Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Und läßt der Feind uns Zeit zur dritten Fahrt,
So mag sich retten, wem's noch ferner nöthig.
Königin.
Nicht so, Bancban! Soll ich dein Schiff besteigen,
So rett' es diesen erst.

(Auf Otto zeigend).
Otto.
Ja, mich zuerst!
Bancbanus
Nicht eh' noch Euer Kind?
Königin.
Dies Kind beschützt
Schuldlosigkeit mit lilienblankem Schwert;
Doch diesen suchen sie, und er ist schuldig.
D'rum rett' erst ihn, zum zweiten dieses Kind,
Die dritte Fahrt der Schwester und der Mutter.
Nimm, Otto, meinen Sohn! Folgt diesem Mann!
Ich selber bleibe hier. Die dumpfe Luft,
Der enge Raum benimmt, hemmt mir den Athem.
-- Wenn mich die Reihe trifft zur nächt'gen Fahrt,
So geb't ein Zeichen mir -- Leb' wohl, mein Sohn!
Mein Bruder, lebe wohl! Nun fort, nur schnell!

(Bancbanus mit der Laterne voraus in den Gang. Otto, der
Mantel und Schwert weggeworfen, und den Knaben auf den Arm
genommen hat, folgt.)
Königin
(nachdem sie ihnen einen Augenblick nachgesehen hat, rasch nach
hinten gewendet).

Ich hörte Stimmen, und sie kommen, fürcht' ich.
Das Schloß ist über, wenn nicht Alles täuscht.
8 *
Und läßt der Feind uns Zeit zur dritten Fahrt,
So mag ſich retten, wem’s noch ferner nöthig.
Königin.
Nicht ſo, Bancban! Soll ich dein Schiff beſteigen,
So rett’ es dieſen erſt.

(Auf Otto zeigend).
Otto.
Ja, mich zuerſt!
Bancbanus
Nicht eh’ noch Euer Kind?
Königin.
Dies Kind beſchützt
Schuldloſigkeit mit lilienblankem Schwert;
Doch dieſen ſuchen ſie, und er iſt ſchuldig.
D’rum rett’ erſt ihn, zum zweiten dieſes Kind,
Die dritte Fahrt der Schweſter und der Mutter.
Nimm, Otto, meinen Sohn! Folgt dieſem Mann!
Ich ſelber bleibe hier. Die dumpfe Luft,
Der enge Raum benimmt, hemmt mir den Athem.
— Wenn mich die Reihe trifft zur nächt’gen Fahrt,
So geb’t ein Zeichen mir — Leb’ wohl, mein Sohn!
Mein Bruder, lebe wohl! Nun fort, nur ſchnell!

(Bancbanus mit der Laterne voraus in den Gang. Otto, der
Mantel und Schwert weggeworfen, und den Knaben auf den Arm
genommen hat, folgt.)
Königin
(nachdem ſie ihnen einen Augenblick nachgeſehen hat, raſch nach
hinten gewendet).

Ich hörte Stimmen, und ſie kommen, fürcht’ ich.
Das Schloß iſt über, wenn nicht Alles täuſcht.
8 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#BAN">
          <p><pb facs="#f0123" n="115"/>
Und läßt der Feind uns Zeit zur dritten Fahrt,<lb/>
So mag &#x017F;ich retten, wem&#x2019;s noch ferner nöthig.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Nicht &#x017F;o, Bancban! Soll ich dein Schiff be&#x017F;teigen,<lb/>
So rett&#x2019; es die&#x017F;en er&#x017F;t.</p><lb/>
          <stage>(Auf Otto zeigend).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#OTTO">
          <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Ja, mich zuer&#x017F;t!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAN">
          <speaker> <hi rendition="#g">Bancbanus</hi> </speaker><lb/>
          <p>Nicht eh&#x2019; noch Euer Kind?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Dies Kind be&#x017F;chützt<lb/>
Schuldlo&#x017F;igkeit mit lilienblankem Schwert;<lb/>
Doch die&#x017F;en &#x017F;uchen &#x017F;ie, und er i&#x017F;t &#x017F;chuldig.<lb/>
D&#x2019;rum rett&#x2019; er&#x017F;t ihn, zum zweiten die&#x017F;es Kind,<lb/>
Die dritte Fahrt der Schwe&#x017F;ter und der Mutter.<lb/>
Nimm, Otto, meinen Sohn! Folgt die&#x017F;em Mann!<lb/>
Ich &#x017F;elber bleibe hier. Die dumpfe Luft,<lb/>
Der enge Raum benimmt, hemmt mir den Athem.<lb/>
&#x2014; Wenn mich die Reihe trifft zur nächt&#x2019;gen Fahrt,<lb/>
So geb&#x2019;t ein Zeichen mir &#x2014; Leb&#x2019; wohl, mein Sohn!<lb/>
Mein Bruder, lebe wohl! Nun fort, nur &#x017F;chnell!</p><lb/>
          <stage>(<hi rendition="#g">Bancbanus</hi> mit der Laterne voraus in den Gang. <hi rendition="#g">Otto</hi>, der<lb/>
Mantel und Schwert weggeworfen, und den Knaben auf den Arm<lb/>
genommen hat, folgt.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker> <hi rendition="#g">Königin</hi> </speaker><lb/>
          <stage>(nachdem &#x017F;ie ihnen einen Augenblick nachge&#x017F;ehen hat, ra&#x017F;ch nach<lb/>
hinten gewendet).</stage><lb/>
          <p>Ich hörte Stimmen, und &#x017F;ie kommen, fürcht&#x2019; ich.<lb/>
Das Schloß i&#x017F;t über, wenn nicht Alles täu&#x017F;cht.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">8 *</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] Und läßt der Feind uns Zeit zur dritten Fahrt, So mag ſich retten, wem’s noch ferner nöthig. Königin. Nicht ſo, Bancban! Soll ich dein Schiff beſteigen, So rett’ es dieſen erſt. (Auf Otto zeigend). Otto. Ja, mich zuerſt! Bancbanus Nicht eh’ noch Euer Kind? Königin. Dies Kind beſchützt Schuldloſigkeit mit lilienblankem Schwert; Doch dieſen ſuchen ſie, und er iſt ſchuldig. D’rum rett’ erſt ihn, zum zweiten dieſes Kind, Die dritte Fahrt der Schweſter und der Mutter. Nimm, Otto, meinen Sohn! Folgt dieſem Mann! Ich ſelber bleibe hier. Die dumpfe Luft, Der enge Raum benimmt, hemmt mir den Athem. — Wenn mich die Reihe trifft zur nächt’gen Fahrt, So geb’t ein Zeichen mir — Leb’ wohl, mein Sohn! Mein Bruder, lebe wohl! Nun fort, nur ſchnell! (Bancbanus mit der Laterne voraus in den Gang. Otto, der Mantel und Schwert weggeworfen, und den Knaben auf den Arm genommen hat, folgt.) Königin (nachdem ſie ihnen einen Augenblick nachgeſehen hat, raſch nach hinten gewendet). Ich hörte Stimmen, und ſie kommen, fürcht’ ich. Das Schloß iſt über, wenn nicht Alles täuſcht. 8 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/123
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/123>, abgerufen am 12.12.2024.