Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Neubefestigung der deutschen Valuta?

Dann kommt aber auch der Zeitpunkt, wo eine Fortsetzung der Friedensvertrags¬
leistungen zur Unmöglichkeit wird. Das eigene Interesse weist also, wie oben
bereits bemerkt, die Gegner auf eine grundsätzliche Revision des Friedensvertrages,
wenn die Franzosen auch noch in ihrem übermütigen Siegergefühle glauben,
zugleich die Wirtschaft der Welt und das Deutsche Reich auf Grund papierner
Verpflichtungen endlos vergewaltigen sowie restlose Wiedergutmachung durchsetzen
zu können.

Es wird die vornehmste deutsche Aufgabe sein, die Erkenntnis der Unmöglich¬
keiten des Friedensvertrages allgemein zu machen, und auf die notwendige Revision
zu drängen, ein Verlangen, dem sich auf die Dauer kein Einsichtiger auch unter
den Feinden wird entziehen können.




Neubefestigung der deutschen Valuta?
v Alfred Lansburgh on

le deutsche Reichsmark ist Ende Mai auf dem Weltmarkt mit cupa
2^/- amerikanischen Cents oder annähernd 1ö schweizerischen Centimes
bewertet worden. Ein kläglicher Tiefstand, und dennoch eine
Besserung, wie man sie noch vor ganz kurzer Zeit nicht zu erhoffen
wagte. Denn Ende Januar galt die Mark kaum einen Cent und
wenig mehr als 5 Centimes. Diesem Wiederansteigm des Markkurses parallel
geht eine unverkennbare Besserung des deutschen Weltkrediis. Die Feinde von
ehedem wollen nicht nur die Kriegsentschädigung finanzieren, die ihnen Deutsch¬
land zu zahlen hat, sondern auch der inneren Wirtschaft des Landes zu Hilfe
kommen. Nan hat zwar noch niemals eine pekuniäre Hilfeleistung des Aus¬
lands den völligen Niederbruch der Valuta eines finanziellb edmngten Landes
verhindern oder gar eine Verdreifachung ihres Werth herbeiführen können. Denn
eine Landeswährung wird nur von innen heraus ruiniert und kann auch nur
von innen heraus geheilt werden, so weit dies überhaupt möglich ist Trotzdem
besteht unverkennbar ein enger Zusammenhang zwischen der Auslandshilfe und
der elementaren Besserung des Martturses.

Der Wunsch, die Weltgeltung der deutschen Währung zu heben, ist allent¬
halben außerordentlich lebhaft. Zahlreiche Gründe wirken zusammen, um die in
anderen Fragen so weit auseinanderstrebenden Länder der Entente und die
maßgebenden Neutralen in diesem einen Punkte gemeinsame Sache machen zu
lassen. Die einen wollen Deutschlands Kaufkraft wieder herstellen, um an ihm
einen Abnehmer für ihre hochgehäuftcn Warenvorräte und ihre zurzeit unfrei¬
willig auf Lager arbeitende Industrie zu gewinnen. Die anderen wollen dem
deutschen Schleuder-Ausverkauf ein Ende machen, der eine unvermeidliche Folge
der Währungstatastrophe bildet und die Weltproduktion gefährdet. Wieder andere
geben sich der Hoffnung hin, daß ein valutarisch gekräftigies Deutschland seiner
vertragsmäßigen Wiedergutmachungspflicht besser werde nachkommen können, als
deutsche Finanzsachverständige es heute für möglich halten. Insbesondere aber,
und das ist der Punkt, in dem die Interessen aller beteiligten Länder durchaus
solidarisch sind, will man die enormen Massen Marknoten und Markguthaben,


Neubefestigung der deutschen Valuta?

Dann kommt aber auch der Zeitpunkt, wo eine Fortsetzung der Friedensvertrags¬
leistungen zur Unmöglichkeit wird. Das eigene Interesse weist also, wie oben
bereits bemerkt, die Gegner auf eine grundsätzliche Revision des Friedensvertrages,
wenn die Franzosen auch noch in ihrem übermütigen Siegergefühle glauben,
zugleich die Wirtschaft der Welt und das Deutsche Reich auf Grund papierner
Verpflichtungen endlos vergewaltigen sowie restlose Wiedergutmachung durchsetzen
zu können.

Es wird die vornehmste deutsche Aufgabe sein, die Erkenntnis der Unmöglich¬
keiten des Friedensvertrages allgemein zu machen, und auf die notwendige Revision
zu drängen, ein Verlangen, dem sich auf die Dauer kein Einsichtiger auch unter
den Feinden wird entziehen können.




Neubefestigung der deutschen Valuta?
v Alfred Lansburgh on

le deutsche Reichsmark ist Ende Mai auf dem Weltmarkt mit cupa
2^/- amerikanischen Cents oder annähernd 1ö schweizerischen Centimes
bewertet worden. Ein kläglicher Tiefstand, und dennoch eine
Besserung, wie man sie noch vor ganz kurzer Zeit nicht zu erhoffen
wagte. Denn Ende Januar galt die Mark kaum einen Cent und
wenig mehr als 5 Centimes. Diesem Wiederansteigm des Markkurses parallel
geht eine unverkennbare Besserung des deutschen Weltkrediis. Die Feinde von
ehedem wollen nicht nur die Kriegsentschädigung finanzieren, die ihnen Deutsch¬
land zu zahlen hat, sondern auch der inneren Wirtschaft des Landes zu Hilfe
kommen. Nan hat zwar noch niemals eine pekuniäre Hilfeleistung des Aus¬
lands den völligen Niederbruch der Valuta eines finanziellb edmngten Landes
verhindern oder gar eine Verdreifachung ihres Werth herbeiführen können. Denn
eine Landeswährung wird nur von innen heraus ruiniert und kann auch nur
von innen heraus geheilt werden, so weit dies überhaupt möglich ist Trotzdem
besteht unverkennbar ein enger Zusammenhang zwischen der Auslandshilfe und
der elementaren Besserung des Martturses.

Der Wunsch, die Weltgeltung der deutschen Währung zu heben, ist allent¬
halben außerordentlich lebhaft. Zahlreiche Gründe wirken zusammen, um die in
anderen Fragen so weit auseinanderstrebenden Länder der Entente und die
maßgebenden Neutralen in diesem einen Punkte gemeinsame Sache machen zu
lassen. Die einen wollen Deutschlands Kaufkraft wieder herstellen, um an ihm
einen Abnehmer für ihre hochgehäuftcn Warenvorräte und ihre zurzeit unfrei¬
willig auf Lager arbeitende Industrie zu gewinnen. Die anderen wollen dem
deutschen Schleuder-Ausverkauf ein Ende machen, der eine unvermeidliche Folge
der Währungstatastrophe bildet und die Weltproduktion gefährdet. Wieder andere
geben sich der Hoffnung hin, daß ein valutarisch gekräftigies Deutschland seiner
vertragsmäßigen Wiedergutmachungspflicht besser werde nachkommen können, als
deutsche Finanzsachverständige es heute für möglich halten. Insbesondere aber,
und das ist der Punkt, in dem die Interessen aller beteiligten Länder durchaus
solidarisch sind, will man die enormen Massen Marknoten und Markguthaben,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0310" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337547"/>
          <fw type="header" place="top"> Neubefestigung der deutschen Valuta?</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1039" prev="#ID_1038"> Dann kommt aber auch der Zeitpunkt, wo eine Fortsetzung der Friedensvertrags¬<lb/>
leistungen zur Unmöglichkeit wird. Das eigene Interesse weist also, wie oben<lb/>
bereits bemerkt, die Gegner auf eine grundsätzliche Revision des Friedensvertrages,<lb/>
wenn die Franzosen auch noch in ihrem übermütigen Siegergefühle glauben,<lb/>
zugleich die Wirtschaft der Welt und das Deutsche Reich auf Grund papierner<lb/>
Verpflichtungen endlos vergewaltigen sowie restlose Wiedergutmachung durchsetzen<lb/>
zu können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1040"> Es wird die vornehmste deutsche Aufgabe sein, die Erkenntnis der Unmöglich¬<lb/>
keiten des Friedensvertrages allgemein zu machen, und auf die notwendige Revision<lb/>
zu drängen, ein Verlangen, dem sich auf die Dauer kein Einsichtiger auch unter<lb/>
den Feinden wird entziehen können.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Neubefestigung der deutschen Valuta?<lb/>
v<note type="byline"> Alfred Lansburgh</note> on</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1041"> le deutsche Reichsmark ist Ende Mai auf dem Weltmarkt mit cupa<lb/>
2^/- amerikanischen Cents oder annähernd 1ö schweizerischen Centimes<lb/>
bewertet worden. Ein kläglicher Tiefstand, und dennoch eine<lb/>
Besserung, wie man sie noch vor ganz kurzer Zeit nicht zu erhoffen<lb/>
wagte. Denn Ende Januar galt die Mark kaum einen Cent und<lb/>
wenig mehr als 5 Centimes. Diesem Wiederansteigm des Markkurses parallel<lb/>
geht eine unverkennbare Besserung des deutschen Weltkrediis. Die Feinde von<lb/>
ehedem wollen nicht nur die Kriegsentschädigung finanzieren, die ihnen Deutsch¬<lb/>
land zu zahlen hat, sondern auch der inneren Wirtschaft des Landes zu Hilfe<lb/>
kommen. Nan hat zwar noch niemals eine pekuniäre Hilfeleistung des Aus¬<lb/>
lands den völligen Niederbruch der Valuta eines finanziellb edmngten Landes<lb/>
verhindern oder gar eine Verdreifachung ihres Werth herbeiführen können. Denn<lb/>
eine Landeswährung wird nur von innen heraus ruiniert und kann auch nur<lb/>
von innen heraus geheilt werden, so weit dies überhaupt möglich ist Trotzdem<lb/>
besteht unverkennbar ein enger Zusammenhang zwischen der Auslandshilfe und<lb/>
der elementaren Besserung des Martturses.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1042" next="#ID_1043"> Der Wunsch, die Weltgeltung der deutschen Währung zu heben, ist allent¬<lb/>
halben außerordentlich lebhaft. Zahlreiche Gründe wirken zusammen, um die in<lb/>
anderen Fragen so weit auseinanderstrebenden Länder der Entente und die<lb/>
maßgebenden Neutralen in diesem einen Punkte gemeinsame Sache machen zu<lb/>
lassen. Die einen wollen Deutschlands Kaufkraft wieder herstellen, um an ihm<lb/>
einen Abnehmer für ihre hochgehäuftcn Warenvorräte und ihre zurzeit unfrei¬<lb/>
willig auf Lager arbeitende Industrie zu gewinnen. Die anderen wollen dem<lb/>
deutschen Schleuder-Ausverkauf ein Ende machen, der eine unvermeidliche Folge<lb/>
der Währungstatastrophe bildet und die Weltproduktion gefährdet. Wieder andere<lb/>
geben sich der Hoffnung hin, daß ein valutarisch gekräftigies Deutschland seiner<lb/>
vertragsmäßigen Wiedergutmachungspflicht besser werde nachkommen können, als<lb/>
deutsche Finanzsachverständige es heute für möglich halten. Insbesondere aber,<lb/>
und das ist der Punkt, in dem die Interessen aller beteiligten Länder durchaus<lb/>
solidarisch sind, will man die enormen Massen Marknoten und Markguthaben,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0310] Neubefestigung der deutschen Valuta? Dann kommt aber auch der Zeitpunkt, wo eine Fortsetzung der Friedensvertrags¬ leistungen zur Unmöglichkeit wird. Das eigene Interesse weist also, wie oben bereits bemerkt, die Gegner auf eine grundsätzliche Revision des Friedensvertrages, wenn die Franzosen auch noch in ihrem übermütigen Siegergefühle glauben, zugleich die Wirtschaft der Welt und das Deutsche Reich auf Grund papierner Verpflichtungen endlos vergewaltigen sowie restlose Wiedergutmachung durchsetzen zu können. Es wird die vornehmste deutsche Aufgabe sein, die Erkenntnis der Unmöglich¬ keiten des Friedensvertrages allgemein zu machen, und auf die notwendige Revision zu drängen, ein Verlangen, dem sich auf die Dauer kein Einsichtiger auch unter den Feinden wird entziehen können. Neubefestigung der deutschen Valuta? v Alfred Lansburgh on le deutsche Reichsmark ist Ende Mai auf dem Weltmarkt mit cupa 2^/- amerikanischen Cents oder annähernd 1ö schweizerischen Centimes bewertet worden. Ein kläglicher Tiefstand, und dennoch eine Besserung, wie man sie noch vor ganz kurzer Zeit nicht zu erhoffen wagte. Denn Ende Januar galt die Mark kaum einen Cent und wenig mehr als 5 Centimes. Diesem Wiederansteigm des Markkurses parallel geht eine unverkennbare Besserung des deutschen Weltkrediis. Die Feinde von ehedem wollen nicht nur die Kriegsentschädigung finanzieren, die ihnen Deutsch¬ land zu zahlen hat, sondern auch der inneren Wirtschaft des Landes zu Hilfe kommen. Nan hat zwar noch niemals eine pekuniäre Hilfeleistung des Aus¬ lands den völligen Niederbruch der Valuta eines finanziellb edmngten Landes verhindern oder gar eine Verdreifachung ihres Werth herbeiführen können. Denn eine Landeswährung wird nur von innen heraus ruiniert und kann auch nur von innen heraus geheilt werden, so weit dies überhaupt möglich ist Trotzdem besteht unverkennbar ein enger Zusammenhang zwischen der Auslandshilfe und der elementaren Besserung des Martturses. Der Wunsch, die Weltgeltung der deutschen Währung zu heben, ist allent¬ halben außerordentlich lebhaft. Zahlreiche Gründe wirken zusammen, um die in anderen Fragen so weit auseinanderstrebenden Länder der Entente und die maßgebenden Neutralen in diesem einen Punkte gemeinsame Sache machen zu lassen. Die einen wollen Deutschlands Kaufkraft wieder herstellen, um an ihm einen Abnehmer für ihre hochgehäuftcn Warenvorräte und ihre zurzeit unfrei¬ willig auf Lager arbeitende Industrie zu gewinnen. Die anderen wollen dem deutschen Schleuder-Ausverkauf ein Ende machen, der eine unvermeidliche Folge der Währungstatastrophe bildet und die Weltproduktion gefährdet. Wieder andere geben sich der Hoffnung hin, daß ein valutarisch gekräftigies Deutschland seiner vertragsmäßigen Wiedergutmachungspflicht besser werde nachkommen können, als deutsche Finanzsachverständige es heute für möglich halten. Insbesondere aber, und das ist der Punkt, in dem die Interessen aller beteiligten Länder durchaus solidarisch sind, will man die enormen Massen Marknoten und Markguthaben,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/310
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_337236/310>, abgerufen am 26.08.2024.