Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.Grundfragen der deutschen Ipirtschaftsgeschichte nur Grundbesitz und Gebäude berücksichtigt. Schon früh wurde die Bete ihrem Im Nahmen eines kurzen Berichts ist es nicht möglich, den reichen Inhalt Grundfragen der deutschen Ipirtschaftsgeschichte nur Grundbesitz und Gebäude berücksichtigt. Schon früh wurde die Bete ihrem Im Nahmen eines kurzen Berichts ist es nicht möglich, den reichen Inhalt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0208" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/339009"/> <fw type="header" place="top"> Grundfragen der deutschen Ipirtschaftsgeschichte</fw><lb/> <p xml:id="ID_707" prev="#ID_706"> nur Grundbesitz und Gebäude berücksichtigt. Schon früh wurde die Bete ihrem<lb/> Betrage nach festgelegt. Indem die Landesherren von einer Erhöhung der Bete<lb/> absahen, beschritten sie zwei Wege zur Beschaffung neuer Einnahmen: den der<lb/> Einführung von Nebenabgaben und Nebenleistungen neben der Bete — die<lb/> gleichfalls wie die Bete nicht von einer besonderen Bewilligung abhängig sind<lb/> und im allgemeinen von denselben Personen und Sachen verlangt werden — und<lb/> den der Verhandlung mit den Landständen über die Bewilligung außerordentlicher<lb/> Steuern. Diese landstandische Steuer war ursprünglich — abgesehen von den<lb/> drei herkömmlichen Fällen der Gefangenschaft des Landesherrn, des Ritterschlags<lb/> seines Sohnes und der Verheiratung der Tochter — freies Geschenk der Stände<lb/> und wurde in den ersten Jahrhunderten nur selten bewilligt. Seit der zweiten<lb/> Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie allmählich zu einer jährlich gezählten,<lb/> wenngleich immer besonders bewilligten Steuer. Neben der landständischen<lb/> Steuer und von ihr überschattet, hat die alte landesherrliche Bete in Altdeutsch¬<lb/> land als Steuer noch weiter bestanden bis zu den großen Neuerungen im<lb/> 19. Jahrhundert, durch welche die mittelalterlichen Lasten aufgehoben wurden und<lb/> das Steuerwesen eine völlige Umwälzung erfuhr. In Ostdeutschland dagegen ist<lb/> die alte Bete seit dem 14. Jahrhundert dem Staate großenteils aus der Hand<lb/> geglitten und — soweit der Landesherr nicht selbst Grundherr war — auf die<lb/> geistlichen und weltlichen Grundherren und die Städte übergegangen,' sie wurde<lb/> hier zu einer reinen Reallast, die nichts mehr von einer Steuer an sich trug.</p><lb/> <p xml:id="ID_708"> Im Nahmen eines kurzen Berichts ist es nicht möglich, den reichen Inhalt<lb/> der Schrift auch nur anzudeuten, geschweige denn auf Einzelheiten näher einzu¬<lb/> gehen. Für den deutschen Wirtschafts- und Rechtshistoriker werden Belows<lb/> Probleme der Wirtschaftsgeschichte künftig schlechthin unentbehrlich sein. Über<lb/> diesen engeren Fachkreis hinaus möge das treffliche Werk des hervorragenden<lb/> Kenners unserer Wirtschaftsgeschichte recht vielen Gebildeten Belehrung und Auf¬<lb/> klärung über die großen Ergebnisse der deutschen wirtschaftsgeschichtlichen Forschung<lb/> des letzten Jahrhunderts bringen. Es gibt kaum ein Gebiet, auf dem der<lb/> Durchschnittsgebildcte eine gleich beschämende Unkenntnis verrät, wie die Geschichte<lb/> der wirtschaftlichen Entwicklung seines Volkes. Heute, wo die wirtschaftlichen<lb/> Fragen in unserem öffentlichen Leben einen so breiten Raum einnehmen, sollte<lb/> niemand auf politische Bildung Anspruch erheben können, dem die Kenntnis der<lb/> einfachsten Haupttatsachen der Wirtschaftsgeschichte abgeht. Wenn auch die Politik<lb/> die bestimmten Bedürfnisse der Zeit sich zur Richtschnur nimmt, so kann sie doch<lb/> „einer darüber hinausgehenden Besinnung nicht entbehren, und eben für sie vermag<lb/> die historische Betrachtung Dienste zu leisten. So wenig wir aus der Beobachtung<lb/> der bisherigen Entwicklung Richtlinien für unser Praktisches Verhalten einfach<lb/> ablesen können, so fördert uns doch der Blick auf die Tendenzen, die in der<lb/> Entwicklung liegen. Wir urteilen sicherer über die Fragen des Tages, wenn wir<lb/> auf die großen Zusammenhänge achten, denen sie angehören" (v. Below S. 138). ,</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0208]
Grundfragen der deutschen Ipirtschaftsgeschichte
nur Grundbesitz und Gebäude berücksichtigt. Schon früh wurde die Bete ihrem
Betrage nach festgelegt. Indem die Landesherren von einer Erhöhung der Bete
absahen, beschritten sie zwei Wege zur Beschaffung neuer Einnahmen: den der
Einführung von Nebenabgaben und Nebenleistungen neben der Bete — die
gleichfalls wie die Bete nicht von einer besonderen Bewilligung abhängig sind
und im allgemeinen von denselben Personen und Sachen verlangt werden — und
den der Verhandlung mit den Landständen über die Bewilligung außerordentlicher
Steuern. Diese landstandische Steuer war ursprünglich — abgesehen von den
drei herkömmlichen Fällen der Gefangenschaft des Landesherrn, des Ritterschlags
seines Sohnes und der Verheiratung der Tochter — freies Geschenk der Stände
und wurde in den ersten Jahrhunderten nur selten bewilligt. Seit der zweiten
Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde sie allmählich zu einer jährlich gezählten,
wenngleich immer besonders bewilligten Steuer. Neben der landständischen
Steuer und von ihr überschattet, hat die alte landesherrliche Bete in Altdeutsch¬
land als Steuer noch weiter bestanden bis zu den großen Neuerungen im
19. Jahrhundert, durch welche die mittelalterlichen Lasten aufgehoben wurden und
das Steuerwesen eine völlige Umwälzung erfuhr. In Ostdeutschland dagegen ist
die alte Bete seit dem 14. Jahrhundert dem Staate großenteils aus der Hand
geglitten und — soweit der Landesherr nicht selbst Grundherr war — auf die
geistlichen und weltlichen Grundherren und die Städte übergegangen,' sie wurde
hier zu einer reinen Reallast, die nichts mehr von einer Steuer an sich trug.
Im Nahmen eines kurzen Berichts ist es nicht möglich, den reichen Inhalt
der Schrift auch nur anzudeuten, geschweige denn auf Einzelheiten näher einzu¬
gehen. Für den deutschen Wirtschafts- und Rechtshistoriker werden Belows
Probleme der Wirtschaftsgeschichte künftig schlechthin unentbehrlich sein. Über
diesen engeren Fachkreis hinaus möge das treffliche Werk des hervorragenden
Kenners unserer Wirtschaftsgeschichte recht vielen Gebildeten Belehrung und Auf¬
klärung über die großen Ergebnisse der deutschen wirtschaftsgeschichtlichen Forschung
des letzten Jahrhunderts bringen. Es gibt kaum ein Gebiet, auf dem der
Durchschnittsgebildcte eine gleich beschämende Unkenntnis verrät, wie die Geschichte
der wirtschaftlichen Entwicklung seines Volkes. Heute, wo die wirtschaftlichen
Fragen in unserem öffentlichen Leben einen so breiten Raum einnehmen, sollte
niemand auf politische Bildung Anspruch erheben können, dem die Kenntnis der
einfachsten Haupttatsachen der Wirtschaftsgeschichte abgeht. Wenn auch die Politik
die bestimmten Bedürfnisse der Zeit sich zur Richtschnur nimmt, so kann sie doch
„einer darüber hinausgehenden Besinnung nicht entbehren, und eben für sie vermag
die historische Betrachtung Dienste zu leisten. So wenig wir aus der Beobachtung
der bisherigen Entwicklung Richtlinien für unser Praktisches Verhalten einfach
ablesen können, so fördert uns doch der Blick auf die Tendenzen, die in der
Entwicklung liegen. Wir urteilen sicherer über die Fragen des Tages, wenn wir
auf die großen Zusammenhänge achten, denen sie angehören" (v. Below S. 138). ,
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