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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. vom insinitiv.
vor: blasende Nib. 3796. slafende M. S. 2, 183b unwiß-
ßende Parc. 60b 184a al-weinende Parc. 188c (also auch
185c 185a). -- Il. das adverbium part. praet. ist noch
seltner, wird auch nur vom part. starker und nicht
schw. conj. gebildet: chiholono (ass. st. chiholano) J.
365; offono, offano (insofern offan für das übrige part.
eines verlorenen verb. gelten kann); vergebeno N. 36,
21. 43, 18; mittelh. verholne a. Tit. 152. vergebene
Parc. 107b Flore 74a troj. 70a 89b Friged. 50. -- Bemer-
kenswerth setzt die neuh. sprache beiderlei adverbien
in den genitiv um und sagt: eilends, zusehends. schwei-
gends, und vergebens [das isländ. forgefins, schwed.
forgäfves, dän. forgiäves sind aus dem hochd. geborgt].



Vom infinitiv und seiner declination.

Daß die gewöhnliche flexion des inf. -an laute, im
fries. nordischen, englischen (im hochd. nur mundar-
tisch) das n abfalle, wurde s. 910. 912. 931. 994. 998. gelehrt
Liegt in dieser flexion ein ursprünglicher accusativ, so
hält sie wenigstens mit den übrigen formen des acc.
nicht durchgängig schritt; zwar der alth. acc. mase.
stimmt zu dem -an, doch der goth. und augels. acc.
-ana, -ne fügt einen weitern voc. zu und der altn. ca-
sus behauptet das im inf. apocopierte -n.

Der deutsche inf. hat die bedeutung der gegenwart,
nicht der vergangenheit, er kommt daher auch mit der
form des praes. überein: a) in starker form zeigt er we-
der redupl. noch ablaut, ausnahmsweise haben ablaut
die inf. zweiter anomalie. b) in schwacher conj. schiebt
er nie d oder t ein. g) bei dem unterschied, welchen
einige starke conj. zwischen voc. des sg. und pl. praes.
ind. machen, gebührt dem inf. stets der abgeschwächte
voc. des plur. (oder des praes. conj. überhaupt), nicht
der voc. des sg. praes. und namentlich der II. III. sg;
also alth. chiosan, kepan, helan, [st]rpan, nicht chiusan,
kipan, hilan, stirpan etc. Ganz irrig setzen einige neuh.
quillen (scatere) erlischen (extingui) st. quellen, erlöschen;
bloß II. III. praes. ind. kann hier den intrans. begriff
quillt, lischt vom trans. löscht (extinguit) sondern; und
wer möchte ein schmilzen (liquefieri) von schmelzen
(liquefacere) zu scheiden wagen, da selbst kein brinnen
(ardere), vielmehr nur brennen (für ardere und combu-
rere) zuläßig ist.


II. vom inſinitiv.
vor: blâſende Nib. 3796. ſlâfende M. S. 2, 183b unwiƷ-
Ʒende Parc. 60b 184a al-weinende Parc. 188c (alſo auch
185c 185a). — Il. das adverbium part. praet. iſt noch
ſeltner, wird auch nur vom part. ſtarker und nicht
ſchw. conj. gebildet: chiholono (aſſ. ſt. chiholano) J.
365; offono, offano (inſofern offan für das übrige part.
eines verlorenen verb. gelten kann); vergëbeno N. 36,
21. 43, 18; mittelh. verholne a. Tit. 152. vergëbene
Parc. 107b Flore 74a troj. 70a 89b Friged. 50. — Bemer-
kenswerth ſetzt die neuh. ſprache beiderlei adverbien
in den genitiv um und ſagt: eilends, zuſêhends. ſchwei-
gends, und vergêbens [das iſländ. forgëfins, ſchwed.
forgäfves, dän. forgiäves ſind aus dem hochd. geborgt].



Vom infinitiv und ſeiner declination.

Daß die gewöhnliche flexion des inf. -an laute, im
frieſ. nordiſchen, engliſchen (im hochd. nur mundar-
tiſch) das n abfalle, wurde ſ. 910. 912. 931. 994. 998. gelehrt
Liegt in dieſer flexion ein urſprünglicher accuſativ, ſo
hält ſie wenigſtens mit den übrigen formen des acc.
nicht durchgängig ſchritt; zwar der alth. acc. maſe.
ſtimmt zu dem -an, doch der goth. und augelſ. acc.
-ana, -ne fügt einen weitern voc. zu und der altn. ca-
ſus behauptet das im inf. apocopierte -n.

Der deutſche inf. hat die bedeutung der gegenwart,
nicht der vergangenheit, er kommt daher auch mit der
form des praeſ. überein: α) in ſtarker form zeigt er we-
der redupl. noch ablaut, ausnahmsweiſe haben ablaut
die inf. zweiter anomalie. β) in ſchwacher conj. ſchiebt
er nie d oder t ein. γ) bei dem unterſchied, welchen
einige ſtarke conj. zwiſchen voc. des ſg. und pl. praeſ.
ind. machen, gebührt dem inf. ſtets der abgeſchwächte
voc. des plur. (oder des praeſ. conj. überhaupt), nicht
der voc. des ſg. praeſ. und namentlich der II. III. ſg;
alſo alth. chioſan, këpan, hëlan, [ſt]rpan, nicht chiuſan,
kipan, hilan, ſtirpan etc. Ganz irrig ſetzen einige neuh.
quillen (ſcatere) erliſchen (extingui) ſt. quellen, erlöſchen;
bloß II. III. praeſ. ind. kann hier den intranſ. begriff
quillt, liſcht vom tranſ. löſcht (extinguit) ſondern; und
wer möchte ein ſchmilzen (liquefieri) von ſchmelzen
(liquefacere) zu ſcheiden wagen, da ſelbſt kein brinnen
(ardere), vielmehr nur brennen (für ardere und combu-
rere) zuläßig iſt.


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[1020/1046] II. vom inſinitiv. vor: blâſende Nib. 3796. ſlâfende M. S. 2, 183b unwiƷ- Ʒende Parc. 60b 184a al-weinende Parc. 188c (alſo auch 185c 185a). — Il. das adverbium part. praet. iſt noch ſeltner, wird auch nur vom part. ſtarker und nicht ſchw. conj. gebildet: chiholono (aſſ. ſt. chiholano) J. 365; offono, offano (inſofern offan für das übrige part. eines verlorenen verb. gelten kann); vergëbeno N. 36, 21. 43, 18; mittelh. verholne a. Tit. 152. vergëbene Parc. 107b Flore 74a troj. 70a 89b Friged. 50. — Bemer- kenswerth ſetzt die neuh. ſprache beiderlei adverbien in den genitiv um und ſagt: eilends, zuſêhends. ſchwei- gends, und vergêbens [das iſländ. forgëfins, ſchwed. forgäfves, dän. forgiäves ſind aus dem hochd. geborgt]. Vom infinitiv und ſeiner declination. Daß die gewöhnliche flexion des inf. -an laute, im frieſ. nordiſchen, engliſchen (im hochd. nur mundar- tiſch) das n abfalle, wurde ſ. 910. 912. 931. 994. 998. gelehrt Liegt in dieſer flexion ein urſprünglicher accuſativ, ſo hält ſie wenigſtens mit den übrigen formen des acc. nicht durchgängig ſchritt; zwar der alth. acc. maſe. ſtimmt zu dem -an, doch der goth. und augelſ. acc. -ana, -ne fügt einen weitern voc. zu und der altn. ca- ſus behauptet das im inf. apocopierte -n. Der deutſche inf. hat die bedeutung der gegenwart, nicht der vergangenheit, er kommt daher auch mit der form des praeſ. überein: α) in ſtarker form zeigt er we- der redupl. noch ablaut, ausnahmsweiſe haben ablaut die inf. zweiter anomalie. β) in ſchwacher conj. ſchiebt er nie d oder t ein. γ) bei dem unterſchied, welchen einige ſtarke conj. zwiſchen voc. des ſg. und pl. praeſ. ind. machen, gebührt dem inf. ſtets der abgeſchwächte voc. des plur. (oder des praeſ. conj. überhaupt), nicht der voc. des ſg. praeſ. und namentlich der II. III. ſg; alſo alth. chioſan, këpan, hëlan, ſtrpan, nicht chiuſan, kipan, hilan, ſtirpan etc. Ganz irrig ſetzen einige neuh. quillen (ſcatere) erliſchen (extingui) ſt. quellen, erlöſchen; bloß II. III. praeſ. ind. kann hier den intranſ. begriff quillt, liſcht vom tranſ. löſcht (extinguit) ſondern; und wer möchte ein ſchmilzen (liquefieri) von ſchmelzen (liquefacere) zu ſcheiden wagen, da ſelbſt kein brinnen (ardere), vielmehr nur brennen (für ardere und combu- rere) zuläßig iſt.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 1020. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/1046>, abgerufen am 24.11.2024.