Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.
Zu neuer Glut fachst du die Flammen an! Hier setze dich auf diesen Rasensitz, Hier, wo dein mildes, himmelklares Auge Zum erstenmahle mir entgegen glänzte, Und wie des Tages goldner Morgenstrahl Des Schlafes düst're Bande von mir löste, In den mich jene Zauberinn gesungen; Hier, wo die Lieb' ihr holdes Werk begann, Auf dieser Stelle sey es auch vollendet! Sprecht! wo ist Sappho? Melitta. Phaon, ruf' sie nicht! Phaon. Sey ruhig! Bin ich nicht ein freyer Mann? Wer gab das Recht ihr, meinen Schritt zu hemmen? Noch Richterstühle gibt's in Griechenland, Mit Schrecken soll die Stolze das erfahren. Zu Sappho hin! Ein Landmann. Du bleibst! Phaon. Wer hält mich? Wer? Landmann. Wir alle hier! Phaon. Ich bin ein freyer Mann. Landmann. Du warst's, jetzt bist der Strafe du verfallen.
Zu neuer Glut fachſt du die Flammen an! Hier ſetze dich auf dieſen Raſenſitz, Hier, wo dein mildes, himmelklares Auge Zum erſtenmahle mir entgegen glänzte, Und wie des Tages goldner Morgenſtrahl Des Schlafes düſt're Bande von mir löſte, In den mich jene Zauberinn geſungen; Hier, wo die Lieb' ihr holdes Werk begann, Auf dieſer Stelle ſey es auch vollendet! Sprecht! wo iſt Sappho? Melitta. Phaon, ruf' ſie nicht! Phaon. Sey ruhig! Bin ich nicht ein freyer Mann? Wer gab das Recht ihr, meinen Schritt zu hemmen? Noch Richterſtühle gibt's in Griechenland, Mit Schrecken ſoll die Stolze das erfahren. Zu Sappho hin! Ein Landmann. Du bleibſt! Phaon. Wer hält mich? Wer? Landmann. Wir alle hier! Phaon. Ich bin ein freyer Mann. Landmann. Du warſt's, jetzt biſt der Strafe du verfallen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PHA"> <p><pb facs="#f0114" n="104"/> Zu neuer Glut fachſt du die Flammen an!<lb/> Hier ſetze dich auf dieſen Raſenſitz,<lb/> Hier, wo dein mildes, himmelklares Auge<lb/> Zum erſtenmahle mir entgegen glänzte,<lb/> Und wie des Tages goldner Morgenſtrahl<lb/> Des Schlafes düſt're Bande von mir löſte,<lb/> In den mich jene Zauberinn geſungen;<lb/> Hier, wo die Lieb' ihr holdes Werk begann,<lb/> Auf dieſer Stelle ſey es auch vollendet!<lb/> Sprecht! wo iſt Sappho?</p> </sp><lb/> <sp who="#MEL"> <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/> <p>Phaon, ruf' ſie nicht!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Sey ruhig! Bin ich nicht ein freyer Mann?<lb/> Wer gab das Recht ihr, meinen Schritt zu hemmen?<lb/> Noch Richterſtühle gibt's in Griechenland,<lb/> Mit Schrecken ſoll die Stolze das erfahren.<lb/> Zu Sappho hin!</p> </sp><lb/> <sp who="#LANDM"> <speaker><hi rendition="#g">Ein Landmann</hi>.</speaker><lb/> <p>Du bleibſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer hält mich? Wer?</p> </sp><lb/> <sp who="#LANDM"> <speaker><hi rendition="#g">Landmann</hi>.</speaker><lb/> <p>Wir alle hier!</p> </sp><lb/> <sp who="#PHA"> <speaker><hi rendition="#g">Phaon</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich bin ein freyer Mann.</p> </sp><lb/> <sp who="#LANDM"> <speaker><hi rendition="#g">Landmann</hi>.</speaker><lb/> <p>Du warſt's, jetzt biſt der Strafe du verfallen.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0114]
Zu neuer Glut fachſt du die Flammen an!
Hier ſetze dich auf dieſen Raſenſitz,
Hier, wo dein mildes, himmelklares Auge
Zum erſtenmahle mir entgegen glänzte,
Und wie des Tages goldner Morgenſtrahl
Des Schlafes düſt're Bande von mir löſte,
In den mich jene Zauberinn geſungen;
Hier, wo die Lieb' ihr holdes Werk begann,
Auf dieſer Stelle ſey es auch vollendet!
Sprecht! wo iſt Sappho?
Melitta.
Phaon, ruf' ſie nicht!
Phaon.
Sey ruhig! Bin ich nicht ein freyer Mann?
Wer gab das Recht ihr, meinen Schritt zu hemmen?
Noch Richterſtühle gibt's in Griechenland,
Mit Schrecken ſoll die Stolze das erfahren.
Zu Sappho hin!
Ein Landmann.
Du bleibſt!
Phaon.
Wer hält mich? Wer?
Landmann.
Wir alle hier!
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Ich bin ein freyer Mann.
Landmann.
Du warſt's, jetzt biſt der Strafe du verfallen.
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Zitationshilfe: | Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/114>, abgerufen am 16.02.2025. |