Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Weltspiegel

zweete von amtlicher wie privater Seite ausgegeben. Ist man sich bewußt, daß
man durch derartige bürokratische Schikanen, die vielleicht nicht einmal gegen den
"Matin" selbst, sondern nach echter deutscher Art vor allem gegen Deutsche ge¬
richtet sind, die Ergebnisse solcher Arbeit wieder zunichte machen kann? Gewiß
ist der "Matin" kein deutschfreundliches Blatt; da wir aber die Franzosen nicht
hindern können, in Deutschland nach ihrem Belieben herumzureisen und in welchem
Sinne immer zu berichten, hat es nicht den geringsten Zweck, in ihrem Lande
einflußreichen Journalisten unnötige Schwierigkeiten zu bereiten.

Die Verhandlungen zwischen England und Irland haben noch immer kein
Ergebnis gezeitigt, und es hat den Anschein, als ob der an vielen Stellen vor¬
handene gute Wille zu einer beiderseits annehmbaren Einigung zu kommen, von
wenigen Unentwegten und Mißtrauischen lahmgelegt wird. Doch verrät der letzte
irische Vorschlag, der laut "Hort World" dahin geht, daß Irland Ulster alle
Privilegien geben wird, die ihm selbst durch das Homerulegesetz gegeben wurden,
daß man an ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen auch auf irischer Seite
nicht recht glauben will und sich hütenmöchte, den Bogenzuüberspannen. Die Schwierig¬
keit beruht im wesentlichen darauf, daß nicht einfach Gegner gegen Gegner steht,
sondern beide Parteien ihrerseits noch einen gemeinsamen Gegner: Ulster, der sich
sowohl allen extremen Vorschlägen wie allen Kompromissen widersetzt, vor oder
zwischen sich haben. Wie nötig England eine baldige Einigung braucht, zeigen
die Betrachtungen des "Star" vom 8. September über die Entwicklung des noch
immer unter den Folgen des Kohlenstreiks leidenden britischen und des deutschen
Handels. Während der Umfang des englischen Überseehandels unter die Hälfte
des Betrages des vorjährigen gesunken sei (von 114 Millionen Pfund auf
51 Millionen bei einer Einfuhr von 88 Millionen Pfund für August 1921 und
64 Millionen Pfund für August 1920) werde die deutsche Industrie derartig mit
Aufträgen überschwemmt, daß zahlreiche Branchen nicht in der Lage seien, weitere
Aufträge anzunehmen. Bedrohlicher erscheint diese Statistik noch, wenn man die
Einzelheiten betrachtet. So zeigt für den Monat August im Vergleich mit dem
gleichen Monat vorigen Jahres die Ausfuhr von Kohlen eine Verminderung von
über zwei Millionen Pfund Sterling, die von Eisen- und Stahlwaren von neun,
die von Baumwollwaren von fast 25 Millionen und die von Wolle von fast
acht Millionen Pfund.

Diese bedrängte Lage hat übrigens die englische Außenpolitik nicht ge¬
hindert, ihre Vorbereitungen für die Washingtoner Konferenz mit großer Umsicht
und anscheinend mit viel Erfolg zu treffen. Dabei hat die Annahme, daß Lord
Northcliffe eine sehr bedeutende Rolle gespielt hat, viel Wahrscheinlichkeit für sich.
Der ungewöhnliche Zwischenfall der "Times" wäre sonach nur als ein Manöver
zu hundelt gewesen, die Unabhängigkeit Northcliffes von der offiziellen englischen
Regierungspolitik in auffälliger Weise darzutun. Wie dem aber auch sei, jeden¬
falls bedeutet die amerikanische Einwilligung in (an sich ganz selbstverständliche
und allgemein übliche) Vorverhandlungen, die zunächst von Amerika abgelehnt
wurden, einen Erfolg Englands, das die Gegensätze zwischen Washington und
Tokio zu seinem Vorteil auszunutzen versteht und hier vielleicht ein ähnliches
Spiel zu spielen versucht, wie auf dem Kontinent mit Frankreich und Deutsch¬
land. Der Leidtragende dabei ist zunächst Japan, welches die Nachricht von
Vorverhandlungen mit großer Überraschung aufgenommen hat und jetzt fürchtet,
daß die Abrüstungsvorschläge dahin lauten werden, Japan müsse sich mit einer
Kriegsflotte begnügen, die zu der amerikanischen in einem Verhältnis von 2:3
stehe. Dem britischen Inselreich dagegen wird "Daily Expreß" zufolge eine Aus¬
nahmestellung zuerkannt, über deren praktische Folgen man sich mit Leichtigkeit
werde einigen können. Soweit man absehen kann, wird also von englischer Seite
versucht werden, auf Japan einen Druck auszuüben. Dieses Spiel wird sich,
wenn die Amerikaner nicht Augen und Ohren offen halten, noch häufig genug
wiederholen. England wird bald verbunden mit Amerika gegen Japan, bald
verbunden mit Japan gegen Amerika flehen und mit Sicherheit daraus rechnen


Weltspiegel

zweete von amtlicher wie privater Seite ausgegeben. Ist man sich bewußt, daß
man durch derartige bürokratische Schikanen, die vielleicht nicht einmal gegen den
„Matin" selbst, sondern nach echter deutscher Art vor allem gegen Deutsche ge¬
richtet sind, die Ergebnisse solcher Arbeit wieder zunichte machen kann? Gewiß
ist der „Matin" kein deutschfreundliches Blatt; da wir aber die Franzosen nicht
hindern können, in Deutschland nach ihrem Belieben herumzureisen und in welchem
Sinne immer zu berichten, hat es nicht den geringsten Zweck, in ihrem Lande
einflußreichen Journalisten unnötige Schwierigkeiten zu bereiten.

Die Verhandlungen zwischen England und Irland haben noch immer kein
Ergebnis gezeitigt, und es hat den Anschein, als ob der an vielen Stellen vor¬
handene gute Wille zu einer beiderseits annehmbaren Einigung zu kommen, von
wenigen Unentwegten und Mißtrauischen lahmgelegt wird. Doch verrät der letzte
irische Vorschlag, der laut „Hort World" dahin geht, daß Irland Ulster alle
Privilegien geben wird, die ihm selbst durch das Homerulegesetz gegeben wurden,
daß man an ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen auch auf irischer Seite
nicht recht glauben will und sich hütenmöchte, den Bogenzuüberspannen. Die Schwierig¬
keit beruht im wesentlichen darauf, daß nicht einfach Gegner gegen Gegner steht,
sondern beide Parteien ihrerseits noch einen gemeinsamen Gegner: Ulster, der sich
sowohl allen extremen Vorschlägen wie allen Kompromissen widersetzt, vor oder
zwischen sich haben. Wie nötig England eine baldige Einigung braucht, zeigen
die Betrachtungen des „Star" vom 8. September über die Entwicklung des noch
immer unter den Folgen des Kohlenstreiks leidenden britischen und des deutschen
Handels. Während der Umfang des englischen Überseehandels unter die Hälfte
des Betrages des vorjährigen gesunken sei (von 114 Millionen Pfund auf
51 Millionen bei einer Einfuhr von 88 Millionen Pfund für August 1921 und
64 Millionen Pfund für August 1920) werde die deutsche Industrie derartig mit
Aufträgen überschwemmt, daß zahlreiche Branchen nicht in der Lage seien, weitere
Aufträge anzunehmen. Bedrohlicher erscheint diese Statistik noch, wenn man die
Einzelheiten betrachtet. So zeigt für den Monat August im Vergleich mit dem
gleichen Monat vorigen Jahres die Ausfuhr von Kohlen eine Verminderung von
über zwei Millionen Pfund Sterling, die von Eisen- und Stahlwaren von neun,
die von Baumwollwaren von fast 25 Millionen und die von Wolle von fast
acht Millionen Pfund.

Diese bedrängte Lage hat übrigens die englische Außenpolitik nicht ge¬
hindert, ihre Vorbereitungen für die Washingtoner Konferenz mit großer Umsicht
und anscheinend mit viel Erfolg zu treffen. Dabei hat die Annahme, daß Lord
Northcliffe eine sehr bedeutende Rolle gespielt hat, viel Wahrscheinlichkeit für sich.
Der ungewöhnliche Zwischenfall der „Times" wäre sonach nur als ein Manöver
zu hundelt gewesen, die Unabhängigkeit Northcliffes von der offiziellen englischen
Regierungspolitik in auffälliger Weise darzutun. Wie dem aber auch sei, jeden¬
falls bedeutet die amerikanische Einwilligung in (an sich ganz selbstverständliche
und allgemein übliche) Vorverhandlungen, die zunächst von Amerika abgelehnt
wurden, einen Erfolg Englands, das die Gegensätze zwischen Washington und
Tokio zu seinem Vorteil auszunutzen versteht und hier vielleicht ein ähnliches
Spiel zu spielen versucht, wie auf dem Kontinent mit Frankreich und Deutsch¬
land. Der Leidtragende dabei ist zunächst Japan, welches die Nachricht von
Vorverhandlungen mit großer Überraschung aufgenommen hat und jetzt fürchtet,
daß die Abrüstungsvorschläge dahin lauten werden, Japan müsse sich mit einer
Kriegsflotte begnügen, die zu der amerikanischen in einem Verhältnis von 2:3
stehe. Dem britischen Inselreich dagegen wird „Daily Expreß" zufolge eine Aus¬
nahmestellung zuerkannt, über deren praktische Folgen man sich mit Leichtigkeit
werde einigen können. Soweit man absehen kann, wird also von englischer Seite
versucht werden, auf Japan einen Druck auszuüben. Dieses Spiel wird sich,
wenn die Amerikaner nicht Augen und Ohren offen halten, noch häufig genug
wiederholen. England wird bald verbunden mit Amerika gegen Japan, bald
verbunden mit Japan gegen Amerika flehen und mit Sicherheit daraus rechnen


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339507"/>
          <fw type="header" place="top"> Weltspiegel</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1513" prev="#ID_1512"> zweete von amtlicher wie privater Seite ausgegeben. Ist man sich bewußt, daß<lb/>
man durch derartige bürokratische Schikanen, die vielleicht nicht einmal gegen den<lb/>
&#x201E;Matin" selbst, sondern nach echter deutscher Art vor allem gegen Deutsche ge¬<lb/>
richtet sind, die Ergebnisse solcher Arbeit wieder zunichte machen kann? Gewiß<lb/>
ist der &#x201E;Matin" kein deutschfreundliches Blatt; da wir aber die Franzosen nicht<lb/>
hindern können, in Deutschland nach ihrem Belieben herumzureisen und in welchem<lb/>
Sinne immer zu berichten, hat es nicht den geringsten Zweck, in ihrem Lande<lb/>
einflußreichen Journalisten unnötige Schwierigkeiten zu bereiten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1514"> Die Verhandlungen zwischen England und Irland haben noch immer kein<lb/>
Ergebnis gezeitigt, und es hat den Anschein, als ob der an vielen Stellen vor¬<lb/>
handene gute Wille zu einer beiderseits annehmbaren Einigung zu kommen, von<lb/>
wenigen Unentwegten und Mißtrauischen lahmgelegt wird. Doch verrät der letzte<lb/>
irische Vorschlag, der laut &#x201E;Hort World" dahin geht, daß Irland Ulster alle<lb/>
Privilegien geben wird, die ihm selbst durch das Homerulegesetz gegeben wurden,<lb/>
daß man an ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen auch auf irischer Seite<lb/>
nicht recht glauben will und sich hütenmöchte, den Bogenzuüberspannen. Die Schwierig¬<lb/>
keit beruht im wesentlichen darauf, daß nicht einfach Gegner gegen Gegner steht,<lb/>
sondern beide Parteien ihrerseits noch einen gemeinsamen Gegner: Ulster, der sich<lb/>
sowohl allen extremen Vorschlägen wie allen Kompromissen widersetzt, vor oder<lb/>
zwischen sich haben. Wie nötig England eine baldige Einigung braucht, zeigen<lb/>
die Betrachtungen des &#x201E;Star" vom 8. September über die Entwicklung des noch<lb/>
immer unter den Folgen des Kohlenstreiks leidenden britischen und des deutschen<lb/>
Handels. Während der Umfang des englischen Überseehandels unter die Hälfte<lb/>
des Betrages des vorjährigen gesunken sei (von 114 Millionen Pfund auf<lb/>
51 Millionen bei einer Einfuhr von 88 Millionen Pfund für August 1921 und<lb/>
64 Millionen Pfund für August 1920) werde die deutsche Industrie derartig mit<lb/>
Aufträgen überschwemmt, daß zahlreiche Branchen nicht in der Lage seien, weitere<lb/>
Aufträge anzunehmen. Bedrohlicher erscheint diese Statistik noch, wenn man die<lb/>
Einzelheiten betrachtet. So zeigt für den Monat August im Vergleich mit dem<lb/>
gleichen Monat vorigen Jahres die Ausfuhr von Kohlen eine Verminderung von<lb/>
über zwei Millionen Pfund Sterling, die von Eisen- und Stahlwaren von neun,<lb/>
die von Baumwollwaren von fast 25 Millionen und die von Wolle von fast<lb/>
acht Millionen Pfund.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1515" next="#ID_1516"> Diese bedrängte Lage hat übrigens die englische Außenpolitik nicht ge¬<lb/>
hindert, ihre Vorbereitungen für die Washingtoner Konferenz mit großer Umsicht<lb/>
und anscheinend mit viel Erfolg zu treffen. Dabei hat die Annahme, daß Lord<lb/>
Northcliffe eine sehr bedeutende Rolle gespielt hat, viel Wahrscheinlichkeit für sich.<lb/>
Der ungewöhnliche Zwischenfall der &#x201E;Times" wäre sonach nur als ein Manöver<lb/>
zu hundelt gewesen, die Unabhängigkeit Northcliffes von der offiziellen englischen<lb/>
Regierungspolitik in auffälliger Weise darzutun. Wie dem aber auch sei, jeden¬<lb/>
falls bedeutet die amerikanische Einwilligung in (an sich ganz selbstverständliche<lb/>
und allgemein übliche) Vorverhandlungen, die zunächst von Amerika abgelehnt<lb/>
wurden, einen Erfolg Englands, das die Gegensätze zwischen Washington und<lb/>
Tokio zu seinem Vorteil auszunutzen versteht und hier vielleicht ein ähnliches<lb/>
Spiel zu spielen versucht, wie auf dem Kontinent mit Frankreich und Deutsch¬<lb/>
land. Der Leidtragende dabei ist zunächst Japan, welches die Nachricht von<lb/>
Vorverhandlungen mit großer Überraschung aufgenommen hat und jetzt fürchtet,<lb/>
daß die Abrüstungsvorschläge dahin lauten werden, Japan müsse sich mit einer<lb/>
Kriegsflotte begnügen, die zu der amerikanischen in einem Verhältnis von 2:3<lb/>
stehe. Dem britischen Inselreich dagegen wird &#x201E;Daily Expreß" zufolge eine Aus¬<lb/>
nahmestellung zuerkannt, über deren praktische Folgen man sich mit Leichtigkeit<lb/>
werde einigen können. Soweit man absehen kann, wird also von englischer Seite<lb/>
versucht werden, auf Japan einen Druck auszuüben. Dieses Spiel wird sich,<lb/>
wenn die Amerikaner nicht Augen und Ohren offen halten, noch häufig genug<lb/>
wiederholen. England wird bald verbunden mit Amerika gegen Japan, bald<lb/>
verbunden mit Japan gegen Amerika flehen und mit Sicherheit daraus rechnen</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0358] Weltspiegel zweete von amtlicher wie privater Seite ausgegeben. Ist man sich bewußt, daß man durch derartige bürokratische Schikanen, die vielleicht nicht einmal gegen den „Matin" selbst, sondern nach echter deutscher Art vor allem gegen Deutsche ge¬ richtet sind, die Ergebnisse solcher Arbeit wieder zunichte machen kann? Gewiß ist der „Matin" kein deutschfreundliches Blatt; da wir aber die Franzosen nicht hindern können, in Deutschland nach ihrem Belieben herumzureisen und in welchem Sinne immer zu berichten, hat es nicht den geringsten Zweck, in ihrem Lande einflußreichen Journalisten unnötige Schwierigkeiten zu bereiten. Die Verhandlungen zwischen England und Irland haben noch immer kein Ergebnis gezeitigt, und es hat den Anschein, als ob der an vielen Stellen vor¬ handene gute Wille zu einer beiderseits annehmbaren Einigung zu kommen, von wenigen Unentwegten und Mißtrauischen lahmgelegt wird. Doch verrät der letzte irische Vorschlag, der laut „Hort World" dahin geht, daß Irland Ulster alle Privilegien geben wird, die ihm selbst durch das Homerulegesetz gegeben wurden, daß man an ein endgültiges Scheitern der Verhandlungen auch auf irischer Seite nicht recht glauben will und sich hütenmöchte, den Bogenzuüberspannen. Die Schwierig¬ keit beruht im wesentlichen darauf, daß nicht einfach Gegner gegen Gegner steht, sondern beide Parteien ihrerseits noch einen gemeinsamen Gegner: Ulster, der sich sowohl allen extremen Vorschlägen wie allen Kompromissen widersetzt, vor oder zwischen sich haben. Wie nötig England eine baldige Einigung braucht, zeigen die Betrachtungen des „Star" vom 8. September über die Entwicklung des noch immer unter den Folgen des Kohlenstreiks leidenden britischen und des deutschen Handels. Während der Umfang des englischen Überseehandels unter die Hälfte des Betrages des vorjährigen gesunken sei (von 114 Millionen Pfund auf 51 Millionen bei einer Einfuhr von 88 Millionen Pfund für August 1921 und 64 Millionen Pfund für August 1920) werde die deutsche Industrie derartig mit Aufträgen überschwemmt, daß zahlreiche Branchen nicht in der Lage seien, weitere Aufträge anzunehmen. Bedrohlicher erscheint diese Statistik noch, wenn man die Einzelheiten betrachtet. So zeigt für den Monat August im Vergleich mit dem gleichen Monat vorigen Jahres die Ausfuhr von Kohlen eine Verminderung von über zwei Millionen Pfund Sterling, die von Eisen- und Stahlwaren von neun, die von Baumwollwaren von fast 25 Millionen und die von Wolle von fast acht Millionen Pfund. Diese bedrängte Lage hat übrigens die englische Außenpolitik nicht ge¬ hindert, ihre Vorbereitungen für die Washingtoner Konferenz mit großer Umsicht und anscheinend mit viel Erfolg zu treffen. Dabei hat die Annahme, daß Lord Northcliffe eine sehr bedeutende Rolle gespielt hat, viel Wahrscheinlichkeit für sich. Der ungewöhnliche Zwischenfall der „Times" wäre sonach nur als ein Manöver zu hundelt gewesen, die Unabhängigkeit Northcliffes von der offiziellen englischen Regierungspolitik in auffälliger Weise darzutun. Wie dem aber auch sei, jeden¬ falls bedeutet die amerikanische Einwilligung in (an sich ganz selbstverständliche und allgemein übliche) Vorverhandlungen, die zunächst von Amerika abgelehnt wurden, einen Erfolg Englands, das die Gegensätze zwischen Washington und Tokio zu seinem Vorteil auszunutzen versteht und hier vielleicht ein ähnliches Spiel zu spielen versucht, wie auf dem Kontinent mit Frankreich und Deutsch¬ land. Der Leidtragende dabei ist zunächst Japan, welches die Nachricht von Vorverhandlungen mit großer Überraschung aufgenommen hat und jetzt fürchtet, daß die Abrüstungsvorschläge dahin lauten werden, Japan müsse sich mit einer Kriegsflotte begnügen, die zu der amerikanischen in einem Verhältnis von 2:3 stehe. Dem britischen Inselreich dagegen wird „Daily Expreß" zufolge eine Aus¬ nahmestellung zuerkannt, über deren praktische Folgen man sich mit Leichtigkeit werde einigen können. Soweit man absehen kann, wird also von englischer Seite versucht werden, auf Japan einen Druck auszuüben. Dieses Spiel wird sich, wenn die Amerikaner nicht Augen und Ohren offen halten, noch häufig genug wiederholen. England wird bald verbunden mit Amerika gegen Japan, bald verbunden mit Japan gegen Amerika flehen und mit Sicherheit daraus rechnen

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/358
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/358>, abgerufen am 24.07.2024.