Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Vermischte Gedichte. Er schaute an das Hertz/ und nicht Geschenck und Gaben/Weil unter solchen offt das schärffste Gifft vergraben. Jch lege mich nun selbst zu seinen Füssen nieder/ Und stimme meinen Wunsch mit diesen Worten an: Der Himmel schencket uns den frohen Tag jetzt wieder/ An dem ein jeder jauchtzt/ der nur zwey Worte kan. Was von Vergnügen ist in dieser Welt zu finden/ Hoch-Wohlgebohrner Herr/ das muß sich ihm verbinden. Sein Alter steige so wie Noahs seine Jahre/ Husai beuge sich vor seinen klugen Raht/ Sein Reichthum wachse so wie Jacobs Haabe ware Der Fürst mach' ihn so groß wie man dem Joseph that. Kein Unfall müsse ihm niemahls beschwerlich werden/ Bis ihm der Himmel wird gegeben vor die Erden. Zwar da die Gaben schlecht und kein Geschenck zu nennen/ So müste wol die Pracht der Worte grösser seyn/ Doch was verstellet ist/ ist leichtlich zu erkennen Prahl-Worte geben nichts als über-tünchten Schein/ Ein steinern Schau-Gericht und Wind-erfüllte Torten Reicht der/ der seine Pflicht bringt in geschminckten Worten. Jch bring ein treues Hertz/ das heisse Wünsche reichet/ Das/ grosser Gönner/ ihm auf ewig ist geschenckt/ Wenn seine hohe Gunst nur niemahls von mir weichet/ So bin ich stets vergnügt/ und bleibe ungekränckt. Nun Himmel mache wahr was meine Wünsche haben/ So wird mit froher Lust sein hohes Hertz sich laben. Man wünschet einem Glück zu der erhal- tenen Liebste. Der Himmel heitert sich nach langen Blitzen aus/ Und auf das Donnern folgt ein helles Sonnenscheinen/ Das Glücke lacht zuletzt nach ausgestandnen Strauß/ Und ein erfreut Gesicht beschleußt das lange Weinen. Nach denen Fasten bricht die Oster-Woche an/ Darinn ein Jubel-Fest die treuen Seelen halten/ Die
Vermiſchte Gedichte. Er ſchaute an das Hertz/ und nicht Geſchenck und Gaben/Weil unter ſolchen offt das ſchaͤrffſte Gifft vergraben. Jch lege mich nun ſelbſt zu ſeinen Fuͤſſen nieder/ Und ſtimme meinen Wunſch mit dieſen Worten an: Der Himmel ſchencket uns den frohen Tag jetzt wieder/ An dem ein jeder jauchtzt/ der nur zwey Worte kan. Was von Vergnuͤgen iſt in dieſer Welt zu finden/ Hoch-Wohlgebohrner Herr/ das muß ſich ihm verbinden. Sein Alter ſteige ſo wie Noahs ſeine Jahre/ Huſai beuge ſich vor ſeinen klugen Raht/ Sein Reichthum wachſe ſo wie Jacobs Haabe ware Der Fuͤrſt mach’ ihn ſo groß wie man dem Joſeph that. Kein Unfall muͤſſe ihm niemahls beſchwerlich werden/ Bis ihm der Himmel wird gegeben vor die Erden. Zwar da die Gaben ſchlecht und kein Geſchenck zu nennen/ So muͤſte wol die Pracht der Worte groͤſſer ſeyn/ Doch was verſtellet iſt/ iſt leichtlich zu erkennen Prahl-Worte geben nichts als uͤber-tuͤnchten Schein/ Ein ſteinern Schau-Gericht und Wind-erfuͤllte Torten Reicht der/ der ſeine Pflicht bringt in geſchminckten Worten. Jch bring ein treues Hertz/ das heiſſe Wuͤnſche reichet/ Das/ groſſer Goͤnner/ ihm auf ewig iſt geſchenckt/ Wenn ſeine hohe Gunſt nur niemahls von mir weichet/ So bin ich ſtets vergnuͤgt/ und bleibe ungekraͤnckt. Nun Himmel mache wahr was meine Wuͤnſche haben/ So wird mit froher Luſt ſein hohes Hertz ſich laben. Man wuͤnſchet einem Gluͤck zu der erhal- tenen Liebſte. Der Himmel heitert ſich nach langen Blitzen aus/ Und auf das Donnern folgt ein helles Sonnenſcheinen/ Das Gluͤcke lacht zuletzt nach ausgeſtandnen Strauß/ Und ein erfreut Geſicht beſchleußt das lange Weinen. Nach denen Faſten bricht die Oſter-Woche an/ Darinn ein Jubel-Feſt die treuen Seelen halten/ Die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0416" n="398"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Er ſchaute an das Hertz/ und nicht Geſchenck und Gaben/</l><lb/> <l>Weil unter ſolchen offt das ſchaͤrffſte Gifft vergraben.</l><lb/> <l>Jch lege mich nun ſelbſt zu ſeinen Fuͤſſen nieder/</l><lb/> <l>Und ſtimme meinen Wunſch mit dieſen Worten an:</l><lb/> <l>Der Himmel ſchencket uns den frohen Tag jetzt wieder/</l><lb/> <l>An dem ein jeder jauchtzt/ der nur zwey Worte kan.</l><lb/> <l>Was von Vergnuͤgen iſt in dieſer Welt zu finden/</l><lb/> <l>Hoch-Wohlgebohrner Herr/ das muß ſich ihm verbinden.</l><lb/> <l>Sein Alter ſteige ſo wie Noahs ſeine Jahre/</l><lb/> <l><hi rendition="#aq">Huſai</hi> beuge ſich vor ſeinen klugen Raht/</l><lb/> <l>Sein Reichthum wachſe ſo wie Jacobs Haabe ware</l><lb/> <l>Der Fuͤrſt mach’ ihn ſo groß wie man dem Joſeph that.</l><lb/> <l>Kein Unfall muͤſſe ihm niemahls beſchwerlich werden/</l><lb/> <l>Bis ihm der Himmel wird gegeben vor die Erden.</l><lb/> <l>Zwar da die Gaben ſchlecht und kein Geſchenck zu nennen/</l><lb/> <l>So muͤſte wol die Pracht der Worte groͤſſer ſeyn/</l><lb/> <l>Doch was verſtellet iſt/ iſt leichtlich zu erkennen</l><lb/> <l>Prahl-Worte geben nichts als uͤber-tuͤnchten Schein/</l><lb/> <l>Ein ſteinern Schau-Gericht und Wind-erfuͤllte Torten</l><lb/> <l>Reicht der/ der ſeine Pflicht bringt in geſchminckten Worten.</l><lb/> <l>Jch bring ein treues Hertz/ das heiſſe Wuͤnſche reichet/</l><lb/> <l>Das/ groſſer Goͤnner/ ihm auf ewig iſt geſchenckt/</l><lb/> <l>Wenn ſeine hohe Gunſt nur niemahls von mir weichet/</l><lb/> <l>So bin ich ſtets vergnuͤgt/ und bleibe ungekraͤnckt.</l><lb/> <l>Nun Himmel mache wahr was meine Wuͤnſche haben/</l><lb/> <l>So wird mit froher Luſt ſein hohes Hertz ſich laben.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b">Man wuͤnſchet einem Gluͤck zu der erhal-</hi><lb/> tenen Liebſte.</head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">D</hi>er Himmel heitert ſich nach langen Blitzen aus/</l><lb/> <l>Und auf das Donnern folgt ein helles Sonnenſcheinen/</l><lb/> <l>Das Gluͤcke lacht zuletzt nach ausgeſtandnen Strauß/</l><lb/> <l>Und ein erfreut Geſicht beſchleußt das lange Weinen.</l><lb/> <l>Nach denen Faſten bricht die Oſter-Woche an/</l><lb/> <l>Darinn ein Jubel-Feſt die treuen Seelen halten/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [398/0416]
Vermiſchte Gedichte.
Er ſchaute an das Hertz/ und nicht Geſchenck und Gaben/
Weil unter ſolchen offt das ſchaͤrffſte Gifft vergraben.
Jch lege mich nun ſelbſt zu ſeinen Fuͤſſen nieder/
Und ſtimme meinen Wunſch mit dieſen Worten an:
Der Himmel ſchencket uns den frohen Tag jetzt wieder/
An dem ein jeder jauchtzt/ der nur zwey Worte kan.
Was von Vergnuͤgen iſt in dieſer Welt zu finden/
Hoch-Wohlgebohrner Herr/ das muß ſich ihm verbinden.
Sein Alter ſteige ſo wie Noahs ſeine Jahre/
Huſai beuge ſich vor ſeinen klugen Raht/
Sein Reichthum wachſe ſo wie Jacobs Haabe ware
Der Fuͤrſt mach’ ihn ſo groß wie man dem Joſeph that.
Kein Unfall muͤſſe ihm niemahls beſchwerlich werden/
Bis ihm der Himmel wird gegeben vor die Erden.
Zwar da die Gaben ſchlecht und kein Geſchenck zu nennen/
So muͤſte wol die Pracht der Worte groͤſſer ſeyn/
Doch was verſtellet iſt/ iſt leichtlich zu erkennen
Prahl-Worte geben nichts als uͤber-tuͤnchten Schein/
Ein ſteinern Schau-Gericht und Wind-erfuͤllte Torten
Reicht der/ der ſeine Pflicht bringt in geſchminckten Worten.
Jch bring ein treues Hertz/ das heiſſe Wuͤnſche reichet/
Das/ groſſer Goͤnner/ ihm auf ewig iſt geſchenckt/
Wenn ſeine hohe Gunſt nur niemahls von mir weichet/
So bin ich ſtets vergnuͤgt/ und bleibe ungekraͤnckt.
Nun Himmel mache wahr was meine Wuͤnſche haben/
So wird mit froher Luſt ſein hohes Hertz ſich laben.
Man wuͤnſchet einem Gluͤck zu der erhal-
tenen Liebſte.
Der Himmel heitert ſich nach langen Blitzen aus/
Und auf das Donnern folgt ein helles Sonnenſcheinen/
Das Gluͤcke lacht zuletzt nach ausgeſtandnen Strauß/
Und ein erfreut Geſicht beſchleußt das lange Weinen.
Nach denen Faſten bricht die Oſter-Woche an/
Darinn ein Jubel-Feſt die treuen Seelen halten/
Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/416 |
Zitationshilfe: | Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/416>, abgerufen am 16.02.2025. |