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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr.

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Weltspiegel

Weltspiegel

Luzern. Es ist bezeichnend, daß nicht nur die französische, sondern
auch die deutsche Presse bei Besprechung des Luzerner Communiquös eine radikale
Schwenkung Llohd Georges festgestellt haben. Daß die französische dies tat, lag
sicher sowohl in Llohd Georges wie in Millerands Sinne, daß die deutsche es
tat, ist ein neues Zeichen derselben fürchterlichen Oberflächlichkeit und Gedanken¬
losigkeit, die auch in den Kommentaren zum Vormarsch der Roten Armee auf Warschau
und zum dann erfolgenden Umschwung der militärischen Lage zum Schaden unseres
Ansehens hervorgetreten sind. Augenscheinlich sind sich unsere Leitartikler, die,
mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, ausländische Zeitungen nur aus telegraphischen
Auszügen zu kennen Pflegen, noch immer nicht klar darüber, daß man ihre Ergüsse
im Auslande sehr genau verfolgt, zusammenstellt und nötigenfalls propagandistisch
ausschlachtet, und daß dies nicht nur in den Andern, sondern mindestens im
gleichen Maße in den einzelnen Redaktionen selbständig geschieht. Die Zeiten
sind vorbei, da man in einer großen Tageszeitung Haß und Schadenfreude,
Entrüstung und Lob aus der Tiefe des Gemüts allein zur herzstärkenden Freude
und Anregung Abendbrot essender oder Morgcnmunke schlürfender Abonnenten
hinausschmettern konnte) das überlasse man gefälligst der Lokalpresse oder dem
Feuilleton. Der Leitartikel einer großen Zeitung hat mit Lyrik nichts zu tun,
sondern ist ein politisches Instrument, mit dem man in einen internationalen
Gesellschaftskreis eintritt. Und ebensowenig wie man im Hausrock in Gesellschaft
kommt, ebensowenig dürften außenpolitische Leitartikel lediglich mit Rücksicht auf
den "lieben" Leser freundlicher Familienromane geschrieben oder aus Furcht vor
Abonnementsabbestellungen nuanciert werden. Allerdings sollten auch besagte
Abonnenten sich die entrüstungstrotzenden Briefe an den Redakteur abgewöhnen
und sich daran gewöhnen, zu überlegen, ob nicht der Redakteur bestimmte Gründe
gehabt haben kann, gewisse Dinge eben nicht zu sagen oder anders auszudrücken,
als gerade der meist ganz schlecht, weil einseitig orientierte Leser es für richtig
hält. Diese Unfähigkeit, die Presse als politisches Instrument zu benutzen, zeigt
sich leider bis in die höchsten Stellen hinauf. Was angesehene Männer in öffent¬
lichen Stellungen sich für Entgleisungen in Interviews leisten, geht ins Ungeheuer¬
liche. Häufig habe ich feststellen können, daß der Interviewte' das Blatt, dessen
Vertreter er unterrichten soll, nie selber in der Hand gehabt und nicht die leiseste
Ahnung hat, wie der Leserkreis, zu dem er spricht, beschaffen ist, und die wenigsten
Leute überlegen sich, wie ihre Äußerungen sich, in die fremde Sprache übersetzt
(wie wenig Leute können bei uns noch wirklich fremde Sprachen!), ausnehmen
müssen. Leider scheint nicht einmal der deutsche Außenminister von dieser Ahnungs-
losigkeit frei zu sein. Es ist kein Zustand, daß Interviews wochenlang in der
Welt herumschwirren und glossiert werden und daß das Auswärtige Amt acht
Tage lang erklären muß, die richtige Wiedergabe der Äußerungen des höchsten
Chefs müsse "bis zu dessen Rückkehr einstweilen bezweifelt" werden. Gibt es
keinen Telegraphen? Interviews sind politische Handlungen,' man gibt sie nicht,
zumal nicht so wichtige wie das im "Tempo" und in der "Stampa" erschienene,
aus dem Stegreif. Warum wurde der Wortlaut der Erklärungen nicht sofort
nach Berlin depeschiert, damit man dort orientiert war? Es ist ein schlechtes
Zeichen, wenn nicht einmal derartig elementare Dinge funktionieren.

Was nun die angebliche Schwenkung Llohd Georges betrifft, so ist sie in
Wirklichkeit gar nicht vorhanden. Llohd George ist nicht umgeschwenkt, h?t mcyr
gestern weiß und heute schwarz gesagt, sondern er macht Politik und hat die LlM^
seiner Politik durchaus festgehalten. Seit' Monaten strebt die englische Polar,
da der Friede im Osten sich nicht ohne weiteres durchsetzen ließ, wenigstens me
Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zu Rußland an. Es geschieht dies unrer
dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Notwendigkeit, angesichts ^
immer drohender emporwachsenden Übermacht der Vereinigten Staaten, ein ruhM"


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Luzern. Es ist bezeichnend, daß nicht nur die französische, sondern
auch die deutsche Presse bei Besprechung des Luzerner Communiquös eine radikale
Schwenkung Llohd Georges festgestellt haben. Daß die französische dies tat, lag
sicher sowohl in Llohd Georges wie in Millerands Sinne, daß die deutsche es
tat, ist ein neues Zeichen derselben fürchterlichen Oberflächlichkeit und Gedanken¬
losigkeit, die auch in den Kommentaren zum Vormarsch der Roten Armee auf Warschau
und zum dann erfolgenden Umschwung der militärischen Lage zum Schaden unseres
Ansehens hervorgetreten sind. Augenscheinlich sind sich unsere Leitartikler, die,
mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, ausländische Zeitungen nur aus telegraphischen
Auszügen zu kennen Pflegen, noch immer nicht klar darüber, daß man ihre Ergüsse
im Auslande sehr genau verfolgt, zusammenstellt und nötigenfalls propagandistisch
ausschlachtet, und daß dies nicht nur in den Andern, sondern mindestens im
gleichen Maße in den einzelnen Redaktionen selbständig geschieht. Die Zeiten
sind vorbei, da man in einer großen Tageszeitung Haß und Schadenfreude,
Entrüstung und Lob aus der Tiefe des Gemüts allein zur herzstärkenden Freude
und Anregung Abendbrot essender oder Morgcnmunke schlürfender Abonnenten
hinausschmettern konnte) das überlasse man gefälligst der Lokalpresse oder dem
Feuilleton. Der Leitartikel einer großen Zeitung hat mit Lyrik nichts zu tun,
sondern ist ein politisches Instrument, mit dem man in einen internationalen
Gesellschaftskreis eintritt. Und ebensowenig wie man im Hausrock in Gesellschaft
kommt, ebensowenig dürften außenpolitische Leitartikel lediglich mit Rücksicht auf
den „lieben" Leser freundlicher Familienromane geschrieben oder aus Furcht vor
Abonnementsabbestellungen nuanciert werden. Allerdings sollten auch besagte
Abonnenten sich die entrüstungstrotzenden Briefe an den Redakteur abgewöhnen
und sich daran gewöhnen, zu überlegen, ob nicht der Redakteur bestimmte Gründe
gehabt haben kann, gewisse Dinge eben nicht zu sagen oder anders auszudrücken,
als gerade der meist ganz schlecht, weil einseitig orientierte Leser es für richtig
hält. Diese Unfähigkeit, die Presse als politisches Instrument zu benutzen, zeigt
sich leider bis in die höchsten Stellen hinauf. Was angesehene Männer in öffent¬
lichen Stellungen sich für Entgleisungen in Interviews leisten, geht ins Ungeheuer¬
liche. Häufig habe ich feststellen können, daß der Interviewte' das Blatt, dessen
Vertreter er unterrichten soll, nie selber in der Hand gehabt und nicht die leiseste
Ahnung hat, wie der Leserkreis, zu dem er spricht, beschaffen ist, und die wenigsten
Leute überlegen sich, wie ihre Äußerungen sich, in die fremde Sprache übersetzt
(wie wenig Leute können bei uns noch wirklich fremde Sprachen!), ausnehmen
müssen. Leider scheint nicht einmal der deutsche Außenminister von dieser Ahnungs-
losigkeit frei zu sein. Es ist kein Zustand, daß Interviews wochenlang in der
Welt herumschwirren und glossiert werden und daß das Auswärtige Amt acht
Tage lang erklären muß, die richtige Wiedergabe der Äußerungen des höchsten
Chefs müsse „bis zu dessen Rückkehr einstweilen bezweifelt" werden. Gibt es
keinen Telegraphen? Interviews sind politische Handlungen,' man gibt sie nicht,
zumal nicht so wichtige wie das im „Tempo" und in der „Stampa" erschienene,
aus dem Stegreif. Warum wurde der Wortlaut der Erklärungen nicht sofort
nach Berlin depeschiert, damit man dort orientiert war? Es ist ein schlechtes
Zeichen, wenn nicht einmal derartig elementare Dinge funktionieren.

Was nun die angebliche Schwenkung Llohd Georges betrifft, so ist sie in
Wirklichkeit gar nicht vorhanden. Llohd George ist nicht umgeschwenkt, h?t mcyr
gestern weiß und heute schwarz gesagt, sondern er macht Politik und hat die LlM^
seiner Politik durchaus festgehalten. Seit' Monaten strebt die englische Polar,
da der Friede im Osten sich nicht ohne weiteres durchsetzen ließ, wenigstens me
Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zu Rußland an. Es geschieht dies unrer
dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Notwendigkeit, angesichts ^
immer drohender emporwachsenden Übermacht der Vereinigten Staaten, ein ruhM»


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[0330] Weltspiegel Weltspiegel Luzern. Es ist bezeichnend, daß nicht nur die französische, sondern auch die deutsche Presse bei Besprechung des Luzerner Communiquös eine radikale Schwenkung Llohd Georges festgestellt haben. Daß die französische dies tat, lag sicher sowohl in Llohd Georges wie in Millerands Sinne, daß die deutsche es tat, ist ein neues Zeichen derselben fürchterlichen Oberflächlichkeit und Gedanken¬ losigkeit, die auch in den Kommentaren zum Vormarsch der Roten Armee auf Warschau und zum dann erfolgenden Umschwung der militärischen Lage zum Schaden unseres Ansehens hervorgetreten sind. Augenscheinlich sind sich unsere Leitartikler, die, mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, ausländische Zeitungen nur aus telegraphischen Auszügen zu kennen Pflegen, noch immer nicht klar darüber, daß man ihre Ergüsse im Auslande sehr genau verfolgt, zusammenstellt und nötigenfalls propagandistisch ausschlachtet, und daß dies nicht nur in den Andern, sondern mindestens im gleichen Maße in den einzelnen Redaktionen selbständig geschieht. Die Zeiten sind vorbei, da man in einer großen Tageszeitung Haß und Schadenfreude, Entrüstung und Lob aus der Tiefe des Gemüts allein zur herzstärkenden Freude und Anregung Abendbrot essender oder Morgcnmunke schlürfender Abonnenten hinausschmettern konnte) das überlasse man gefälligst der Lokalpresse oder dem Feuilleton. Der Leitartikel einer großen Zeitung hat mit Lyrik nichts zu tun, sondern ist ein politisches Instrument, mit dem man in einen internationalen Gesellschaftskreis eintritt. Und ebensowenig wie man im Hausrock in Gesellschaft kommt, ebensowenig dürften außenpolitische Leitartikel lediglich mit Rücksicht auf den „lieben" Leser freundlicher Familienromane geschrieben oder aus Furcht vor Abonnementsabbestellungen nuanciert werden. Allerdings sollten auch besagte Abonnenten sich die entrüstungstrotzenden Briefe an den Redakteur abgewöhnen und sich daran gewöhnen, zu überlegen, ob nicht der Redakteur bestimmte Gründe gehabt haben kann, gewisse Dinge eben nicht zu sagen oder anders auszudrücken, als gerade der meist ganz schlecht, weil einseitig orientierte Leser es für richtig hält. Diese Unfähigkeit, die Presse als politisches Instrument zu benutzen, zeigt sich leider bis in die höchsten Stellen hinauf. Was angesehene Männer in öffent¬ lichen Stellungen sich für Entgleisungen in Interviews leisten, geht ins Ungeheuer¬ liche. Häufig habe ich feststellen können, daß der Interviewte' das Blatt, dessen Vertreter er unterrichten soll, nie selber in der Hand gehabt und nicht die leiseste Ahnung hat, wie der Leserkreis, zu dem er spricht, beschaffen ist, und die wenigsten Leute überlegen sich, wie ihre Äußerungen sich, in die fremde Sprache übersetzt (wie wenig Leute können bei uns noch wirklich fremde Sprachen!), ausnehmen müssen. Leider scheint nicht einmal der deutsche Außenminister von dieser Ahnungs- losigkeit frei zu sein. Es ist kein Zustand, daß Interviews wochenlang in der Welt herumschwirren und glossiert werden und daß das Auswärtige Amt acht Tage lang erklären muß, die richtige Wiedergabe der Äußerungen des höchsten Chefs müsse „bis zu dessen Rückkehr einstweilen bezweifelt" werden. Gibt es keinen Telegraphen? Interviews sind politische Handlungen,' man gibt sie nicht, zumal nicht so wichtige wie das im „Tempo" und in der „Stampa" erschienene, aus dem Stegreif. Warum wurde der Wortlaut der Erklärungen nicht sofort nach Berlin depeschiert, damit man dort orientiert war? Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn nicht einmal derartig elementare Dinge funktionieren. Was nun die angebliche Schwenkung Llohd Georges betrifft, so ist sie in Wirklichkeit gar nicht vorhanden. Llohd George ist nicht umgeschwenkt, h?t mcyr gestern weiß und heute schwarz gesagt, sondern er macht Politik und hat die LlM^ seiner Politik durchaus festgehalten. Seit' Monaten strebt die englische Polar, da der Friede im Osten sich nicht ohne weiteres durchsetzen ließ, wenigstens me Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen zu Rußland an. Es geschieht dies unrer dem Druck der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Notwendigkeit, angesichts ^ immer drohender emporwachsenden Übermacht der Vereinigten Staaten, ein ruhM»

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337640/330>, abgerufen am 22.07.2024.