Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.I^'/vvemr tZu Lor^o belZs menses liegende Folgerung, daß nämlich bei dieser Sachlage in dem Geschäftsgebaren Natürlich ist auch die dem Engländer Sir William Lever gegebene große Vom Standpunkte allgemeiner Kolonialpolitik und im Hinblick auf die "Die Eingeborenenpolitik des belgischen Gouvernements . . . hat bis jetzt Da die Leistungen der Verwaltungsbeamten, wie Delcommune augen¬ "Dies ist nicht mehr eine Kopfsteuer in festen Grenzen, wie sie jede Steuer I^'/vvemr tZu Lor^o belZs menses liegende Folgerung, daß nämlich bei dieser Sachlage in dem Geschäftsgebaren Natürlich ist auch die dem Engländer Sir William Lever gegebene große Vom Standpunkte allgemeiner Kolonialpolitik und im Hinblick auf die „Die Eingeborenenpolitik des belgischen Gouvernements . . . hat bis jetzt Da die Leistungen der Verwaltungsbeamten, wie Delcommune augen¬ „Dies ist nicht mehr eine Kopfsteuer in festen Grenzen, wie sie jede Steuer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0224" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337461"/> <fw type="header" place="top"> I^'/vvemr tZu Lor^o belZs menses</fw><lb/> <p xml:id="ID_768" prev="#ID_767"> liegende Folgerung, daß nämlich bei dieser Sachlage in dem Geschäftsgebaren<lb/> der Großunternehmungen ein Fehler stecken muß, daß der noch aus der Zeit<lb/> der Konzessionswirtschaft stammende übertrieben große Verwaltungsapparat der<lb/> Großunternehmen und ihre teueren hochwertigen Hilfskräfte noch nicht für das<lb/> jetzige Entwicklungsstadium des Landes passen, und die Lösung gerade vielleicht<lb/> in einer Kombination zwischen Großhändlertum und Kleinhändlertum zu suchen<lb/> sein dürste, bei welcher man, will man in einseitigem, bisher dem Kongo fremdem<lb/> Protektionismus die ausländischen Gewerbetreibenden ausschalten, allmählich<lb/> Landeseingeborene hineinziehen müßte, wie es bereits in so starkem Maße an der<lb/> Guinea-Küste geschehen ist, zieht Delcommune nicht. Er verlangt von seinem<lb/> Gouvernement Sondervorschriften gegenüber dem Kleinhändler, die diesen nur<lb/> in den größeren Orten zulassen und ihm den direkten Auflauf von Landes¬<lb/> produkten unmöglich machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_769"> Natürlich ist auch die dem Engländer Sir William Lever gegebene große<lb/> Olfruchtkonzession dem Belgier Delcommune ein Dorn im Auge; nicht mit Un¬<lb/> recht. Die überlegene .Konkurrenz der Firma, die sich vor dein Kriege schon aus<lb/> dem Gebiet der Schiffahrt fühlbar machte, zeigt sich jetzt auch auf dem Gebiete des<lb/> Palmöl- und Palmkerngeschäftes. Dank des ihr für ihre Konzessionsgebiete ein¬<lb/> geräumten Monopols kann sie sich die Konkurrenz der Kleinhändler in ihren<lb/> Niederlassungsbezirken fernhalten, während die durch kein Monopol geschützten<lb/> belgischen Unternehmungen an jener zugrunde gehen. Auch das war ja von vorn¬<lb/> herein vorauszusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_770"> Vom Standpunkte allgemeiner Kolonialpolitik und im Hinblick auf die<lb/> Kritik an der deutschen Kolonialverwaltung sind jedoch wichtiger und interessanter<lb/> die Ausführungen Delcommunes zur Frage der Eingeborenenpolitik im eigent¬<lb/> lichen Sinne. Delcommune beschäftigt sich hierbei vorwiegend mit dem Problem<lb/> der Eingeborenenbesteuerung. Er bezeichnet es als völlig verfehlt und äußerst<lb/> kurzsichtig, wenn die heutige Steuerpolitik des Gouvernements nur darauf aus¬<lb/> geht, den letzten erarbeiteten Pfennig wieder aus dem Eingeborenen herauszu¬<lb/> pressen, lediglich um im gegenwärtigen Augenblick das Gleichgewicht des Budgets<lb/> zu erreichen; genau so wie zu Zeiten des Unabhängigen Kongostaates sei auch<lb/> heute die Steuerbeitreibung der einzige Zweck der belgischen Verwaltungstätig¬<lb/> keit, ohne daß den Eingeborenen irgend ein Gegenwert dafür geboten würde.</p><lb/> <p xml:id="ID_771"> „Die Eingeborenenpolitik des belgischen Gouvernements . . . hat bis jetzt<lb/> als einzigen Zweck nur die progressive, in das Belieben der örtlichen Behörden<lb/> gestellte Vermehrung der Eingeborcnensteuer gehabt."</p><lb/> <p xml:id="ID_772"> Da die Leistungen der Verwaltungsbeamten, wie Delcommune augen¬<lb/> scheinlich nicht wußte, offiziell noch dem Betrage der Steuer, den sie aus ihrem<lb/> Verwaltungsbezirk herausholten, bewertet wurden, so ergibt sich von selbst, daß<lb/> die Steuersätze so hoch geschraubt wurden, als es nur irgend die Arbeitswillig¬<lb/> keit der Eingeborenen zuließ. Mit Recht sagt daher Delcommune von dieser<lb/> Art der Steuerbeitreibung (S. 619):</p><lb/> <p xml:id="ID_773" next="#ID_774"> „Dies ist nicht mehr eine Kopfsteuer in festen Grenzen, wie sie jede Steuer<lb/> sein muß, das ist eine Arbeitsabgabe, weil je mehr der Eingeborene arbeitet, um<lb/> so mehr die Abgabe steigt. Nichts ist geschehen und nichts geschieht zugunsten des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0224]
I^'/vvemr tZu Lor^o belZs menses
liegende Folgerung, daß nämlich bei dieser Sachlage in dem Geschäftsgebaren
der Großunternehmungen ein Fehler stecken muß, daß der noch aus der Zeit
der Konzessionswirtschaft stammende übertrieben große Verwaltungsapparat der
Großunternehmen und ihre teueren hochwertigen Hilfskräfte noch nicht für das
jetzige Entwicklungsstadium des Landes passen, und die Lösung gerade vielleicht
in einer Kombination zwischen Großhändlertum und Kleinhändlertum zu suchen
sein dürste, bei welcher man, will man in einseitigem, bisher dem Kongo fremdem
Protektionismus die ausländischen Gewerbetreibenden ausschalten, allmählich
Landeseingeborene hineinziehen müßte, wie es bereits in so starkem Maße an der
Guinea-Küste geschehen ist, zieht Delcommune nicht. Er verlangt von seinem
Gouvernement Sondervorschriften gegenüber dem Kleinhändler, die diesen nur
in den größeren Orten zulassen und ihm den direkten Auflauf von Landes¬
produkten unmöglich machen.
Natürlich ist auch die dem Engländer Sir William Lever gegebene große
Olfruchtkonzession dem Belgier Delcommune ein Dorn im Auge; nicht mit Un¬
recht. Die überlegene .Konkurrenz der Firma, die sich vor dein Kriege schon aus
dem Gebiet der Schiffahrt fühlbar machte, zeigt sich jetzt auch auf dem Gebiete des
Palmöl- und Palmkerngeschäftes. Dank des ihr für ihre Konzessionsgebiete ein¬
geräumten Monopols kann sie sich die Konkurrenz der Kleinhändler in ihren
Niederlassungsbezirken fernhalten, während die durch kein Monopol geschützten
belgischen Unternehmungen an jener zugrunde gehen. Auch das war ja von vorn¬
herein vorauszusehen.
Vom Standpunkte allgemeiner Kolonialpolitik und im Hinblick auf die
Kritik an der deutschen Kolonialverwaltung sind jedoch wichtiger und interessanter
die Ausführungen Delcommunes zur Frage der Eingeborenenpolitik im eigent¬
lichen Sinne. Delcommune beschäftigt sich hierbei vorwiegend mit dem Problem
der Eingeborenenbesteuerung. Er bezeichnet es als völlig verfehlt und äußerst
kurzsichtig, wenn die heutige Steuerpolitik des Gouvernements nur darauf aus¬
geht, den letzten erarbeiteten Pfennig wieder aus dem Eingeborenen herauszu¬
pressen, lediglich um im gegenwärtigen Augenblick das Gleichgewicht des Budgets
zu erreichen; genau so wie zu Zeiten des Unabhängigen Kongostaates sei auch
heute die Steuerbeitreibung der einzige Zweck der belgischen Verwaltungstätig¬
keit, ohne daß den Eingeborenen irgend ein Gegenwert dafür geboten würde.
„Die Eingeborenenpolitik des belgischen Gouvernements . . . hat bis jetzt
als einzigen Zweck nur die progressive, in das Belieben der örtlichen Behörden
gestellte Vermehrung der Eingeborcnensteuer gehabt."
Da die Leistungen der Verwaltungsbeamten, wie Delcommune augen¬
scheinlich nicht wußte, offiziell noch dem Betrage der Steuer, den sie aus ihrem
Verwaltungsbezirk herausholten, bewertet wurden, so ergibt sich von selbst, daß
die Steuersätze so hoch geschraubt wurden, als es nur irgend die Arbeitswillig¬
keit der Eingeborenen zuließ. Mit Recht sagt daher Delcommune von dieser
Art der Steuerbeitreibung (S. 619):
„Dies ist nicht mehr eine Kopfsteuer in festen Grenzen, wie sie jede Steuer
sein muß, das ist eine Arbeitsabgabe, weil je mehr der Eingeborene arbeitet, um
so mehr die Abgabe steigt. Nichts ist geschehen und nichts geschieht zugunsten des
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |