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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

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Gffonherzigkeiten

Offenherzigkeiten
Noch ein Kandidat

Vor etwas mehr als 11 Jahren, als mit der Berufung Bethmann-Hollwegs
der eigentliche Niedergang Deutschlands begann, zog ein fleißiger Finanzbeamter
die Augen seiner Vorgesetzten dadurch auf sich, daß er morgens um acht schon im
Amt war und die Schreiberärmel, die er zur Schonung seines Anzuges über-
gestreift trug, bis in den späten Nachmittag nicht mehr ablegte. Bethmann
erhob den Strebsamen und Gefügigen zum Reichsschatzsekretär. Bald danach
konnte man in den Andern die Offenbarung Johannis zitieren hören: "Es siel
ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel, und fiel auf das
dritte Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen. Und der Name des
Sterns heißt Wermuth, und das dritte Teil der Wasser ward Wermuth, und
viele Menschen starben von den Wassern." Es war damals, verglichen mit heute,
ein wahrer Charitentanz, deutscher Finanzminister zu sein. Aber Wermuth sah
seine Aufgabe darin, Bethmann in der Sparsamkeit an den Lebensnotwendigkeiten
der Nation zu unterstützen. Ja, er war es, der den schwachen Kanzler vor allem
auf die Bahn diängte, 1912 die notwendigen Aufwendungen für die Wehrmacht
zu verkürzen. Nicht der Reichstag ist schuld an jenen Abstrichen, die uns den
Krieg haben verlieren lassen durch den bekannten Ausfall in der Marneschlacht.
Der Reichstag war bereit, zu bewilligen, das Geld war auch da und in einem
Umfang da, der heute bittere Erinnerungen weckt. Um ein paar Dutzend
Millionen zu sparen, hat damals Wermuth innerhalb der Behörde selbst, bevor
die Forderung an den Reichstag kam, die lebensnotwendigen Forderungen von
Heer und Marine erstickt. "Wer Mut hat, nehme Wermuth," hieß es. IM
Zusammenhang mit der Taktik, die er damals anwandte, um das Vorhandensein
von bereitstehenden Mitteln als möglichst gering hinzustellen, mußte Wermuth
bald ruhmlos aus dem Reichsamt scheiden,- er hatte sich für das demokratische
Heldenstück, die Nation um ihre Rüstung gebracht und einen führenden Anteil an
unserer Katastrophe erworben zu haben, inzwischen den besser bezahlten Posten
als Berliner Stadthaupt besorgt. Als solches prägte er im November 1918 das
geschichtlich gewordene Wort vom "fluchbeladenen alten Regiment". Er hat die
heimkehrenden Truppen als Vertreter des segensreichen neuen Regiments aw
Brandenburger Tor empfangen mit Eselstritten auf das Kaiserreich, zu dessen
devotesten und zugleich schuld- und unglückbeladenen Trägern gerade er selbst
gehört hatte, er, der die Wehrmacht und damit das Fundament des alten Staats
von innen her unterhöhlte. Als Oberbürgermeister der Nevolutionstage erwarb
er sich das ungelenke Vertrauen der "Unabhängigen", indem er seinen frühere"
bureaukratischen Byzantinismus in einen jakobinischen leicht umwandelte, und
errang die ungelenke Mißachtung aller bürgerlichen Parteien. Als Kandidat der
Unabhängigen ist er soeben wieder zum Oberbürgermeister gewählt worden, während
die Bürgerlichen ihm einstimmig ihr Mißtrauen aussprachen. Der Zentrums¬
abgeordnete Ol-. .Salzgeber sagte am Tag der Wahl in der Berliner Stadt¬
verordnetenversammlung: "Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt schwankt
sein Charakterbild in der Geschichte? Nein, hier schwankt das Bild nicht mehr/
es steht schon fest. Und es ist auch nicht einmal ein Charakterbild, denn eM
Mann weder warm noch kalt, weder Fisch noch Fleisch, ist kein Charakter." Der
volksparteiliche Abgeordnete Eynern erklärte: "Er, der stets engsten Ressort¬
partikularismus betrieben und seine Person in hen Bordergrund geschoben hat, er,
der so kleinlich denkt, ist klein. Dieser große Mann ist ein kleiner Berliner. Die
Presse hat er aber stets gut mit Nachrichten über und für sich versorgt." Auch
mich, Zibo, hat dieser ganz und gar Triste, dessen Schuld an Deutschland ein
andrer gar nicht zu tragen vermöchte, mit seinen häßlichen Augen süß angeblickt.
Aber das Gesicht war mir unausstehlich wie ein Aktenzeichen, das ein lyrisches
Gedicht, wie ein Bureausitzkissen, das eine Seele vorstellen möchte. So tief ist dieser


Gffonherzigkeiten

Offenherzigkeiten
Noch ein Kandidat

Vor etwas mehr als 11 Jahren, als mit der Berufung Bethmann-Hollwegs
der eigentliche Niedergang Deutschlands begann, zog ein fleißiger Finanzbeamter
die Augen seiner Vorgesetzten dadurch auf sich, daß er morgens um acht schon im
Amt war und die Schreiberärmel, die er zur Schonung seines Anzuges über-
gestreift trug, bis in den späten Nachmittag nicht mehr ablegte. Bethmann
erhob den Strebsamen und Gefügigen zum Reichsschatzsekretär. Bald danach
konnte man in den Andern die Offenbarung Johannis zitieren hören: „Es siel
ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel, und fiel auf das
dritte Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen. Und der Name des
Sterns heißt Wermuth, und das dritte Teil der Wasser ward Wermuth, und
viele Menschen starben von den Wassern." Es war damals, verglichen mit heute,
ein wahrer Charitentanz, deutscher Finanzminister zu sein. Aber Wermuth sah
seine Aufgabe darin, Bethmann in der Sparsamkeit an den Lebensnotwendigkeiten
der Nation zu unterstützen. Ja, er war es, der den schwachen Kanzler vor allem
auf die Bahn diängte, 1912 die notwendigen Aufwendungen für die Wehrmacht
zu verkürzen. Nicht der Reichstag ist schuld an jenen Abstrichen, die uns den
Krieg haben verlieren lassen durch den bekannten Ausfall in der Marneschlacht.
Der Reichstag war bereit, zu bewilligen, das Geld war auch da und in einem
Umfang da, der heute bittere Erinnerungen weckt. Um ein paar Dutzend
Millionen zu sparen, hat damals Wermuth innerhalb der Behörde selbst, bevor
die Forderung an den Reichstag kam, die lebensnotwendigen Forderungen von
Heer und Marine erstickt. „Wer Mut hat, nehme Wermuth," hieß es. IM
Zusammenhang mit der Taktik, die er damals anwandte, um das Vorhandensein
von bereitstehenden Mitteln als möglichst gering hinzustellen, mußte Wermuth
bald ruhmlos aus dem Reichsamt scheiden,- er hatte sich für das demokratische
Heldenstück, die Nation um ihre Rüstung gebracht und einen führenden Anteil an
unserer Katastrophe erworben zu haben, inzwischen den besser bezahlten Posten
als Berliner Stadthaupt besorgt. Als solches prägte er im November 1918 das
geschichtlich gewordene Wort vom „fluchbeladenen alten Regiment". Er hat die
heimkehrenden Truppen als Vertreter des segensreichen neuen Regiments aw
Brandenburger Tor empfangen mit Eselstritten auf das Kaiserreich, zu dessen
devotesten und zugleich schuld- und unglückbeladenen Trägern gerade er selbst
gehört hatte, er, der die Wehrmacht und damit das Fundament des alten Staats
von innen her unterhöhlte. Als Oberbürgermeister der Nevolutionstage erwarb
er sich das ungelenke Vertrauen der „Unabhängigen", indem er seinen frühere»
bureaukratischen Byzantinismus in einen jakobinischen leicht umwandelte, und
errang die ungelenke Mißachtung aller bürgerlichen Parteien. Als Kandidat der
Unabhängigen ist er soeben wieder zum Oberbürgermeister gewählt worden, während
die Bürgerlichen ihm einstimmig ihr Mißtrauen aussprachen. Der Zentrums¬
abgeordnete Ol-. .Salzgeber sagte am Tag der Wahl in der Berliner Stadt¬
verordnetenversammlung: „Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt schwankt
sein Charakterbild in der Geschichte? Nein, hier schwankt das Bild nicht mehr/
es steht schon fest. Und es ist auch nicht einmal ein Charakterbild, denn eM
Mann weder warm noch kalt, weder Fisch noch Fleisch, ist kein Charakter." Der
volksparteiliche Abgeordnete Eynern erklärte: „Er, der stets engsten Ressort¬
partikularismus betrieben und seine Person in hen Bordergrund geschoben hat, er,
der so kleinlich denkt, ist klein. Dieser große Mann ist ein kleiner Berliner. Die
Presse hat er aber stets gut mit Nachrichten über und für sich versorgt." Auch
mich, Zibo, hat dieser ganz und gar Triste, dessen Schuld an Deutschland ein
andrer gar nicht zu tragen vermöchte, mit seinen häßlichen Augen süß angeblickt.
Aber das Gesicht war mir unausstehlich wie ein Aktenzeichen, das ein lyrisches
Gedicht, wie ein Bureausitzkissen, das eine Seele vorstellen möchte. So tief ist dieser


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[0370] Gffonherzigkeiten Offenherzigkeiten Noch ein Kandidat Vor etwas mehr als 11 Jahren, als mit der Berufung Bethmann-Hollwegs der eigentliche Niedergang Deutschlands begann, zog ein fleißiger Finanzbeamter die Augen seiner Vorgesetzten dadurch auf sich, daß er morgens um acht schon im Amt war und die Schreiberärmel, die er zur Schonung seines Anzuges über- gestreift trug, bis in den späten Nachmittag nicht mehr ablegte. Bethmann erhob den Strebsamen und Gefügigen zum Reichsschatzsekretär. Bald danach konnte man in den Andern die Offenbarung Johannis zitieren hören: „Es siel ein großer Stern vom Himmel, der brannte wie eine Fackel, und fiel auf das dritte Teil der Wasserströme und über die Wasserbrunnen. Und der Name des Sterns heißt Wermuth, und das dritte Teil der Wasser ward Wermuth, und viele Menschen starben von den Wassern." Es war damals, verglichen mit heute, ein wahrer Charitentanz, deutscher Finanzminister zu sein. Aber Wermuth sah seine Aufgabe darin, Bethmann in der Sparsamkeit an den Lebensnotwendigkeiten der Nation zu unterstützen. Ja, er war es, der den schwachen Kanzler vor allem auf die Bahn diängte, 1912 die notwendigen Aufwendungen für die Wehrmacht zu verkürzen. Nicht der Reichstag ist schuld an jenen Abstrichen, die uns den Krieg haben verlieren lassen durch den bekannten Ausfall in der Marneschlacht. Der Reichstag war bereit, zu bewilligen, das Geld war auch da und in einem Umfang da, der heute bittere Erinnerungen weckt. Um ein paar Dutzend Millionen zu sparen, hat damals Wermuth innerhalb der Behörde selbst, bevor die Forderung an den Reichstag kam, die lebensnotwendigen Forderungen von Heer und Marine erstickt. „Wer Mut hat, nehme Wermuth," hieß es. IM Zusammenhang mit der Taktik, die er damals anwandte, um das Vorhandensein von bereitstehenden Mitteln als möglichst gering hinzustellen, mußte Wermuth bald ruhmlos aus dem Reichsamt scheiden,- er hatte sich für das demokratische Heldenstück, die Nation um ihre Rüstung gebracht und einen führenden Anteil an unserer Katastrophe erworben zu haben, inzwischen den besser bezahlten Posten als Berliner Stadthaupt besorgt. Als solches prägte er im November 1918 das geschichtlich gewordene Wort vom „fluchbeladenen alten Regiment". Er hat die heimkehrenden Truppen als Vertreter des segensreichen neuen Regiments aw Brandenburger Tor empfangen mit Eselstritten auf das Kaiserreich, zu dessen devotesten und zugleich schuld- und unglückbeladenen Trägern gerade er selbst gehört hatte, er, der die Wehrmacht und damit das Fundament des alten Staats von innen her unterhöhlte. Als Oberbürgermeister der Nevolutionstage erwarb er sich das ungelenke Vertrauen der „Unabhängigen", indem er seinen frühere» bureaukratischen Byzantinismus in einen jakobinischen leicht umwandelte, und errang die ungelenke Mißachtung aller bürgerlichen Parteien. Als Kandidat der Unabhängigen ist er soeben wieder zum Oberbürgermeister gewählt worden, während die Bürgerlichen ihm einstimmig ihr Mißtrauen aussprachen. Der Zentrums¬ abgeordnete Ol-. .Salzgeber sagte am Tag der Wahl in der Berliner Stadt¬ verordnetenversammlung: „Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt schwankt sein Charakterbild in der Geschichte? Nein, hier schwankt das Bild nicht mehr/ es steht schon fest. Und es ist auch nicht einmal ein Charakterbild, denn eM Mann weder warm noch kalt, weder Fisch noch Fleisch, ist kein Charakter." Der volksparteiliche Abgeordnete Eynern erklärte: „Er, der stets engsten Ressort¬ partikularismus betrieben und seine Person in hen Bordergrund geschoben hat, er, der so kleinlich denkt, ist klein. Dieser große Mann ist ein kleiner Berliner. Die Presse hat er aber stets gut mit Nachrichten über und für sich versorgt." Auch mich, Zibo, hat dieser ganz und gar Triste, dessen Schuld an Deutschland ein andrer gar nicht zu tragen vermöchte, mit seinen häßlichen Augen süß angeblickt. Aber das Gesicht war mir unausstehlich wie ein Aktenzeichen, das ein lyrisches Gedicht, wie ein Bureausitzkissen, das eine Seele vorstellen möchte. So tief ist dieser

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/370>, abgerufen am 22.07.2024.