur nicht, vielmehr Claudians correption des che- be-
günstigt.
M 2
I. althochdeutſche conſonanten. gutturales.
das befragte ch in beziehung zum h ſtehe. Freilich
bietet die fränk. mundart ch für h dar, allein die Rö-
mer vermiſchen es nie mit dem h in hermunduri,
herminones, hercynius etc. man müſte denn Ammians
hariobaudes mit obigem χαριο- und cario- verbinden
wollen *), und die der identität des namens chatti
und haſſi ſonſt entgegenſtehenden ſchwierigkeiten
überſehen.
3) alth. urkunden wechſeln mit c (oder k) und ch in
denſelben namen, vgl. Neug. v. cadalôh und chada-
lôh (chaddo in conc. cabilonenſe, chadbedo im conv.
clipiac); n° 21. (vom jahr 757) zeigt, daß chambiƷ
aus campiduna wurde. Bei Greg. tur. finde ich die
organiſche ten. ausgedrückt in cariulfus (7, 37.) wo-
neben charegiſilus 4, 51, charibertus 4, 3, charimer 9, 23;
in andern hat er das fränk. ch fur h (wovon unten).
4) bei dem lippen- und zungenlaut erhielt ſich die alte
ten. in den verbindungen ſp. ſt, ht, ſt, tr; auf gleiche
weiſe ſk, doch mit frühen übergängen in ſch, wovon
vorhin (ſ. 173.) bei dem ſ gehandelt worden iſt. — Aber in
der gemination cch (= kk) darf das erſte c für einen
gleichſam nothwendigen überreſt der alten ten. gelten,
da chch ſo unmöglich wäre, wie phph und tſtſ; pph
(pf) und ttſ (tz) hingegen eintreten.
5) überhaupt hat ſich die aſp. ch keinen ſo durchgrei-
fenden eingang zu verſchaffen gewuſt, als z und ph.
Zwar im in- und auslaut iſt das organ. k faſt überall
verdrängt worden, aber aus dem anlaut nur in den
ſtrengalth. quellen (namentlich K. und N.) welche k
ſtatt der med. g gebrauchen. Die meiſten übrigen be-
halten g in der media und das alte k im anlaut, ja dies
hat ſich im mittelh. und als regel feſtgeſetzt, welches
der conſequenz der lautvertheilung beträchtlich ſcha-
det. Denn neben den anlauten f und z ſteht nun
ganz unrichtig k (ſtatt ch), während im in- und aus-
laut (gewöhnlich) ch gelaßen wird. So lernt man
begreifen, wie das nämliche k im goth. kann, kniu,
*) Dies veranlaßte mich oben ſ. 87. chêruſci mit hâr zu ver-
gleichen; ich hohle hier nach, daß Dio nicht wie Strabo
χηρουσκοι, ſondern χερομσκοι (Reim. 770. χερουσκία, al. χειρουσκία)
ſchreibt (auch in Morellis fragment) welches meine cou-
jectur nicht, vielmehr Claudianſ correption des che- be-
günſtigt.
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[179/0205] I. althochdeutſche conſonanten. gutturales. das befragte ch in beziehung zum h ſtehe. Freilich bietet die fränk. mundart ch für h dar, allein die Rö- mer vermiſchen es nie mit dem h in hermunduri, herminones, hercynius etc. man müſte denn Ammians hariobaudes mit obigem χαριο- und cario- verbinden wollen *), und die der identität des namens chatti und haſſi ſonſt entgegenſtehenden ſchwierigkeiten überſehen. 3) alth. urkunden wechſeln mit c (oder k) und ch in denſelben namen, vgl. Neug. v. cadalôh und chada- lôh (chaddo in conc. cabilonenſe, chadbedo im conv. clipiac); n° 21. (vom jahr 757) zeigt, daß chambiƷ aus campiduna wurde. Bei Greg. tur. finde ich die organiſche ten. ausgedrückt in cariulfus (7, 37.) wo- neben charegiſilus 4, 51, charibertus 4, 3, charimer 9, 23; in andern hat er das fränk. ch fur h (wovon unten). 4) bei dem lippen- und zungenlaut erhielt ſich die alte ten. in den verbindungen ſp. ſt, ht, ſt, tr; auf gleiche weiſe ſk, doch mit frühen übergängen in ſch, wovon vorhin (ſ. 173.) bei dem ſ gehandelt worden iſt. — Aber in der gemination cch (= kk) darf das erſte c für einen gleichſam nothwendigen überreſt der alten ten. gelten, da chch ſo unmöglich wäre, wie phph und tſtſ; pph (pf) und ttſ (tz) hingegen eintreten. 5) überhaupt hat ſich die aſp. ch keinen ſo durchgrei- fenden eingang zu verſchaffen gewuſt, als z und ph. Zwar im in- und auslaut iſt das organ. k faſt überall verdrängt worden, aber aus dem anlaut nur in den ſtrengalth. quellen (namentlich K. und N.) welche k ſtatt der med. g gebrauchen. Die meiſten übrigen be- halten g in der media und das alte k im anlaut, ja dies hat ſich im mittelh. und als regel feſtgeſetzt, welches der conſequenz der lautvertheilung beträchtlich ſcha- det. Denn neben den anlauten f und z ſteht nun ganz unrichtig k (ſtatt ch), während im in- und aus- laut (gewöhnlich) ch gelaßen wird. So lernt man begreifen, wie das nämliche k im goth. kann, kniu, *) Dies veranlaßte mich oben ſ. 87. chêruſci mit hâr zu ver- gleichen; ich hohle hier nach, daß Dio nicht wie Strabo χηρουσκοι, ſondern χερομσκοι (Reim. 770. χερουσκία, al. χειρουσκία) ſchreibt (auch in Morellis fragment) welches meine cou- jectur nicht, vielmehr Claudianſ correption des che- be- günſtigt. M 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/205>, abgerufen am 23.11.2024.