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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Adolf Bcrrtels: "Die Jüngsten"

die deutschen GeschlechSer hinter ihm die Aufforderung zu dem Schwur war:
"Wir erkennen den Grund des Verfalls der historischen Menschheit, sowie die
Notwendigkeit einer Wiedergeburt derselben, wir glauben an dieMöglich-
keit dieser Wiedergeburt und widmen uns ihrer Durch¬
führung in jedem Sinne" --, der hätte als Denker und Persönlichkeit
keine Bedeutung für das Deutschland von heute mehr, das doch jetzt erst
weiß, wie viele geniale tragische Voraussicht in diesem Worte Wagners aus dem
Jahre 1881 (I) steckt, und jetzt erst zu erkennen anfängt, daß sein eigenes
Sein und Nichtsein einzig davon abhängt, ob es den Glauben an die "Möglich¬
keit seiner Wiedergeburt" und den Willen, sich "ihrer Durchführung in jedem
Sinne zu widmen", bejaht oder verneint?

Genug --, so viel ist ersichtlich, daß Adolf Bartels -- vielleicht halb unbe¬
wußt -- dem letzten großen Auftriebsgenius Deutschlands -- auf dem jetzt
wichtigsten Gebiete rassischer Bekenntnis sogar sein tätigster Vorarbeiter und Weg¬
bahner --, daß. sage ich, Bartels dein Bayreuther Meister, statt sich ihn als
glorreichen Bundesgenossen im Kampf um die Reinerhaltung deutschen Geistes zu
erlesen, offensichtliche Antipathie entgegenbringt! Die alte ewige deutsche
Tragikomödie, wonach die besten Geister Deutschlands, anstatt sich die Hand zu
reichen, am liebsten aufeinander losschlagen, ist da wieder um einen peinlichen
Fall vermehrt. Heißt das --: Richard Wagner, wenn er noch lebte, hätte seiner¬
seits sicher nicht das Geringste gegen Adolf Bartels einzuwenden, es sei denn,
daß er (Wagner) dann heute, wahrscheinlich immer noch seine eigenen Nibelungen-
Dramen (zum Unterschied von Bartels) für besser hielte als die von Bartels'
engerem Landsmann Friedrich Hebbel. .. Das wäre aber sein gutes Recht,
und die ganze Welt, auch die deutschfeindliche, bekräftigte es ihm; sie, die von
Wagners Nibelungendramen nun einmal unleugbar seit K0 Jahren "fasziniert"
ist und von denen Hebbels seit 70 Jahren und darüber nichts weiter wissen will
als daß sie höflich den Hut lüftet, wenn davon die Rede ist. Damit soll nun
beileibe nicht in den Fehler Professor Bartels' verfallen und etwa der Versuch
gemacht werden, Hebbels dichterisches Höhenmaß, das sich ja hinlänglich in anderen
Werken offenbart, herabzudrücken. Es ist auch noch keine Schande, für einen
hochgewachsenen Mann, wenn er einem Riesen, wie er nur vielleicht e i n mal alle
Halbjahrtausend unter uns sich aufreckt, nicht über die Achseln reicht I Jede ver¬
gleichende Werteinschätzung der beiden Dichtungen unterbleibe hier also und nur
-- umgekehrt -- werde Einspruch erhoben, daß der Halbjahrtausend-Riese ge¬
flissentlich um anderthalb Kopf kleiner gemacht werden soll, damit der achselhöhe
Mann nun als der "Riese" dastehe! Mit anderen Worten, es geht nicht länger,
an, daß Professor Bartels einen "Fall Wagner" aus dem landsmannschaftlichen
Froschgesichtswinkel sich zurecht macht, wo nur die völkische Adler schau,
die ja sonst durchaus Bartels' edle eigenste Sache ist, zu entscheiden hat.

Das mußte einmal gesagt werden und ist hier in aller geziemender Wert¬
schätzung und Ehrerbietung des hochverdienten völkischen Treuwardeins Bartels
gesagt. Und ich hoffe zuversichtlich, Professor Bartels werde sich der Erkenntnis
nicht länger verschließen, daß man den Künstler, der seinem Volk das "Ehrt
eure deutschen Meister, dann bannt ihr g nee G el se er " als heiliges
Wissensgut ins Herz pflanzte, nicht Herabdrücken darf zu einer "nach und nach
etwas skeptisch" zu behandelnden Persönlichkeit, ohne sich gegen den besten Geist
deutscher Kultur zu versündigen! Und in dieser Erkenntnis wird Bartels doch
wohl gerne in künftigen Auflagen seiner "Jüngsten" und auch anderwärts seine
offenen und versteckten Angriffe auf Richard Wagner tilgen und durch Sätze ver¬
dienter Achtung, ja vielleicht der Liebe ersetzen, die selbst geringere Mitkämpfer
um das gleiche Ziel völkischer Läuterung verdienen. Adolf Bartels würde durch
eine solche Tat der Besiegung persönlicher Gebundenheit nur im Sinne jener
Tapferkeit handeln, die er selbst so schön anruft, wenn er in unserem Buche
(Seite 190) sagt: "Unsere Zukunft hängt überhaupt davon ab, ob wir uns wieder
voll auf unsere Pflichten, unsere Volkstumspflichten besinnen und den


Adolf Bcrrtels: „Die Jüngsten"

die deutschen GeschlechSer hinter ihm die Aufforderung zu dem Schwur war:
„Wir erkennen den Grund des Verfalls der historischen Menschheit, sowie die
Notwendigkeit einer Wiedergeburt derselben, wir glauben an dieMöglich-
keit dieser Wiedergeburt und widmen uns ihrer Durch¬
führung in jedem Sinne" —, der hätte als Denker und Persönlichkeit
keine Bedeutung für das Deutschland von heute mehr, das doch jetzt erst
weiß, wie viele geniale tragische Voraussicht in diesem Worte Wagners aus dem
Jahre 1881 (I) steckt, und jetzt erst zu erkennen anfängt, daß sein eigenes
Sein und Nichtsein einzig davon abhängt, ob es den Glauben an die „Möglich¬
keit seiner Wiedergeburt" und den Willen, sich „ihrer Durchführung in jedem
Sinne zu widmen", bejaht oder verneint?

Genug —, so viel ist ersichtlich, daß Adolf Bartels — vielleicht halb unbe¬
wußt — dem letzten großen Auftriebsgenius Deutschlands — auf dem jetzt
wichtigsten Gebiete rassischer Bekenntnis sogar sein tätigster Vorarbeiter und Weg¬
bahner —, daß. sage ich, Bartels dein Bayreuther Meister, statt sich ihn als
glorreichen Bundesgenossen im Kampf um die Reinerhaltung deutschen Geistes zu
erlesen, offensichtliche Antipathie entgegenbringt! Die alte ewige deutsche
Tragikomödie, wonach die besten Geister Deutschlands, anstatt sich die Hand zu
reichen, am liebsten aufeinander losschlagen, ist da wieder um einen peinlichen
Fall vermehrt. Heißt das —: Richard Wagner, wenn er noch lebte, hätte seiner¬
seits sicher nicht das Geringste gegen Adolf Bartels einzuwenden, es sei denn,
daß er (Wagner) dann heute, wahrscheinlich immer noch seine eigenen Nibelungen-
Dramen (zum Unterschied von Bartels) für besser hielte als die von Bartels'
engerem Landsmann Friedrich Hebbel. .. Das wäre aber sein gutes Recht,
und die ganze Welt, auch die deutschfeindliche, bekräftigte es ihm; sie, die von
Wagners Nibelungendramen nun einmal unleugbar seit K0 Jahren „fasziniert"
ist und von denen Hebbels seit 70 Jahren und darüber nichts weiter wissen will
als daß sie höflich den Hut lüftet, wenn davon die Rede ist. Damit soll nun
beileibe nicht in den Fehler Professor Bartels' verfallen und etwa der Versuch
gemacht werden, Hebbels dichterisches Höhenmaß, das sich ja hinlänglich in anderen
Werken offenbart, herabzudrücken. Es ist auch noch keine Schande, für einen
hochgewachsenen Mann, wenn er einem Riesen, wie er nur vielleicht e i n mal alle
Halbjahrtausend unter uns sich aufreckt, nicht über die Achseln reicht I Jede ver¬
gleichende Werteinschätzung der beiden Dichtungen unterbleibe hier also und nur
— umgekehrt — werde Einspruch erhoben, daß der Halbjahrtausend-Riese ge¬
flissentlich um anderthalb Kopf kleiner gemacht werden soll, damit der achselhöhe
Mann nun als der „Riese" dastehe! Mit anderen Worten, es geht nicht länger,
an, daß Professor Bartels einen „Fall Wagner" aus dem landsmannschaftlichen
Froschgesichtswinkel sich zurecht macht, wo nur die völkische Adler schau,
die ja sonst durchaus Bartels' edle eigenste Sache ist, zu entscheiden hat.

Das mußte einmal gesagt werden und ist hier in aller geziemender Wert¬
schätzung und Ehrerbietung des hochverdienten völkischen Treuwardeins Bartels
gesagt. Und ich hoffe zuversichtlich, Professor Bartels werde sich der Erkenntnis
nicht länger verschließen, daß man den Künstler, der seinem Volk das „Ehrt
eure deutschen Meister, dann bannt ihr g nee G el se er " als heiliges
Wissensgut ins Herz pflanzte, nicht Herabdrücken darf zu einer „nach und nach
etwas skeptisch" zu behandelnden Persönlichkeit, ohne sich gegen den besten Geist
deutscher Kultur zu versündigen! Und in dieser Erkenntnis wird Bartels doch
wohl gerne in künftigen Auflagen seiner „Jüngsten" und auch anderwärts seine
offenen und versteckten Angriffe auf Richard Wagner tilgen und durch Sätze ver¬
dienter Achtung, ja vielleicht der Liebe ersetzen, die selbst geringere Mitkämpfer
um das gleiche Ziel völkischer Läuterung verdienen. Adolf Bartels würde durch
eine solche Tat der Besiegung persönlicher Gebundenheit nur im Sinne jener
Tapferkeit handeln, die er selbst so schön anruft, wenn er in unserem Buche
(Seite 190) sagt: „Unsere Zukunft hängt überhaupt davon ab, ob wir uns wieder
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[0328] Adolf Bcrrtels: „Die Jüngsten" die deutschen GeschlechSer hinter ihm die Aufforderung zu dem Schwur war: „Wir erkennen den Grund des Verfalls der historischen Menschheit, sowie die Notwendigkeit einer Wiedergeburt derselben, wir glauben an dieMöglich- keit dieser Wiedergeburt und widmen uns ihrer Durch¬ führung in jedem Sinne" —, der hätte als Denker und Persönlichkeit keine Bedeutung für das Deutschland von heute mehr, das doch jetzt erst weiß, wie viele geniale tragische Voraussicht in diesem Worte Wagners aus dem Jahre 1881 (I) steckt, und jetzt erst zu erkennen anfängt, daß sein eigenes Sein und Nichtsein einzig davon abhängt, ob es den Glauben an die „Möglich¬ keit seiner Wiedergeburt" und den Willen, sich „ihrer Durchführung in jedem Sinne zu widmen", bejaht oder verneint? Genug —, so viel ist ersichtlich, daß Adolf Bartels — vielleicht halb unbe¬ wußt — dem letzten großen Auftriebsgenius Deutschlands — auf dem jetzt wichtigsten Gebiete rassischer Bekenntnis sogar sein tätigster Vorarbeiter und Weg¬ bahner —, daß. sage ich, Bartels dein Bayreuther Meister, statt sich ihn als glorreichen Bundesgenossen im Kampf um die Reinerhaltung deutschen Geistes zu erlesen, offensichtliche Antipathie entgegenbringt! Die alte ewige deutsche Tragikomödie, wonach die besten Geister Deutschlands, anstatt sich die Hand zu reichen, am liebsten aufeinander losschlagen, ist da wieder um einen peinlichen Fall vermehrt. Heißt das —: Richard Wagner, wenn er noch lebte, hätte seiner¬ seits sicher nicht das Geringste gegen Adolf Bartels einzuwenden, es sei denn, daß er (Wagner) dann heute, wahrscheinlich immer noch seine eigenen Nibelungen- Dramen (zum Unterschied von Bartels) für besser hielte als die von Bartels' engerem Landsmann Friedrich Hebbel. .. Das wäre aber sein gutes Recht, und die ganze Welt, auch die deutschfeindliche, bekräftigte es ihm; sie, die von Wagners Nibelungendramen nun einmal unleugbar seit K0 Jahren „fasziniert" ist und von denen Hebbels seit 70 Jahren und darüber nichts weiter wissen will als daß sie höflich den Hut lüftet, wenn davon die Rede ist. Damit soll nun beileibe nicht in den Fehler Professor Bartels' verfallen und etwa der Versuch gemacht werden, Hebbels dichterisches Höhenmaß, das sich ja hinlänglich in anderen Werken offenbart, herabzudrücken. Es ist auch noch keine Schande, für einen hochgewachsenen Mann, wenn er einem Riesen, wie er nur vielleicht e i n mal alle Halbjahrtausend unter uns sich aufreckt, nicht über die Achseln reicht I Jede ver¬ gleichende Werteinschätzung der beiden Dichtungen unterbleibe hier also und nur — umgekehrt — werde Einspruch erhoben, daß der Halbjahrtausend-Riese ge¬ flissentlich um anderthalb Kopf kleiner gemacht werden soll, damit der achselhöhe Mann nun als der „Riese" dastehe! Mit anderen Worten, es geht nicht länger, an, daß Professor Bartels einen „Fall Wagner" aus dem landsmannschaftlichen Froschgesichtswinkel sich zurecht macht, wo nur die völkische Adler schau, die ja sonst durchaus Bartels' edle eigenste Sache ist, zu entscheiden hat. Das mußte einmal gesagt werden und ist hier in aller geziemender Wert¬ schätzung und Ehrerbietung des hochverdienten völkischen Treuwardeins Bartels gesagt. Und ich hoffe zuversichtlich, Professor Bartels werde sich der Erkenntnis nicht länger verschließen, daß man den Künstler, der seinem Volk das „Ehrt eure deutschen Meister, dann bannt ihr g nee G el se er " als heiliges Wissensgut ins Herz pflanzte, nicht Herabdrücken darf zu einer „nach und nach etwas skeptisch" zu behandelnden Persönlichkeit, ohne sich gegen den besten Geist deutscher Kultur zu versündigen! Und in dieser Erkenntnis wird Bartels doch wohl gerne in künftigen Auflagen seiner „Jüngsten" und auch anderwärts seine offenen und versteckten Angriffe auf Richard Wagner tilgen und durch Sätze ver¬ dienter Achtung, ja vielleicht der Liebe ersetzen, die selbst geringere Mitkämpfer um das gleiche Ziel völkischer Läuterung verdienen. Adolf Bartels würde durch eine solche Tat der Besiegung persönlicher Gebundenheit nur im Sinne jener Tapferkeit handeln, die er selbst so schön anruft, wenn er in unserem Buche (Seite 190) sagt: „Unsere Zukunft hängt überhaupt davon ab, ob wir uns wieder voll auf unsere Pflichten, unsere Volkstumspflichten besinnen und den

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/328>, abgerufen am 22.07.2024.