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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Abriß meiner Haagor Berichterstattung

Programm, Wir haben Rußland oft genug Gelegenheit geboten, sich mit uns zu
verständigen. Es wollte aber nicht. Schließlich haben wir gründlicher gesiegt,
als unserem Interesse entsprach. Jetzt muß man sich mit dem russischen Chaos
irgendwie auseinandersetzen. Ist es England mit den Wilsonschen Kriegszielen
ernst, steht der Verständigung nichts im Wege. Anders, wenn es sich dnrch Ge¬
heimverträge gebunden haben sollte. Deutsches oder verbündetes Gebiet ist nicht
zu haben. Elsaß-Lothringen ist uns in gleichem Maße ein moti me t-engere wie
Belgien für die Gegenseite. Daß wir Belgien nicht behalten wollen, wurde
unumwunden erklärt.' Die Aufregung über den Ausdruck "Faustpfand" ist un-
ehrlich. Die Räumung Belgiens vor Friedensschluß gäbe die rechte Flanke des
besetzten Gebietes in Frankreich preis. Stehen keine territorialen Krieasziele der
Verständigung entgegen, konnte sie durch ideelle verhindert werden. Wie steht es
damit? Wir beanspruchen das Recht, ans unsere Fasson selig zu werden, ohne,
darüber zu vergesse,,, daß wir einen Teil der Menschheitsfamilie ausmachen. Die
Wirklichkeit dem Ideal anzunähern, ist Sache des Realpolitikers. Die Völker
marschieren auf verschiedenen Straßen dein gleichen Ziel entgegen. Politische
Religionen sind bodenständig. Das lasse sich der Meuschheitsmentor in Washing¬
ton gesagt sein. Während er den Realien mehr Rechnung tragen muß wie bis¬
her, empfiehlt sich für uns ein verständnisvolleres Eingehen auf seine Humani¬
tären Ideen. Nur besonders begnadete Menschen besitzen bei der allgemeinen
Kriegspsychose an ihrer Objektivität Masken, die gegen die von der Hetzpresse aller
Länder abgeblasenen Giftschwadcn schützen. Die Entfremdung zwischen den
Völkern ist so weit gediehen, daß ein verständiges Wort leicht überschrien wird.
Möge dieses Echo der Lansdvwneschen Kundgebung trotzdem über deu Kanal
schallen." Am 7. August konnte ich eine günstige Wirkung des Jnterwiews
Hindenburg-Ludendorff mit seiner kraftvollen Offenheit feststellen und fügte hinzu-
"Ich halte die Methode, mit der wir Lloyd George zu stürzen versuchen, für falsch.
Jeder direkte Angriff stärkt ihn. Wir kommen ihm nur indirekt dnrch seine poli¬
tischen Gegner bei. Diese müssen wir unterstützen, ohne sie als Patrioten zu dis¬
kreditieren. Dem Realpolitiker Wilson setzen wir am wirksamsten zu, indem wir
den Jdealpolitikcr Wilson gegen ihn ausspielen."

Wie ich damals über den Präsidenten dachte, ergibt sich aus einer Unterlage,
vom 6. August für die. einschlägige Mundprvpaganda.' "Präsident Wilson ist uns
schon wegen seiner Manierenlosigteit gegen unser Kaiserhaus der unsympathischste
unserer vielen Gegner. Die landläufige Ansicht über seine Politik ist die, daß er
aus persönlicher Änglomanie den Krieg mit Deutschland von, Zaune gebrochen
hat und diese Niedertracht durch humanitäre Phrasen zu verschleiern sucht. Trotz
seiner englischen Abstammung ist er doch wohl zunächst Amerikaner. Allerdings
ein Amerikaner mit ausgesprochener Sympathie für England. Außerdem ist er
Professor und Politiker,' welches von beiden im Nebenamt, bleibe dahingestellt.
Um sicher zu gehen, tun wir gut, ihn, ein realpolitisches Programm zu unter-
stellen. Daß bei einen, angelsächsischen Politiker materielle und ideelle Bestre¬
bungen parallel laufen, ist nichts außergewöhnliches. Cromwell lagen Bibel
und' Navigationsakte gleich gut. Im Kubanischen Krieg gingen Philanthropie
und Sugar-Trust Hand in Hand. Der Borwnrf der Hypokrisie dürfte kaum
berechtigt sein. Jedenfalls ist Wilson als Feind todernst zu nehmen. Aus seiner
Feindschaft hat er von vornherein kein Hehl gemacht. Von ihm aus ist nichts
gegen die Hungerblockade und die Waffenlieferungen an die Entente.geschehen.
Er hat die Lage ungeschaffen, die uns zum Unterseebootkrieg zwang. Daß er
seinetwegen in den Krieg eingetreten wäre, ist unwahr. Er fand an ihm einen
Borwand, um unseren Sieg über England zu verhindern. Dies geschah nicht nur
in, englischen, sondern im amerikanischen Interesse. Es erschien zweckmäßig,
mit geringer eigener Gefahr einer deutschen Hegemonie in der alten Welt vorzu¬
beugen. Außerdem bot die Intervention Gelegenheit, London als Weltbank ab¬
zulösen, der Union eine Militärmacht (Heer und Flotte) zu verschaffen und eine


Abriß meiner Haagor Berichterstattung

Programm, Wir haben Rußland oft genug Gelegenheit geboten, sich mit uns zu
verständigen. Es wollte aber nicht. Schließlich haben wir gründlicher gesiegt,
als unserem Interesse entsprach. Jetzt muß man sich mit dem russischen Chaos
irgendwie auseinandersetzen. Ist es England mit den Wilsonschen Kriegszielen
ernst, steht der Verständigung nichts im Wege. Anders, wenn es sich dnrch Ge¬
heimverträge gebunden haben sollte. Deutsches oder verbündetes Gebiet ist nicht
zu haben. Elsaß-Lothringen ist uns in gleichem Maße ein moti me t-engere wie
Belgien für die Gegenseite. Daß wir Belgien nicht behalten wollen, wurde
unumwunden erklärt.' Die Aufregung über den Ausdruck „Faustpfand" ist un-
ehrlich. Die Räumung Belgiens vor Friedensschluß gäbe die rechte Flanke des
besetzten Gebietes in Frankreich preis. Stehen keine territorialen Krieasziele der
Verständigung entgegen, konnte sie durch ideelle verhindert werden. Wie steht es
damit? Wir beanspruchen das Recht, ans unsere Fasson selig zu werden, ohne,
darüber zu vergesse,,, daß wir einen Teil der Menschheitsfamilie ausmachen. Die
Wirklichkeit dem Ideal anzunähern, ist Sache des Realpolitikers. Die Völker
marschieren auf verschiedenen Straßen dein gleichen Ziel entgegen. Politische
Religionen sind bodenständig. Das lasse sich der Meuschheitsmentor in Washing¬
ton gesagt sein. Während er den Realien mehr Rechnung tragen muß wie bis¬
her, empfiehlt sich für uns ein verständnisvolleres Eingehen auf seine Humani¬
tären Ideen. Nur besonders begnadete Menschen besitzen bei der allgemeinen
Kriegspsychose an ihrer Objektivität Masken, die gegen die von der Hetzpresse aller
Länder abgeblasenen Giftschwadcn schützen. Die Entfremdung zwischen den
Völkern ist so weit gediehen, daß ein verständiges Wort leicht überschrien wird.
Möge dieses Echo der Lansdvwneschen Kundgebung trotzdem über deu Kanal
schallen." Am 7. August konnte ich eine günstige Wirkung des Jnterwiews
Hindenburg-Ludendorff mit seiner kraftvollen Offenheit feststellen und fügte hinzu-
„Ich halte die Methode, mit der wir Lloyd George zu stürzen versuchen, für falsch.
Jeder direkte Angriff stärkt ihn. Wir kommen ihm nur indirekt dnrch seine poli¬
tischen Gegner bei. Diese müssen wir unterstützen, ohne sie als Patrioten zu dis¬
kreditieren. Dem Realpolitiker Wilson setzen wir am wirksamsten zu, indem wir
den Jdealpolitikcr Wilson gegen ihn ausspielen."

Wie ich damals über den Präsidenten dachte, ergibt sich aus einer Unterlage,
vom 6. August für die. einschlägige Mundprvpaganda.' „Präsident Wilson ist uns
schon wegen seiner Manierenlosigteit gegen unser Kaiserhaus der unsympathischste
unserer vielen Gegner. Die landläufige Ansicht über seine Politik ist die, daß er
aus persönlicher Änglomanie den Krieg mit Deutschland von, Zaune gebrochen
hat und diese Niedertracht durch humanitäre Phrasen zu verschleiern sucht. Trotz
seiner englischen Abstammung ist er doch wohl zunächst Amerikaner. Allerdings
ein Amerikaner mit ausgesprochener Sympathie für England. Außerdem ist er
Professor und Politiker,' welches von beiden im Nebenamt, bleibe dahingestellt.
Um sicher zu gehen, tun wir gut, ihn, ein realpolitisches Programm zu unter-
stellen. Daß bei einen, angelsächsischen Politiker materielle und ideelle Bestre¬
bungen parallel laufen, ist nichts außergewöhnliches. Cromwell lagen Bibel
und' Navigationsakte gleich gut. Im Kubanischen Krieg gingen Philanthropie
und Sugar-Trust Hand in Hand. Der Borwnrf der Hypokrisie dürfte kaum
berechtigt sein. Jedenfalls ist Wilson als Feind todernst zu nehmen. Aus seiner
Feindschaft hat er von vornherein kein Hehl gemacht. Von ihm aus ist nichts
gegen die Hungerblockade und die Waffenlieferungen an die Entente.geschehen.
Er hat die Lage ungeschaffen, die uns zum Unterseebootkrieg zwang. Daß er
seinetwegen in den Krieg eingetreten wäre, ist unwahr. Er fand an ihm einen
Borwand, um unseren Sieg über England zu verhindern. Dies geschah nicht nur
in, englischen, sondern im amerikanischen Interesse. Es erschien zweckmäßig,
mit geringer eigener Gefahr einer deutschen Hegemonie in der alten Welt vorzu¬
beugen. Außerdem bot die Intervention Gelegenheit, London als Weltbank ab¬
zulösen, der Union eine Militärmacht (Heer und Flotte) zu verschaffen und eine


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[0383] Abriß meiner Haagor Berichterstattung Programm, Wir haben Rußland oft genug Gelegenheit geboten, sich mit uns zu verständigen. Es wollte aber nicht. Schließlich haben wir gründlicher gesiegt, als unserem Interesse entsprach. Jetzt muß man sich mit dem russischen Chaos irgendwie auseinandersetzen. Ist es England mit den Wilsonschen Kriegszielen ernst, steht der Verständigung nichts im Wege. Anders, wenn es sich dnrch Ge¬ heimverträge gebunden haben sollte. Deutsches oder verbündetes Gebiet ist nicht zu haben. Elsaß-Lothringen ist uns in gleichem Maße ein moti me t-engere wie Belgien für die Gegenseite. Daß wir Belgien nicht behalten wollen, wurde unumwunden erklärt.' Die Aufregung über den Ausdruck „Faustpfand" ist un- ehrlich. Die Räumung Belgiens vor Friedensschluß gäbe die rechte Flanke des besetzten Gebietes in Frankreich preis. Stehen keine territorialen Krieasziele der Verständigung entgegen, konnte sie durch ideelle verhindert werden. Wie steht es damit? Wir beanspruchen das Recht, ans unsere Fasson selig zu werden, ohne, darüber zu vergesse,,, daß wir einen Teil der Menschheitsfamilie ausmachen. Die Wirklichkeit dem Ideal anzunähern, ist Sache des Realpolitikers. Die Völker marschieren auf verschiedenen Straßen dein gleichen Ziel entgegen. Politische Religionen sind bodenständig. Das lasse sich der Meuschheitsmentor in Washing¬ ton gesagt sein. Während er den Realien mehr Rechnung tragen muß wie bis¬ her, empfiehlt sich für uns ein verständnisvolleres Eingehen auf seine Humani¬ tären Ideen. Nur besonders begnadete Menschen besitzen bei der allgemeinen Kriegspsychose an ihrer Objektivität Masken, die gegen die von der Hetzpresse aller Länder abgeblasenen Giftschwadcn schützen. Die Entfremdung zwischen den Völkern ist so weit gediehen, daß ein verständiges Wort leicht überschrien wird. Möge dieses Echo der Lansdvwneschen Kundgebung trotzdem über deu Kanal schallen." Am 7. August konnte ich eine günstige Wirkung des Jnterwiews Hindenburg-Ludendorff mit seiner kraftvollen Offenheit feststellen und fügte hinzu- „Ich halte die Methode, mit der wir Lloyd George zu stürzen versuchen, für falsch. Jeder direkte Angriff stärkt ihn. Wir kommen ihm nur indirekt dnrch seine poli¬ tischen Gegner bei. Diese müssen wir unterstützen, ohne sie als Patrioten zu dis¬ kreditieren. Dem Realpolitiker Wilson setzen wir am wirksamsten zu, indem wir den Jdealpolitikcr Wilson gegen ihn ausspielen." Wie ich damals über den Präsidenten dachte, ergibt sich aus einer Unterlage, vom 6. August für die. einschlägige Mundprvpaganda.' „Präsident Wilson ist uns schon wegen seiner Manierenlosigteit gegen unser Kaiserhaus der unsympathischste unserer vielen Gegner. Die landläufige Ansicht über seine Politik ist die, daß er aus persönlicher Änglomanie den Krieg mit Deutschland von, Zaune gebrochen hat und diese Niedertracht durch humanitäre Phrasen zu verschleiern sucht. Trotz seiner englischen Abstammung ist er doch wohl zunächst Amerikaner. Allerdings ein Amerikaner mit ausgesprochener Sympathie für England. Außerdem ist er Professor und Politiker,' welches von beiden im Nebenamt, bleibe dahingestellt. Um sicher zu gehen, tun wir gut, ihn, ein realpolitisches Programm zu unter- stellen. Daß bei einen, angelsächsischen Politiker materielle und ideelle Bestre¬ bungen parallel laufen, ist nichts außergewöhnliches. Cromwell lagen Bibel und' Navigationsakte gleich gut. Im Kubanischen Krieg gingen Philanthropie und Sugar-Trust Hand in Hand. Der Borwnrf der Hypokrisie dürfte kaum berechtigt sein. Jedenfalls ist Wilson als Feind todernst zu nehmen. Aus seiner Feindschaft hat er von vornherein kein Hehl gemacht. Von ihm aus ist nichts gegen die Hungerblockade und die Waffenlieferungen an die Entente.geschehen. Er hat die Lage ungeschaffen, die uns zum Unterseebootkrieg zwang. Daß er seinetwegen in den Krieg eingetreten wäre, ist unwahr. Er fand an ihm einen Borwand, um unseren Sieg über England zu verhindern. Dies geschah nicht nur in, englischen, sondern im amerikanischen Interesse. Es erschien zweckmäßig, mit geringer eigener Gefahr einer deutschen Hegemonie in der alten Welt vorzu¬ beugen. Außerdem bot die Intervention Gelegenheit, London als Weltbank ab¬ zulösen, der Union eine Militärmacht (Heer und Flotte) zu verschaffen und eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/383>, abgerufen am 20.10.2024.