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Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.

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Fest halt' ich diese, lachend ihres Zorns,
Sie selbst und ihre Drohungen verachtend! --
Rhamnes.
Verachten? Sappho'n? Und wer bist du denn,
Daß du dein Wort magst in die Schale legen,
In der die Menschheit ihre Ersten wiegt?
Zu sprechen wagst, wo Griechenland gesprochen?
Blödsicht'ger, frevler Thor, dünkt sie dir werth-
los,
Weil ohne Maßstab du für ihren Werth?
Nennst du das Kleinod blind, weil es dein Auge?
Daß sie dich liebte, daß sie aus dem Staub
Die undankbare Schlange zu sich hob,
Die nun mit gift'gem Zahn ihr Herz zerfleischt;
Daß ihren Reichthum sie an dich vergeudet,
Der keinen Sinn für solcher Schätze Werth,
Das ist der einz'ge Fleck in ihrem Leben
Und keines andern zeiht sie selbst der Neid. --
Sprich nicht! -- Selbst dieser Trotz, in dem du nun
Dich auflehnst wider sie, er ist nicht dein!
Wie hättest du aus deiner Niedrigkeit,
Von den Vergess'nen der Vergessenste,
Gewagt zu murren wider Hellas Kleinod?
Daß sie dich angeblickt, gab dir den Stolz,
Mit dem du nun auf sie hernieder siehst.
Phaon.
Der Dichtung Ruhm nicht mag ich ihr bestreiten. --

Feſt halt' ich dieſe, lachend ihres Zorns,
Sie ſelbſt und ihre Drohungen verachtend! —
Rhamnes.
Verachten? Sappho'n? Und wer biſt du denn,
Daß du dein Wort magſt in die Schale legen,
In der die Menſchheit ihre Erſten wiegt?
Zu ſprechen wagſt, wo Griechenland geſprochen?
Blödſicht'ger, frevler Thor, dünkt ſie dir werth-
los,
Weil ohne Maßſtab du für ihren Werth?
Nennſt du das Kleinod blind, weil es dein Auge?
Daß ſie dich liebte, daß ſie aus dem Staub
Die undankbare Schlange zu ſich hob,
Die nun mit gift'gem Zahn ihr Herz zerfleiſcht;
Daß ihren Reichthum ſie an dich vergeudet,
Der keinen Sinn für ſolcher Schätze Werth,
Das iſt der einz'ge Fleck in ihrem Leben
Und keines andern zeiht ſie ſelbſt der Neid. —
Sprich nicht! — Selbſt dieſer Trotz, in dem du nun
Dich auflehnſt wider ſie, er iſt nicht dein!
Wie hätteſt du aus deiner Niedrigkeit,
Von den Vergeſſ'nen der Vergeſſenſte,
Gewagt zu murren wider Hellas Kleinod?
Daß ſie dich angeblickt, gab dir den Stolz,
Mit dem du nun auf ſie hernieder ſiehſt.
Phaon.
Der Dichtung Ruhm nicht mag ich ihr beſtreiten. —

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[115/0125] Feſt halt' ich dieſe, lachend ihres Zorns, Sie ſelbſt und ihre Drohungen verachtend! — Rhamnes. Verachten? Sappho'n? Und wer biſt du denn, Daß du dein Wort magſt in die Schale legen, In der die Menſchheit ihre Erſten wiegt? Zu ſprechen wagſt, wo Griechenland geſprochen? Blödſicht'ger, frevler Thor, dünkt ſie dir werth- los, Weil ohne Maßſtab du für ihren Werth? Nennſt du das Kleinod blind, weil es dein Auge? Daß ſie dich liebte, daß ſie aus dem Staub Die undankbare Schlange zu ſich hob, Die nun mit gift'gem Zahn ihr Herz zerfleiſcht; Daß ihren Reichthum ſie an dich vergeudet, Der keinen Sinn für ſolcher Schätze Werth, Das iſt der einz'ge Fleck in ihrem Leben Und keines andern zeiht ſie ſelbſt der Neid. — Sprich nicht! — Selbſt dieſer Trotz, in dem du nun Dich auflehnſt wider ſie, er iſt nicht dein! Wie hätteſt du aus deiner Niedrigkeit, Von den Vergeſſ'nen der Vergeſſenſte, Gewagt zu murren wider Hellas Kleinod? Daß ſie dich angeblickt, gab dir den Stolz, Mit dem du nun auf ſie hernieder ſiehſt. Phaon. Der Dichtung Ruhm nicht mag ich ihr beſtreiten. —

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/125>, abgerufen am 25.11.2024.