Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830. Königin (zum Arzt). Eu'r Kranker, Herr, ist toll, und gegen, Tollheit Gibt es ein einzig Mittel nur: Vernunft. Er mag sich selber heilen. Sag't ihm das! Wie auch, daß er nicht hoffe, mich zu seh'n, Bis er zu mir kommt, selbst, als ein Genes'ner. Arzt. Doch wollet mich auch für entschuldigt halten, Wenn endlich doch Gefahr -- Königin. Gefahr! Gefahr! Es ist nicht noth, daß gar so Viele leben; Die Erde trägt unnütze Last genug. Wer sich Nothwendigem nicht fügen kann, Mag sterben, wär's mein Bruder, wär' ich's selbst. Arzt. Ich gehe denn. Königin. Bleib't noch! (Zu den Hofleuten.) Ist sonst noch Jemand Im Vorsaal, der mein' harr't? (Zum Arzte.) Bei Eurem Kopf! So glaub't Ihr wirklich denn, daß Grund zur Sorge? Gesteh' ich's Euch, ich dacht', ein leeres Wahnbild, Ein ungestillter Wunsch, ein Hirngespinnst Sey dieses Uebels Grund. Königin (zum Arzt). Eu’r Kranker, Herr, iſt toll, und gegen, Tollheit Gibt es ein einzig Mittel nur: Vernunft. Er mag ſich ſelber heilen. Sag’t ihm das! Wie auch, daß er nicht hoffe, mich zu ſeh’n, Bis er zu mir kommt, ſelbſt, als ein Geneſ’ner. Arzt. Doch wollet mich auch für entſchuldigt halten, Wenn endlich doch Gefahr — Königin. Gefahr! Gefahr! Es iſt nicht noth, daß gar ſo Viele leben; Die Erde trägt unnütze Laſt genug. Wer ſich Nothwendigem nicht fügen kann, Mag ſterben, wär’s mein Bruder, wär’ ich’s ſelbſt. Arzt. Ich gehe denn. Königin. Bleib’t noch! (Zu den Hofleuten.) Iſt ſonſt noch Jemand Im Vorſaal, der mein’ harr’t? (Zum Arzte.) Bei Eurem Kopf! So glaub’t Ihr wirklich denn, daß Grund zur Sorge? Geſteh’ ich’s Euch, ich dacht’, ein leeres Wahnbild, Ein ungeſtillter Wunſch, ein Hirngeſpinnſt Sey dieſes Uebels Grund. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0077" n="69"/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker> <hi rendition="#g">Königin</hi> </speaker> <stage>(zum Arzt).</stage><lb/> <p>Eu’r Kranker, Herr, iſt toll, und gegen, Tollheit<lb/> Gibt es ein einzig Mittel nur: Vernunft.<lb/> Er mag ſich ſelber heilen. Sag’t ihm das!<lb/> Wie auch, daß er nicht hoffe, mich zu ſeh’n,<lb/> Bis er zu mir kommt, ſelbſt, als ein Geneſ’ner.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker><lb/> <p>Doch wollet mich auch für entſchuldigt halten,<lb/> Wenn endlich doch Gefahr —</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>Gefahr! Gefahr!<lb/> Es iſt nicht noth, daß gar ſo Viele leben;<lb/> Die Erde trägt unnütze Laſt genug.<lb/> Wer ſich Nothwendigem nicht fügen kann,<lb/> Mag ſterben, wär’s mein Bruder, wär’ ich’s ſelbſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARZ"> <speaker><hi rendition="#g">Arzt</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich gehe denn.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/> <p>Bleib’t noch!</p><lb/> <stage>(Zu den Hofleuten.)</stage><lb/> <p>Iſt ſonſt noch Jemand<lb/> Im Vorſaal, der mein’ harr’t?</p><lb/> <stage>(Zum Arzte.)</stage><lb/> <p>Bei Eurem Kopf!<lb/> So glaub’t Ihr wirklich denn, daß Grund zur Sorge?<lb/> Geſteh’ ich’s Euch, ich dacht’, ein leeres Wahnbild,<lb/> Ein ungeſtillter Wunſch, ein Hirngeſpinnſt<lb/> Sey dieſes Uebels Grund.</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [69/0077]
Königin (zum Arzt).
Eu’r Kranker, Herr, iſt toll, und gegen, Tollheit
Gibt es ein einzig Mittel nur: Vernunft.
Er mag ſich ſelber heilen. Sag’t ihm das!
Wie auch, daß er nicht hoffe, mich zu ſeh’n,
Bis er zu mir kommt, ſelbſt, als ein Geneſ’ner.
Arzt.
Doch wollet mich auch für entſchuldigt halten,
Wenn endlich doch Gefahr —
Königin.
Gefahr! Gefahr!
Es iſt nicht noth, daß gar ſo Viele leben;
Die Erde trägt unnütze Laſt genug.
Wer ſich Nothwendigem nicht fügen kann,
Mag ſterben, wär’s mein Bruder, wär’ ich’s ſelbſt.
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Ich gehe denn.
Königin.
Bleib’t noch!
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Zitationshilfe: | Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/77>, abgerufen am 24.07.2024. |