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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Das Kartenspiel um Vbcrschlesien

Bald nach der Abstimmung sprach ich mit einem Bekenner der sozialdemo¬
kratischen Lehre und Mitgliede der sozialdsmokraüschen Partei über Arbeiten, die
gemacht werden müßten, um dem deutschen Recht auf Oberschlesien zur Anerken¬
nung zu verhelfen, und über Mittel, der wüsten, alle Tatsachen verkehrenden
polnisch-französischen Meinungsmache entgegenzutreten. Dabei äußerte dieser
Herr gelegentlich, viele hielten ja allerdings solche Bemühungen für gänzlich über¬
flüssig, weil dieEntscheidung dochdurchHandgranaten herbei¬
geführt würde. Ich entgegnete ihm: Der Meinung bin ich allerdings auch,
und bleibe es nach allen Erfahrungen der Geschichte. Aber n i es t s d e se o w mi g e r
ist es unsere Pflicht, um dieser Entscheidung willen für unser deutsches
Recht mit allen Gründen der Vernunft zu streiten. Es sind
die einzigen Waffen, die auch dem gänzlich wehrlosen Volk nicht genommen
werden können; mit ihnen muß daher jeden Tag und jede Stunde gekämpft
werden, bis unsere Feinde den Kampf aufgeben, weil sie den festen Widerstand
Deutschlands spüren, sich nicht mehr weiter vernichten zu lassen. Ein Teil solcher
Kampfarbeit für unser Recht möchte auch dieser Aufsatz sein. Damals war der
Korfanty-Aufstand noch nicht da; aber kommen sah ihn jeder, der die Ereignisse
mit sehenden Augen und klarem Verstände verfolgt hatte. Für diesen Fall sprach
ich die Hoffnung aus, daß die Deutschen solcher Gewalt zu begegnen wissen
würden. Jetzt haben die Handgranaten gesprochen. Daß wi<Oberschlesien nicht
schon ganz los sind, haben wir einzig den tapferen deutschen Männern des Ober-
schlesischen Selbstschutzes zu verdanken. Heikle beginnen die "Räumungs- und
Säuberungsbewegungen". Wird deutsches Vertrauen wieder getäuscht werden?
Wird der doch schließlich vereinbarte Rückzug, zu dem die Negierung trotz allem
gedrängt hat, wird dieser Rückzug der Deutschen nur die Einleitung zu einer
Teilung Oberschlesiens sein? Es wäre himmelschreiend.

Darum heißt es wirken, so lange es Tag ist, und gegen die falschen Vor¬
spiegelungen ankämpfen, mit denen die Polen und Franzosen ihren Raub an
deutschem Lande vorzubereiten und zu rechtfertigen trachten. Das Kartenspiel
um Oberschlesien geht von neuem los, sobald sich der "Oberste Rat" wieder zu¬
sammensetzt, um über Oberschlesiens Schicksal zu entscheiden. Die deutsche
Regierung muß die deutschen Trumpfkarten an die rechten Stellen
und in die rechten Hände bringen, auf daß sie von der Wirklichkeit und
Wahrheit dös deutschen Rechtes auf Oberschlesien zeugen.

Und ein letzter Wunsch: In jede unserer Schulen, von der einfachsten bis
zur höchsten, gehört eine solche Karte von der oberschlesischen Abstimmung. Nie
darf im deutschen Volke vergessen werden, welche Herabwürdigung dem Deutschen
Reiche schon in der bloßen Zumutung widerfuhr, durch Abstimmung erst noch
unser Recht zu erweisen, das durch die jahrhundertelange deutsche Kulturarbeit
in Oberschlesien längst einwandfrei festgestanden hat, unser Recht auf ein Gebiet,
für das Polen nie etwas getan hat, das alles, was es ist, durch Deutschland ist.
Wir sind in diese Abstimmungsschmach gestoßen worden, und die Abstimmung
hat unser gutes altes Recht aufs neue bestätigt. An uns ist es nunmehr, aus
den Abstimmungskarten von Oberschlesien das Erziehungsmittel zuri?
nationalen Gesinnung zu machen, das sie sein können. Und dazu müssen
noch entsprechende Karten über unsere anderen deutschen Grenzmarken kommen-


Das Kartenspiel um Vbcrschlesien

Bald nach der Abstimmung sprach ich mit einem Bekenner der sozialdemo¬
kratischen Lehre und Mitgliede der sozialdsmokraüschen Partei über Arbeiten, die
gemacht werden müßten, um dem deutschen Recht auf Oberschlesien zur Anerken¬
nung zu verhelfen, und über Mittel, der wüsten, alle Tatsachen verkehrenden
polnisch-französischen Meinungsmache entgegenzutreten. Dabei äußerte dieser
Herr gelegentlich, viele hielten ja allerdings solche Bemühungen für gänzlich über¬
flüssig, weil dieEntscheidung dochdurchHandgranaten herbei¬
geführt würde. Ich entgegnete ihm: Der Meinung bin ich allerdings auch,
und bleibe es nach allen Erfahrungen der Geschichte. Aber n i es t s d e se o w mi g e r
ist es unsere Pflicht, um dieser Entscheidung willen für unser deutsches
Recht mit allen Gründen der Vernunft zu streiten. Es sind
die einzigen Waffen, die auch dem gänzlich wehrlosen Volk nicht genommen
werden können; mit ihnen muß daher jeden Tag und jede Stunde gekämpft
werden, bis unsere Feinde den Kampf aufgeben, weil sie den festen Widerstand
Deutschlands spüren, sich nicht mehr weiter vernichten zu lassen. Ein Teil solcher
Kampfarbeit für unser Recht möchte auch dieser Aufsatz sein. Damals war der
Korfanty-Aufstand noch nicht da; aber kommen sah ihn jeder, der die Ereignisse
mit sehenden Augen und klarem Verstände verfolgt hatte. Für diesen Fall sprach
ich die Hoffnung aus, daß die Deutschen solcher Gewalt zu begegnen wissen
würden. Jetzt haben die Handgranaten gesprochen. Daß wi<Oberschlesien nicht
schon ganz los sind, haben wir einzig den tapferen deutschen Männern des Ober-
schlesischen Selbstschutzes zu verdanken. Heikle beginnen die „Räumungs- und
Säuberungsbewegungen". Wird deutsches Vertrauen wieder getäuscht werden?
Wird der doch schließlich vereinbarte Rückzug, zu dem die Negierung trotz allem
gedrängt hat, wird dieser Rückzug der Deutschen nur die Einleitung zu einer
Teilung Oberschlesiens sein? Es wäre himmelschreiend.

Darum heißt es wirken, so lange es Tag ist, und gegen die falschen Vor¬
spiegelungen ankämpfen, mit denen die Polen und Franzosen ihren Raub an
deutschem Lande vorzubereiten und zu rechtfertigen trachten. Das Kartenspiel
um Oberschlesien geht von neuem los, sobald sich der „Oberste Rat" wieder zu¬
sammensetzt, um über Oberschlesiens Schicksal zu entscheiden. Die deutsche
Regierung muß die deutschen Trumpfkarten an die rechten Stellen
und in die rechten Hände bringen, auf daß sie von der Wirklichkeit und
Wahrheit dös deutschen Rechtes auf Oberschlesien zeugen.

Und ein letzter Wunsch: In jede unserer Schulen, von der einfachsten bis
zur höchsten, gehört eine solche Karte von der oberschlesischen Abstimmung. Nie
darf im deutschen Volke vergessen werden, welche Herabwürdigung dem Deutschen
Reiche schon in der bloßen Zumutung widerfuhr, durch Abstimmung erst noch
unser Recht zu erweisen, das durch die jahrhundertelange deutsche Kulturarbeit
in Oberschlesien längst einwandfrei festgestanden hat, unser Recht auf ein Gebiet,
für das Polen nie etwas getan hat, das alles, was es ist, durch Deutschland ist.
Wir sind in diese Abstimmungsschmach gestoßen worden, und die Abstimmung
hat unser gutes altes Recht aufs neue bestätigt. An uns ist es nunmehr, aus
den Abstimmungskarten von Oberschlesien das Erziehungsmittel zuri?
nationalen Gesinnung zu machen, das sie sein können. Und dazu müssen
noch entsprechende Karten über unsere anderen deutschen Grenzmarken kommen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/40>, abgerufen am 23.12.2024.