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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Abtrennung des Rheinlandes und die dauernde Sklaverei des deutschen Außen
Handels gewiß. Und da die Entziehung der Einnahmen aus unserer Ausfuhr
unsere Fähigkeit/ im Ausland zu kaufen, erdrosselt, tritt auf dem Weg der von
uns irgendwie anerkannten Sanktionen auch eine automatische Blockade, und daraus
folgender Arbeitslosigkeit, Hunger, Selbstzerfleischung und Volksverminderung el".

Im folgenden werden deshalb Vorschläge gemacht, dahinzielend, daß der
Feind dieses Kriegsziel nicht erreichen kann.


Unsere Waffen.

Die Waffe eines Volkes in unserer Lage ist die passive Resistenz. Völker,
denen eine solche Lage weniger neu ist, haben sie längst mit Erfolg angewandt,
und ganz neuerdings haben die Inder in dem Augenblick, da sie durch ihre bis¬
herige Resistenz die Engländer zu der großen Konzession einer Nationalvertretung
gezwungen haben, wieder einen Schritt weiter getan durch das sich ausbreitende
und befolgte Losungswort: "Kor oooxeration", d. h. grundsätzliche Ablehnung
irgendeines Zusammenwirkens mit dem unterdrückenden Herrschervolk.

Als wir unsere Gesandten aus London, Paris und Brüssel zurückriefen,
konnte man einen Augenblick an so etwas bei uns glauben. Die Industrie und
der Zentralverband des deutschen Großhandels, auch eine Reihe örtlicher Wirtschafts
faktoren sind der Regierung mit gutem Beispiel vorangegangen, indem sie zum
Boycott aller nicht unbedingt notwendigen feinderzeugten Waren ausriefen. Die
Gesellschaft hat hier den Staat zu erziehen/ versagt diesmal die Gesellschaft nicht,
so ist ein großer, vielleicht der entscheidende Schritt aufwärts von der tiefsten
Lage deutscher Geschichte getan. Wir vermissen natürlich jeden Antrieb des
Staates, die Gesellschaft in diesem Kampf zu führen und zu erziehen. Die
Regierung kennt nur die niederträchtige Gewohnheit, dnrch unehrlich vertuschte
Nachgiebigkeit gegen jede feindliche Gewalttat diese in GewvhnheitS- oder Vertrags -
recht umzuwandeln und uns tiefer in den Dreck zu führen. Es. wäre nachgerade
besser, wir hätten gar keine Regierung mehr, sondern eine britisch-französische
Verwaltung, dann wäre unsere Gesellschaft wohl auch nicht schlechter und feiger
als die irische, ägyptische und indische. Die Regierung korrumpiert unsere
Gesellschaft.

Widerstehen wir dieser Korruption. Erkennen wir, daß, wo nichts ist, auch
die Entente ihr Recht verloren hat und wir heute unangreifbar dastehen wie die
Geusen, die nichts mehr zu verlieren, aber alles wieder zu gewinnen hatten.
Das Schicksal gibt uns Fingerzeige. Nicht die äußere Freiheit können wir mit
einem Schlage wiedergewinnen, aber zunächst die geistig-moralische als Nation.

Wir verlangen Kor eoopor-rtion! Man möge kommen und uns
verwalten. Es wird eine bittere und schädliche Aufgabe für den Feind werden.
Wir verlangen, daß jetzt dem deutschen Volke nicht mehr der Schein vorgespiegelt
iverde, als könnte es zu neuen "Verhandlungen" kommen. Wer als Deutscher
heute nach neuen Verhandlungen seufzt, damit das Volk täuscht, seine Begriffe
für Wirklichkeit trübt und dem Feind Mut zu neuen Erpressungen macht, ist der
öffentlichen Verachtung anheimzugeben."

Daß auch Belgien die "Narrheit von 50 7°, wie die City die Lloyd
Georgesche Ausfuhrpfündung nennt, annehmen soll und inJtalien von der französischen


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Abtrennung des Rheinlandes und die dauernde Sklaverei des deutschen Außen
Handels gewiß. Und da die Entziehung der Einnahmen aus unserer Ausfuhr
unsere Fähigkeit/ im Ausland zu kaufen, erdrosselt, tritt auf dem Weg der von
uns irgendwie anerkannten Sanktionen auch eine automatische Blockade, und daraus
folgender Arbeitslosigkeit, Hunger, Selbstzerfleischung und Volksverminderung el».

Im folgenden werden deshalb Vorschläge gemacht, dahinzielend, daß der
Feind dieses Kriegsziel nicht erreichen kann.


Unsere Waffen.

Die Waffe eines Volkes in unserer Lage ist die passive Resistenz. Völker,
denen eine solche Lage weniger neu ist, haben sie längst mit Erfolg angewandt,
und ganz neuerdings haben die Inder in dem Augenblick, da sie durch ihre bis¬
herige Resistenz die Engländer zu der großen Konzession einer Nationalvertretung
gezwungen haben, wieder einen Schritt weiter getan durch das sich ausbreitende
und befolgte Losungswort: „Kor oooxeration", d. h. grundsätzliche Ablehnung
irgendeines Zusammenwirkens mit dem unterdrückenden Herrschervolk.

Als wir unsere Gesandten aus London, Paris und Brüssel zurückriefen,
konnte man einen Augenblick an so etwas bei uns glauben. Die Industrie und
der Zentralverband des deutschen Großhandels, auch eine Reihe örtlicher Wirtschafts
faktoren sind der Regierung mit gutem Beispiel vorangegangen, indem sie zum
Boycott aller nicht unbedingt notwendigen feinderzeugten Waren ausriefen. Die
Gesellschaft hat hier den Staat zu erziehen/ versagt diesmal die Gesellschaft nicht,
so ist ein großer, vielleicht der entscheidende Schritt aufwärts von der tiefsten
Lage deutscher Geschichte getan. Wir vermissen natürlich jeden Antrieb des
Staates, die Gesellschaft in diesem Kampf zu führen und zu erziehen. Die
Regierung kennt nur die niederträchtige Gewohnheit, dnrch unehrlich vertuschte
Nachgiebigkeit gegen jede feindliche Gewalttat diese in GewvhnheitS- oder Vertrags -
recht umzuwandeln und uns tiefer in den Dreck zu führen. Es. wäre nachgerade
besser, wir hätten gar keine Regierung mehr, sondern eine britisch-französische
Verwaltung, dann wäre unsere Gesellschaft wohl auch nicht schlechter und feiger
als die irische, ägyptische und indische. Die Regierung korrumpiert unsere
Gesellschaft.

Widerstehen wir dieser Korruption. Erkennen wir, daß, wo nichts ist, auch
die Entente ihr Recht verloren hat und wir heute unangreifbar dastehen wie die
Geusen, die nichts mehr zu verlieren, aber alles wieder zu gewinnen hatten.
Das Schicksal gibt uns Fingerzeige. Nicht die äußere Freiheit können wir mit
einem Schlage wiedergewinnen, aber zunächst die geistig-moralische als Nation.

Wir verlangen Kor eoopor-rtion! Man möge kommen und uns
verwalten. Es wird eine bittere und schädliche Aufgabe für den Feind werden.
Wir verlangen, daß jetzt dem deutschen Volke nicht mehr der Schein vorgespiegelt
iverde, als könnte es zu neuen „Verhandlungen" kommen. Wer als Deutscher
heute nach neuen Verhandlungen seufzt, damit das Volk täuscht, seine Begriffe
für Wirklichkeit trübt und dem Feind Mut zu neuen Erpressungen macht, ist der
öffentlichen Verachtung anheimzugeben."

Daß auch Belgien die „Narrheit von 50 7°, wie die City die Lloyd
Georgesche Ausfuhrpfündung nennt, annehmen soll und inJtalien von der französischen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/15>, abgerufen am 27.11.2024.