Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.Meltspiegel scharf unterdrückt. So wurde der Japan-Advertiser, eine in Tokio erscheinende Aus dem hier Dargelegten ergibt sich, daß die japanische Presse als Trägerin Weltspiegel Deutsche Ziele. Sprach man vor dem Kriege mit Franzosen über Elsaß- Ganz anders in Deutschland, wo von der Angliederung deutscher Volksteile Meltspiegel scharf unterdrückt. So wurde der Japan-Advertiser, eine in Tokio erscheinende Aus dem hier Dargelegten ergibt sich, daß die japanische Presse als Trägerin Weltspiegel Deutsche Ziele. Sprach man vor dem Kriege mit Franzosen über Elsaß- Ganz anders in Deutschland, wo von der Angliederung deutscher Volksteile <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0261" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339410"/> <fw type="header" place="top"> Meltspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1015" prev="#ID_1014"> scharf unterdrückt. So wurde der Japan-Advertiser, eine in Tokio erscheinende<lb/> amerikanische Zeitung verboten, weil sie eine Kundgebung japanischer Sozialisten<lb/> Europas, in welcher erstere ihre Sympathie für die mropäische Revolution be¬<lb/> kundeten, zum Ausdruck gebracht hat. Der Japan Chronicle, ein in Kobe<lb/> erscheinendes englisches Blatt, wurde mit dem mehrwochentlichen Verbot des<lb/> Erscheinens bestraft, weil es die Forderungen der Internationalen gebracht hatte.<lb/> In Kobe erhielt der verantwortliche Redakteur des englischen Kobe Herald sechs<lb/> Monate Gefängnis, weil er den Bericht einer Pekinger Zeitung wiedergegeben<lb/> hatte, in welcher es hieß, daß der japanische Kaiser „unerfahren" sei. Jedoch<lb/> verließ dieser englische Journalist das Land vorzeitig und entging auf diese Weise<lb/> der Gefängnisstrafe. Ein junger Professor der Kaiserlichen Universität in Tokio,<lb/> der in der japanischen Presse über Kropotkins Denkwürdigkeiten und Ansichten<lb/> objektive Berichte gebracht hatte, hat erst vor kurzem eine dreimonatige Gefängnis¬<lb/> strafe abgebüßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1016"> Aus dem hier Dargelegten ergibt sich, daß die japanische Presse als Trägerin<lb/> der öffentlichen Meinung immerhin heute sehr erhebliche Schwächen aufweist, und<lb/> daß für Deutschland im Hinblick auf die intensiven Wirtschaftsbeziehungen zu<lb/> Japan die dringende Notwendigkeit besteht, durch einen direkten Depeschendienst,<lb/> der den Vorkriegsdienst in seinen Leistungen und Wirksamkeiten womöglich noch<lb/> übertrifft, versucht werden muß, die früheren wertvollen Beziehungen und An¬<lb/> knüpfungsmöglichkeiten auszubauen und — daß die Kostenfrage dabei kein Hindernis<lb/> sein darf.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Weltspiegel</head><lb/> <p xml:id="ID_1017"> Deutsche Ziele. Sprach man vor dem Kriege mit Franzosen über Elsaß-<lb/> Lothringen, so fiel die Bedenkenlosigkeit auf, mit der die Wiedergewinnung dieser<lb/> verlorenen Provinzen als absolutes Ziel bezeichnet wurde. Man war sich drüben<lb/> natürlich dessen klar bewußt, daß die Erreichung dieses Zieles einen gewonnenen<lb/> Krieg voraussetzte und hatte selbstverständlich abweichende Ansichten über die<lb/> Opportunist und die Chancen eines neuen Krieges, man drückte sonach keinen<lb/> Wunsch mehr oder weniger, energisch und bestimmt aus, aber bezüglich des Zieles<lb/> selbst gab es doch nicht das geringste Schwanken. Da war keiner, der etwa mit<lb/> Rücksicht auf die Stellung och Klerus im Elsaß ängstlich abgewinkt oder der im<lb/> Hinblick auf die fortgeschrittenere deutsche soziale Gesetzgebung abgewehrt oder<lb/> aber als Gegenargument sonst irgend eines der vielen schweren Probleme, mit<lb/> denen die Franzosen sich schon jetzt unbehaglich herumschlagen, ins Fels geführt<lb/> hätte, sondern allgemein galt der Grundsatz: zunächst das Land selbst; wie wir<lb/> damit fertig werden, ist hernach eine innere Angelegenheit, die wir schon be¬<lb/> wältigen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1018" next="#ID_1019"> Ganz anders in Deutschland, wo von der Angliederung deutscher Volksteile<lb/> außerhalb der Grenze die Rede ist. Da hat der eine wirtschaftliche, der zweite<lb/> religöse. der dritte parteipolitische, der vierte staatsrechtliche Bedenken. Anstatt es<lb/> als selbstverständlichen und unbedingten Grundsatz aufzustellen, daß alle Deutsch-<lb/> sprechenden auch zu Deutschland gehören müßten. Es ist durchaus richtig, daß<lb/> Gleichheit der Sprache keineswegs immer maßgebend für die natürliche Staats¬<lb/> zugehörigkeit ist; die deutschsprechenden Schweizer zum Beispiel, die seit Jahr¬<lb/> hunderten für sich leben, wollen von einer Vereinigung mit Deutschland Nichts<lb/> wissen, und dieser Wille ist unbedingt zu achten. Sobald aber die abgesplitterter</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0261]
Meltspiegel
scharf unterdrückt. So wurde der Japan-Advertiser, eine in Tokio erscheinende
amerikanische Zeitung verboten, weil sie eine Kundgebung japanischer Sozialisten
Europas, in welcher erstere ihre Sympathie für die mropäische Revolution be¬
kundeten, zum Ausdruck gebracht hat. Der Japan Chronicle, ein in Kobe
erscheinendes englisches Blatt, wurde mit dem mehrwochentlichen Verbot des
Erscheinens bestraft, weil es die Forderungen der Internationalen gebracht hatte.
In Kobe erhielt der verantwortliche Redakteur des englischen Kobe Herald sechs
Monate Gefängnis, weil er den Bericht einer Pekinger Zeitung wiedergegeben
hatte, in welcher es hieß, daß der japanische Kaiser „unerfahren" sei. Jedoch
verließ dieser englische Journalist das Land vorzeitig und entging auf diese Weise
der Gefängnisstrafe. Ein junger Professor der Kaiserlichen Universität in Tokio,
der in der japanischen Presse über Kropotkins Denkwürdigkeiten und Ansichten
objektive Berichte gebracht hatte, hat erst vor kurzem eine dreimonatige Gefängnis¬
strafe abgebüßt.
Aus dem hier Dargelegten ergibt sich, daß die japanische Presse als Trägerin
der öffentlichen Meinung immerhin heute sehr erhebliche Schwächen aufweist, und
daß für Deutschland im Hinblick auf die intensiven Wirtschaftsbeziehungen zu
Japan die dringende Notwendigkeit besteht, durch einen direkten Depeschendienst,
der den Vorkriegsdienst in seinen Leistungen und Wirksamkeiten womöglich noch
übertrifft, versucht werden muß, die früheren wertvollen Beziehungen und An¬
knüpfungsmöglichkeiten auszubauen und — daß die Kostenfrage dabei kein Hindernis
sein darf.
Weltspiegel
Deutsche Ziele. Sprach man vor dem Kriege mit Franzosen über Elsaß-
Lothringen, so fiel die Bedenkenlosigkeit auf, mit der die Wiedergewinnung dieser
verlorenen Provinzen als absolutes Ziel bezeichnet wurde. Man war sich drüben
natürlich dessen klar bewußt, daß die Erreichung dieses Zieles einen gewonnenen
Krieg voraussetzte und hatte selbstverständlich abweichende Ansichten über die
Opportunist und die Chancen eines neuen Krieges, man drückte sonach keinen
Wunsch mehr oder weniger, energisch und bestimmt aus, aber bezüglich des Zieles
selbst gab es doch nicht das geringste Schwanken. Da war keiner, der etwa mit
Rücksicht auf die Stellung och Klerus im Elsaß ängstlich abgewinkt oder der im
Hinblick auf die fortgeschrittenere deutsche soziale Gesetzgebung abgewehrt oder
aber als Gegenargument sonst irgend eines der vielen schweren Probleme, mit
denen die Franzosen sich schon jetzt unbehaglich herumschlagen, ins Fels geführt
hätte, sondern allgemein galt der Grundsatz: zunächst das Land selbst; wie wir
damit fertig werden, ist hernach eine innere Angelegenheit, die wir schon be¬
wältigen werden.
Ganz anders in Deutschland, wo von der Angliederung deutscher Volksteile
außerhalb der Grenze die Rede ist. Da hat der eine wirtschaftliche, der zweite
religöse. der dritte parteipolitische, der vierte staatsrechtliche Bedenken. Anstatt es
als selbstverständlichen und unbedingten Grundsatz aufzustellen, daß alle Deutsch-
sprechenden auch zu Deutschland gehören müßten. Es ist durchaus richtig, daß
Gleichheit der Sprache keineswegs immer maßgebend für die natürliche Staats¬
zugehörigkeit ist; die deutschsprechenden Schweizer zum Beispiel, die seit Jahr¬
hunderten für sich leben, wollen von einer Vereinigung mit Deutschland Nichts
wissen, und dieser Wille ist unbedingt zu achten. Sobald aber die abgesplitterter
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |