Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Erstes Vierteljahr.Die bolschewistische Gefahr sie kommen müssen. Aber an der Feindschaft des russischen Bolschewismus gegen Mag fein, daß der allrussische Bolschewismus, der seine Lehre der Welt¬ Als militärische Front aber dürfte nach Erledigung Denikins im wesent¬ Die Entente aber stellt keinen einzigen Soldaten, sie zieht auch die letzten Die bolschewistische Gefahr sie kommen müssen. Aber an der Feindschaft des russischen Bolschewismus gegen Mag fein, daß der allrussische Bolschewismus, der seine Lehre der Welt¬ Als militärische Front aber dürfte nach Erledigung Denikins im wesent¬ Die Entente aber stellt keinen einzigen Soldaten, sie zieht auch die letzten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0269" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/337114"/> <fw type="header" place="top"> Die bolschewistische Gefahr</fw><lb/> <p xml:id="ID_2065" prev="#ID_2064"> sie kommen müssen. Aber an der Feindschaft des russischen Bolschewismus gegen<lb/> die europäische Kultur, und zwar nicht bloß gegen ihre Ausartungen, sondern<lb/> gegen unsere Kultur schlechthin, ändern diese Reformen der anpassungsfähigen,<lb/> geschickten Führer nichts. Diese aber halten sich bisher weiter durch ihre scharfe<lb/> Diktatur. Aber da eine weitere Rechtsentwicklung Rußlands nnter neuen<lb/> Führern nicht direkt ausgeschlossen ist, und wir uns mit einem bürgerlich werden¬<lb/> den Rußland — ob zaristisch oder demokratisch — freundschaftlich stellen müssen,<lb/> so ist dies ein weiterer Grund, nicht an Polens Seite gegen Rußland zu kämpfen,<lb/> fondern dies erst zu tun, wenn es auch gegen uns feindlich auftritt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2066"> Mag fein, daß der allrussische Bolschewismus, der seine Lehre der Welt¬<lb/> revolution 1919 zunächst einmal dein Nachbarlande und bisherigen Feinde<lb/> Deutschland bringen wollte, sich jetzt wesentlich England als Feind ausgesucht<lb/> hat, den abtrünnigen Bundesgenossen, den mächtigsten Vertreter des Kapitalist<lb/> »Ms. Ich vermute aber, daß die bolschewistischen Führer weniger dnrch einen<lb/> neuen Alexanderzug als mit Propaganda Indien zu erobern gedenken. Dies ist<lb/> wesentlich leichter, da auch die indische Kultur der europäischen feindlich ist.<lb/> Auch in dem müden Chinesentum mag die bolschewistische Lehre, welche sich<lb/> dort anzupassen weiß, Anhänger finden. Asien den Asiaten! Darin liegt natür¬<lb/> lich eine Riesengefahr für das englische Weltreich.</p><lb/> <p xml:id="ID_2067"> Als militärische Front aber dürfte nach Erledigung Denikins im wesent¬<lb/> lichen Polen gelten, schon um das alte Rußland wiederherzustellen, den Pan-<lb/> slMvistischen Gedanken, der dem Bolschewismus verwandt ist, zu verwirklichen,<lb/> «nen bei dem innerpolitifchen und innerwirtschaftlichen Zustand Polens<lb/> voraussichtlich nicht schweren militärischen Erfolg zu erringen, und den durch den<lb/> Weltkrieg enttäuschten Allrussen ein neues, großes Ziel zu geben. Nach einem<lb/> Sieg über Polen aber gibt es für Sowjet-Rußland nur zweierlei: Bündnis mit<lb/> dein jetzigen, selbst bolschewistischen, bankerotten Deutschland, in dein dann die Räte¬<lb/> republik ausgerufen werden dürfte, oder Kampf gegen Deutschland, das sich dann<lb/> unbedingt endlich unter einem nationalen und sozialen Programm zusammen-<lb/> fuiden muß, wenn es nicht verloren sein soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_2068" next="#ID_2069"> Die Entente aber stellt keinen einzigen Soldaten, sie zieht auch die letzten<lb/> schwachen Einheiten zurück. Sie sichert die eigenen Kaufleute in den Hafen¬<lb/> städten der Ostsee und des Schwarze» Meeres durch ihre Kriegsschiffe, sie sucht<lb/> die Raubstaaten zu einheitlichem Handeln gegen Rußland zu vereinigen, aber doch<lb/> Wohl, ohne sich Täuschungen über den inneren Wert dieses Schntzwalles hinzu-<lb/> !>'ben, sie sucht den Bolschewismus im Innern Rußlands zu bekämpfe«, dnrch<lb/> Anknüpfen vou Handelsbeziehungen mit den mächtigen, angeblich nicht bolsche¬<lb/> wistischen russischen Konsumvereinen und fo zugleich den Handel Rußlands an<lb/> sich zu reißen. Wie weit das letzte Mittel erfolgreich fein oder umgekehrt das<lb/> Mft nach England tragen wird, dürfte die Zukunft lehren. Die militärische<lb/> Gefahr für die Randswaten und deren innere Verseuchung und damit die Gefahr<lb/> sür Deutschland wird es nicht verhindern. Da diese Raubstaaten aber sämtlich<lb/> deutschfeiudlich siud und die Raubstaaten-Bolschewiken die ersten fein werden, die<lb/> Deutschland bedrohen, so ist schon deshalb ein Bündnis mit den Bolschewiken<lb/> ausgeschlossen. Das sollten die bedenken, welche ich mit meinen Ausführungen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0269]
Die bolschewistische Gefahr
sie kommen müssen. Aber an der Feindschaft des russischen Bolschewismus gegen
die europäische Kultur, und zwar nicht bloß gegen ihre Ausartungen, sondern
gegen unsere Kultur schlechthin, ändern diese Reformen der anpassungsfähigen,
geschickten Führer nichts. Diese aber halten sich bisher weiter durch ihre scharfe
Diktatur. Aber da eine weitere Rechtsentwicklung Rußlands nnter neuen
Führern nicht direkt ausgeschlossen ist, und wir uns mit einem bürgerlich werden¬
den Rußland — ob zaristisch oder demokratisch — freundschaftlich stellen müssen,
so ist dies ein weiterer Grund, nicht an Polens Seite gegen Rußland zu kämpfen,
fondern dies erst zu tun, wenn es auch gegen uns feindlich auftritt.
Mag fein, daß der allrussische Bolschewismus, der seine Lehre der Welt¬
revolution 1919 zunächst einmal dein Nachbarlande und bisherigen Feinde
Deutschland bringen wollte, sich jetzt wesentlich England als Feind ausgesucht
hat, den abtrünnigen Bundesgenossen, den mächtigsten Vertreter des Kapitalist
»Ms. Ich vermute aber, daß die bolschewistischen Führer weniger dnrch einen
neuen Alexanderzug als mit Propaganda Indien zu erobern gedenken. Dies ist
wesentlich leichter, da auch die indische Kultur der europäischen feindlich ist.
Auch in dem müden Chinesentum mag die bolschewistische Lehre, welche sich
dort anzupassen weiß, Anhänger finden. Asien den Asiaten! Darin liegt natür¬
lich eine Riesengefahr für das englische Weltreich.
Als militärische Front aber dürfte nach Erledigung Denikins im wesent¬
lichen Polen gelten, schon um das alte Rußland wiederherzustellen, den Pan-
slMvistischen Gedanken, der dem Bolschewismus verwandt ist, zu verwirklichen,
«nen bei dem innerpolitifchen und innerwirtschaftlichen Zustand Polens
voraussichtlich nicht schweren militärischen Erfolg zu erringen, und den durch den
Weltkrieg enttäuschten Allrussen ein neues, großes Ziel zu geben. Nach einem
Sieg über Polen aber gibt es für Sowjet-Rußland nur zweierlei: Bündnis mit
dein jetzigen, selbst bolschewistischen, bankerotten Deutschland, in dein dann die Räte¬
republik ausgerufen werden dürfte, oder Kampf gegen Deutschland, das sich dann
unbedingt endlich unter einem nationalen und sozialen Programm zusammen-
fuiden muß, wenn es nicht verloren sein soll.
Die Entente aber stellt keinen einzigen Soldaten, sie zieht auch die letzten
schwachen Einheiten zurück. Sie sichert die eigenen Kaufleute in den Hafen¬
städten der Ostsee und des Schwarze» Meeres durch ihre Kriegsschiffe, sie sucht
die Raubstaaten zu einheitlichem Handeln gegen Rußland zu vereinigen, aber doch
Wohl, ohne sich Täuschungen über den inneren Wert dieses Schntzwalles hinzu-
!>'ben, sie sucht den Bolschewismus im Innern Rußlands zu bekämpfe«, dnrch
Anknüpfen vou Handelsbeziehungen mit den mächtigen, angeblich nicht bolsche¬
wistischen russischen Konsumvereinen und fo zugleich den Handel Rußlands an
sich zu reißen. Wie weit das letzte Mittel erfolgreich fein oder umgekehrt das
Mft nach England tragen wird, dürfte die Zukunft lehren. Die militärische
Gefahr für die Randswaten und deren innere Verseuchung und damit die Gefahr
sür Deutschland wird es nicht verhindern. Da diese Raubstaaten aber sämtlich
deutschfeiudlich siud und die Raubstaaten-Bolschewiken die ersten fein werden, die
Deutschland bedrohen, so ist schon deshalb ein Bündnis mit den Bolschewiken
ausgeschlossen. Das sollten die bedenken, welche ich mit meinen Ausführungen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |