Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Zweites Vierteljahr.Stimmungswechsel in Italien und so viel zwischen den Zeilen lesen läßt, schreibe,,, was sie wollen, die Tat¬ Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus diesem politischen Irrtum, um Stimmungswechsel in Italien und so viel zwischen den Zeilen lesen läßt, schreibe,,, was sie wollen, die Tat¬ Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus diesem politischen Irrtum, um <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0129" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337366"/> <fw type="header" place="top"> Stimmungswechsel in Italien</fw><lb/> <p xml:id="ID_482" prev="#ID_481"> und so viel zwischen den Zeilen lesen läßt, schreibe,,, was sie wollen, die Tat¬<lb/> sache bleibt ooch bestehen, daß das französisch-jugoslawische Bündnis<lb/> notwendigerweise gegen Italien gerichtet ist. Der Konflikt zwischen<lb/> Jugoslawien und Italien ist unvermeidlich und unheilbar wie früher zwischen<lb/> Österreich und Italien. Der Kampf zwischen dem Slawentum und den Italienern<lb/> um die Vorherrschaft in der Adria wird nie aufhören, möge er auch zeitweilig<lb/> aussetzen. Eine Versöhnung der Gegensätze ist nicht möglich. Wer sich in diesem<lb/> Interessenkonflikt als Bundesgenosse auf die Seite der Südslawen stellt, tritt mit<lb/> Naturnotwendigkeit feindlich gegen Italien auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_483"> Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus diesem politischen Irrtum, um<lb/> nicht zu sagen dieser Verblendung Frankreichs in voller Gemütsruhe, aber mit manu,<lb/> l'cher Festigkeit die Schlußfolgerungen zu ziehen. Bis gestern konnten wir an-<lb/> nehmen, daß uns zwei Wege offen stehen: ein Bündnis mit Frankreich oder eine<lb/> selbständige Politik. Heute ist dies nicht mehr so. Wollten wir heute noch unsere<lb/> Freundschaft dem anbieten, der bereits seinen Weg gewählt und seine Solidarität<lb/> mit unseren Feinden von gestern und morgen bekundet hat. so wäre das eine<lb/> unwürdige Unterwerfung. Es kann daher nicht mehr von einem franzö¬<lb/> sisch-italienischen Bündnis die Rede sein, das höchstens in den diplo-<lb/> 'uztischen Akten, aber nicht in den Herzen der Italiener bestünde.<lb/> Die Zeiten jener Politik sind vorüber, die uns bisher alle Lasten aufgebürdet hat,<lb/> Wie Völker zu begünstigen, deren Expansion den Wünschen Frankreichs entsprach,<lb/> und jene Völker zu bekämpfen oder über die Achsel anzusehen, deren<lb/> Konsolidierung mit unseren eigenen Interessen in Einklang steht. Jenen Italienern,<lb/> die eine Isolierung fürchten, entgegnen wir. daß ein Volk von 40 Millionen im<lb/> Hnzen Europas und des Mittelmeers nicht isoliert werden kann. Wir sind<lb/> durchaus imstande, auf die herben- und griechenfreundliche Politik, die Frankreich<lb/> on unserem Nachteil einzuschlagen im Begriffe ist, mit einer Politik der Ver¬<lb/> sündigung mit jenen Völkern zu antworten, die mit uns gemeinsame Interessen<lb/> haben. So schmerzlich auch das französisch-jugoslawische Bündnis für uns ist,<lb/> s" hat es doch auch seine Vorteile: Es läßt uns klar sehen und gestattet uns.<lb/> endlich in voller Freiheit unsere Wege zu gehen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0129]
Stimmungswechsel in Italien
und so viel zwischen den Zeilen lesen läßt, schreibe,,, was sie wollen, die Tat¬
sache bleibt ooch bestehen, daß das französisch-jugoslawische Bündnis
notwendigerweise gegen Italien gerichtet ist. Der Konflikt zwischen
Jugoslawien und Italien ist unvermeidlich und unheilbar wie früher zwischen
Österreich und Italien. Der Kampf zwischen dem Slawentum und den Italienern
um die Vorherrschaft in der Adria wird nie aufhören, möge er auch zeitweilig
aussetzen. Eine Versöhnung der Gegensätze ist nicht möglich. Wer sich in diesem
Interessenkonflikt als Bundesgenosse auf die Seite der Südslawen stellt, tritt mit
Naturnotwendigkeit feindlich gegen Italien auf.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als aus diesem politischen Irrtum, um
nicht zu sagen dieser Verblendung Frankreichs in voller Gemütsruhe, aber mit manu,
l'cher Festigkeit die Schlußfolgerungen zu ziehen. Bis gestern konnten wir an-
nehmen, daß uns zwei Wege offen stehen: ein Bündnis mit Frankreich oder eine
selbständige Politik. Heute ist dies nicht mehr so. Wollten wir heute noch unsere
Freundschaft dem anbieten, der bereits seinen Weg gewählt und seine Solidarität
mit unseren Feinden von gestern und morgen bekundet hat. so wäre das eine
unwürdige Unterwerfung. Es kann daher nicht mehr von einem franzö¬
sisch-italienischen Bündnis die Rede sein, das höchstens in den diplo-
'uztischen Akten, aber nicht in den Herzen der Italiener bestünde.
Die Zeiten jener Politik sind vorüber, die uns bisher alle Lasten aufgebürdet hat,
Wie Völker zu begünstigen, deren Expansion den Wünschen Frankreichs entsprach,
und jene Völker zu bekämpfen oder über die Achsel anzusehen, deren
Konsolidierung mit unseren eigenen Interessen in Einklang steht. Jenen Italienern,
die eine Isolierung fürchten, entgegnen wir. daß ein Volk von 40 Millionen im
Hnzen Europas und des Mittelmeers nicht isoliert werden kann. Wir sind
durchaus imstande, auf die herben- und griechenfreundliche Politik, die Frankreich
on unserem Nachteil einzuschlagen im Begriffe ist, mit einer Politik der Ver¬
sündigung mit jenen Völkern zu antworten, die mit uns gemeinsame Interessen
haben. So schmerzlich auch das französisch-jugoslawische Bündnis für uns ist,
s" hat es doch auch seine Vorteile: Es läßt uns klar sehen und gestattet uns.
endlich in voller Freiheit unsere Wege zu gehen.
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