Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Sinn-Gedichte. An Melinden. JA freylich hast du Recht/ du bist es zwar gewesen/ Doch jetzo nun nicht mehr; was denn? sprichst du zu mir/ Mein schau/ du solt es gleich in wenig Worten lesen/ Sprach nächst dein Jungfern-Kind nicht recht Mama zu dir? Dorinde will nicht Mutter werden. Dorinde sehnst du dich nicht auch nach einen Mann/ Der dir die lange Zeit mit Lust vertreiben kan? Ha! sprichst du hier zu Ja/ wart nur/ ich will dich fangen/ Weil selten Mann und Weib ein ander Absehn hat/ Als warum Eva sich zu ihrem Adam that/ So sehnst du dich darnach/ was du nicht wilt verlangen. Desperatio aut facit militem aut Monachum. Jch fliehe aus der bösen Welt/ Weil mir ihr Wesen nicht gefällt; Der Mißmuth treibet meine Sinnen Zu dem/ was ich jetzt muß beginnen. Jch ziehe Nonnen-Kleider an/ Weil sonsten nichts mehr helffen kan/ Kan ich schon kein Schätzgen haben/ So wird mich doch ein Pater laben. Uber einen Alten/ der ein junges Mädgen heyrahtet. SO gehts/ wenn ein Alter wil bey den jungen Mädgens liegen/ Daß er zu dem Lohne muß Hörner auf die Scheitel kriegen Denn weil er der jungen Frauen nicht das Leder gerben kan/ So nimmt sie zum Zeitvertreib ander gute Trösters an. Das
Sinn-Gedichte. An Melinden. JA freylich haſt du Recht/ du biſt es zwar geweſen/ Doch jetzo nun nicht mehr; was denn? ſprichſt du zu mir/ Mein ſchau/ du ſolt es gleich in wenig Worten leſen/ Sprach naͤchſt dein Jungfern-Kind nicht recht Mama zu dir? Dorinde will nicht Mutter werden. Dorinde ſehnſt du dich nicht auch nach einen Mann/ Der dir die lange Zeit mit Luſt vertreiben kan? Ha! ſprichſt du hier zu Ja/ wart nur/ ich will dich fangen/ Weil ſelten Mann und Weib ein ander Abſehn hat/ Als warum Eva ſich zu ihrem Adam that/ So ſehnſt du dich darnach/ was du nicht wilt verlangen. Deſperatio aut facit militem aut Monachum. Jch fliehe aus der boͤſen Welt/ Weil mir ihr Weſen nicht gefaͤllt; Der Mißmuth treibet meine Sinnen Zu dem/ was ich jetzt muß beginnen. Jch ziehe Nonnen-Kleider an/ Weil ſonſten nichts mehr helffen kan/ Kan ich ſchon kein Schaͤtzgen haben/ So wird mich doch ein Pater laben. Uber einen Alten/ der ein junges Maͤdgen heyrahtet. SO gehts/ weñ ein Alter wil bey den jungen Maͤdgens liegen/ Daß er zu dem Lohne muß Hoͤrner auf die Scheitel kriegen Denn weil er der jungen Frauen nicht das Leder gerben kan/ So nimmt ſie zum Zeitvertreib ander gute Troͤſters an. Das
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Sinn-Gedichte.
An Melinden.
JA freylich haſt du Recht/ du biſt es zwar geweſen/
Doch jetzo nun nicht mehr; was denn? ſprichſt du zu mir/
Mein ſchau/ du ſolt es gleich in wenig Worten leſen/
Sprach naͤchſt dein Jungfern-Kind nicht recht Mama zu dir?
Dorinde will nicht Mutter werden.
Dorinde ſehnſt du dich nicht auch nach einen Mann/
Der dir die lange Zeit mit Luſt vertreiben kan?
Ha! ſprichſt du hier zu Ja/ wart nur/ ich will dich fangen/
Weil ſelten Mann und Weib ein ander Abſehn hat/
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So ſehnſt du dich darnach/ was du nicht wilt verlangen.
Deſperatio aut facit militem aut
Monachum.
Jch fliehe aus der boͤſen Welt/
Weil mir ihr Weſen nicht gefaͤllt;
Der Mißmuth treibet meine Sinnen
Zu dem/ was ich jetzt muß beginnen.
Jch ziehe Nonnen-Kleider an/
Weil ſonſten nichts mehr helffen kan/
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SO gehts/ weñ ein Alter wil bey den jungen Maͤdgens liegen/
Daß er zu dem Lohne muß Hoͤrner auf die Scheitel kriegen
Denn weil er der jungen Frauen nicht das Leder gerben kan/
So nimmt ſie zum Zeitvertreib ander gute Troͤſters an.
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Zitationshilfe: | Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/399>, abgerufen am 22.07.2024. |