Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.Die Zlerzteschaft unter der N?>'.ehe der Arcmkenkassen Die Ärzteschaft unter der Macht der Arankenkassen Dr. G. Ritter von le überstürzte und übertriebene, von der Nationalversammlung Schon vor der Einführung der Zwangsversicherung bestanden in vielen Die Einrichtungen dieser ungenügend fundierten Kassen wurden bei Ein¬ Von Anfang an ist dabei nicht berücksichtigt worden, daß die Krankenversiche¬ Die Zlerzteschaft unter der N?>'.ehe der Arcmkenkassen Die Ärzteschaft unter der Macht der Arankenkassen Dr. G. Ritter von le überstürzte und übertriebene, von der Nationalversammlung Schon vor der Einführung der Zwangsversicherung bestanden in vielen Die Einrichtungen dieser ungenügend fundierten Kassen wurden bei Ein¬ Von Anfang an ist dabei nicht berücksichtigt worden, daß die Krankenversiche¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0137" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337374"/> <fw type="header" place="top"> Die Zlerzteschaft unter der N?>'.ehe der Arcmkenkassen</fw><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Ärzteschaft unter der Macht der Arankenkassen<lb/><note type="byline"> Dr. G. Ritter </note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_514"> le überstürzte und übertriebene, von der Nationalversammlung<lb/> wieder ausgehobene Verordnung über Ausdehnung der Verhinde-<lb/> rungspflicht in der Krankenversicherung bis zu 20 000 Mark Ein¬<lb/> kommen hat infolge der lebhaften Gegenbewegung unter den davon<lb/> betroffenen höheren Angestellten und den Ärzten die Aufmerksam¬<lb/> keit weiter Kreise auf die Krankenversicherung gelenkt. Die Öffentlichkeit hat<lb/> dabei zum Teil mit Erstaunen Kenntnis davon erhalten, wie bedrückend großen¬<lb/> teils die Loge der Arzte unter der Wirkung des Versicherungsgesetzes geworden<lb/> ist. Die Probleme, welche die soziale Gesetzgebung für die Arzte als Stand und<lb/> als Einzelpersonen birgt und die zu ihrer Lösung drängen, wenn nicht die ganze<lb/> Krankenversicherung selbst gefährdet werden soll, seien nachstehend dargelegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_515"> Schon vor der Einführung der Zwangsversicherung bestanden in vielen<lb/> Teilen Deutschlands seit Jahrzehnten Krankenkassen. Ihre Mitglieder wurden<lb/> bon den Ärzten im wesentlichen als Unbemittelte angesehen; dementsprechend be¬<lb/> anspruchten die Arzte auch nur ein sehr geringes Entgelt für ihre Bemühungen.<lb/> Im Jahre 1848 waren bei dem neubegründeten „Gesundheitspflegeverein der<lb/> deutschen Arbeiterverbrüderung" in Berlin zur Bestreitung der ärztlichen und<lb/> lvundärztlichen Pflege, der kleineren chirurgischen Hilfeleistungen, Kosten der<lb/> Heilmittel und Verwaltungskosten des Vereins pro Mitglied monatlich 15 Pfennig<lb/> zahlen. „Um an dem Geldpunkt die Verwirklichung der Idee nicht scheitern<lb/> i!» lassen, haben die Arzte die Nichtigkeit der Rechnung mit der Möglichkeit, vor¬<lb/> läufig ohne einen ihrer Arbeit entsprechenden Lohn zu bleiben, verbürgt."</p><lb/> <p xml:id="ID_516"> Die Einrichtungen dieser ungenügend fundierten Kassen wurden bei Ein¬<lb/> führung der gesetzlichen Zwangsversichernng nach Möglichkeit geschont. Auch<lb/> später wurde bei der Erweiterung des Versicherungszwanges unterlassen, den<lb/> Krankenkassen eine breite finanzielle Basis zu geben. Bei ihren demgemäß be¬<lb/> schränkten Mitteln und bei dem Bestreben, neben der Aufbringung der vor¬<lb/> geschriebenen Reserven unter möglichst geringer Belastung ihrer Mitglieder für<lb/> ^efe möglichst viel zu leisten, suchten die Kassen, begreiflicherweise soviel als<lb/> Möglich an Ausgaben zu sparen; einen dieser Ausgabeposten bildete das Ärzte-<lb/> Honorar. Später kamen jedoch Zeiten, in denen die Kassen über reichliche Mittel<lb/> verfügten und stellenweise Verwaltungspaläste nach Art der Großbanken erbauten,<lb/> "ber trotz gelegentlicher platonischer Erklärungen für eine ausreichende Be¬<lb/> zahlung der Arzte ist es zu einer solchen überwiegend nicht gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_517" next="#ID_518"> Von Anfang an ist dabei nicht berücksichtigt worden, daß die Krankenversiche¬<lb/> rung nur dann das Beste leisten kann, wenn die Arzte an ihr so interessiert sind,<lb/> ^iß sie freudig daran mitarbeiten. Nachdem der Staatssekretär von Boetticher<lb/> emerzeit den Kassen empfohlen hatte, die ärztliche Versorgung im Submissions-<lb/> vege zu vergeben, ist es für diese zum Grundsatz geworden, die ärztliche Hilfe, mit<lb/> >)re wesentlichste Leistung, nicht so gut wie möglich, sondern so billig wie möglich<lb/> ^u beschaffen. Dies hindert sie jedoch nicht, auf der anderen Seite von den Ärzten<lb/> Ochsten Berufs-Jdealismus zu fordern und die Schuld an den Mängeln des>,'l</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0137]
Die Zlerzteschaft unter der N?>'.ehe der Arcmkenkassen
Die Ärzteschaft unter der Macht der Arankenkassen
Dr. G. Ritter von
le überstürzte und übertriebene, von der Nationalversammlung
wieder ausgehobene Verordnung über Ausdehnung der Verhinde-
rungspflicht in der Krankenversicherung bis zu 20 000 Mark Ein¬
kommen hat infolge der lebhaften Gegenbewegung unter den davon
betroffenen höheren Angestellten und den Ärzten die Aufmerksam¬
keit weiter Kreise auf die Krankenversicherung gelenkt. Die Öffentlichkeit hat
dabei zum Teil mit Erstaunen Kenntnis davon erhalten, wie bedrückend großen¬
teils die Loge der Arzte unter der Wirkung des Versicherungsgesetzes geworden
ist. Die Probleme, welche die soziale Gesetzgebung für die Arzte als Stand und
als Einzelpersonen birgt und die zu ihrer Lösung drängen, wenn nicht die ganze
Krankenversicherung selbst gefährdet werden soll, seien nachstehend dargelegt.
Schon vor der Einführung der Zwangsversicherung bestanden in vielen
Teilen Deutschlands seit Jahrzehnten Krankenkassen. Ihre Mitglieder wurden
bon den Ärzten im wesentlichen als Unbemittelte angesehen; dementsprechend be¬
anspruchten die Arzte auch nur ein sehr geringes Entgelt für ihre Bemühungen.
Im Jahre 1848 waren bei dem neubegründeten „Gesundheitspflegeverein der
deutschen Arbeiterverbrüderung" in Berlin zur Bestreitung der ärztlichen und
lvundärztlichen Pflege, der kleineren chirurgischen Hilfeleistungen, Kosten der
Heilmittel und Verwaltungskosten des Vereins pro Mitglied monatlich 15 Pfennig
zahlen. „Um an dem Geldpunkt die Verwirklichung der Idee nicht scheitern
i!» lassen, haben die Arzte die Nichtigkeit der Rechnung mit der Möglichkeit, vor¬
läufig ohne einen ihrer Arbeit entsprechenden Lohn zu bleiben, verbürgt."
Die Einrichtungen dieser ungenügend fundierten Kassen wurden bei Ein¬
führung der gesetzlichen Zwangsversichernng nach Möglichkeit geschont. Auch
später wurde bei der Erweiterung des Versicherungszwanges unterlassen, den
Krankenkassen eine breite finanzielle Basis zu geben. Bei ihren demgemäß be¬
schränkten Mitteln und bei dem Bestreben, neben der Aufbringung der vor¬
geschriebenen Reserven unter möglichst geringer Belastung ihrer Mitglieder für
^efe möglichst viel zu leisten, suchten die Kassen, begreiflicherweise soviel als
Möglich an Ausgaben zu sparen; einen dieser Ausgabeposten bildete das Ärzte-
Honorar. Später kamen jedoch Zeiten, in denen die Kassen über reichliche Mittel
verfügten und stellenweise Verwaltungspaläste nach Art der Großbanken erbauten,
"ber trotz gelegentlicher platonischer Erklärungen für eine ausreichende Be¬
zahlung der Arzte ist es zu einer solchen überwiegend nicht gekommen.
Von Anfang an ist dabei nicht berücksichtigt worden, daß die Krankenversiche¬
rung nur dann das Beste leisten kann, wenn die Arzte an ihr so interessiert sind,
^iß sie freudig daran mitarbeiten. Nachdem der Staatssekretär von Boetticher
emerzeit den Kassen empfohlen hatte, die ärztliche Versorgung im Submissions-
vege zu vergeben, ist es für diese zum Grundsatz geworden, die ärztliche Hilfe, mit
>)re wesentlichste Leistung, nicht so gut wie möglich, sondern so billig wie möglich
^u beschaffen. Dies hindert sie jedoch nicht, auf der anderen Seite von den Ärzten
Ochsten Berufs-Jdealismus zu fordern und die Schuld an den Mängeln des>,'l
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