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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Das Rcirtonspiel um Gberschlefien

Noch ehe das Kärtchen des Gea-Verlages herauskam, hat die Mark¬
scheiderei des Oberbergamtes in Vreslau das Abstimmungsergebnis
in einer Karte in 1: 100000 nach gleichem Grundsatz für die einzelnen
Gemeinden verzeichnet. Es hat dabei die Verzeichnisse des deutschen Bevoll¬
mächtigten für den Abstimmungsbezirk Oberschlesien in Oppeln über die Ab¬
stimmung vom 20. März in der Weise benutzt, daß jeder darin aufgeführte Ab¬
stimmungsort durch einen Kreis bezeichnet wurde, dessen Fläche nach der Zahl
der in ihm abgegebenen Stimmen bemessen ist. In einzelnen Fällen sind Lcmd-
und Gutsgemeindebezirke einer und derselben Ortschaft nur durch einen einzigen
Kreis für beide Stimmbezirke dargestellt; in allen den Fällen nämlich, wo in
den Verzeichnissen zwar Land- und Gutsgemeinden mit ihren Stimmenzahlen be¬
sonders angegeben waren, dazu aber noch die Summe der in beiden Bezirken
gezählten deutschen und polnischen Stimmen für den betreffenden Ort verzeichnet
stand. Die Zahl der Orte ist dadurch ein wenig kleiner geworden, im Wesen
der Karte aber ändert das nichts. Die Verschiedenheiten in der Anzahl der in
den einzelnen Orten abgegebenen Stimmen tritt sehr gut hervor und ist bild¬
mäßig leicht zu erfassen. Ein viermal so großer Kreis, das heißt einer mit
doppeltem Durchmesser, bezeichnet eine viermal so große Stimmenzahl usw. Die
Legende weist im einzelnen die Größenstnfen nach. Sie steigen zunächst für je
100 Stimmen an bis 1000, dann für je 200 Stimmen mehr bis 3000 und weiter
für je 600 bis zu 10 000 Stimmen; von da an erfolgen die Sprünge dann nur
noch für jede 1000 Stimmen mehr. Auf diese Weise ist das verschiedene Stimmen¬
gewicht der einzelnen Orte in über 80 verschiedenen Kreisflächengrößen ganz vor¬
züglich herausgearbeitet worden. Leider ist durch ein Versehen in der später
hinzugefügten Legende irrtümlich bei der Erklärung der Kreisflächengröße "Ein¬
wohner" statt "Abstimmler" gesetzt worden. Die polnischen und deutschen Anteile
an der Stimmenzahl sind wieder durch die beiden sich zum Vollkreis ergänzenden
Ausschnitte, einen blauen deutschen und einen roten polnischen aufs deutlichste
zur Anschauung gebracht. Die Karte enthält sonst außer den grün gehaltenen
Grenzen der oberschlesischen Kreise und der breiten grünen Umgrenzung des Ab¬
stimmungsgebietes nur noch in schwarz die Hauptflüsse, die Eisenbahnlinien und
die Namen von Städten und wenigen größeren Gemeinden. So lenkt sie die
Aufmerksamkeit ganz allein auf die Frage, welcher Abstimmungswille, der deutsche
oder der polnische, und wis stark er sich in den einzelnen Orten geltend gemacht
hat. Soll diesen so in voller Klarheit erkennbaren Willenskräften und dem Ge¬
samtwillen, den sie alle zusammen bilden, entsprochen werden, wie der Friedens¬
vertrag es vorschreibt, so kann über die Entscheidung des oberschlesischen Schicksals
ein Zweifel überhaupt nicht bestehen; die Karte zwingt geradezu zu der Antwort:
Ganz Oberschlesien hat deutsch zu bleiben.

Wer die Abstimmungskarte der Breslauer Oberbergamtsmarkscheiderei studiert,
ohne das Land näher zu kennen, steht mit Erstaunen große Flächen, auf denen
nur kleinste Orte in weiten Abständen liegen oder überhaupt keine Orte vorhanden
sind. Es sind die weiten Waldgebiete Oberschlesiens, die natürlich für die Ab¬
stimmung keine eigene Meinung in die Wagschale werfen konnten, die aber auf
den bewußten Sprachenkarten mächtig ins Auge fallen, wenn sie in ihrer
breiten menschenleeren Fläche als rein oder überwiegend polnisch eingetragen


Das Rcirtonspiel um Gberschlefien

Noch ehe das Kärtchen des Gea-Verlages herauskam, hat die Mark¬
scheiderei des Oberbergamtes in Vreslau das Abstimmungsergebnis
in einer Karte in 1: 100000 nach gleichem Grundsatz für die einzelnen
Gemeinden verzeichnet. Es hat dabei die Verzeichnisse des deutschen Bevoll¬
mächtigten für den Abstimmungsbezirk Oberschlesien in Oppeln über die Ab¬
stimmung vom 20. März in der Weise benutzt, daß jeder darin aufgeführte Ab¬
stimmungsort durch einen Kreis bezeichnet wurde, dessen Fläche nach der Zahl
der in ihm abgegebenen Stimmen bemessen ist. In einzelnen Fällen sind Lcmd-
und Gutsgemeindebezirke einer und derselben Ortschaft nur durch einen einzigen
Kreis für beide Stimmbezirke dargestellt; in allen den Fällen nämlich, wo in
den Verzeichnissen zwar Land- und Gutsgemeinden mit ihren Stimmenzahlen be¬
sonders angegeben waren, dazu aber noch die Summe der in beiden Bezirken
gezählten deutschen und polnischen Stimmen für den betreffenden Ort verzeichnet
stand. Die Zahl der Orte ist dadurch ein wenig kleiner geworden, im Wesen
der Karte aber ändert das nichts. Die Verschiedenheiten in der Anzahl der in
den einzelnen Orten abgegebenen Stimmen tritt sehr gut hervor und ist bild¬
mäßig leicht zu erfassen. Ein viermal so großer Kreis, das heißt einer mit
doppeltem Durchmesser, bezeichnet eine viermal so große Stimmenzahl usw. Die
Legende weist im einzelnen die Größenstnfen nach. Sie steigen zunächst für je
100 Stimmen an bis 1000, dann für je 200 Stimmen mehr bis 3000 und weiter
für je 600 bis zu 10 000 Stimmen; von da an erfolgen die Sprünge dann nur
noch für jede 1000 Stimmen mehr. Auf diese Weise ist das verschiedene Stimmen¬
gewicht der einzelnen Orte in über 80 verschiedenen Kreisflächengrößen ganz vor¬
züglich herausgearbeitet worden. Leider ist durch ein Versehen in der später
hinzugefügten Legende irrtümlich bei der Erklärung der Kreisflächengröße „Ein¬
wohner" statt „Abstimmler" gesetzt worden. Die polnischen und deutschen Anteile
an der Stimmenzahl sind wieder durch die beiden sich zum Vollkreis ergänzenden
Ausschnitte, einen blauen deutschen und einen roten polnischen aufs deutlichste
zur Anschauung gebracht. Die Karte enthält sonst außer den grün gehaltenen
Grenzen der oberschlesischen Kreise und der breiten grünen Umgrenzung des Ab¬
stimmungsgebietes nur noch in schwarz die Hauptflüsse, die Eisenbahnlinien und
die Namen von Städten und wenigen größeren Gemeinden. So lenkt sie die
Aufmerksamkeit ganz allein auf die Frage, welcher Abstimmungswille, der deutsche
oder der polnische, und wis stark er sich in den einzelnen Orten geltend gemacht
hat. Soll diesen so in voller Klarheit erkennbaren Willenskräften und dem Ge¬
samtwillen, den sie alle zusammen bilden, entsprochen werden, wie der Friedens¬
vertrag es vorschreibt, so kann über die Entscheidung des oberschlesischen Schicksals
ein Zweifel überhaupt nicht bestehen; die Karte zwingt geradezu zu der Antwort:
Ganz Oberschlesien hat deutsch zu bleiben.

Wer die Abstimmungskarte der Breslauer Oberbergamtsmarkscheiderei studiert,
ohne das Land näher zu kennen, steht mit Erstaunen große Flächen, auf denen
nur kleinste Orte in weiten Abständen liegen oder überhaupt keine Orte vorhanden
sind. Es sind die weiten Waldgebiete Oberschlesiens, die natürlich für die Ab¬
stimmung keine eigene Meinung in die Wagschale werfen konnten, die aber auf
den bewußten Sprachenkarten mächtig ins Auge fallen, wenn sie in ihrer
breiten menschenleeren Fläche als rein oder überwiegend polnisch eingetragen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/34>, abgerufen am 23.12.2024.