Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Altes und neues Heer

8. Dez.....ein Offizierslümmel sagte mir heute, wir wären uniformierte
Arbeitslose____

10. Dez.....habe folgenden Befehl erlassen: "Die Diebstähle auf den
von der Soldatenwchr bewachten Depots, Lagern und Bahnhöfen mehren sich in
erschreckender Weise. Daran ist leider die schlechte Dienstauffassung der Wach¬
mannschaften schuld. Ich ermahne Euch, den Ruf der Truppe und der Revolution
nicht zu gefährden. Altdeutsche und andere Reaktionäre warten darauf." ....

15. Dez.....Depotführersitzung .... alles klagt über zunehmende Zucht-
losigkeit der Kameraden .... müssen scharf dazwischen fahren .... politische
Lage spitzt sich zu ... . Regierung will, daß wir bereit sind....

17. Dez. . .. Schießerei am S. und A. Platz .... Früh rief ich Gruppe B.
an. weder Führer noch Adjutant waren zu erreichen, Bereitschaft war nicht vor¬
handen, trotzdem sie ausdrücklich befohlen war. Gruppe K. meldete sich niemand
am Telephon. Gruppe L. erklärte, keine Verstärkung zur Verfügung zu haben.
Gruppe S, wollte keine Patrouille zum A. Platz stellen. Gruppe M. schickte
zur W.-Straße Verstärkung, die aber unbewaffnet eintraf. Waffen hatten sie an
Spartakisten verteilt, Sie sagen: Die Regierung will uns auflösen, vie Sparta¬
kisten woll'n uns behalten, wir gehen dahin, wo's Geld gibt .... Ebert schreit
nach Truppen .... Depots stimmen ab, ob gekämpft werden soll ....

18. Dez. ... ich gebe es auf ... . Depotführung abgegeben .... Friedrich¬
straße Matrosenuniform gekauft .... zur Volksmarinedivision .... eine revolu¬
tionäre Truppe ....

19. Dez. . . . vom Regen in die Traufe .... Volksmarinedivision . . . .
Verbrecherhaufe in blauer Uniform .... Zuchthäusler, Zuhälter, Diebe . . . .
Hehler .... nichts für anständige Sozialisten .... die paar Idealisten werden
niedergeschrien .... bin dafür zu schade ....

.... ohne die verdammte Offiziersbrut geht's wohl doch nicht ....

(Ende der Aufzeichnungen. Gefreiter Ä. wurde am 20. Dezember 1918 am A. Platz
in Berlin von Gardejägern, die unter Führung ihrer Feldoffiziere anrückten, erschossen, als
er den Platz Passterte. Am Kampf hat er sich nicht beteiligt.)



Am gleichen Tage -- am 20. Dezember 1918 -- ordnete der Rat der
Volksbeauftragten die Bildung einer Volkswehr an. Die Führer sollten gewählt
werden. Die Verordnung blieb erfolglos. -- Die Garnisontruppen des alten
Heeres verlodderten in den Kasernen. Auch auf sie war kein Verlaß. -- Die
Republikanische Soldatenwehr in Berlin wurde zunächst auf 6000 Mann abgebaut.
Sie war nicht zu gebrauchen.



Soldatenwehr???

Nein, Frontsoldaten her I I

. . . rief Roste.



Altes und neues Heer

8. Dez.....ein Offizierslümmel sagte mir heute, wir wären uniformierte
Arbeitslose____

10. Dez.....habe folgenden Befehl erlassen: „Die Diebstähle auf den
von der Soldatenwchr bewachten Depots, Lagern und Bahnhöfen mehren sich in
erschreckender Weise. Daran ist leider die schlechte Dienstauffassung der Wach¬
mannschaften schuld. Ich ermahne Euch, den Ruf der Truppe und der Revolution
nicht zu gefährden. Altdeutsche und andere Reaktionäre warten darauf." ....

15. Dez.....Depotführersitzung .... alles klagt über zunehmende Zucht-
losigkeit der Kameraden .... müssen scharf dazwischen fahren .... politische
Lage spitzt sich zu ... . Regierung will, daß wir bereit sind....

17. Dez. . .. Schießerei am S. und A. Platz .... Früh rief ich Gruppe B.
an. weder Führer noch Adjutant waren zu erreichen, Bereitschaft war nicht vor¬
handen, trotzdem sie ausdrücklich befohlen war. Gruppe K. meldete sich niemand
am Telephon. Gruppe L. erklärte, keine Verstärkung zur Verfügung zu haben.
Gruppe S, wollte keine Patrouille zum A. Platz stellen. Gruppe M. schickte
zur W.-Straße Verstärkung, die aber unbewaffnet eintraf. Waffen hatten sie an
Spartakisten verteilt, Sie sagen: Die Regierung will uns auflösen, vie Sparta¬
kisten woll'n uns behalten, wir gehen dahin, wo's Geld gibt .... Ebert schreit
nach Truppen .... Depots stimmen ab, ob gekämpft werden soll ....

18. Dez. ... ich gebe es auf ... . Depotführung abgegeben .... Friedrich¬
straße Matrosenuniform gekauft .... zur Volksmarinedivision .... eine revolu¬
tionäre Truppe ....

19. Dez. . . . vom Regen in die Traufe .... Volksmarinedivision . . . .
Verbrecherhaufe in blauer Uniform .... Zuchthäusler, Zuhälter, Diebe . . . .
Hehler .... nichts für anständige Sozialisten .... die paar Idealisten werden
niedergeschrien .... bin dafür zu schade ....

.... ohne die verdammte Offiziersbrut geht's wohl doch nicht ....

(Ende der Aufzeichnungen. Gefreiter Ä. wurde am 20. Dezember 1918 am A. Platz
in Berlin von Gardejägern, die unter Führung ihrer Feldoffiziere anrückten, erschossen, als
er den Platz Passterte. Am Kampf hat er sich nicht beteiligt.)



Am gleichen Tage — am 20. Dezember 1918 — ordnete der Rat der
Volksbeauftragten die Bildung einer Volkswehr an. Die Führer sollten gewählt
werden. Die Verordnung blieb erfolglos. — Die Garnisontruppen des alten
Heeres verlodderten in den Kasernen. Auch auf sie war kein Verlaß. — Die
Republikanische Soldatenwehr in Berlin wurde zunächst auf 6000 Mann abgebaut.
Sie war nicht zu gebrauchen.



Soldatenwehr???

Nein, Frontsoldaten her I I

. . . rief Roste.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0192" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339341"/>
          <fw type="header" place="top"> Altes und neues Heer</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_728"> 8. Dez.....ein Offizierslümmel sagte mir heute, wir wären uniformierte<lb/>
Arbeitslose____</p><lb/>
          <p xml:id="ID_729"> 10. Dez.....habe folgenden Befehl erlassen: &#x201E;Die Diebstähle auf den<lb/>
von der Soldatenwchr bewachten Depots, Lagern und Bahnhöfen mehren sich in<lb/>
erschreckender Weise. Daran ist leider die schlechte Dienstauffassung der Wach¬<lb/>
mannschaften schuld. Ich ermahne Euch, den Ruf der Truppe und der Revolution<lb/>
nicht zu gefährden. Altdeutsche und andere Reaktionäre warten darauf." ....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_730"> 15. Dez.....Depotführersitzung .... alles klagt über zunehmende Zucht-<lb/>
losigkeit der Kameraden .... müssen scharf dazwischen fahren .... politische<lb/>
Lage spitzt sich zu ... . Regierung will, daß wir bereit sind....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_731"> 17. Dez. . .. Schießerei am S. und A. Platz .... Früh rief ich Gruppe B.<lb/>
an. weder Führer noch Adjutant waren zu erreichen, Bereitschaft war nicht vor¬<lb/>
handen, trotzdem sie ausdrücklich befohlen war. Gruppe K. meldete sich niemand<lb/>
am Telephon. Gruppe L. erklärte, keine Verstärkung zur Verfügung zu haben.<lb/>
Gruppe S, wollte keine Patrouille zum A. Platz stellen. Gruppe M. schickte<lb/>
zur W.-Straße Verstärkung, die aber unbewaffnet eintraf. Waffen hatten sie an<lb/>
Spartakisten verteilt, Sie sagen: Die Regierung will uns auflösen, vie Sparta¬<lb/>
kisten woll'n uns behalten, wir gehen dahin, wo's Geld gibt .... Ebert schreit<lb/>
nach Truppen .... Depots stimmen ab, ob gekämpft werden soll ....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_732"> 18. Dez. ... ich gebe es auf ... . Depotführung abgegeben .... Friedrich¬<lb/>
straße Matrosenuniform gekauft .... zur Volksmarinedivision .... eine revolu¬<lb/>
tionäre Truppe ....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_733"> 19. Dez. . . . vom Regen in die Traufe .... Volksmarinedivision . . . .<lb/>
Verbrecherhaufe in blauer Uniform .... Zuchthäusler, Zuhälter, Diebe . . . .<lb/>
Hehler .... nichts für anständige Sozialisten .... die paar Idealisten werden<lb/>
niedergeschrien .... bin dafür zu schade ....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_734"> .... ohne die verdammte Offiziersbrut geht's wohl doch nicht ....</p><lb/>
          <p xml:id="ID_735"> (Ende der Aufzeichnungen. Gefreiter Ä. wurde am 20. Dezember 1918 am A. Platz<lb/>
in Berlin von Gardejägern, die unter Führung ihrer Feldoffiziere anrückten, erschossen, als<lb/>
er den Platz Passterte. Am Kampf hat er sich nicht beteiligt.)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_736"> Am gleichen Tage &#x2014; am 20. Dezember 1918 &#x2014; ordnete der Rat der<lb/>
Volksbeauftragten die Bildung einer Volkswehr an. Die Führer sollten gewählt<lb/>
werden. Die Verordnung blieb erfolglos. &#x2014; Die Garnisontruppen des alten<lb/>
Heeres verlodderten in den Kasernen. Auch auf sie war kein Verlaß. &#x2014; Die<lb/>
Republikanische Soldatenwehr in Berlin wurde zunächst auf 6000 Mann abgebaut.<lb/>
Sie war nicht zu gebrauchen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p xml:id="ID_737"> Soldatenwehr???</p><lb/>
          <p xml:id="ID_738"> Nein, Frontsoldaten her I I</p><lb/>
          <p xml:id="ID_739"> . . . rief Roste.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0192] Altes und neues Heer 8. Dez.....ein Offizierslümmel sagte mir heute, wir wären uniformierte Arbeitslose____ 10. Dez.....habe folgenden Befehl erlassen: „Die Diebstähle auf den von der Soldatenwchr bewachten Depots, Lagern und Bahnhöfen mehren sich in erschreckender Weise. Daran ist leider die schlechte Dienstauffassung der Wach¬ mannschaften schuld. Ich ermahne Euch, den Ruf der Truppe und der Revolution nicht zu gefährden. Altdeutsche und andere Reaktionäre warten darauf." .... 15. Dez.....Depotführersitzung .... alles klagt über zunehmende Zucht- losigkeit der Kameraden .... müssen scharf dazwischen fahren .... politische Lage spitzt sich zu ... . Regierung will, daß wir bereit sind.... 17. Dez. . .. Schießerei am S. und A. Platz .... Früh rief ich Gruppe B. an. weder Führer noch Adjutant waren zu erreichen, Bereitschaft war nicht vor¬ handen, trotzdem sie ausdrücklich befohlen war. Gruppe K. meldete sich niemand am Telephon. Gruppe L. erklärte, keine Verstärkung zur Verfügung zu haben. Gruppe S, wollte keine Patrouille zum A. Platz stellen. Gruppe M. schickte zur W.-Straße Verstärkung, die aber unbewaffnet eintraf. Waffen hatten sie an Spartakisten verteilt, Sie sagen: Die Regierung will uns auflösen, vie Sparta¬ kisten woll'n uns behalten, wir gehen dahin, wo's Geld gibt .... Ebert schreit nach Truppen .... Depots stimmen ab, ob gekämpft werden soll .... 18. Dez. ... ich gebe es auf ... . Depotführung abgegeben .... Friedrich¬ straße Matrosenuniform gekauft .... zur Volksmarinedivision .... eine revolu¬ tionäre Truppe .... 19. Dez. . . . vom Regen in die Traufe .... Volksmarinedivision . . . . Verbrecherhaufe in blauer Uniform .... Zuchthäusler, Zuhälter, Diebe . . . . Hehler .... nichts für anständige Sozialisten .... die paar Idealisten werden niedergeschrien .... bin dafür zu schade .... .... ohne die verdammte Offiziersbrut geht's wohl doch nicht .... (Ende der Aufzeichnungen. Gefreiter Ä. wurde am 20. Dezember 1918 am A. Platz in Berlin von Gardejägern, die unter Führung ihrer Feldoffiziere anrückten, erschossen, als er den Platz Passterte. Am Kampf hat er sich nicht beteiligt.) Am gleichen Tage — am 20. Dezember 1918 — ordnete der Rat der Volksbeauftragten die Bildung einer Volkswehr an. Die Führer sollten gewählt werden. Die Verordnung blieb erfolglos. — Die Garnisontruppen des alten Heeres verlodderten in den Kasernen. Auch auf sie war kein Verlaß. — Die Republikanische Soldatenwehr in Berlin wurde zunächst auf 6000 Mann abgebaut. Sie war nicht zu gebrauchen. Soldatenwehr??? Nein, Frontsoldaten her I I . . . rief Roste.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/192
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/192>, abgerufen am 23.12.2024.