Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Vorrede. wenn ich meinen natürlichen Triebe fol-gete/ und mich in der Dichtkunst zu ver- bessern suchete. Diesem nach/ war in müßigen Stunden die edle Poesie meine Belustigung/ wodurch ich auch manchen verdrießlichen Zufall erleichtert: Zuwei- len bin ich auch von guten Freunden um ein Gedichte angesprochen worden/ denen ich solches nicht versagen können/ noch wol- len. Auf solche Art sind nun diese Gedich- te gebohren worden; ihre Geburth gescha- he ohne Schmertzen/ die Federn durfften nicht aus Ungedult zerstossen/ noch die Oh- ren aus Mißvergnügen gekratzet werden/ und es ging alles so leichte zu/ daß ich dahe- ro selber muthmasse/ sie dürfften wegen ihrer leichten Geburth eben von keiner son- derlichen Wichtigkeit seyn. Wenn sie nun schon daher einigen miß- die )( 3
Vorrede. wenn ich meinen natuͤrlichen Triebe fol-gete/ und mich in der Dichtkunſt zu ver- beſſern ſuchete. Dieſem nach/ war in muͤßigen Stunden die edle Poeſie meine Beluſtigung/ wodurch ich auch manchen verdrießlichen Zufall erleichtert: Zuwei- len bin ich auch von guten Freunden um ein Gedichte angeſprochen worden/ denen ich ſolches nicht verſagen koͤnnen/ noch wol- len. Auf ſolche Art ſind nun dieſe Gedich- te gebohren worden; ihre Geburth geſcha- he ohne Schmertzen/ die Federn durfften nicht aus Ungedult zerſtoſſen/ noch die Oh- ren aus Mißvergnuͤgen gekratzet werden/ und es ging alles ſo leichte zu/ daß ich dahe- ro ſelber muthmaſſe/ ſie duͤrfften wegen ihrer leichten Geburth eben von keiner ſon- derlichen Wichtigkeit ſeyn. Wenn ſie nun ſchon daher einigen miß- die )( 3
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Vorrede.
wenn ich meinen natuͤrlichen Triebe fol-
gete/ und mich in der Dichtkunſt zu ver-
beſſern ſuchete. Dieſem nach/ war in
muͤßigen Stunden die edle Poeſie meine
Beluſtigung/ wodurch ich auch manchen
verdrießlichen Zufall erleichtert: Zuwei-
len bin ich auch von guten Freunden um
ein Gedichte angeſprochen worden/ denen
ich ſolches nicht verſagen koͤnnen/ noch wol-
len. Auf ſolche Art ſind nun dieſe Gedich-
te gebohren worden; ihre Geburth geſcha-
he ohne Schmertzen/ die Federn durfften
nicht aus Ungedult zerſtoſſen/ noch die Oh-
ren aus Mißvergnuͤgen gekratzet werden/
und es ging alles ſo leichte zu/ daß ich dahe-
ro ſelber muthmaſſe/ ſie duͤrfften wegen
ihrer leichten Geburth eben von keiner ſon-
derlichen Wichtigkeit ſeyn.
Wenn ſie nun ſchon daher einigen miß-
fallen ſolten/ ſo werden ſie doch andern ge-
fallen/ weil ſie in der erſten Jugend und
uͤberdem in muͤßigen Stunden erzeuget
worden/ die Fehler ſo darinnen zufinden/
muͤſſen nicht alle mir/ ſondern der freyen
Jugend/ zugeſchrieben werden. Ein ernſt-
haffter Seneca ſchreibet eingezogener/ als
ein feuriger Ovidius und dem Catoni wil
die
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