Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819. Phaon. Was kannst du sagen, holde Zauberinn, Das man für wahr nicht hielte, da du's sagst? Sappho. Laß uns denn trachten, mein geliebter Freund, Uns beyder Kränze um die Stirn zu flechten, Das Leben aus der Künste Taumelkelch, Die Kunst zu schlürfen aus der Hand des Lebens. Sieh diese Gegend, die der Erde halb Und halb den Fluren, die die Lethe küßt, An einfach stillem Reiz scheint zu gehören, In diesen Grotten, diesen Rosenbüschen, In dieser Säulen freundlichen Umgebung, Hier wollen wir, gleich den Unsterblichen, Für die kein Hunger ist und keine Sättigung, Nur des Genusses ewig gleiche Lust, Des schönen Daseyns uns vereint erfreun. Was mein ist, ist auch dein. Wenn du's gebrauchst, So machst du erst, daß der Besitz mich freut. Sieh um dich her, du stehst in deinem Hause! Den Dienern zeig' ich dich als ihren Herrn, Der Herrinn Beyspiel wird sie dienen lehren. Heraus ihr Mädchen! Sklaven! Hieher! Phaon. Sappho! Wie kann ich so viel Güte je bezahlen? Stets wachsend fast erdrückt mich meine Schuld! Phaon. Was kannſt du ſagen, holde Zauberinn, Das man für wahr nicht hielte, da du's ſagſt? Sappho. Laß uns denn trachten, mein geliebter Freund, Uns beyder Kränze um die Stirn zu flechten, Das Leben aus der Künſte Taumelkelch, Die Kunſt zu ſchlürfen aus der Hand des Lebens. Sieh dieſe Gegend, die der Erde halb Und halb den Fluren, die die Lethe küßt, An einfach ſtillem Reiz ſcheint zu gehören, In dieſen Grotten, dieſen Roſenbüſchen, In dieſer Säulen freundlichen Umgebung, Hier wollen wir, gleich den Unſterblichen, Für die kein Hunger iſt und keine Sättigung, Nur des Genuſſes ewig gleiche Luſt, Des ſchönen Daſeyns uns vereint erfreun. Was mein iſt, iſt auch dein. Wenn du's gebrauchſt, So machſt du erſt, daß der Beſitz mich freut. Sieh um dich her, du ſtehſt in deinem Hauſe! Den Dienern zeig' ich dich als ihren Herrn, Der Herrinn Beyſpiel wird ſie dienen lehren. Heraus ihr Mädchen! Sklaven! Hieher! Phaon. Sappho! Wie kann ich ſo viel Güte je bezahlen? Stets wachſend faſt erdrückt mich meine Schuld! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0027" n="17"/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Was kannſt du ſagen, holde Zauberinn,<lb/> Das man für wahr nicht hielte, da du's ſagſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#SAP"> <speaker><hi rendition="#g">Sappho</hi>.</speaker><lb/> <p>Laß uns denn trachten, mein geliebter Freund,<lb/> Uns <hi rendition="#g">beyder</hi> Kränze um die Stirn zu flechten,<lb/> Das Leben aus der Künſte Taumelkelch,<lb/> Die Kunſt zu ſchlürfen aus der Hand des Lebens.<lb/> Sieh dieſe Gegend, die der Erde halb<lb/> Und halb den Fluren, die die Lethe küßt,<lb/> An einfach ſtillem Reiz ſcheint zu gehören,<lb/> In dieſen Grotten, dieſen Roſenbüſchen,<lb/> In dieſer Säulen freundlichen Umgebung,<lb/> Hier wollen wir, gleich den Unſterblichen,<lb/> Für die kein Hunger iſt und keine Sättigung,<lb/> Nur des Genuſſes ewig gleiche Luſt,<lb/> Des ſchönen Daſeyns uns vereint erfreun.<lb/> Was mein iſt, iſt auch dein. Wenn du's gebrauchſt,<lb/> So machſt du erſt, daß der Beſitz mich freut.<lb/> Sieh um dich her, du ſtehſt in deinem Hauſe!<lb/> Den Dienern zeig' ich dich als ihren Herrn,<lb/> Der Herrinn Beyſpiel wird ſie dienen lehren.<lb/> Heraus ihr Mädchen! Sklaven! Hieher!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Sappho!<lb/> Wie kann ich ſo viel Güte je bezahlen?<lb/> Stets wachſend faſt erdrückt mich meine Schuld!</p> </sp> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [17/0027]
Phaon.
Was kannſt du ſagen, holde Zauberinn,
Das man für wahr nicht hielte, da du's ſagſt?
Sappho.
Laß uns denn trachten, mein geliebter Freund,
Uns beyder Kränze um die Stirn zu flechten,
Das Leben aus der Künſte Taumelkelch,
Die Kunſt zu ſchlürfen aus der Hand des Lebens.
Sieh dieſe Gegend, die der Erde halb
Und halb den Fluren, die die Lethe küßt,
An einfach ſtillem Reiz ſcheint zu gehören,
In dieſen Grotten, dieſen Roſenbüſchen,
In dieſer Säulen freundlichen Umgebung,
Hier wollen wir, gleich den Unſterblichen,
Für die kein Hunger iſt und keine Sättigung,
Nur des Genuſſes ewig gleiche Luſt,
Des ſchönen Daſeyns uns vereint erfreun.
Was mein iſt, iſt auch dein. Wenn du's gebrauchſt,
So machſt du erſt, daß der Beſitz mich freut.
Sieh um dich her, du ſtehſt in deinem Hauſe!
Den Dienern zeig' ich dich als ihren Herrn,
Der Herrinn Beyſpiel wird ſie dienen lehren.
Heraus ihr Mädchen! Sklaven! Hieher!
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Sappho!
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