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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr.

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Versailles--öpa--kondon

gebrauchen. Der Welt gegenüber spielte man das Schauspiel der Verhandlung
mit Deutschland. Tatsächlich setzte man in Spa mit den Waffen in der Hand
durch, was man von den: wehrlosen Gegner erzwingen wollte. Und als in London
sich Deutschland den schon vorher vereinbarten Plänen Frankreichs und Englands
nicht unterwarf, als der deutsche Außenminister versuchte, loyal und ehrlich zu
verhandeln, da schritt man zu Gewaltmaßnahmen. Man sollte doch wirklich nicht
von Verhandlungen in Versailles und Spa und London sprechen! Man vergewaltigte
ein Land, das man wehrlos gemacht hatte, mitten im Frieden setzte man von
- London aus den Krieg mit militärischen Druckmitteln fort. Wäre Deutschland
noch wehrhaft, dann hieße das frivole Entfesselung eines neuen Krieges) so aber
kann man sich der Welt gegenüber noch damit brüsten, daß man dem "Recht" zum
Siege verhilft. Und die "Siege", die man in Düsseldorf, Duisburg und Nuhrvrt
ersieht, erfüllen die Massen in Frankreich und England mit Frende und Stolz.
Es ist ja doch zu schön, den Deutschen jetzt zu demütigen, den man nicht besiegen
konnte, als er noch wehrhaft war!

Am 7. März 1921 hat Lloyd George in der gleichen Rede, in der er neue
militärische und wirtschaftliche Maßnahmen gegen ein wehrloses Volk ankündigt,
also die Verantwortung für kriegerische Maßnahmen im Namen seiner Ver¬
bündeten auf sich nimmt, die Feststellung gemacht, daß die wesentlichste Grund¬
lage des Vertrages von Versailles die Verantwortung Deutschlands für den
Krieg sei. Lügen werden durch häufige Wiederholung nicht zur Wahrheit. Aber
wahr ist jetzt und steht für alle Zeiten fest: Der gleiche Mann, der Deutschland
für den Krieg allein verantwortlich machen will, scheut sich nicht, die Verantwortung
für neue kriegerische und Gewaltmaßnahmen auf sich zu nehmen. Deutschland
trat im August 1914 in den Krieg gegen eine Überlegenheit von aufs äußerste
gerüsteten Feinden, Llvhd George greift im März 1921 zu militärischen Gewalt¬
maßnahmen gegen ein entwaffnetes Volk. Deutschland griff zur Waffe, um für
sein Leben zu kämpfen, Lloyd George bricht in deutsches Land ein, weil er und
seine Verbündeten sich nicht ans Verhandlungen mit Deutschland über wirtschaftliche
Fragen einlassen wollen!

Der deutsche Außenminister hat ehrlich versucht, zu Verhandlungen zu
kommen. Er legte am 1. März den deutschen Standpunkt sachlich und ruhig dar.
Ihm antwortete am 3. März Lloyd George in einer Rede, die nicht nach einer
Lösung der schwebenden Fragen, nach einer Einigung mit den deutschen Ver¬
tretern strebte, die arm war an staatsmännischen Gedanken, reich aber an Fest¬
stellungen über die Schuldfrage, an historischen Vergleichen, die zur Lage nicht
paßtei,, sorgfältig vorbereitet, verlesen, in jedem Wort berechnet auf die Wirkung
nach außen, ein demagogisches Kunststück vielleicht, eine Brücke zur Verständigung
sicher nicht. Nach dem Rezept von Versailles stellte sie dem deutschen Außen¬
minister ein auf vier Tage befristetes Ultimatum. Dessen Versuche, in dieser Zeit
in sachlichen Besprechungen vertraulicher Art die Brücke zu einer Verständigung
mit Lloyd George und Briaud zu schlage", werden birch Veröffentlichungen in
der französischen Presse am 6. Mürz durchkreuzt, am Morgen des V.März
berichtet die englische Presse auf das ausführlichste darüber. Der Weweis,! daß
niam zu der von Dr. Simons gesuchten Verständigung nicht kommen wollte, war
damit geliefert. Die Schlußsitzungen am 7. März, die mit der Erklärung Lloyd


Versailles—öpa—kondon

gebrauchen. Der Welt gegenüber spielte man das Schauspiel der Verhandlung
mit Deutschland. Tatsächlich setzte man in Spa mit den Waffen in der Hand
durch, was man von den: wehrlosen Gegner erzwingen wollte. Und als in London
sich Deutschland den schon vorher vereinbarten Plänen Frankreichs und Englands
nicht unterwarf, als der deutsche Außenminister versuchte, loyal und ehrlich zu
verhandeln, da schritt man zu Gewaltmaßnahmen. Man sollte doch wirklich nicht
von Verhandlungen in Versailles und Spa und London sprechen! Man vergewaltigte
ein Land, das man wehrlos gemacht hatte, mitten im Frieden setzte man von
- London aus den Krieg mit militärischen Druckmitteln fort. Wäre Deutschland
noch wehrhaft, dann hieße das frivole Entfesselung eines neuen Krieges) so aber
kann man sich der Welt gegenüber noch damit brüsten, daß man dem „Recht" zum
Siege verhilft. Und die „Siege", die man in Düsseldorf, Duisburg und Nuhrvrt
ersieht, erfüllen die Massen in Frankreich und England mit Frende und Stolz.
Es ist ja doch zu schön, den Deutschen jetzt zu demütigen, den man nicht besiegen
konnte, als er noch wehrhaft war!

Am 7. März 1921 hat Lloyd George in der gleichen Rede, in der er neue
militärische und wirtschaftliche Maßnahmen gegen ein wehrloses Volk ankündigt,
also die Verantwortung für kriegerische Maßnahmen im Namen seiner Ver¬
bündeten auf sich nimmt, die Feststellung gemacht, daß die wesentlichste Grund¬
lage des Vertrages von Versailles die Verantwortung Deutschlands für den
Krieg sei. Lügen werden durch häufige Wiederholung nicht zur Wahrheit. Aber
wahr ist jetzt und steht für alle Zeiten fest: Der gleiche Mann, der Deutschland
für den Krieg allein verantwortlich machen will, scheut sich nicht, die Verantwortung
für neue kriegerische und Gewaltmaßnahmen auf sich zu nehmen. Deutschland
trat im August 1914 in den Krieg gegen eine Überlegenheit von aufs äußerste
gerüsteten Feinden, Llvhd George greift im März 1921 zu militärischen Gewalt¬
maßnahmen gegen ein entwaffnetes Volk. Deutschland griff zur Waffe, um für
sein Leben zu kämpfen, Lloyd George bricht in deutsches Land ein, weil er und
seine Verbündeten sich nicht ans Verhandlungen mit Deutschland über wirtschaftliche
Fragen einlassen wollen!

Der deutsche Außenminister hat ehrlich versucht, zu Verhandlungen zu
kommen. Er legte am 1. März den deutschen Standpunkt sachlich und ruhig dar.
Ihm antwortete am 3. März Lloyd George in einer Rede, die nicht nach einer
Lösung der schwebenden Fragen, nach einer Einigung mit den deutschen Ver¬
tretern strebte, die arm war an staatsmännischen Gedanken, reich aber an Fest¬
stellungen über die Schuldfrage, an historischen Vergleichen, die zur Lage nicht
paßtei,, sorgfältig vorbereitet, verlesen, in jedem Wort berechnet auf die Wirkung
nach außen, ein demagogisches Kunststück vielleicht, eine Brücke zur Verständigung
sicher nicht. Nach dem Rezept von Versailles stellte sie dem deutschen Außen¬
minister ein auf vier Tage befristetes Ultimatum. Dessen Versuche, in dieser Zeit
in sachlichen Besprechungen vertraulicher Art die Brücke zu einer Verständigung
mit Lloyd George und Briaud zu schlage», werden birch Veröffentlichungen in
der französischen Presse am 6. Mürz durchkreuzt, am Morgen des V.März
berichtet die englische Presse auf das ausführlichste darüber. Der Weweis,! daß
niam zu der von Dr. Simons gesuchten Verständigung nicht kommen wollte, war
damit geliefert. Die Schlußsitzungen am 7. März, die mit der Erklärung Lloyd


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[0336] Versailles—öpa—kondon gebrauchen. Der Welt gegenüber spielte man das Schauspiel der Verhandlung mit Deutschland. Tatsächlich setzte man in Spa mit den Waffen in der Hand durch, was man von den: wehrlosen Gegner erzwingen wollte. Und als in London sich Deutschland den schon vorher vereinbarten Plänen Frankreichs und Englands nicht unterwarf, als der deutsche Außenminister versuchte, loyal und ehrlich zu verhandeln, da schritt man zu Gewaltmaßnahmen. Man sollte doch wirklich nicht von Verhandlungen in Versailles und Spa und London sprechen! Man vergewaltigte ein Land, das man wehrlos gemacht hatte, mitten im Frieden setzte man von - London aus den Krieg mit militärischen Druckmitteln fort. Wäre Deutschland noch wehrhaft, dann hieße das frivole Entfesselung eines neuen Krieges) so aber kann man sich der Welt gegenüber noch damit brüsten, daß man dem „Recht" zum Siege verhilft. Und die „Siege", die man in Düsseldorf, Duisburg und Nuhrvrt ersieht, erfüllen die Massen in Frankreich und England mit Frende und Stolz. Es ist ja doch zu schön, den Deutschen jetzt zu demütigen, den man nicht besiegen konnte, als er noch wehrhaft war! Am 7. März 1921 hat Lloyd George in der gleichen Rede, in der er neue militärische und wirtschaftliche Maßnahmen gegen ein wehrloses Volk ankündigt, also die Verantwortung für kriegerische Maßnahmen im Namen seiner Ver¬ bündeten auf sich nimmt, die Feststellung gemacht, daß die wesentlichste Grund¬ lage des Vertrages von Versailles die Verantwortung Deutschlands für den Krieg sei. Lügen werden durch häufige Wiederholung nicht zur Wahrheit. Aber wahr ist jetzt und steht für alle Zeiten fest: Der gleiche Mann, der Deutschland für den Krieg allein verantwortlich machen will, scheut sich nicht, die Verantwortung für neue kriegerische und Gewaltmaßnahmen auf sich zu nehmen. Deutschland trat im August 1914 in den Krieg gegen eine Überlegenheit von aufs äußerste gerüsteten Feinden, Llvhd George greift im März 1921 zu militärischen Gewalt¬ maßnahmen gegen ein entwaffnetes Volk. Deutschland griff zur Waffe, um für sein Leben zu kämpfen, Lloyd George bricht in deutsches Land ein, weil er und seine Verbündeten sich nicht ans Verhandlungen mit Deutschland über wirtschaftliche Fragen einlassen wollen! Der deutsche Außenminister hat ehrlich versucht, zu Verhandlungen zu kommen. Er legte am 1. März den deutschen Standpunkt sachlich und ruhig dar. Ihm antwortete am 3. März Lloyd George in einer Rede, die nicht nach einer Lösung der schwebenden Fragen, nach einer Einigung mit den deutschen Ver¬ tretern strebte, die arm war an staatsmännischen Gedanken, reich aber an Fest¬ stellungen über die Schuldfrage, an historischen Vergleichen, die zur Lage nicht paßtei,, sorgfältig vorbereitet, verlesen, in jedem Wort berechnet auf die Wirkung nach außen, ein demagogisches Kunststück vielleicht, eine Brücke zur Verständigung sicher nicht. Nach dem Rezept von Versailles stellte sie dem deutschen Außen¬ minister ein auf vier Tage befristetes Ultimatum. Dessen Versuche, in dieser Zeit in sachlichen Besprechungen vertraulicher Art die Brücke zu einer Verständigung mit Lloyd George und Briaud zu schlage», werden birch Veröffentlichungen in der französischen Presse am 6. Mürz durchkreuzt, am Morgen des V.März berichtet die englische Presse auf das ausführlichste darüber. Der Weweis,! daß niam zu der von Dr. Simons gesuchten Verständigung nicht kommen wollte, war damit geliefert. Die Schlußsitzungen am 7. März, die mit der Erklärung Lloyd

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338432/336>, abgerufen am 29.12.2024.