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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845.

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Beispiele von Schwermuth.
risation der Urethra. Emil G., 23 Jahre alt, zeigte früher schöne Geistes-
anlagen und war im 21. Jahre Advocat geworden. Seine Haltung ist gebeugt, der
Körper mager, die Muskeln schlaff, die Haut ohne Colorit, das Gesicht ausdrucks-
los, der Blick matt, zur Erde gesenkt, die Stimme schwach, das Benehmen sehr
schüchtern, die untern Extremitäten in beständiger Bewegung. -- Während seine
mündliche Unterredung höchst dürftig und linkisch ist, gibt der Kranke schrift-
lich folgende klare Bemerkungen über seinen Zustand:

"Nachdem der Kranke vom 12ten Jahre an Onanie getrieben, trat im 19ten
die Veränderung seines Characters ein: zuerst allmählig ein psychischer Ekel
vor Allem, eine tiefe, allgemeine Langeweile; während er bis dahin nur die
lichte Seite des Lebens bemerkt hatte, sah er von jetzt an alles von der trüben
Seite an. Bald trat der Gedanke des Selbstmords auf. Nach einem Jahre trat
dieser zurück, dafür hielt sich jetzt der Kranke für den Gegenstand des
Spottes bei Andern
. Er glaubte, man mache sich überall über seine Phy-
sionomie und seine Manieren lustig, und mehrmals hörte er, sowohl auf der
Strasse, als im Zimmer bei Verwandten und Freunden, an ihn gerichtete
Schimpfworte
. Endlich glaubte er, dass Jedermann ihn beleidige; wenn Je-
mand hustet, räuspert, lacht, die Hand zum Munde oder ein Sacktuch vor das
Gesicht bringt, so macht ihm diess die peinlichsten Empfindungen, bald zor-
nigen Affect, bald eine tiefe Niedergeschlagenheit mit unwillkührlichem Thränen-
erguss. Er ist für Alles gleichgültig und immer auf diese seine Ideen con-
centrirt; er sucht die Einsamkeit und die Gesellschaft thut ihm wehe. Er gibt
zu, dass er vielleicht Hallucinationen hatte, aber er ist doch überzeugt, dass
diese Ideen nicht ohne Grund sind, dass sein Gesichtsausdruck etwas Befrem-
dendes habe, dass man in ihm seine Furcht, die Gedanken, die ihn beun-
ruhigen, lesen könne.

Er fühlt Schwere des Kopfes, eine Art Druck auf das Gehirn; er ist
schwach, muthlos, beständig schläfrig und stumpf; jede Bewegung ermüdet
ihn und er hat doch beständig Bedürfniss seine Stelle zu verändern. Er fühlt
sich gealtert; seit einigen Monaten nimmt die Niedergeschlagenheit zu: seit
fünf Jahren macht ihm nichts mehr Freude, Alles drückt
und belästigt ihn
, er ist ängstlich, schüchtern, verlegen, unfähig
zu handeln
und zu sprechen. "Der Geist des Lebens hat sich aus mir zu-
rückgezogen."

Seit 9 Monaten hat der Kranke völlig der Onanie entsagt und dennoch ver-
schlimmerte sich sein Zustand von Tag zu Tag.

Dabei hartnäckige Verstopfung, völliger Mangel aller Erectionen und alles
Geschlechtstriebs; etwa 1--2 Pollutionen in einem Monat. Im Urin beständig ein
reichlicher, flockiger, einer dicken Gerstenabkochung ähnlicher Bodensatz; schnelle
Zersetzung des Urins. Nach jedem Stuhl an der Mündung der Harnröhre eine
klebrige Flüssigkeit, wie dickes Gummiwasser. Häufige Urinentleerung, Empfind-
lichkeit der Samenstränge, der Hoden und besonders der Urethralschleimhaut,
Röthe der Urethramündung. Cauterisation des Blasenhalses und der pars prostatica
Urethrae; allmählige Besserung nach 4 Wochen, durch laue und langdauernde
Bäder sehr unterstützt. Kurz darauf völlige Heilung mit der Herstellung der
Potenz.

(Lallemand, des pertes seminales. I. p. 357.)

Beispiele von Schwermuth.
risation der Urethra. Emil G., 23 Jahre alt, zeigte früher schöne Geistes-
anlagen und war im 21. Jahre Advocat geworden. Seine Haltung ist gebeugt, der
Körper mager, die Muskeln schlaff, die Haut ohne Colorit, das Gesicht ausdrucks-
los, der Blick matt, zur Erde gesenkt, die Stimme schwach, das Benehmen sehr
schüchtern, die untern Extremitäten in beständiger Bewegung. — Während seine
mündliche Unterredung höchst dürftig und linkisch ist, gibt der Kranke schrift-
lich folgende klare Bemerkungen über seinen Zustand:

„Nachdem der Kranke vom 12ten Jahre an Onanie getrieben, trat im 19ten
die Veränderung seines Characters ein: zuerst allmählig ein psychischer Ekel
vor Allem, eine tiefe, allgemeine Langeweile; während er bis dahin nur die
lichte Seite des Lebens bemerkt hatte, sah er von jetzt an alles von der trüben
Seite an. Bald trat der Gedanke des Selbstmords auf. Nach einem Jahre trat
dieser zurück, dafür hielt sich jetzt der Kranke für den Gegenstand des
Spottes bei Andern
. Er glaubte, man mache sich überall über seine Phy-
sionomie und seine Manieren lustig, und mehrmals hörte er, sowohl auf der
Strasse, als im Zimmer bei Verwandten und Freunden, an ihn gerichtete
Schimpfworte
. Endlich glaubte er, dass Jedermann ihn beleidige; wenn Je-
mand hustet, räuspert, lacht, die Hand zum Munde oder ein Sacktuch vor das
Gesicht bringt, so macht ihm diess die peinlichsten Empfindungen, bald zor-
nigen Affect, bald eine tiefe Niedergeschlagenheit mit unwillkührlichem Thränen-
erguss. Er ist für Alles gleichgültig und immer auf diese seine Ideen con-
centrirt; er sucht die Einsamkeit und die Gesellschaft thut ihm wehe. Er gibt
zu, dass er vielleicht Hallucinationen hatte, aber er ist doch überzeugt, dass
diese Ideen nicht ohne Grund sind, dass sein Gesichtsausdruck etwas Befrem-
dendes habe, dass man in ihm seine Furcht, die Gedanken, die ihn beun-
ruhigen, lesen könne.

Er fühlt Schwere des Kopfes, eine Art Druck auf das Gehirn; er ist
schwach, muthlos, beständig schläfrig und stumpf; jede Bewegung ermüdet
ihn und er hat doch beständig Bedürfniss seine Stelle zu verändern. Er fühlt
sich gealtert; seit einigen Monaten nimmt die Niedergeschlagenheit zu: seit
fünf Jahren macht ihm nichts mehr Freude, Alles drückt
und belästigt ihn
, er ist ängstlich, schüchtern, verlegen, unfähig
zu handeln
und zu sprechen. „Der Geist des Lebens hat sich aus mir zu-
rückgezogen.“

Seit 9 Monaten hat der Kranke völlig der Onanie entsagt und dennoch ver-
schlimmerte sich sein Zustand von Tag zu Tag.

Dabei hartnäckige Verstopfung, völliger Mangel aller Erectionen und alles
Geschlechtstriebs; etwa 1—2 Pollutionen in einem Monat. Im Urin beständig ein
reichlicher, flockiger, einer dicken Gerstenabkochung ähnlicher Bodensatz; schnelle
Zersetzung des Urins. Nach jedem Stuhl an der Mündung der Harnröhre eine
klebrige Flüssigkeit, wie dickes Gummiwasser. Häufige Urinentleerung, Empfind-
lichkeit der Samenstränge, der Hoden und besonders der Urethralschleimhaut,
Röthe der Urethramündung. Cauterisation des Blasenhalses und der pars prostatica
Urethrae; allmählige Besserung nach 4 Wochen, durch laue und langdauernde
Bäder sehr unterstützt. Kurz darauf völlige Heilung mit der Herstellung der
Potenz.

(Lallemand, des pertes séminales. I. p. 357.)

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Zitationshilfe: Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/194>, abgerufen am 24.11.2024.