Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Verliebte und galante Arien. Davon in so langer ZeitEs sonst kunte nichts erretten: O höchst beglückter Tag! o angenehme Stunden! Darinnen ich mein Glück und Freyheit wiederfunden. 2. Lachet ihr befreyten Sinnen/Und du sonst beklemmte Brust Schöpff' aus deiner Freyheit Lust/ Die eur thörigtes Beginnen Vor einem Blick vergab von ungetreuen Augen/ Die euch zu nichtes sonst als einer Folter taugen. 3. Schaut doch an die holden Blicke/So euch jetzt das Schicksahl giebt/ Und wie euch so hertzlich liebt Ein gewünschetes Gelücke/ So eure Fesseln bricht/ euch in die Freyheit setzet/ Und statt Egyptens Dienst in Canaan ergötzet. 4. Solten euch die Augen zwingen?Die nur schlechter Firniß sind/ Nein! seyd nicht mehr starre-blind. Last euch aus dem Nebel bringen/ Der euch mit seinem Dunst bishero hat betrogen/ Und mehr als Wahrheit ist von ihr euch vorgelogen. 5. Wer will wol als Sclave leben/Wenn er kan erlöset seyn? Und wer geht den Wechsel ein? Seine Freyheit hinzugeben Vor einem falschen Blick/ vor ein betrüglichs Lachen. Und wer läst sich aus Lust zu einem Knechte machen? 6. Schützt euch nun in eurem StandeBleibt der Freyheit zu gethan/ Nehmt hinführo nicht mehr an Diese so verhaßte Bande/ Bemühet euch vielmehr derjenigen zu dienen/ Bey der ihr Gegen-Gunst und Liebe sehet grünen. Er
Verliebte und galante Arien. Davon in ſo langer ZeitEs ſonſt kunte nichts erretten: O hoͤchſt begluͤckter Tag! o angenehme Stunden! Darinnen ich mein Gluͤck und Freyheit wiederfunden. 2. Lachet ihr befreyten Sinnen/Und du ſonſt beklemmte Bruſt Schoͤpff’ aus deiner Freyheit Luſt/ Die eur thoͤrigtes Beginnen Vor einem Blick vergab von ungetreuen Augen/ Die euch zu nichtes ſonſt als einer Folter taugen. 3. Schaut doch an die holden Blicke/So euch jetzt das Schickſahl giebt/ Und wie euch ſo hertzlich liebt Ein gewuͤnſchetes Geluͤcke/ So eure Feſſeln bricht/ euch in die Freyheit ſetzet/ Und ſtatt Egyptens Dienſt in Canaan ergoͤtzet. 4. Solten euch die Augen zwingen?Die nur ſchlechter Firniß ſind/ Nein! ſeyd nicht mehr ſtarre-blind. Laſt euch aus dem Nebel bringen/ Der euch mit ſeinem Dunſt bishero hat betrogen/ Und mehr als Wahrheit iſt von ihr euch vorgelogen. 5. Wer will wol als Sclave leben/Wenn er kan erloͤſet ſeyn? Und wer geht den Wechſel ein? Seine Freyheit hinzugeben Vor einem falſchen Blick/ vor ein betruͤglichs Lachen. Und wer laͤſt ſich aus Luſt zu einem Knechte machen? 6. Schuͤtzt euch nun in eurem StandeBleibt der Freyheit zu gethan/ Nehmt hinfuͤhro nicht mehr an Dieſe ſo verhaßte Bande/ Bemuͤhet euch vielmehr derjenigen zu dienen/ Bey der ihr Gegen-Gunſt und Liebe ſehet gruͤnen. Er
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="1"> <pb facs="#f0196" n="178"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante Arien.</hi></hi> </fw><lb/> <l>Davon in ſo langer Zeit</l><lb/> <l>Es ſonſt kunte nichts erretten:</l><lb/> <l>O hoͤchſt begluͤckter Tag! o angenehme Stunden!</l><lb/> <l>Darinnen ich mein Gluͤck und Freyheit wiederfunden.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head> <hi rendition="#c">2.</hi> </head><lb/> <l>Lachet ihr befreyten Sinnen/</l><lb/> <l>Und du ſonſt beklemmte Bruſt</l><lb/> <l>Schoͤpff’ aus deiner Freyheit Luſt/</l><lb/> <l>Die eur thoͤrigtes Beginnen</l><lb/> <l>Vor einem Blick vergab von ungetreuen Augen/</l><lb/> <l>Die euch zu nichtes ſonſt als einer Folter taugen.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head><lb/> <l>Schaut doch an die holden Blicke/</l><lb/> <l>So euch jetzt das Schickſahl giebt/</l><lb/> <l>Und wie euch ſo hertzlich liebt</l><lb/> <l>Ein gewuͤnſchetes Geluͤcke/</l><lb/> <l>So eure Feſſeln bricht/ euch in die Freyheit ſetzet/</l><lb/> <l>Und ſtatt Egyptens Dienſt in <hi rendition="#aq">Canaan</hi> ergoͤtzet.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <head> <hi rendition="#c">4.</hi> </head><lb/> <l>Solten euch die Augen zwingen?</l><lb/> <l>Die nur ſchlechter Firniß ſind/</l><lb/> <l>Nein! ſeyd nicht mehr ſtarre-blind.</l><lb/> <l>Laſt euch aus dem Nebel bringen/</l><lb/> <l>Der euch mit ſeinem Dunſt bishero hat betrogen/</l><lb/> <l>Und mehr als Wahrheit iſt von ihr euch vorgelogen.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <head> <hi rendition="#c">5.</hi> </head><lb/> <l>Wer will wol als Sclave leben/</l><lb/> <l>Wenn er kan erloͤſet ſeyn?</l><lb/> <l>Und wer geht den Wechſel ein?</l><lb/> <l>Seine Freyheit hinzugeben</l><lb/> <l>Vor einem falſchen Blick/ vor ein betruͤglichs Lachen.</l><lb/> <l>Und wer laͤſt ſich aus Luſt zu einem Knechte machen?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <head> <hi rendition="#c">6.</hi> </head><lb/> <l>Schuͤtzt euch nun in eurem Stande</l><lb/> <l>Bleibt der Freyheit zu gethan/</l><lb/> <l>Nehmt hinfuͤhro nicht mehr an</l><lb/> <l>Dieſe ſo verhaßte Bande/</l><lb/> <l>Bemuͤhet euch vielmehr derjenigen zu dienen/</l><lb/> <l>Bey der ihr Gegen-Gunſt und Liebe ſehet gruͤnen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [178/0196]
Verliebte und galante Arien.
Davon in ſo langer Zeit
Es ſonſt kunte nichts erretten:
O hoͤchſt begluͤckter Tag! o angenehme Stunden!
Darinnen ich mein Gluͤck und Freyheit wiederfunden.
2.
Lachet ihr befreyten Sinnen/
Und du ſonſt beklemmte Bruſt
Schoͤpff’ aus deiner Freyheit Luſt/
Die eur thoͤrigtes Beginnen
Vor einem Blick vergab von ungetreuen Augen/
Die euch zu nichtes ſonſt als einer Folter taugen.
3.
Schaut doch an die holden Blicke/
So euch jetzt das Schickſahl giebt/
Und wie euch ſo hertzlich liebt
Ein gewuͤnſchetes Geluͤcke/
So eure Feſſeln bricht/ euch in die Freyheit ſetzet/
Und ſtatt Egyptens Dienſt in Canaan ergoͤtzet.
4.
Solten euch die Augen zwingen?
Die nur ſchlechter Firniß ſind/
Nein! ſeyd nicht mehr ſtarre-blind.
Laſt euch aus dem Nebel bringen/
Der euch mit ſeinem Dunſt bishero hat betrogen/
Und mehr als Wahrheit iſt von ihr euch vorgelogen.
5.
Wer will wol als Sclave leben/
Wenn er kan erloͤſet ſeyn?
Und wer geht den Wechſel ein?
Seine Freyheit hinzugeben
Vor einem falſchen Blick/ vor ein betruͤglichs Lachen.
Und wer laͤſt ſich aus Luſt zu einem Knechte machen?
6.
Schuͤtzt euch nun in eurem Stande
Bleibt der Freyheit zu gethan/
Nehmt hinfuͤhro nicht mehr an
Dieſe ſo verhaßte Bande/
Bemuͤhet euch vielmehr derjenigen zu dienen/
Bey der ihr Gegen-Gunſt und Liebe ſehet gruͤnen.
Er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/196 |
Zitationshilfe: | Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/196>, abgerufen am 16.02.2025. |