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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Wirkungen des Krieges auf Gstafien

bei dem in den vorausgegangenen Monaten die japanische Besatzung und Kolonie,
einschließlich des Konsuls, durch russische Bolschewismen ums Leben gebracht waren,
besetzen müsse, in dieser neuen Weise bezeichnet. Da die Eisverhältnisse damals
die Landung in Nikolajewsk noch nicht gestatteten, beschränkte sich Japan zunächst
auf die Besetzung des russischen Teils der Insel, so daß jetzt die ganze Insel --
ungeachtet des Einspruchs der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika --
tatsächlich unter japanischer Herrschaft steht.

Sachalin war schon bis zum Jahre 1875 von Japan beansprucht, wurde
aber damals an Rußland im Tausch gegen Anerkennung der japanischen Herr¬
schaft über die südlich davon nach Japan laufende Inselreihe der Kurilen Japan
überlassen. Im Kriege mit Rußland 1904/05 gewann Japan die Südhälfte der
Insel zurück und hat seitdem diesen Teil mit beträchtlichen Opfern zu erschließen
und zu kolonisieren sich bemüht. Die japanische Einwohnerzahl ist in der seitdem
verflossenen Zeit von 1200 auf 36 000 (1911) gestiegen. Wirtschaftlich wichtiger
als der Besitz der Insel, deren Klima für japanische Gewöhnung sehr rauh ist,
sind für Japan die Fischgründe der umliegenden Gewässer. Auf Grund des
Friedensvertrages von Portsmonth, der den japanischen Staatsangehörigen hin¬
sichtlich der Fischerei an der sibirischen Küste -- einige Striche ausgenommen --
die gleichen Rechte wie den russischen einräumt, sicherte ein späteres besonderes
Fischereiabkommen mit Rußland von 1907 den Japanern die Erwerbung und
Ausübung solcher Fischereigercchtigkeiten. Schon im Jahre 1913 waren von 128
Fischereigerechtigkeiten auf Russisch-Sachalin und Kamtschatka 110 an Japaner
verpachtet, und bei weitem das meiste des Fischfangs der dortigen Gewässer ging
nicht nach russischen sondern nach japanischen Häfen. Diese waren und sind auch
durch eine weit zahlreichere Fischerflotte und durch Dampfer mit Sachalin ver¬
bunden, und im letzten Winter wurde sogar eine regelmäßige Dampferverbindung
mittels Eisbrechers von Japan nach Sachalin eingerichtet.

Ähnliche wirtschaftliche Gründe wie für Nordsachalin werden von japanischer
Seite für die weiter nördlich gelegene Halbinsel Kamtschatka geltend gemacht,
und mit nicht geringer Berechtigung, wenn die vom Handelsamt in Washington
im vorigen Jahre veröffentlichten Zahlen richtig sind, wonach dort von den 152
Fischereistationen der Westküste 143 in japanischer und nur 9 in russischer Pacht
waren und von dein Fischfang 90 Prozent "ach Japan und nur 10 Prozent nach
Rußland gingen, während von'dem Fischfang der OsWste 76 Prozent nach Japan
und 24 Prozent nach Rußland gingen. Geographisch freilich hat Japan .zur
Kamtschatka-Halbinsel nur insofern' Beziehungen, als fast unmittelbar von ihrer
Südspitze aus die japanischen Kurilen, das Ochotskische Meer nach Osten ab¬
schließend, bis an die Nordspitze Japans (des Hokkaido) reichen. Derartige geo¬
graphische Gründe sprechen jedoch auch zugunsten Amerikas, da eine ähnliche Insel¬
kette -- die Aleuten -- vou Kamtschatka nach Alaska führt und die Nordostkttste
des asiatischen Festlands, deren Ausläufer nach Süden die Kamtschatka-Halb¬
insel bildet, nur durch die Beringstraße vom amerikanischen Alaska getrennt ist.
So erregte es denn nicht wenig Aufsehen, als im Laufe des vergangenen Jahres
Nachrichten erschiene", wonach jener ganze Teil Ostsibiriens, östlich vom 160. Längen¬
grade, einschließlich der zum Teil noch westlich dieses Längengrades liegenden Halbinsel
Kamschatka, seitens der Moskaner Sowjetregierung auf 60 Jahre an einen


Wirkungen des Krieges auf Gstafien

bei dem in den vorausgegangenen Monaten die japanische Besatzung und Kolonie,
einschließlich des Konsuls, durch russische Bolschewismen ums Leben gebracht waren,
besetzen müsse, in dieser neuen Weise bezeichnet. Da die Eisverhältnisse damals
die Landung in Nikolajewsk noch nicht gestatteten, beschränkte sich Japan zunächst
auf die Besetzung des russischen Teils der Insel, so daß jetzt die ganze Insel —
ungeachtet des Einspruchs der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika —
tatsächlich unter japanischer Herrschaft steht.

Sachalin war schon bis zum Jahre 1875 von Japan beansprucht, wurde
aber damals an Rußland im Tausch gegen Anerkennung der japanischen Herr¬
schaft über die südlich davon nach Japan laufende Inselreihe der Kurilen Japan
überlassen. Im Kriege mit Rußland 1904/05 gewann Japan die Südhälfte der
Insel zurück und hat seitdem diesen Teil mit beträchtlichen Opfern zu erschließen
und zu kolonisieren sich bemüht. Die japanische Einwohnerzahl ist in der seitdem
verflossenen Zeit von 1200 auf 36 000 (1911) gestiegen. Wirtschaftlich wichtiger
als der Besitz der Insel, deren Klima für japanische Gewöhnung sehr rauh ist,
sind für Japan die Fischgründe der umliegenden Gewässer. Auf Grund des
Friedensvertrages von Portsmonth, der den japanischen Staatsangehörigen hin¬
sichtlich der Fischerei an der sibirischen Küste — einige Striche ausgenommen —
die gleichen Rechte wie den russischen einräumt, sicherte ein späteres besonderes
Fischereiabkommen mit Rußland von 1907 den Japanern die Erwerbung und
Ausübung solcher Fischereigercchtigkeiten. Schon im Jahre 1913 waren von 128
Fischereigerechtigkeiten auf Russisch-Sachalin und Kamtschatka 110 an Japaner
verpachtet, und bei weitem das meiste des Fischfangs der dortigen Gewässer ging
nicht nach russischen sondern nach japanischen Häfen. Diese waren und sind auch
durch eine weit zahlreichere Fischerflotte und durch Dampfer mit Sachalin ver¬
bunden, und im letzten Winter wurde sogar eine regelmäßige Dampferverbindung
mittels Eisbrechers von Japan nach Sachalin eingerichtet.

Ähnliche wirtschaftliche Gründe wie für Nordsachalin werden von japanischer
Seite für die weiter nördlich gelegene Halbinsel Kamtschatka geltend gemacht,
und mit nicht geringer Berechtigung, wenn die vom Handelsamt in Washington
im vorigen Jahre veröffentlichten Zahlen richtig sind, wonach dort von den 152
Fischereistationen der Westküste 143 in japanischer und nur 9 in russischer Pacht
waren und von dein Fischfang 90 Prozent »ach Japan und nur 10 Prozent nach
Rußland gingen, während von'dem Fischfang der OsWste 76 Prozent nach Japan
und 24 Prozent nach Rußland gingen. Geographisch freilich hat Japan .zur
Kamtschatka-Halbinsel nur insofern' Beziehungen, als fast unmittelbar von ihrer
Südspitze aus die japanischen Kurilen, das Ochotskische Meer nach Osten ab¬
schließend, bis an die Nordspitze Japans (des Hokkaido) reichen. Derartige geo¬
graphische Gründe sprechen jedoch auch zugunsten Amerikas, da eine ähnliche Insel¬
kette — die Aleuten — vou Kamtschatka nach Alaska führt und die Nordostkttste
des asiatischen Festlands, deren Ausläufer nach Süden die Kamtschatka-Halb¬
insel bildet, nur durch die Beringstraße vom amerikanischen Alaska getrennt ist.
So erregte es denn nicht wenig Aufsehen, als im Laufe des vergangenen Jahres
Nachrichten erschiene», wonach jener ganze Teil Ostsibiriens, östlich vom 160. Längen¬
grade, einschließlich der zum Teil noch westlich dieses Längengrades liegenden Halbinsel
Kamschatka, seitens der Moskaner Sowjetregierung auf 60 Jahre an einen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/45>, abgerufen am 23.12.2024.